Berechnung des Krankengeldes nach § 47 SGB V

Eine wichtige Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung ist das Krankengeld, das – sofern die Anspruchsvoraussetzungen hierfür vorliegen – für arbeitsunfähige Mitglieder geleistet wird. Damit soll ein Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen, welches durch eine Arbeitsunfähigkeit entfällt, teilweise ersetzt werden. Daher spricht man davon, dass das Krankengeld einen Entgeltausfall ersetzt und dementsprechend eine Entgeltersatzleistungsfunktion erfüllt.

Die Berechnung des Krankengeldes von der Gesetzlichen Krankenversicherung ist in § 47 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – geregelt. Das Krankengeld wird in Höhe von 70 Prozent des Regelentgeltes, maximal in Höhe von 90 Prozent des Netto-Entgeltes geleistet.

Im ersten Schritt ist das Regelentgelt zu berechnen. Hierzu stehen unterschiedliche Berechnungsvarianten zur Verfügung, welche je nach der Art der Entlohnung zum Ansatz kommen. Es ist daher zu unterscheiden, ob der Versicherte das Arbeitsentgelt nach Stunden, nach einem Festlohn oder nach einem anderen Berechnungsmodus (z. B. Akkordlohn, Provision) erhält.

Berücksichtigungsfähiges Brutto-Arbeitsentgelt

Bei der Krankengeldberechnung wird das laufende Brutto-Arbeitsentgelt berücksichtigt, welches der Beitragspflicht unterliegt. Sollten beitragsfreie Bezüge vorhanden sein, bleiben diese bei der Berechnung des Krankengeldes unberücksichtigt. Neben dem laufenden Arbeitsentgelt werden noch einmalige Bezüge herangezogen, soweit diese der Beitragspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen. Dies sind zum Beispiel das Urlaubsgeld und die Weihnachtsgratifikation.

Als laufendes Arbeitsentgelt gelten Entgeltleistungen, welche für die Arbeit in einem konkreten Abrechnungszeitraum geleistet werden. Diese sind grundsätzlich dem Abrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem die Arbeitsleistung auch tatsächlich erbracht wurde. Um eine Einmalzahlung handelt es sich dann, wenn diese nicht für eine bestimmte Arbeitsleistung in einem konkreten Abrechnungszeitraum erbracht wurde, sondern beispielsweise nur aufgrund des Bestehens des Arbeitsverhältnisses geleistet wird.

Maßgebender Abrechnungszeitraum

Für die Krankengeldberechnung ist grundsätzlich das Arbeitsentgelt des Abrechnungszeitraumes maßgebend, welcher vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bereits abgerechnet wurde. Diesbezüglich spricht man vom sogenannten Bemessungszeitraum. Der Bemessungszeitraum muss mindestens vier Wochen umfassen. Ausnahmen sind allerdings möglich, beispielsweise dann, wenn das Arbeitsverhältnis vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit noch keine vier Wochen bestand.

Da, wie bereits erwähnt, in die Krankengeldberechnung auch beitragspflichtige Einmalzahlungen einzubeziehen sind, muss hierfür der Bemessungszeitraum auf zwölf Monate ausgedehnt werden. Das bedeutet, dass sämtliche beitragspflichtige Einmalzahlungen der letzten zwölf Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankengeldberechnung berücksichtigt werden müssen. Dabei ist irrelevant, ob diese vom selben Arbeitgeber geleistet wurden oder ob zwischenzeitlich ein Wechsel bei der zuständigen Krankenkasse des Versicherten erfolgt ist. Die Krankenkasse, welche die Krankengeldberechnung durchführt, muss – sofern ihr die Daten nicht vorliegen – diese entsprechend von den bisherigen Arbeitgebern bzw. der bisherigen Krankenkasse anfordern.

Berechnungsformeln

Anhand der Zahlweise des Arbeitsentgeltes, welches im relevanten Bemessungszeitraum erzielt wurde, wird das Krankengeld nach unterschiedlichen Formeln berechnet. Es ist zu unterscheiden, ob das Arbeitsentgelt nach Stunden, nach einem Festlohn oder aber nach einer sonstigen Berechnungsweise – beispielsweise, wenn das Arbeitsentgelt nach einem Akkordlohn geleistet wird – ermittelt wird.

Arbeitsentgelt nach Stunden bemessen

Ist das Arbeitsentgelt eines Anspruchsberechtigten auf Krankengeld nach Stunden bemessen, wird nach § 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB V das im Bemessungszeitraum erzielte Arbeitsentgelt (welches um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt vermindert ist) durch die Zahl der Stunden geteilt, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch 7 zu teilen.

Beispiel:

  • Brutto-Arbeitsentgelt (ohne Einmalzahlungen): 2.500,00 Euro
  • Das Brutto-Arbeitsentgelt wurde in 178 Stunden erzielt
  • Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden

Berechnung:

Das Krankengeld wird wie folgt berechnet:

(2.500,00 Euro x 38,5 Stunden) / (178 Stunden x 7) = 77,25 Euro.

Das Regelentgelt (ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen) beträgt 77,25 Euro.

Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen

§ 47 Abs. 2 Satz 3 beschreibt, dass das Regelentgelt, sofern dieses nach Monaten bemessen oder nicht nach den Sätzen 1 und 2 (s. oben) berechnet werden kann, zu errechnen ist, indem das Arbeitsentgelt (welches um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt vermindert ist) im Bemessungszeitraum durch 30 zu dividieren ist.

Beispiel:

Brutto-Arbeitsentgelt (ohne Einmalzahlungen): 2.250,00 Euro

Berechnung:

2.250,00 Euro / 30 Tage = 75,00 Euro.

Das Regelentgelt (ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen) beträgt 75,00 Euro.

Berücksichtigung von Einmalzahlungen

Hat der Versicherte in den letzten zwölf Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (in der Krankenversicherung) beitragspflichtige Einmalzahlungen erhalten, sind diese bei der Krankengeldberechnung ebenfalls zu berücksichtigen. Hier schreibt § 47 Abs. 2 Satz 6 vor, dass bei dem errechneten Regelentgelt der 360. Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts hinzuzurechnen ist. Durch die Addition des Regelentgelts aus dem laufenden Arbeitsentgelt und dem Brutto-Hinzurechnungsbetrag (welcher sich durch die Berücksichtigung der Einmalzahlungen errechnet) erhält man das sogenannte kumulierte Regelentgelt.

Begrenzung auf Höchstregelentgelt

Das Regelentgelt wird nach § 47 Abs. 6 SGB V maximal bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Das bedeutet, dass das errechnete Regelentgelt auf das sogenannte Höchst-Regelentgelt zu kürzen ist. Das Höchst-Regelentgelt beträgt im Kalenderjahr 2024 172,50 Euro (2023: 166,25 Euro).

Das Brutto-Krankengeld beträgt grundsätzlich von dem errechneten Regelentgelt, ggf. nach Kürzung auf das Höchst-Regelentgelt 70 Prozent. Damit kann sich im Kalenderjahr 2024 ein maximales Krankengeld von (172,50 Euro x 70 Prozent) 120,75 Euro (2023: 116,38 Euro) errechnen.

Begrenzung auf 90 Prozent des Netto-Arbeitsentgelts

Das errechnete Brutto-Krankengeld darf maximal 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts betragen. Daher ist nochmals eine Berechnung durchzuführen, die nach der gleichen Berechnungsformel wie das Regelentgelt aus dem laufenden Netto-Arbeitsentgelt durchgeführt wird. Hier wird also in die Berechnungsformel anstatt des Brutto-Arbeitsentgelts das Netto-Arbeitsentgelt eingesetzt.

Zur Ermittlung des Netto-Arbeitsentgelts werden vom Brutto-Arbeitsentgelt die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge (zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung), die Lohn und gegebenenfalls die Kirchensteuer, der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls der Arbeitgeberzuschuss für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung in Abzug gebracht.

Da auch beim Netto-Arbeitsentgelt die Einmalzahlungen der letzten zwölf Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Berücksichtigung finden müssen, muss ein Netto-Hinzurechnungsbetrag errechnet werden. Hier schreibt § 47 Abs. 1 Satz 3 SGB V vor, dass dieser Netto-Hinzurechnungsbetrag errechnet wird, indem der kalendertägliche (Brutto-)Hinzurechnungsbetrag mit dem Vomhundertsatz zu multiplizieren ist, welcher sich aus dem Verhältnis zwischen dem kalendertäglichen Regelentgelt (nicht auf Höchst-Regelentgelt gekürzt) und dem kalendertäglichen Netto-Arbeitsentgelt ergibt. Das heißt, dass der Brutto-Hinzurechnungsbetrag mit dem Netto-Krankengeld multipliziert und durch das Regelentgelt dividiert wird. Der Netto-Hinzurechnungsbetrag ist mit dem aus dem laufenden Arbeitsentgelt ermittelten Netto-Arbeitsentgelt zu addieren.

Vergleichsberechnung

Um das Brutto-Krankengeld zu ermitteln, werden 70 Prozent des ermittelten (Höchst-)Regelentgelts mit 90 Prozent des ermittelten Netto-Arbeitsentgelts verglichen. Der niedrigere Betrag ist dann das relevante Brutto-Krankengeld.

Sozialversicherungsbeiträge

Aus dem berechneten Brutto-Krankengeld sind Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, da ein Krankengeldbezieher, meist sind dies Arbeitnehmer, aufgrund des Krankengeldbezugs sozialversicherungspflichtig sind. Die Versicherungspflicht ergibt sich in der Sozialen Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Satz 3 SGB XI, in der Gesetzlichen Rentenversicherung aus § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung aus § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III. Aus der Versicherungspflicht ergibt sich eine Beitragspflicht des Krankengeldes. Eine Beitragspflicht zur Krankenversicherung selbst besteht für die Krankengeldleistung nicht, da diese Leistung nach § 224 SGB V beitragsfrei ist.

Die Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung werden sowohl vom Leistungsträger, also der gesetzlichen Krankenkasse, als auch vom Versicherten getragen. Der Versichertenanteil wird vom Brutto-Krankengeld bereits vor Auszahlung in Abzug gebracht und entsprechend abgeführt. Zur Auszahlung kommt dann das Netto-Krankengeld.

Krankengeld für Bezieher von Arbeitslosengeld

Hat ein Versicherter vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld I bezogen, leistet die Krankenkasse nach Ablauf der sechswöchigen Leistungsfortzahlung durch die Bundesanstalt für Arbeit Krankengeld. Das Krankengeld wird nach § 47b Abs. 1 Satz 1 SGB V in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes geleistet. Die Sozialversicherungsbeiträge werden in diesen Fällen voll von der Krankenkasse getragen.

Für Bezieher von Arbeitslosengeld II ist der Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen.

Fragen zum Krankengeld

Für Fragen zum Krankengeld – von den Anspruchsvoraussetzungen über die Berechnung bis hin zur Leistungsdauer – stehen registrierte Rentenberater zur Verfügung, die ihre Mandanten unabhängig von den Sozialversicherungsträgern beraten und in Widerspruchs- und Klageverfahren (Sozial- und Landessozialgerichte) vertreten.

Kontaktieren Sie mit Ihren Fragen rund um die Leistung „Krankengeld von der Gesetzlichen Krankenversicherung“ den registrierten Rentenberater und Krankenkassenbetriebswirt Helmut Göpfert!

Kontakt zum Rentenberater »

Weitere Artikel zum Thema:

Rentenversicherung

Rentenversicherung

Gesetzliche Rentenversicherung

Krankenversicherung

Krankenversicherung

Gesetzliche Krankenversicherung

Pflegeversicherung

Pflegeversicherung

Gesetzliche Pflegeversicherung

Unfallversicherung

Unfallversicherung

Gesetzliche Unfallversicherung