Die Zuzahlungs-Belastungsgrenze nach § 62 SGB V

Die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung müssen zu den meisten Leistungen eine Zuzahlung leisten, die gesetzlich bestimmt ist und damit für alle Versicherten einheitlich gilt. Die Zuzahlungen zu den einzelnen Leistungen können unter: Zuzahlungen zu Leistungen der GKV nachgelesen werden.

Damit insbesondere Versicherte, die aufgrund einer starken Leistungsinanspruchnahme finanziell nicht überfordert werden, wurde eine Belastungsgrenze gesetzlich bestimmt. Diese Belastungsgrenze ist die Grenze, bis zu der Versicherte pro Kalenderjahr maximal Zuzahlungen entrichten müssen. Wurden Zuzahlungen oberhalb der Belastungsgrenze entrichtet, werden diese von der Krankenkasse auf Antrag wieder erstattet. Die Rechtsgrundlage der Belastungsgrenze bei Zuzahlungen ist § 62 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Es besteht auch die Möglichkeit, bei der zuständigen Krankenkasse einen Betrag in Höhe der Belastungsgrenze einzuzahlen, sofern in dem Kalenderjahr mit konstanten Einnahmen zu rechnen ist und damit die Belastungsgrenze berechnet werden kann. In diesem Fall stellt die Krankenkasse dann eine Befreiungskarte aus, die bei den Leistungserbringern vorgelegt werden kann und damit keine Zuzahlungen bis zum jeweiligen Jahresende mehr zu entrichten sind. Sollten berücksichtigungsfähige Angehörige vorhanden sein, erhalten auch diese eine gesonderte Befreiungskarte.

Eine Befreiungskarte wird auch dann ausgestellt, wenn während des Kalenderjahres Zuzahlungen in Höhe der Belastungsgrenze geleistet wurden. Wird dies der Krankenkasse zeitnah gemeldet, muss auch in diesen Fällen bis zum Ende des Kalenderjahres keine Zuzahlung mehr entrichtet werden (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Zu den Zuzahlungen, welche bei der Belastungsgrenze im Sinne des § 62 SGB V berücksichtigt werden können, gelten nur die im SGB V gesetzlich vorgegebenen Zuzahlungen und die Praxisgebühr. Das heißt, dass beispielsweise evtl. Aufzahlungen oder Eigenbeteiligungen (z. B. bei Arzneimitteln und Hilfsmitteln (Differenz zum Festbetrag), Eigenanteile bei orthopädischen Schuhen, usw.) unberücksichtigt bleiben müssen.

Im EU-Ausland geleistete Zuzahlungen werden seit dem Jahr 2010 in der vollen, gesetzlichen Höhe berücksichtigt. Hingegen werden Zuzahlungen in Abkommensstaaten außerhalb der EU nicht im Rahmen der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V berücksichtigt.

Berechnung der Belastungsgrenze

Die Belastungsgrenze beträgt nach § 62 Abs. 1 Satz 2 SGB V zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für chronisch Kranke, die wegen derselben schwer wiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt die Belastungsgrenze ein Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.

Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt

Welche Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die Berechnung der Belastungsgrenze relevant sind, beschreibt § 62 Abs. 2 SGB V. Danach werden alle Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners zusammengerechnet.

Welche Einnahmen als „Einnahmen zum Lebensunterhalt“ im Sinne des § 62 SGB V gelten, ist im jeweils aktuellen Gemeinsamen Rundschreiben des Spitzenverbandes der Krankenkassen zu entnehmen, welches regelt, welche Einnahmearten darunter fallen bzw. nicht darunter fallen. Vom Grundsatz bleibt festzuhalten, dass zu den „Einnahmen zum Lebensunterhalt“ alle Einnahmen gehören, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt sind und zwar ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, soweit sie gegenwärtig zur Verfügung stehen.

Bei der Zuordnung der Einnahmen zum Lebensunterhalt zum jeweiligen Kalenderjahr muss unterschieden werden, ob es sich um laufende oder einmalige Einnahmen handelt. Laufende Einnahmen sind dem Kalenderjahr zuzuordnen, für die sie gezahlt werden. Einmalige Einnahmen werden hingegen dem Kalenderjahr zugeordnet, in dem sie ausgezahlt werden bzw. in dem sie dem Versicherten zufließen.

Als laufende Einnahmen gelten beispielsweise der Lohn oder das Gehalt und die Renten. Als einmalige Einnahmen gelten beispielsweise das Weihnachts- und das Urlaubsgeld oder Jubiläumszuwendungen. Einmalige Einnahmen sind also alle Einnahmen, welche in größeren Zeitabständen als monatlich gewährt werden.

Besonderheiten bei Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt

Bei Beziehern von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird für die gesamte Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II als Einnahme zum Lebensunterhalt im Sinne des § 62 SGB V der Regelsatz nach § 20 Abs. 2 SGB II angesetzt. Dieser Regelsatz beträgt für die Zeit ab 01.01.2024 563,00 Euro (im Jahr 2023: 502,00 Euro).

Regelsätze vergangener Jahre

Jahr Regelbedarf jährlich Regelbedarf monatlich
2024 6.756,00 Euro 563,00 Euro
2023 6.024,00 Euro 502,00 Euro
2022 5.388,00 Euro 449,00 Euro
2021 5.352,00 Euro 446,00 Euro
2020 5.184,00 Euro 432,00 Euro
2019 5.088,00 Euro 424,00 Euro
2018 4.992,00 Euro 416,00 Euro
2017 4.908,00 Euro 409,00 Euro

Bei Beziehern von Sozialhilfe nach den Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) wird – wie auch bei den Beziehern von Arbeitslosengeld II – der Regelsatz (Regelleistung) angesetzt.

Der monatliche Regelsatz bei Beziehern von Arbeitslosengeld II und bei Beziehern von Sozialhilfe ist identisch. Dieser Regelsatz gilt dann für das Mitglied und die berücksichtigungsfähigen Ehegatten/Lebenspartner und Kinder, also für den gesamten Familienverbund, wenn mindestens eine Person

  • Arbeitslosengeld II nach dem SGB II,
  • laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII,
  • Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII oder
  • Pflegewohngeld nach einem Landesgesetz

erhält.

In diesen Fällen bleiben andere evtl. vorhandene Einnahmen unberücksichtigt. Dies gilt auch für evtl. Einnahmen der berücksichtigungsfähigen Familienangehörigen, wenn diese bei der Berechnung als „Bedarfsgemeinschaft“ (dies ist dem Bescheid der Arbeitsagentur bzw. des Sozialamtes zu entnehmen) mit berücksichtigt wurden.

Sollten Kinder, die im Rahmen der Familienversicherung mitversichert sind, nicht bei der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden, werden diese unabhängig vom Rest des Familienverbundes für sich alleine betrachtet.

Bei den Entgeltersatzleistungen, wie beispielsweise beim Krankengeld und dem Verletztengeld, wird nicht die Bemessungsgrundlage, sondern immer die Brutto-Leistung bei der Berechnung der Einnahmen zum Lebensunterhalt berücksichtigt. Beim Brutto-Krankengeld bzw. Brutto-Verletztengeld handelt es sich um die Leistungshöhe, die vor Abzug der Beiträge (Renten-, Arbeitslosen-, Pflegeversicherungsbeitrag) berechnet wurde.

Bei den sonstigen Entgeltersatzleistungen wird der jeweilige Zahlbetrag der Leistung berücksichtigt. Zu den sonstigen Entgeltersatzleistungen zählen das Arbeitslosengeld, das Mutterschaftsgeld und das Übergangsgeld. Beim Arbeitslosengeld wird das Monat mit 30 Tagen bzw. das Jahr mit 360 Tagen angesetzt. Beim Mutterschaftsgeld wird der Zuschuss des Arbeitgebers bei den Bruttoeinnahmen mitberücksichtigt.

Früher wurde bei Versicherten mit keinem oder einem sehr niedrigen Einkommen immer als Mindesteinnahme der jeweils geltende Eckregelsatz angesetzt. Mit zwei Urteilen hat das Bundessozialgericht (Urteile vom 19.09.2007 und vom 22.04.2008) geäußert, dass die Ansetzung eines Mindesteinkommens in Höhe des Eckregelsatzes nicht die Intention des Gesetzgebers ist und damit nicht zulässig ist. Dies bedeutet, dass nun die Belastungsgrenze aus Bruttoeinnahmen unterhalb des Eckregelsatzes zu berechnen ist, was im Extremfall zu einer Belastungsgrenze von 0,00 Euro führen kann. Die spezialgesetzlichen Regelungen des § 62 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 SGB V bleiben von dieser Regelung jedoch unberührt. Das heißt, dass für die hier genannten Personenkreise (Sozialhilfeempfänger, Arbeitslosengeld II-Bezieher, in einem Heim untergebrachte Personen, deren Kosten von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden) der geltende Eckregelsatz angesetzt wird.

Berücksichtigungsfähige Angehörige

Da die Einnahmen der Angehörigen, die mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt leben, zur Ermittlung der Belastungsgrenze zusammengerechnet werden, muss beurteilt werden, welche Angehörige in diesem Zusammenhang konkret berücksichtigt werden. Als Angehörige kommen grundsätzlich die Ehegatten, die Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) und die Kinder in Betracht, wen diese im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 SGB V versichert sind. Zudem müssen die Angehörigen mit dem Versicherten in einem gemeinsamen Haushalt leben.

Ein gemeinsamer Haushalt setzt voraus, dass die Familienangehörigen ihren Wohnsitz zusammen an der gleichen Stelle (Haus oder Wohnung) haben und in einer Wirtschaftsgemeinschaft leben. Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat jemand dort seinen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ein vorübergehendes Wohnen außerhalb des gemeinsamen Haushalts bedeutet daher nicht, dass der gemeinsame Haushalt aufgelöst ist.

Ehegatten und Lebenspartner sind immer zu berücksichtigen, wenn sie in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dies gilt unabhängig davon, wie sie versichert sind. Hier ist es also irrelevant, ob der Ehegatte/Lebenspartner Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, nach § 10 SGB V familienversichert oder privat krankenversichert ist.

In welchen Fällen Kinder, die im gemeinsamen Haushalt leben, berücksichtigt werden, damit hat sich bereits das Bundessozialgericht beschäftigt. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.06.2007 und dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen gilt folgende Regelung:

  • Kinder, die im gemeinsamen Familienhaushalt leben, werden bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, generell berücksichtigt. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang der Versichertenstatus, also ob das Kind familien- oder pflichtversichert, selbst freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder privat krankenversichert ist.
  • Kinder, die im gemeinsamen Familienhaushalt leben, werden in dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollenden, nur dann berücksichtigt, wenn sie nach § 10 SGB V familienversichert sind.

Werden die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nach dem Eckregelsatz berechnet, werden alle Familienangehörigen, die in dem Bescheid genannt werden, als eine Bedarfsgemeinschaft angesehen. Wird ein Familienangehöriger in dem Bescheid nicht mit genannt, ist dieser isoliert vom Familienverbund zu berücksichtigen. In diesem Fall wird also so getan, als wäre der Familienangehörige nicht vorhanden.

Beispiel:

In einem Haushalt leben ein Ehepaar und ein 19jähriges behindertes Kind, welches im Rahmen der Familienversicherung nach § 10 SGB V beim Vater mitversichert ist. Das Kind erhält Hilfe zum Lebensunterhalt. In dem Bescheid des Sozialamtes wird lediglich das Kind, nicht jedoch die Eltern berücksichtigt.

Konsequenz:

Die Eltern werden als „eine Einheit“ und das Kind als „eine Einheit“ bei der Berechnung der Belastungsgrenze berücksichtigt. Für die Eltern gelten deren Einnahmen zum Lebensunterhalt, für das Kind der jeweilige Eckregelsatz. Allerdings würde für den gesamten Familienverbund, also für Eltern und das Kind, die Belastungsgrenze 1 Prozent (s. unten) betragen; dies ergibt sich aus den Ausführungen zur Bedarfsgemeinschaft in der Verwaltungsvereinbarung zu § 62 SGB V.

Minderung der Einnahmen zum Lebensunterhalt

Werden bei einem Versicherten Angehörige (Ehegatten, Lebenspartner oder Kinder) im gemeinsamen Haushalt – mit ihrem Einkommen – berücksichtigt, ist zur Ermittlung der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt im Sinne des § 62 SGB V ein Abschlag in Abzug zu bringen. Dieser Abschlag beträgt für den 1. im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen 15 Prozent der jährlichen Bezugsgröße und für jeden weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen 10 Prozent der jährlichen Bezugsgröße.

Der Ehegattenabschlag (15 Prozent der jährlichen Bezugsgröße) beträgt im Kalenderjahr im Kalenderjahr 2024: 6.363,00 Euro (2023: 6.111,00 Euro).

Für jedes Kind, welches mit dem Mitglied im gemeinsamen Haushalt lebt und im Rahmen des § 62 SGB V berücksichtigt wird (s. oben), werden nach § 62 Abs. 2 Satz 3 SGB V die Bruttoeinnahmen um den sich nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ergebenden Betrag vermindert. Dieser Freibetrag beträgt im Kalenderjahr 2024 9.312,00 Euro (bis 2023: 8.952,00 Euro).

Im Kalenderjahr 2022 lag der Freibetrag zunächst – wie bereits im Kalenderjahr 2021 – bei 8.388,00 Euro. Durch das „Gesetz zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommenstarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“ (Inflationsausgleichsgesetz, kurz: „InflAusG“) wurden die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG rückwirkend zum 01.01.2022 angehoben. Damit gilt ab dem 01.01.2022 für jedes berücksichtigungsfähige Kind ein Freibetrag von 8.548,00 Euro. Wurde bereits eine Leistungsentscheidung mit dem (ursprünglich geltenden) Freibetrag von 8.388,00 Euro getroffen, werden diese Entscheidungen von der zuständigen Krankenkasse nicht von Amts wegen erneut aufgegriffen. Versicherte können jedoch einen Antrag stellen, dass eine neue Berechnung aufgrund des erhöhten Kinderfreibetrages durchgeführt wird.

Die Abschläge bei den Einnahmen zum Lebensunterhalt werden nach § 62 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V nicht in Abzug gebracht, wenn der Regelsatz nach dem SGB II oder nach dem SGB XII als Einnahme zum Lebensunterhalt gilt.

Übersicht der Werte vergangener Jahre

Jahr Ehegattenabschlag Kinderabschlag
2024 6.363,00 Euro 9.312,00 Euro
2023 6.111,00 Euro 8.952,00 Euro
2022 5.922,00 Euro 8.548,00 Euro
2021 5.922,00 Euro 8.388,00 Euro
2020 5.733,00 Euro 7.812,00 Euro
2019 5.607,00 Euro 7.620,00 Euro
2018 5.481,00 Euro 7.428,00 Euro
2017 5.355,00 Euro 7.356,00 Euro

Belastungsgrenze in Höhe von 2 Prozent

Grundsätzlich beträgt die Belastungsgrenze zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt aller berücksichtigungsfähigen Angehörigen im Familienverbund, welche aufgrund der Berücksichtigung der Angehörigen reduziert wurden.

Ebenso beträgt die Belastungsgrenze zwei Prozent, wenn der Versicherte grundsätzlich die Voraussetzungen für die auf einen Prozentpunkt abgesenkte Belastungsgrenze erfüllen würde, jedoch die folgenden Punkte erfüllt (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 3 SGB V):

  • Versicherte, die nach dem 01.04.1972 geboren und chronisch krank sind, wenn die Gesundheitsuntersuchungen nach § 25 Abs. 1 SGB V ab 01.01.2008 nicht regelmäßig beansprucht wurden.
  • Weibliche Versicherten, die nach dem 01.04.1987 geboren sind und männliche Versicherte, die nach dem 01.04.1962 geboren sind, wenn sie an einer Krebsart erkranken, für die eine Krebs-Früherkennungsuntersuchung nach § 25 Abs. 2 SGB V besteht und die Untersuchung ab dem 01.01.2008 vor der Erkrankung nicht regelmäßig beansprucht wurde.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat sich dagegen ausgesprochen, durch gesetzliche Regelungen die Versicherten zu Krebs-Früherkennungsmaßnahmen zu zwingen bzw. mit einer höheren Belastungsgrenze zu „bestrafen“, wenn diese nicht in Anspruch genommen werden. Begründet wurde dies damit, dass mit den Früherkennungsmaßnahmen auch entsprechende Risiken verbunden sind. Diesbezüglich einigte man sich, dass über die Krebsfrüherkennungsmaßnahmen lediglich informiert wird und der Versicherte selbst entscheiden kann, ob diese durchgeführt werden oder nicht (s. Nun doch keine Pflicht zur Krebs-Vorsorge).

Belastungsgrenze in Höhe von 1 Prozent

Der Gesetzgeber sieht für chronisch Kranke eine reduzierte Belastungsgrenze vor. Diese reduzierte Belastungsgrenze beträgt ein Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.

Eine schwerwiegende chronische Erkrankung liegt vor, wann eine Krankheit mindestens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal einer ärztlichen Behandlung bedurfte und zusätzlich einer der folgenden Punkte gegeben ist:

  • Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 Prozent vor.
  • Es liegt (für die Zeit ab 01/2017) der Pflegegrad 3, 4 oder 5 nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) vor. Bis zum Jahr 2016 war die Einstufung in die Pflegestufe II oder III (die Pflegestufen wurden ab 01.01.2017 durch Pflegegrade ersetzt) maßgebend.
  • Eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche Behandlung oder psychotherapeutische Behandlung, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln, Arzneimitteltherapie) ist erforderlich, ohne die – nach ärztlicher Einschätzung – eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität oder eine Verminderung der Lebenserwartung aufgrund der durch die Krankheit verursachten Gesundheitsstörung zu erwarten ist.

Die Dauerbehandlung ist vom Versicherten entsprechend durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen.

Die Absenkung der Belastungsgrenze auf ein Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt gilt ab dem Kalenderjahr, in dem die Dauerbehandlung bereits für ein Jahr besteht. Die Absenkung gilt für das gesamte Kalenderjahr, also dann rückwirkend zum 01. Januar des Jahres. Die reduzierte Belastungsgrenze gilt dann für den gesamten Familienverbund, der im Rahmen des § 62 SGB V berücksichtigt wird.

Beispiel:

Mitglied leidet seit dem 01.09.2015 an einer chronischen Erkrankung, welche mindestens einmal im Quartal einer ärztlichen Behandlung bedarf. Zudem hat der Versicherte einen Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 60 Prozent.

Konsequenz:

Bei dem Mitglied besteht am 31.08.2016 ein Jahr lang eine chronische Erkrankung. Das bedeutet, dass rückwirkend ab dem 01.01.2016 die abgesenkte Belastungsgrenze von einen Prozent anzuwenden ist. Die abgesenkte Belastungsgrenze gilt dann für den gesamten § 62-Familienverbund.

Bescheinigung über die chronische Krankheit

Diese sogenannte „Chronikerbescheinigung“ gilt für das Jahr, in dem sie ausgestellt wurde und für das Folgejahr. Das bedeutet, dass die Bescheinigung über das Bestehen einer chronischen Krankheit grundsätzlich alle zwei Jahre neu ausgestellt und der Krankenkasse vorgelegt werden muss.

Eine Ausnahme gilt für Versicherte, die in die Pflegestufe II oder Pflegestufe III nach dem SGB XI eingestuft sind. Nach Ablauf eines Jahres nach Einstufung in eine dieser beiden Pflegestufen wird das Vorliegen einer Dauerbehandlung unterstellt. Weitere Nachweise sind daher nicht mehr bei der Krankenkasse einzureichen.

Versicherte, die an einer chronischen Krankheit leiden und in einem sogenannten Disease-Management-Programm (DMP) eingeschrieben sind, müssen die chronische Krankheit einmalig nachweisen. Solange die Einschreibung in das Disease-Management-Programm nicht zurückgenommen wird, muss die weitere Dauerbehandlung ebenfalls nicht mehr nachgewiesen werden.

Dass sich der Versicherte „therapiegerecht“ verhält, wie dies in § 62 SGB V gefordert wird, wird durch das Ausstellen der Chronikerbescheinigung durch den Arzt von der Krankenkasse unterstellt (s. auch: Zuzahlungsbefreiung | G-BA hat therapiegerechtes Verhalten definiert).

Bildnachweis: © Robert Kneschke

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