Feststellung Haushaltsaufnahme und überwiegender Unterhalt für Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern

Am 12.06.2019 hat der GKV-Spitzenverband grundsätzliche Hinweise erlassen, welche der einheitlichen Feststellung der Haushaltsaufnahme und des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern dient.

Bis zum 10.05.2019 konnte eine Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern nur dann vorgenommen werden, wenn diese vom Mitglied überwiegend unterhalten wurden. Die Beurteilung des überwiegenden Unterhalts erfolgte nach den „Richtlinien für die Feststellung des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder (§ 10 Abs. 4 SGB V)“, kurz: ÜberwUhR. Diese Richtlinien sind für die Beurteilung des Familienversicherungsanspruch noch für Zeiträume bis 10.05.2019 von Bedeutung.

Ab dem 11.05.2019 kam es nach einer Rechtsänderung, welche durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) umgesetzt wurde, zu einer Verbesserung. Die Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern kann bereits dann durchgeführt werden, wenn das Kind in den Haushalt des Mitglieds aufgenommen wurde. Neben dem Kriterium des überwiegenden Unterhalts gibt es mit der Haushaltsaufnahme des Stief- und Enkelkindes ein weiteres Kriterium, welche die Aufnahme in die Familienversicherung nach § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erfüllt.

Stief- und Enkelkinder können – bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 10 SGB V – ab dem 11.05.2019 im Rahmen der Familienversicherung aufgenommen werden, wenn:

  • eine Haushaltaufnahme (Aufnahme des Stief- oder Enkelkindes in den Haushalt des Mitglieds) vorliegt oder
  • bei fehlender Haushaltsaufnahme der überwiegende Unterhalt geleistet wird.

Haushaltsaufnahme

Wann eine Haushaltsaufnahme im Sinne des § 10 Abs. 4 SGB V (in der Fassung ab 11.05.2019) vorliegt, wird unter Punkt 2 der „Grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Haushaltsaufnahme sowie des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder vom 12.06.2019“ beschrieben. Danach liegt eine Haushaltsaufnahme dann vor, wenn eine auf längere Dauer angelegt häusliche Gemeinschaft zwischen dem Mitglied und dem Stief- oder Enkelkind gegeben ist. Für die Haushaltsaufnahme ist darüber hinaus wesentlich, dass innerhalb der Familiengemeinschaft das Kind versorgt und betreut wird.

Um die Haushaltsaufnahme zu beurteilen wird in den grundsätzlichen Hinweisen auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 08.07.1998, Az. B 13 RJ 97/97 R verwiesen. Danach stellt das Bestehen einer Familiengemeinschaft eine Schnittstelle von Merkmalen:

  • örtlicher Art (Familienwohnung)
  • materieller Art (Versorgung, Unterhalt) und
  • immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes)

dar. Die genannten Kriterien stehen in enger Beziehung zueinander und können sich auch überschneiden. Jedoch darf kein Kriterium vollständig fehlen. Hat das Stief- oder Enkelkind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 1 SGB I) im Haushalt des Mitglieds, kann von einer Haushaltsaufnahme ausgegangen werden.

Wenn das Stief- oder Enkelkind eine Schule besucht oder an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eingeschrieben ist und der Schul- bzw. Studienort nicht vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt abweicht, kann die Haushaltsaufnahme ebenfalls angenommen werden.

Ebenfalls liegt eine Haushaltsaufnahme vor, wenn das Stief- oder Enkelkind zu Studienzwecken eine Wohnung am Studienort unterhält, allerdings für die Einbindung in die Familiengemeinschaft weiterhin Anhaltspunkte vorliegen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Mitglied das Studium finanziert und das Stief- oder Enkelkind regelmäßig in den Haushalt des Mitglieds zurückkehrt.

Überwiegender Unterhalt

Für den Anspruch auf Familienversicherung bei Stief- und Enkelkindern ist von Bedeutung, dass das Kind, sofern es vom Mitglied getrennt lebt, vom Mitglied überwiegend unterhalten wird. Dies ist dann der Fall, wenn vom Mitglied mehr als die Hälfte des Unterhaltsbedarfs des Stief- bzw. Enkelkindes aufgebracht wird.

Wie der überwiegende Unterhalt zu ermitteln bzw. zu berechnen ist, wird im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht geregelt. Daher wird unter Punkt 3 der „Grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Haushaltsaufnahme sowie des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder vom 12.06.2019“ unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.08.1994, Az. 12 RK 41/94 ausgeführt, dass auf die Regelungen des Familienrechts zurückzugreifen ist.

Der Unterhalt umfasst nach § 1610 Abs. 2 BGB den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf und die Kosten der Erziehung (sofern die Person einer Erziehung bedarf).

Unterhaltsbedarf des Kindes

Zunächst ist der Unterhaltsbedarf des Kindes festzustellen.

Der Unterhaltsbedarf für Stief- und Enkelkinder richtet sich auf das sächliche Existenzminimum entsprechend § 1612a BGB. Mit dem Existenzminimum wird der Betrag abgebildet, der für die finanzielle Versorgung eines Kindes in Form des Kindesunterhalts erforderlich ist. Der Mindestunterhalt wird durch das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz regelmäßig bekannt gegeben. Die erfolgt jeweils mit der Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung für die Kinder, die noch nicht volljährig sind. Der Wert für „Kinder" ab 18 Jahre wird von der Mindestunterhaltsverordnung nicht erfasst. Hierfür wird der Wert aus der Düsseldorfer Tabelle für das jeweilige Kalenderjahr herangezogen.

Der Unterhalt einer höheren Altersstufe wird jeweils ab Beginn des Monats berücksichtigt, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

Monatlicher Mindestunterhalt 2024

Altersstufe Monatlicher Mindestunterhalt
0 bis 5 Jahre 480,00 Euro
6 bis 11 Jahre 551,00 Euro
12 bis 17 Jahre 645,00 Euro
ab 18 Jahre 689,00 Euro

Die Werte wurden mit der Sechsten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 29.11.2023 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 330 am 30.11.2023 verkündet.

Monatlicher Mindestunterhalt 2023

Altersstufe Monatlicher Mindestunterhalt
0 bis 5 Jahre 437,00 Euro
6 bis 11 Jahre 502,00 Euro
12 bis 17 Jahre 588,00 Euro
ab 18 Jahre 628,00 Euro

Die Werte wurden mit der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2022 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 47 vom 06.12.2022 verkündet.

Monatlicher Mindestunterhalt 2022

Altersstufe Monatlicher Mindestunterhalt
0 bis 5 Jahre 396,00 Euro
6 bis 11 Jahre 455,00 Euro
12 bis 17 Jahre 533,00 Euro
ab 18 Jahre 569,00 Euro

Die Werte wurden mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2021 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 82 am 07.12.2021 verkündet.

Monatlicher Mindestunterhalt 2021

Altersstufe Monatlicher Mindestunterhalt
0 bis 5 Jahre 393,00 Euro
6 bis 11 Jahre 451,00 Euro
12 bis 17 Jahre 528,00 Euro
ab 18 Jahre 564,00 Euro

Die Werte wurden mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 03.11.2020 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 51 am 13.11.2020 verkündet.

Monatlicher Mindestunterhalt 2020

Altersstufe Monatlicher Mindestunterhalt
0 bis 5 Jahre 369,00 Euro
6 bis 11 Jahre 424,00 Euro
12 bis 17 Jahre 497,00 Euro
ab 18 Jahre 530,00 Euro *

* Dieser Wert stammt aus der Düsseldorfer Tabelle und nicht aus der Mindestunterhaltsverordnung!

Die Werte wurden mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 12.09.2019 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 34 am 30.09.2019 verkündet.

Monatlicher Mindestunterhalt 2019

Altersstufe Monatlicher Mindestunterhalt
0 bis 5 Jahre 354,00 Euro
6 bis 11 Jahre 406,00 Euro
12 bis 17 Jahre 476,00 Euro
ab 18 Jahre 527,00 Euro *

* Dieser Wert stammt aus der Düsseldorfer Tabelle und nicht aus der Mindestunterhaltsverordnung!

Berechnung überwiegender Unterhalt

Eigene Einkünfte des Kindes werden bei der Berechnung/Ermittlung des überwiegenden Unterhalts nicht berücksichtigt. Dies gilt auch für etwaige Unterhaltsleistungen, welche von anderer Seite erbracht werden. Auch Betreuungsunterhalt, den das Kind innerhalb der Haushaltsgemeinschaft, in der es lebt, erhält, wird bei der Feststellung des überwiegenden Unterhalts nicht berücksichtigt.

Beispiel:

Ein Stiefkind soll bei einem Mitglied familienversichert werden. Das Stiefkind lebt nicht im Haushalt des Mitglieds, sondern im Haushalt des leiblichen Vaters.

Das Kind ist 7 Jahre alt. Das Mitglied leistet für den Unterhalt des Kindes einen Betrag in Höhe von 240,00 Euro in Form einer Geldzahlung.

Konsequenz:

Im Jahr 2020 beträgt der Mindestunterhalt des Kindes monatlich 424,00 Euro. Die Hälfte hiervon beträgt 212,00 Euro. Da das Mitglied einen Betrag von monatlich 240,00 Euro aufbringt, wird der überwiegende Unterhalt geleistet. Das Stiefkind kann, sofern alle weiteren Voraussetzungen für die Familienversicherung vorliegen, nach § 10 SGB V familienversichert werden.

Beispiel:

Ein Enkelkind soll bei einem Mitglied familienversichert werden. Das Enkelkind lebt nicht im Haushalt des Mitglieds, sondern in einem eigenen Haushalt.

Das Kind ist 17 Jahre alt und erhält BAföG-Leistungen. Das Mitglied leistet für den Unterhalt des Kindes einen Betrag in Höhe von 300,00 Euro in Form einer Geldzahlung.

Konsequenz:

Im Jahr 2020 beträgt der Mindestunterhalt des Kindes monatlich 497,00 Euro. Die Hälfte hiervon beträgt 248,50 Euro. Da das Mitglied einen Betrag von monatlich 30s0,00 Euro aufbringt, wird der überwiegende Unterhalt geleistet. Das Enkelkind kann, sofern alle weiteren Voraussetzungen für die Familienversicherung vorliegen, nach § 10 SGB V familienversichert werden.

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