Landessozialgericht Hessen 21.11.2014, L 5 R 231/12

  • Aktenzeichen: L 5 R 231/12
  • Spruchkörper: 5. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 6 R 534/08
  • Instanzgericht: Sozialgericht Kassel
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 21.11.2014

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.

Der 1965 geborene Kläger hat in den Jahren 1981 bis 1983 in der ehemaligen DDR eine Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenmonteur absolviert und erfolgreich abgeschlossen. In der Folgezeit war er - unterbrochen durch eine etwa 1 ½-jährige Zeit als Berufssoldat - als Schlosser und Maschinist tätig. Im Jahr 1990 erkrankte der Kläger an Hodenkrebs. In der Folge gab er im Februar 1992 seine Tätigkeit krankheitsbedingt auf und arbeitete im Anschluss bis Februar 2008 überwiegend als Kraftfahrer bzw. Kurierfahrer.

Die Beklagte gewährte dem Kläger in der Zeit vom 17. April bis 8. Mai 2008 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der orthopädischen Abteilung der Klinik am Park in Bad Schwalbach. Im Entlassungsbericht vom 20. Mai 2008 (Dr. H.) wird sozialmedizinischerseits bei den Diagnosen

  1. LWS-Syndrom bei Bandscheibenschaden L5/S1 und L4/5 nach Bandscheibenprotrusion,
  2. beginnende Coxarthrose links,
  3. Anpassungsstörungen

ausgeführt, der Kläger könne als Kurierfahrer nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich tätig sein. Leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne exzentrische Wirbelsäulenbelastung wie häufiges Bücken, lang anhaltende Rumpfzwangshaltungen, Rotationsstellungen sowie das Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne Gehen in unebenem Gelände könne der Kläger jedoch noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Am 30. Mai 2008 stellte der Kläger Rentenantrag und gab dabei an, aufgrund der 1990 aufgetretenen Krebserkrankung mit anschließender Dünndarmresektion leide er unter akuten Verdauungsproblemen und Gewichtsverlust, er sei kaum belastbar. Seit Januar 2008 habe er auch akute Probleme im Bereich des Bewegungsapparates, in deren Folge er arbeitsunfähig sei.

Nach Auswertung des Entlassungsberichtes vom 20. Mai 2008 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 15. Juli 2008 den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vor. Der Kläger sei noch in der Lage, mindestens sechs Stunden je Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein.

Der Kläger erhob am 1. August 2008 Widerspruch und machte geltend, er habe bis zu 16-mal täglich Stuhlgang verbunden mit erheblichem Gewichtsverlust, ständiger Müdigkeit, gestörter Nachtruhe und kaum noch gegebener Leistungsfähigkeit. Aufgrund dessen falle es ihm mittlerweile sehr schwer, einer geregelten Arbeit nachzugehen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe zwar im Zeitpunkt der Rentenantragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt, er sei jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Der Kläger könne noch sechs Stunden und mehr täglich leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten mit Einschränkungen ausüben. Es liege auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, so dass es deswegen der Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht bedürfe. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aufgrund der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Diese seien hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Leistungsvermögen berücksichtigt worden, neue medizinische Gesichtspunkte habe der Kläger nicht vorgetragen.

Der Kläger erhob am 5. November 2008 Klage bei dem Sozialgericht Kassel und legte u.a. ein ärztliches Attest der Internistin I. vom 5. Januar 2009, eine Bescheinigung des Hausarztes J. vom 16. April 2009, den Bescheid des Versorgungsamtes Kassel vom 19. Juni 1997 (GdB 50), einen Befundbericht des Anästhesisten Dr. E. vom 4. Mai 2009 sowie einen Bericht über die berufliche Eignungsabklärung des Zentrums für berufliche Diagnostik Nordhessen vom 30. April 2009 vor.

Im Rahmen der Beweiserhebung zog das Sozialgericht zunächst medizinischen Unterlagen des Versorgungsamtes Kassel sowie Befundberichte des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 17. Dezember 2008, des Psychiaters L. vom 22. Dezember 2008 und des Allgemeinarztes J. (Eingang 5. Januar 2009) bei. Sodann veranlasste das Sozialgericht die Erstellung eines medizinischen Gutachtens vom 5. Juni 2009 durch den Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. M. Der Sachverständige stellte die Diagnosen

  1. permanente Durchfallerkrankung mit Stuhlgangfrequenzen anamnestisch bis zu 16 pro Tag auf der Grundlage eines sog. Kurzdarmsyndroms bei Zustand nach ausgedehnter Dünndarmresektion im Juli 1990 wegen anhaltender Bauchfellentzündung mit Dünndarmnekrose und als Folgezustände:
    a) schubweiser Gewichtsverlust,
    b) resorptionsbedinger Vitamin-D-Mangel.
    c) Bauchwandschwäche im Narbenbereich,
  2. chronifizierter, derzeit opiatpflichtiger Schmerzzustand der unteren Lendenwirbelsäule, aktuell mit linksseitiger Nervenwurzelreizung bei nachgewiesener Bandscheibenschädigung L4/5 und L5/S1, leichter linkskonvexer Verkrümmung der LWS und Beckentiefstand nach links von 1,5 cm, mäßige Funktionseinschränkung in allen Bewegungsebenen, fixierte Lendenwirbelkrümmung bei Vorwärtsbewegung,
  3. altersunphysiologische Verschleißumformung beider Hüftgelenke mit Beugeeinschränkung und Innenrotationsaufhebung, beginnende Hüftkopfentrundung rechts,
  4. reaktive psychische Beeinträchtigung, am ehesten im Sinne einer Anpassungsstörung mit aggressiven und depressiven Elementen, Zustand nach früherem Alkoholabusus,
  5. weitgehend schmerzfreie Funktionseinschränkung der HWS in Reklination und Seitwärtsneigung zu beiden Seiten,
  6. Zustand nach vorderer Kreuzbandplastik des linken Kniegelenkes im Januar 2001 mit derzeit ausreichender Funktionalität des Kniegelenks,
  7. Zustand nach operativer Entfernung eines malignen Hodentumors im Jahr 1990, derzeit ohne Rezidivnachweis,
  8. entzündungsähnliche Veränderungen am Sehnen/Knochenübergang des rechten inneren Ellenbogens,
  9. Lungenüberblähung,
  10. leichte Vermehrung der weißen Blutkörperchen,
  11. symptomloser Status nach Blinddarmentfernung 1972 und Rachenmandelentfernung 1971

und gelangte zu der sozialmedizinischen Beurteilung, der wesentlichste erwerbsmindernder Dauereinfluss komme der Diagnose zu 1. zu. Nach operativer Entfernung eines malignen Hodentumors im Jahre 1990 sei es zu einer Infektion im Bauchwandbereich mit anschließender langer intensivmedizinischer Behandlung und künstlichem Koma sowie zusätzlich zu einer Beeinträchtigung der Darmwände mit Absterben über eine weite Strecke gekommen, die eine nahezu 2/3-Resektion des Dünndarms erforderlich gemacht habe. Hieraus resultierten eine erhebliche Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme und ein sog. Kurzdarmsyndrom mit extrem hoher Stuhlfrequenz pro Tag. Darüber hinaus schränkten die Diagnosen zu 2. bis 4. die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers ein. Im Ergebnis vertrat der Sachverständige Dr. M. die Auffassung, der Kläger sei noch in der Lage, zumindest sechs Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes leichte Arbeiten zu verrichten, wobei die Betonung auf "derzeit noch" liege und sich nur noch ein schmaler Grat zur Leistungsaufhebung biete. Dabei seien die folgenden qualitativen Einschränkungen zu beachten: ohne durchgehend mittelschwere oder schwere Arbeiten, nicht im Außendienst, ohne Schichtarbeit, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten über 8 kg (zeitweilig) bzw. 5 kg (wiederkehrend), ohne Wirbelsäulenzwangshaltung, insbesondere Rumpfvorhaltung, ohne Exposition gegenüber ungünstigen Witterungsbedingungen (Kälte, Nässe, Zugluft), ohne Klettern oder Steigen, nicht in hockender Position, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastung und ohne Publikumsverkehr. Eine Einschränkung im Hinblick auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, das Führen eines Kraftfahrzeugs und die Wegefähigkeit (4 x 500 m in jeweils weniger als 20 Min.) ergebe sich nicht. Soweit für den Kläger häufigere Toilettengänge erforderlich seien, bedinge dies keine betriebsunüblichen Arbeitspausen, sondern falle unter die persönlichen Verteilzeiten. Das Leistungsvermögen sei bereits weit abgesunken bis nahe an die Grenze zur Leistungsaufhebung. Dem könne mit Wahrscheinlichkeit noch rehabilitativ mit einem gastroenterologisch ausgerichteten Heilverfahren entgegengewirkt werden. Die Leistungsbeurteilung gelte für die Zeit seit der gutachterlichen Untersuchung des Klägers vom 8. Mai 2009. Weitere Gutachten auf anderen medizinischen Fachgebieten seien nicht erforderlich.

Nach Implantation einer sog. McMinn-Prothese (Oberflächenersatz der Hüfte) am 6. August 2009 wurde in der Zeit vom 17. September bis 21. Oktober 2009 im Casalis Ambulanten Orthopädischen Reha-Zentrum Kassel GmbH eine Anschlussheilbehandlung durchgeführt. Nach dem Abschlussbericht von Dr. N. vom 21. Oktober 2009 sei das verbliebene Leistungsvermögen mit der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kurierfahrer nicht vereinbar. Der Kläger könne jedoch noch leichte Arbeiten mit Einschränkungen vollschichtig verrichten. Das Sozialgericht holte hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. M. vom 15. Januar 2010 ein. Der Sachverständige wies darauf hin, dass die Reha-Behandlung in der Folge der Hüftoperation durchgeführt worden sei und keinen bessernden Einfluss auf die gastroenterologische Erkrankung des Klägers gehabt habe. Er schlage vor, die rehabilitativen Anstrengungen gemäß den Vorgaben seines Gutachtens nunmehr in Angriff zu nehmen. Sodann zog das Sozialgericht die Gerichtsakten des Klageverfahrens des Klägers gegen die Deutsche BKK betreffend einen streitigen Anspruch auf Krankengeld (S 12 KR 321/08) mit den in diesem Verfahren erstellten Gutachten des Arbeitsmediziners Dr. O. vom 18. Januar 2010 und des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. P. vom 24. März 2010 bei.

Nach erneuter Hüftoperation des Klägers vom 10. November 2010 (Implantation Hüft-TEP) erfolgte erneut eine ambulante Anschlussheilbehandlung im Casalis Ambulanten Orthopädischen Reha-Zentrum Kassel GmbH. Im Abschlussbericht vom 16. Dezember 2010 stellte Dr. N. die Diagnosen

  1. therapieresistente Beschwerden nach Hüftkappen-OP links 08/09,
  2. Hüft-TEP Implantation 10. November 2010,
  3. Depressionen,
  4. allgemeine Erschöpfung

und führte aus, aus orthopädischer Sicht könnten von dem Kläger noch körperlich mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Heben oder Tragen von Lasten ohne technische Hilfsmittel (Belastungsgrenze 10 kg), ohne tiefe und hockende Positionen sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten vollschichtig bzw. sechs Stunden mehr verrichtet werden. Hinsichtlich der Tätigkeit als Kurierfahrer bestehe (weiterhin) ein nur noch unter dreistündiges Leistungsvermögen. Abschließend empfahl Dr. N. die Einholung eines internistischen und psychiatrischen Gutachtens, ebenso die Behandlung der psychischen und psychosomatischen Störungen.

Im weiteren Verlauf holte das Sozialgericht Befundberichte bei dem behandelnden Psychiater L. vom 16. Juni 2011 sowie dem Internisten und Gastroenterologen Dr. F. vom 21. Februar 2011 ein und gab sodann ein internistisches Gutachten bei dem Chefarzt der Medizinischen Klinik III, Gastroenterologie, Proktologie, Diabetologie, Sozialmedizin des Elisabeth Krankenhauses Kassel, Dr. Q., in Auftrag. Der Sachverständige stellte im Gutachten vom 5. Oktober 2011 die Diagnosen

  1. Kurzdarmsyndrom als Folge einer operativen Therapie mit retroperitonealer Lymphadenektomie eines Hodenzell-Karzinoms rechts 1990,
  2. chronisches Schmerzsyndrom mit Nervenwurzelreizung bei LWS- und Sacralgelenkdegeneration,
  3. Funktionseinschränkung am linken Hüftgelenk nach schwerer Coxarthrose und mehrfachen operativ-endoprothetischen Eingriffen,
  4. Sulcus-ulnaris-Syndrom und Carpaltunnelsyndrom linker Arm/Hand,
  5. depressive Episode

und führte weiter aus, das Leistungsbild des Klägers sei durch das Kurzdarmsyndrom deutlich eingeschränkt. Zusätzliche Einschränkungen würden sich aus den weiteren Diagnosen ergeben. In der Gesamtschau sei der Kläger noch in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest sechs Stunden arbeitstäglich mit folgenden Einschränkungen zu verrichten: Eine Toilette solle für den Kläger immer erreichbar sein und er müsse die Möglichkeit haben, kleinere Mengen Nahrungsmittel oder Kalorien-Trinklösungen zu sich zu nehmen. Zu vermeiden seien das Heben schwerer Gegenstände, einseitige Wirbelsäulenbelastungen, häufiges Bücken, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern, Treppen und Gerüsten, Tätigkeiten in hockender Körperhaltung und im Knien. Öffentliche Verkehrsmittel könne der Kläger benutzen. Auch sei ihm ein Fußweg von 4 x 500 m in einem Zeitraum von jeweils weniger als 20 Min. ohne unzumutbare Schmerzen möglich. Zudem könne der Kläger ein Kraftfahrzeug eigenständig führen. Es bestehe nicht das Erfordernis der Einhaltung von zusätzlichen, betriebsunüblichen Pausen. Die aktuell festgestellte Minderung des Leistungsvermögens sei dauerhaft, eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes werde voraussichtlich nicht zu erzielen sein. Das dargestellte Leistungsvermögen bestehe seit August 2011, dem Zeitpunkt der Begutachtung. Weitere Gutachten auf anderem Fachgebiet seien nicht erforderlich.

Durch Urteil vom 11. April 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kammer sei davon überzeugt, dass das quantitative Leistungsvermögen des Klägers nicht gemindert sei. Dieser könne noch sechs Stunden und mehr täglich zumindest leichte Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Ein solches zeitliches Leistungsvermögen hätten die behandelnden Ärzte der Klinik am Park in ihrem Reha-Entlassungsbericht vom 20. Mai 2008, der Gerichtssachverständige Dr. M. in seinem Gutachten vom 5. Juni 2009 und ergänzender Stellungnahme vom 15. Januar 2010, die Sozialmedizinerin Dr. R. in ihrer Stellungnahme vom 1. März 2010, der Arbeitsmediziner Dr. O. im Gutachten vom 18. Januar 2010, der psychiatrische Sachverständige Prof. P. in seinem Gutachten vom 24. März 2010, die behandelnden Ärzte des Orthopädischen Reha-Zentrums Kassel im Bericht vom 16. Dezember 2010 und der Gerichtssachverständige Dr. Q. in seinem Gutachten vom 5. Oktober 2011 festgestellt. Für das Hauptleiden des Klägers, das Kurzdarmsyndrom, gebe es nach den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. M. keine exakte Regel, ab welcher Ausprägung eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens vorliege. Hier hätten alle Sachverständigen völlig nachvollziehbar (lediglich) eine Minderung des qualitativen Leistungsvermögens dergestalt angenommen, dass dem Kläger keine schweren Arbeiten mehr zuzumuten seien und dass bei einem potentiellen Arbeitsplatz eine Toilette in der Nähe sein müsse. Nach umfassender Würdigung sämtlicher medizinischer Unterlagen und unter Berücksichtigung der Entwicklung des Gewichts sei für die Kammer nachvollziehbar, dass aus dem Kurzdarmsyndrom keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens resultiere. Hierbei hat das Sozialgericht u.a. auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. Q. verwiesen, der in seinem Gutachten eine Normalgewichtigkeit bzw. einen Body-Maß-Index im Normbereich festgestellt und im Übrigen anhand der Ergometerbefunde eine ausreichende körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers dokumentiert habe. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens ergebe sich auch nicht aus den orthopädischen Leiden des Klägers mit dem chronischen Schmerzsyndrom, was insbesondere aus den Gutachten von Dr. O. und Dr. M. hervorgehe. Gleiches gelte für die Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet. So führten die Somatisierungsstörung und die depressive Episode zu einer weiteren Einschränkung lediglich des qualitativen Leistungsvermögens. Ohnehin habe die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Kläger in seiner Aufmerksamkeit und seinem Konzentrationsvermögen nicht wesentlich beeinträchtigt sei. Zudem sei die Kammer von einer weiteren Besserung des seelischen Gesundheitszustandes des Klägers überzeugt, da er im laufenden Klageverfahren im November 2010 geheiratet habe und auch vom behandelnden Psychiater Dr. L. im Befundbericht vom 16. Juni 2011 eine weniger ausgeprägte depressive Symptomatik beschrieben werde. Letztlich ergebe sich eine andere Beurteilung auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu sog. Seltenheitsfällen, wonach der Arbeitsmarkt ausnahmsweise auch bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen verschlossen sein könne. Einer dieser Seltenheitsfälle liege jedoch nicht vor, denn der Kläger sei nicht in seiner Wegefähigkeit eingeschränkt, er benötige keine betriebsunüblichen Pausen und es bestehe auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen.

Gegen dieses dem Kläger am 16. Mai 2012 mittels Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil richtet sich seine am 18. Juni 2012 (Montag) bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Er trägt im Wesentlichen vor, die von dem Sozialgericht aus der Bewertung der Gutachten gezogenen Schlüsse seien unzutreffend und es werde unberücksichtigt gelassen, dass er zunächst nicht und sodann lediglich im Rahmen eines sog. Minijobs berufstätig gewesen sei, wobei er hinreichend Gelegenheit gehabt habe, sich auf das Kurzdarmsyndrom und dessen Folgen einzustellen. Insbesondere die erforderlichen häufigen Nahrungsaufnahmen könnten im Rahmen einer vollschichtigen Berufstätigkeit nicht umgesetzt werden. Darüber hinaus sei das Sozialgericht zu den Ausführungen zum Body-Maß-Index insoweit zu korrigieren, als dieser im Februar 2010 an der unteren Grenze der Normalgewichtigkeit und seit Vollendung des 45. Lebensjahres im Bereich der Untergewichtigkeit liege. Im Hinblick auf die Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei zu berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Opiatpflastern zwar eine erträgliche Schmerzform erreicht worden sei, jedoch die Schmerzmittel in Form der Opiatpflaster selbst zu einer weiteren Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit führten. So habe Prof. Dr. P. im Laufe der Untersuchung, die sich über einige Stunden erstreckt habe, Entzugserscheinungen bei ihm festgestellt. Das Erreichen einer erträglichen Schmerzform habe daher eine weitere Einschränkung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit zur Folge, was das Sozialgericht nicht untersucht habe. Letztlich sei zu beanstanden, dass das Sozialgericht zur Frage eines Seltenheitsfalles lediglich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwiesen habe, ohne eine entsprechende Überprüfung durchzuführen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Juni 2008 unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält unter Hinweis auf die nach ihrer Auffassung zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils an ihrer Auffassung fest, dass der Kläger nicht rentenrelevant erwerbsgemindert sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 30. November 2012 bei dem Sachverständigen Dr. D., Arzt für Neurologie und Psychiatrie mit der Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie, der folgende Diagnosen stellte:

  1. leichtgradiges Karpaltunnelsyndrom links (ICD-10 G56.0),
  2. leichtgradiges Sulcus-ulnaris-Syndrom links (ICD-10 G56.22),
  3. mittelschwere Anpassungsstörung im Sinne einer Verbitterungsstörung (ICD-10 F43.2),
  4. chronische Alkoholabhängigkeit, aktuell mit Substanzmittelmissbrauch (ICD-10 F10.24),
  5. Morphium- und Opiumabhängigkeit, gegenwärtig mit Substanzgebrauch (ICD-10 F11.24),
  6. negative Antwortverzerrung im Sinne einer Aggravation und/oder Simulation.

Dr. D. führte aus, die Einschränkung der Leistungs- und Partizipationsfähigkeit aufgrund des Karpaltunnelsyndroms und Sulcus-ulnaris-Syndroms sei als sehr leicht einzuschätzen. Im Rahmen der psychiatrisch-gutachterlichen Untersuchung habe sich in einem von drei durchgeführten Testverfahren ein deutlicher Hinweis auf eine negative Antwortverzerrung ergeben. Unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben des Klägers über einen Alkoholkonsum von ein bis zwei Flaschen Wein pro Tag und unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben über eine Einnahme von bis zu 170 mg Morphium pro Tag plus Opium sei die Diagnose eines chronischen Alkoholabhängigkeitssyndroms und eines chronischen Morphiumabhängigkeitssyndroms mit Substanzmittelgebrauch zu stellen. Darüber hinaus sei unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben und des psychopathologischen Untersuchungsbefundes sowie der kontinuierlichen Tagesstruktur und der Fremdbeurteilung mittels Mini-ICF-APP (Kurzinstrument zur Fremdbeurteilung von Aktivitäts- und Partizipationsstörungen bei psychischen Erkrankungen in Anlehnung an die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - ICF- der Weltgesundheitsorganisation) die Diagnose einer mittelschweren Anpassungsstörung im Sinne einer Verbitterungsstörung zu stellen. Die aktuelle Einschränkung der Leistungs- und Partizipationsfähigkeit aufgrund der psychiatrischen Gesundheitsstörung sei als mittelgradig bis schwer einzuschätzen. Die Alkohol- und Morphiumabhängigkeit sowie die mittelschwere Anpassungsstörung führten zu einer Beeinträchtigung der sozialen Kompetenzen, der Kommunikationsfähigkeit, des Antriebs, des planerischen Denkens und der Motivation. Nach den Angaben seiner Ehefrau habe der Kläger vor zweieinhalb Jahren und vor einem Jahr einen Suizidversuch mit einer Morphinüberdosierung durchgeführt. Aus nervenärztlicher Sicht sei der Kläger in der Lage, mindestens drei aber unter sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies gelte für leichte und punktuell mittelschwere sowie geistig einfache Arbeiten ohne besondere psychische Beanspruchung, ohne besondere Beanspruchung an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und ohne besondere Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit. Die Frage, ob sich bei der Begutachtung Zweifel an der Fähigkeit des Klägers ergeben hätten, sich an die Erfordernisse im Erwerbsleben anzupassen bzw. umzustellen, sei im Hinblick auf die chronische Alkohol- und Morphiumabhängigkeit zu bejahen. Das festgestellte Leistungsvermögen gelte für die Zeit seit 2008. Damals sei es zu zunehmenden Schmerzen mit Entwicklung einer Morphiumabhängigkeit gekommen. Der Kläger sei bisher nicht adäquat psychiatrisch behandelt worden. Eine stationäre Entgiftung bezüglich des Alkohols und auch des Morphiums solle unbedingt erfolgen mit anschließender ambulanter psychotherapeutischer Behandlung einschließlich erhöhter medikamentöser antidepressiver Therapie. Hiermit sei die Leistungsfähigkeit des Klägers deutlich zu verbessern.

In dem im Rahmen der Beweiserhebung parallel in Auftrag gegebenen orthopädischen Gutachten vom 3. Januar 2013 stellte die Sachverständige Dr. C., Fachärztin für Orthopädie, die Diagnosen

  1. Verschleißerkrankung beider Hüftgelenke (M 16.0; links, Zustand nach Hüft-Totalendoprothese 11/2010) mit Einschränkung des Bewegungsausmaßes und verminderter Belastbarkeit,
  2. degenerative Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule im Segment HWKS/6 (Spondylarthrose / Osteochondrose / Spondylose, M47.82/M42.12) mit Einschränkung des Bewegungsausmaßes und verminderter Belastbarkeit; keine radikuläre Begleitsymptomatik
  3. Fehlstatik (Kyphose M40.24/Rundrückenbildung) der Brustwirbelsäule und beginnender Verschleiß im unteren Abschnitt (Spondylose/Osteochondrose M42.14); keine radikuläre Begleitsymptomatik, ausgeprägte Insuffizienz der wirbelsäulenaufrichtenden, stabilisierenden Muskulatur,
  4. degenerative Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule im Segment LWK4/5 (Spondylarthrose, M47.86) und LWK5/SWK1 (kernspintomographisch 03/2010 nachgewiesener Bandscheibenvorfall, M51.2) mit Einschränkung des Bewegungsausmaßes und verminderter Belastbarkeit; keine radikuläre Begleitsymptomatik
  5. Verschleiß der Iliosakralgelenke beidseits (M19.97)
  6. endgradig eingeschränkte Vor- und Seitwärtshebung des linken Armes; allenfalls geringfügige Funktionseinschränkung
  7. verminderte Belastbarkeit des linken Kniegelenkes nach stattgehabter Kreuzband-Ersatzplastik (2001); klinisch kein Zeichen für Instabilität und/oder vorauseilenden Verschleiß

und führte sozialmedizinischerseits aus, der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Untersuchung in gutem Allgemein- und leicht reduziertem Ernährungszustand befunden. Im Rahmen der orthopädischen Untersuchung hätten sich Hinweise auf eine starke Verdeutlichungstendenz (Aggravation/Simulation) ergeben. Die bei dem Kläger bestehenden Funktionseinschränkungen seien vor allem durch die beidseitige Verschleißerkrankung der Hüftgelenke bedingt. Links sei im November 2010 ein künstliches Hüftgelenk implantiert worden, rechts zeige die aktuelle Röntgenaufnahme eine zunehmende Entrundung des Hüftkopfes. Die aktuellen Röntgenaufnahmen des Achsenorganes zeigten in allen Abschnitten einen degenerativen Verschleiß, jedoch ohne radikuläre Begleitsymptomatik. Soweit der Kläger im Jahr 2001 einen Kreuzbandersatz erhalten habe, bestehe funktionell ein gutes Ergebnis ohne Instabilität bzw. vorauseilenden Verschleiß. Zusammenfassend bedingten die bestehenden Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet folgende qualitative Leistungseinschränkungen: keine schweren oder mittelschweren Arbeiten, die die dauerhafte Einnahme von Zwangshaltungen (gebückt, hockend und/oder kniend, vornüber geneigt) erfordern, die dauerhaft gehend und/oder stehend zu verrichten sind, die das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 bis 7 kg ohne mechanische Hilfsmittel sowie das Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten erfordern, sowie ohne Witterungseinflüsse wie Kälte, Hitze, starke Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Bei Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger aus orthopädischer Sicht leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. Unter Berücksichtigung der neurologisch-psychiatrischen Zusatzbegutachtung bestehe jedoch eine Minderung des Leistungsvermögens auf drei bis unter sechs Stunden täglich bei chronischer Alkohol- und Morphinabhängigkeit. Auf internistischem Fachgebiet sei eine dauerhafte Einschränkung des Leistungsvermögens auf maximal sechs Stunden täglich bei bekanntem Kurzdarmsyndrom festgestellt worden. Unter wertender Zusammenschau der auf allen Fachgebieten festgestellten Gesundheitsstörungen benötige der Kläger grundsätzlich keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen. Ebenso bestehe keine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit. Der Kläger sei insoweit in der Lage, 4 x täglich eine Strecke von mehr als 500 m in 20 Min., ggf. unter Verwendung von Hilfsmitteln bzw. unter Einlegung von Pausen, zurückzulegen. Das orthopädischerseits aktuell festgestellte Leistungsvermögen bestehe seit der Rentenantragstellung im Jahr 2008. Insoweit müsse auch von dauerhaften qualitativen Leistungseinschränkungen ausgegangen werden. Weitere Gutachten auf anderen medizinischen Fachgebieten seien nicht erforderlich.

Nachdem sich die Beklagte unter Einschaltung ihres beratungsärztlichen Dienstes (Stellungnahme Dr. S. vom 1. März 2013) mit Schriftsatz vom 6. März 2013 kritisch mit der Beurteilung von Dr. D. auseinandergesetzt hat, hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 8. April 2013 eingeholt. Dr. D. hat darin ausgeführt, der Beanstandung der Beklagten, bei der Diagnose einer Anpassungsstörung sei das zu Grunde liegende Ereignis nicht benannt worden, sei entgegenzutreten. Insofern sei ein traumatisierendes Ereignis im Sinne der posttraumatischen Belastungsstörung oder posttraumatischen Belastungsreaktion nicht zu fordern. Vorliegend existierten viele belastende Faktoren, die zu einer Anpassungsstörung geführt hätten: der Hodenkrebs 1990, die chronische Schmerzsymptomatik und die anschließende Alkoholabhängigkeit mit den daraus sich ergebenden sozialen Folgen. Er habe im Gutachten entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen weitgehend normalen psychopathologischen Untersuchungsbefund dokumentiert. Vielmehr habe er eine deutlich auffällige Kommunikationsstruktur, aggressive und verbitterte Stimmung und eingeschränkte Schwingungsfähigkeit beschrieben. Lediglich der Antrieb des Klägers sei unauffällig gewesen. Zudem habe die Ehefrau des Klägers fremdanamnestisch eine Suizidalität und einen Wechsel von Depressivität und Aggressivität angegeben. Im Hinblick auf die von der Beklagten beanstandete Rückdatierung der Leistungseinschränkung auf das Jahr 2008 sei zwar zu berücksichtigen, dass die Opioideinnahme des oral verabreichten Medikaments 2008 noch nicht vorhanden gewesen sei. Andererseits seien in einem nervenärztlichen Bericht vom 17. Dezember 2008 (Dr. K.) und im psychiatrischen Bericht vom 27. Oktober 2008 (Facharzt für Psychiatrie L.) ein deutlich depressives Syndrom mit Affektlabilität und Alkoholabhängigkeit beschrieben worden. Weiter wies Dr. D. darauf hin, soweit Dr. M. in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten den Kläger noch für fähig erachtet habe, sechs Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche leichte Arbeiten zu verrichten, sei dieses Gutachten insofern nicht maßgeblich, weil Dr. M. Arbeitsmediziner und kein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sei, so dass sich die erhobenen Befunde deutlich von den Untersuchungsbefunden der nervenärztlichen Kollegen unterscheiden würden. Zu bestätigen sei allerdings die Kritik der Beklagten, dass eine Objektivierung der Angaben des Klägers bezüglich seiner Medikamenteneinnahme und seines Alkoholkonsums nicht erfolgt sei. Insoweit könne der Mangel durch Auswertung der Rezeptausstellungen des behandelnden Hausarztes und/oder des behandelnden Schmerztherapeutin und durch Bestimmung der Leberwerte behoben werden. Ggf. sei seine Leistungsbeurteilung zu korrigieren.

Der Senat hat daraufhin weiter Beweis erhoben durch Beiziehung von Befundberichten des Dr. E. datierend zwischen dem 4. Mai 2009 und 17. Juni 2013 sowie des Dr. F. vom 23. Juni 2013. In der hierauf eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 20. August 2013 führte der Sachverständige Dr. D. aus, die zu objektivierende Morphineinnahme und Alkoholeinnahme seien mit den Befundberichten nicht bewiesen. Insbesondere enthielten die Berichte von Dr. E. lediglich Empfehlungen.

Im Anschluss hat der Senat zur Frage der Alkoholabhängigkeit sowie der Opiatabhängigkeit einschließlich einer Rückdatierung ein (Kurz-)Gutachten des Facharztes für Laboratoriumsmedizin Dr. G. vom 22. Januar 2014 eingeholt. Der Sachverständige führte nach Durchführung eines toxikologischen Drogenscreenings sowie einer toxikologischen Untersuchung zur Abstinenzkontrolle im Gutachten aus, generell gelte, dass eine Untersuchung von Drogen im Blut nicht sinnvoll sei. Vielmehr sei eine Drogenuntersuchung im Urin und für eine Langzeitaussage in den Haaren sinnvoll. Aufgrund des Kurzhaarschnitts des Klägers sei eine entsprechende Diagnostik nicht möglich gewesen. Das Drogenscreening im Urin sei im Hinblick auf Ethylglucuronid (Abbauprodukt von Ethanol - Alkohol) hoch positiv gewesen und decke sich mit der Angabe des Klägers, dass er eine Flasche Wein pro Tag konsumiere. Darüber hinaus sei in Übereinstimmung mit der angegebenen Medikation an Schmerzmitteln das Drogenscreening auf Opiate/Morphin positiv gewesen. Zusammenfassend könne aus der einmaligen Untersuchung allein nicht auf Abhängigkeit geschlossen werden. Dies sei aber bei der angegebenen Anamnese anzunehmen.

Letztlich hat der Senat auch hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. D. vom 23. April 2014 eingeholt. Dr. D. führte aus, aus dem Gutachten von Dr. G. seien zwei Erkenntnisse zu gewinnen: Zum einen habe der Kläger die von ihm eingenommenen zentralen Schmerzmittel, nämlich Opioide und Morphine regelmäßig eingenommen. Zum anderen habe der Kläger regelmäßig Alkohol konsumiert, nach seinen eigenen Angaben eine Flasche Wein pro Tag. Die Urinprobe habe einen hoch positiven Befund ergeben. Damit sei ein Alkoholmissbrauch im Vollbeweis belegt und auch die regelmäßige Einnahme zentral wirkender Schmerzmittel. Ebenso seien die Diagnosen chronische Alkoholabhängigkeit und Morphium- und Opiumabhängigkeit, wie sie in seinem Gutachten gestellt worden seien, belegt. Weitere Folge sei, dass die im Gutachten ausgeführte Einschätzung der Leistungs- und Partizipationsfähigkeit ebenfalls untermauert sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung des Klägers ist auch teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Leistungsfalles vom 29. November 2012 für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2016 zu. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. April 2012 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2008 waren entsprechend zu ändern.

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

  1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
  2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
  3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch

  1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
  2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Davon ausgehend ist im vorliegenden Fall die Fähigkeit des Klägers, durch erlaubte Erwerbstätigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen (Erwerbsfähigkeit), durch verschiedene Gesundheitsstörungen beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger seit dem 29. November 2012 nur noch in der Lage ist, drei bis unter sechs Stunden täglich leichte sowie geistig einfache Arbeiten mit Einschränkungen (ohne besondere psychische Beanspruchung, ohne besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, ohne besondere Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit, ohne Arbeiten, die die dauerhafte Einnahme von Zwangshaltungen (gebückt, hockend und/oder kniend, vornübergeneigt) erfordern, die dauerhaft gehend und/oder stehend zu verrichten sind, die das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 5 bis 7 kg ohne mechanische Hilfsmittel sowie das Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüsten erfordern, sowie ohne Witterungseinflüsse wie Kälte, Hitze, starke Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe) zu verrichten. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände des vorliegenden Falles aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand des Klägers vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten, insbesondere aus der im Gutachten vom 30. November 2012 sowie in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. April 2014 ausgeführten Beurteilung des Gerichtssachverständigen Dr. D.

Zunächst sind die Ausführungen des im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen Dr. M. in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 5. Juni 2009 zu berücksichtigen. Dr. M. hat darin im Einzelnen den Krankheitsverlauf dargelegt, der zu dem sog. Kurzdarmsyndrom geführt und dem er den wesentlichsten erwerbsmindernden Dauereinfluss gegenüber den weiteren Diagnosen zugemessen hat. Im Rahmen der operativen Sanierung des malignen Hodentumors im Jahr 1990 kam es bei dem Kläger zu einer Infektion im Bauchwandbereich und Beeinträchtigung der Darmwände mit Absterben über eine weite Strecke, die eine nahezu 2/3-Resektion des Dünndarms erforderlich gemacht hat. Hieraus resultieren eine erhebliche Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme und eine hohe Stuhlfrequenz. Dr. M. hat bereits aus diesem Krankheitskomplex abgeleitet, dass die berufliche Belastbarkeit des Klägers an der Grenze zur Leistungsunfähigkeit zu sehen ist und rehabilitative Maßnahmen im Sinne eines gastroenterologisch ausgerichteten Heilverfahrens erforderlich sind. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang auf die Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Kurzdarmsyndroms sowie darauf verwiesen, dass alternativ medizinisch vertretbar sei, entweder von der Aufhebung des Leistungsvermögens für eine begrenzte Zeit auszugehen, um die nachfolgende Zeit für längere Behandlungsansätze und rehabilitative Maßnahmen zu nutzen, oder aber noch ein positives Restleistungsbild anzunehmen, die Erwerbsfähigkeit aber als deutlich gefährdet anzusehen mit entsprechenden umgehenden rehabilitativen Maßnahmen und anschließender erneuter Beurteilung der Leistungsfähigkeit. Insgesamt ist angesichts der Ausführungen von Dr. M. gut nachvollziehbar, dass bereits aufgrund des Kurzdarmsyndroms von einem weit herabgesunkenen beruflichen Leistungsvermögens auszugehen ist, zumal die angesprochenen rehabilitativen Maßnahmen in der Folgezeit nicht stattgefunden haben. Die Beurteilung von Dr. M. wird im Übrigen bestätigt durch das internistisch-gastroenterologische Gutachten des ebenfalls im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen Dr. Q. vom 5. Oktober 2011, der auch von einer deutlichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgrund des Kurzdarmsyndroms ausgegangen ist.

Dies vorausgeschickt sind die weiteren von dem Sachverständigen Dr. D. beurteilten Einschränkungen aufgrund der Alkoholabhängigkeit und der Opiatabhängigkeit sowie der Anpassungsstörung zu berücksichtigen. Zunächst bestehen an dem Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit und einer Opiatabhängigkeit bei dem Kläger für den Senat keine vernünftigen Zweifel. Soweit Dr. D. hiervon in seinem Gutachten vom 30. November 2012 unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben des Klägers über einen Alkoholkonsum von ein bis zwei Flaschen Wein pro Tag sowie der anamnestischen Angaben über eine Einnahme von bis zu 170 mg Morphium pro Tag plus Opium ausgegangen ist und der beratende Arzt der Beklagten, Dr. S., eine entsprechende Objektivierung für erforderlich gehalten hat, ist diese durch das (Kurz-) Gutachten des Facharztes für Laboratoriumsmedizin Dr. G. vom 22. Januar 2014 erfolgt. Das dem Gutachten zu Grunde liegende Screening war im Hinblick auf Alkohol (Ethylglucuronid) sowie auf Opiate/Morphin positiv. Zwar hat es sich hierbei um eine einmalige Untersuchung gehandelt, gleichwohl führt die Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse von Dr. G. mit den vorherigen medizinischen Dokumentationen einschließlich der anamnestischen Angaben des Klägers zweifelsfrei zu der Bejahung der Diagnosen Alkoholabhängigkeit und Opiatabhängigkeit. Soweit die Beklagte bzw. ihr beratender Arzt weiterhin in Zweifel gezogen hat, dass ein entsprechender Alkohol- und Schmerzmittelkonsum des Klägers stattfindet, und im Übrigen die "Vorbereitung" des Klägers auf die bevorstehende Untersuchung durch Dr. G. in den Raum gestellt hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Vielmehr handelt es sich um spekulative und damit nicht entscheidungserhebliche Äußerungen. Angesprochen ist in diesem Zusammenhang vor allem die Frage der Nachweisbarkeit bzw. Objektivierbarkeit von medizinischen Befunden und krankhaften Zuständen. Insoweit ist auf die entsprechenden Anforderungen, die an ein Sachverständigengutachten zu stellen sind, hinzuweisen: Die sachgerechte sozialmedizinische Beurteilung bzw. die Erhellung eines medizinischen Sachverhaltes setzt eine ausreichende Anamneseerhebung, die Erhebung des klinischen Befundes sowie den Einsatz möglicher apparativer Diagnostikmöglichkeiten voraus. Im Falle von psychiatrischen Sachverständigengutachten kommt ggf. eine psychologische Testung hinzu. Dies führt dazu, dass in die Gesamtschau sowohl objektivierbare als auch nicht objektivierbare Elemente einfließen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich nicht jegliche gesundheitliche Beeinträchtigung apparativ oder labormedizinisch objektivieren lässt. Die medizinische Einschätzung hinsichtlich Befund, Diagnose und Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit hat deshalb auch alle weiteren Gesichtspunkte einzubeziehen. Insoweit gehört zur originären Sachverständigentätigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren, sowohl objektivierbare Elemente als auch nicht objektivierbare Anhaltspunkte in einer Gesamtschau kritisch zu würdigen und schlussendlich zu einer Beurteilung zu gelangen. Diesen Anforderungen wird das Gutachten von Dr. D. uneingeschränkt gerecht und dem Sachverständigen ist hinsichtlich der gestellten Diagnosen einer chronischen Alkoholabhängigkeit sowie einer Morphium- und Opiumabhängigkeit, jeweils mit Substanzmittelmissbrauch bzw. -gebrauch, zu folgen. In der Längsschnittbetrachtung finden sich über die Gutachten von Dr. D. und Dr. G. hinaus in folgenden Berichten/Gutachten Hinweise auf Alkoholgebrauch: Befundbericht Psychiater L. vom 27. Oktober 2008, Gutachten Dr. M. vom 5. Juni 2009, Abschlussbericht des Ambulanten Orthopädischen Reha-Zentrums Kassel vom 21. Oktober 2009, Gutachten Dr. O. vom 18. Januar 2010, Gutachten Prof. Dr. P. vom 24. März 2010, Abschlussbericht des Ambulanten Orthopädischen Reha-Zentrums Kassel vom 16. Dezember 2010, Sachverständigengutachten Dr. Q. vom 5. Oktober 2011. Angesichts dessen kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die Anamnese hinsichtlich Alkohol "leer" ist. Besonderes Gewicht kommt den Feststellungen von Dr. O. zu, der in dem sozialgerichtlichen Verfahren des Klägers gegen seine Krankenkasse als Sachverständiger tätig geworden ist. Danach ist der Befund eines erhöhten Leberwertes erhoben worden, was Dr. O. mit einem Alkoholabusus in Zusammenhang gebracht hat. In der Gesamtschau ist jedenfalls festzustellen, dass sich der Alkoholgebrauch in der Zeit vor der Untersuchung durch Dr. D. aufgrund der Angaben in den genannten medizinischen Dokumentationen, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, von "abstinent" über "selten" bzw. "gelegentlich" und "2 mal 0,125 l" täglich auf ein bis zwei Flaschen täglich gesteigert hat. Hinsichtlich der Einnahme von Opiaten/Morphin enthalten über die Gutachten von Dr. D. und Dr. G. hinaus folgende chronologisch wiedergegebenen Berichte/Gutachten, auf die ebenfalls Bezug genommen wird, Hinweise: Bericht Dr. E. vom 4. Mai 2009, Gutachten Dr. M. vom 5. Juni 2009, Bericht Dr. E. vom 22. Dezember 2009, Gutachten Prof. P. vom 24. März 2010, Berichte Dr. E. vom 15. April 2010, 28. Juni 2011, 25. Januar 2012, 16. Mai 2012, 27. Mai 2013 und vom 17. Juni 2013 sowie Bericht Dr. F. vom 23. Juni 2013. Nach den Angaben in den genannten Unterlagen ist zunächst im Mai 2009 von Dr. E. eine Medikation mit Norspan und Temgesic (beides Opioide) empfohlen worden. Soweit der Sachverständige Dr. D. in seiner Stellungnahme vom 20. August 2013 hieraus und aus den weiteren Berichten von Dr. E. geschlossen hat, es habe sich lediglich um Empfehlungen gehandelt, so dass die entsprechende Rezeptierung und Einnahme mit den Angaben in den Berichten nicht objektiviert seien, trifft dies offensichtlich nicht zu. Lediglich der Bericht von Dr. E. vom 4. Mai 2009 enthält eine Medikamentenempfehlung hinsichtlich Norspan und Temgesic, in allen weiteren Berichten wird eine entsprechende Medikation bzw. die Änderung der Präparate (hinsichtlich Capros und Sevredol, beides Morphine) bestätigt. Wird weiter berücksichtigt, dass Dr. M. in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung und Anamneseerhebung vom 18. Mai 2009 ausgeführt hat, der Kläger werde seit drei Wochen mit Opiaten behandelt, steht in der Gesamtschau zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger seit Mai 2009 Opiate bzw. Morphine einnimmt, wobei neben den Verordnungen von Dr. E. die Rezeptierung von Opiumtropfen wegen therapierefraktärer Diarrhöen hinzugekommen ist, wie dies der Bericht von Dr. F. vom 23. Juni 2013 ausweist. Bestehen damit für den Senat keine Zweifel an dem Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit sowie einer Morphium- und Opiatabhängigkeit, gilt dies gleichermaßen für die weiter von Dr. D. diagnostizierte mittelschwere Anpassungsstörung. Anhaltspunkte für eine solche Erkrankung finden sich bereits in dem Reha-Entlassungsbericht der Klinik am Park vom 20. Mai 2008, ebenso in dem Gutachten von Dr. M. vom 5. Juni 2009. Dementsprechend spiegeln auch die Angaben der behandelnden Ärzte (so z. B. Befundberichte L. vom 27. Oktober 2008, Dr. T. vom 24. August 2009 und Dr. E. vom 27. Mai 2013) dieses Krankheitsbild wieder. Nicht zuletzt sind im Hinblick auf die Ausprägung der Erkrankung auch die beiden Suizidversuche des Klägers mit einer Morphinüberdosierung zu berücksichtigen. Soweit der in der Begutachtung von Rentenbewerbern besonders erfahrene Sachverständige Dr. D. im Ergebnis unter Berücksichtigung der mittelschweren Anpassungsstörung, der chronischen Alkoholabhängigkeit sowie der chronischen Morphium- und Opiatabhängigkeit zu der Beurteilung gelangt ist, es liege psychiatrischerseits eine mittelgradig bis schwer einzustufende Einschränkung der Leistungs- und Partizipationsfähigkeit mit Beeinträchtigung der sozialen Kompetenzen, der Kommunikationsfähigkeit, des Antriebs, des planerischen Denkens und der Motivation vor mit der Folge, dass der Kläger nur noch in der Lage ist, drei bis unter sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, ist dies schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Die Leistungsbeurteilung wird von Dr. D. nach eingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für den Senat einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet und steht im Einklang mit den übrigen Befundunterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte.

Die von Dr. D. beschriebene - rentenrelevante - Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers ist für die Zeit seit dem 29. November 2012, dem Zeitpunkt der dortigen gutachterlichen Untersuchung, zu bejahen. Der Senat vermag dem Sachverständigen in seiner Beurteilung nicht zu folgen, das von ihm festgestellte eingeschränkte Leistungsvermögen gelte bereits für die Zeit seit 2008, weil es seinerzeit zu zunehmenden Schmerzen mit Entwicklung einer Morphiumabhängigkeit gekommen sei. Diese Begründung erachtet der Senat nicht als tragfähig. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast trifft (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 5 RJ 48/03 R m.w.N.). Davon ausgehend kann vorliegend für die Zeit vor dem 29. November 2012 gerade nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass das quantitative Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken war. Soweit der Sachverständige Dr. D. auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung im Mai 2008 abgestellt hat, ergibt sich aus den genannten Befunddokumentationen, dass die Behandlung des Klägers mit Morphinen erst im Mai 2009 begonnen hat. Zudem liegt auf der Hand, dass ab diesem Zeitpunkt nicht sogleich die von Dr. D. beschriebene Morphium- und Opiatabhängigkeit bei dem Kläger eingetreten sein kann, sondern diese sich schleichend im weiteren Verlauf der Behandlung entwickelt hat. Ab welchem Zeitpunkt genau von der gesicherten Diagnose einer Morphium- und Opiatabhängigkeit auszugehen ist, lässt sich anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht feststellen. Insoweit enthalten die Befundberichte der behandelnden Ärzte lediglich Hinweise auf die entsprechende Medikation. Aber auch die Ausführungen des im Verfahren gegen die Krankenkasse des Klägers tätig gewordenen Sachverständigen Prof. Dr. P. in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 24. März 2010, wonach im Rahmen der Untersuchung vom 19. März 2010 ein feinschlägiger Händetremor feststellbar gewesen sei, was der Sachverständige als Entzugssymptome gedeutet hat, reichen nicht aus, um die von Dr. D. festgestellte Morphium- und Opiatabhängigkeit einschließlich der sich daraus ergebenden Folgen bereits ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. P. annehmen zu können. Gleichermaßen kann die festgestellte Alkoholabhängigkeit nicht auch für die Zeit vor der Untersuchung durch Dr. D. bejaht werden. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Alkoholgebrauch des Klägers seit 2008 gesteigert bis hin zu einem Umfang von ein bis zwei Flaschen Wein täglich. Auch insoweit bleibt unklar, ab welchem Zeitpunkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Alkoholgebrauch des Klägers zu einer entsprechenden Abhängigkeit geführt hat. Zwar hat Dr. O., der ebenfalls im Verfahren des Klägers gegen die Krankenkasse ein medizinisches Sachverständigengutachten erstellt hat, auf einen erhöhten Leberwerte "als Ausdruck der Leberbelastung bei bekanntem Alkoholabusus" hingewiesen. Hieraus allein lässt sich jedoch nicht auf eine Alkoholabhängigkeit schließen, so dass es auch insoweit bei dem Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. D. zu verbleiben hat. Letztlich führt die Gesamtschau der medizinischen Unterlagen im Hinblick auf die bei dem Kläger vorliegende Anpassungsstörung nicht zu einem Leistungsfall vor dem 29. November 2012. Zum einen ist Prof. Dr. P. in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 24. März 2010 - dem einzigen Gutachten dieses Fachgebietes vor Erstellung des Gutachtens von Dr. D. - noch von einem quantitativ nicht eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen. Zum anderen hat Dr. D. nachvollziehbar seine Leistungsbeurteilung und damit die quantitative Leistungseinschränkung auf das Zusammenwirken der mittelgradigen Anpassungsstörung mit dem chronischen Alkoholabhängigkeitssyndrom sowie dem chronischen Morphiumabhängigkeitssyndrom gestützt und hieraus eine mittelgradige bis schwerer Beeinträchtigung des Klägers abgeleitet. Sowohl die Alkoholabhängigkeit als auch die Morphiumabhängigkeit können jedoch - wie ausgeführt - erst ab dem 29. November 2012, dem Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. D., als nachgewiesen angesehen werden. Für die Zeit zuvor verbleibt es bei der Nichterweislichkeit einer quantitativen und damit rentenrelevanten Leistungseinschränkung bzw. bei dem Ergebnis der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Ermittlungen.

Nach alledem ist der Kläger seit dem 29. November 2012 nur noch in der Lage ist, drei bis unter sechs Stunden täglich mit den genannten qualitativen Einschränkungen erwerbstätig zu sein. Dies erfüllt die Voraussetzungen eines Leistungsfalles der teilweisen Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Zugleich sind hiermit die Voraussetzungen des Leistungsfalles einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt. Für die Beurteilung, ob ein Versicherter, der aufgrund seines Gesundheitszustands in quantitativer Hinsicht nur noch weniger als täglich sechs Stunden und mindestens täglich drei Stunden arbeiten kann, voll erwerbsgemindert ist, kommt es darauf an, ob für entsprechende Erwerbstätigkeiten Arbeitsplätze vorhanden sind, die der Versicherte mit seinen Kräften und Fähigkeiten noch ausfüllen kann. Insoweit kann jedoch ohne weitere Prüfung bzw. ohne Nachweis - fehlgeschlagener - Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung oder des Rentenversicherungsträgers innerhalb eines Jahres von der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes ausgegangen werden (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2005, B 13 RJ 10/04 R m.w.N.; vgl. zur Fortgeltung der Rechtsgrundsätze über die sog. Arbeitsmarktrenten auch BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011, B 13 R 78/09 R). Bei einem quantitativ auf drei bis unter sechs Stunden täglich reduzierten Leistungsvermögen ist mithin grundsätzlich neben dem Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung zugleich auch der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung eingetreten.

Ausgehend von dem 29. November 2012 als Leistungsfall sind vorliegend ausweislich des Versicherungsverlaufes vom 23. Juli 2014 neben der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI, § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllt. Im danach maßgeblichen (verlängerten) Zeitraum von fünf Jahren vom 29. Juli 2007 bis 28. November 2012 hat der Kläger 42 Monate mit Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt.

Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung erstreckt sich auf einen Leistungszeitraum vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2016. Insoweit war die dem Kläger zuerkannte Rente nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zu befristen. Nach dieser Vorschrift werden u.a. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet. Die Rentengewährung erfolgt nur unbefristet, wenn sie nicht von der Arbeitsmarktlage abhängt und es unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; die letztgenannte Voraussetzung ist bei einer Gesamtdauer der Rentengewährung von neun Jahren stets zu bejahen (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI). Hier kam nur eine befristete Rente in Betracht, da dem Kläger der Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nur wegen der Verschlossenheit des (Teilzeit-) Arbeitsmarktes zusteht und im Übrigen nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. die Leistungsfähigkeit des Klägers mit einer adäquaten psychiatrischen Behandlung deutlich zu verbessern ist. Die Befristung erfolgt nach § 102 Abs. 2 Satz 2 SGB VI für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die es rechtfertigen könnten, von dieser für den Regelfall vorgegebenen Befristungsdauer hier abzuweichen. Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Der siebte Kalendermonat nach Eintritt der nachgewiesenen Erwerbsminderung begann hier am 1. Juni 2013, so dass sich der Leistungszeitraum von drei Jahren auf die Zeit bis zum 31. Mai 2016 erstreckt.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass dem Kläger für die Zeit vor dem 1. Juni 2013 kein Rentenanspruch zusteht, die Berufung war insoweit zurückzuweisen. Der Kläger konnte ausgehend von dem nicht widerlegten Ermittlungsergebnis im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Zeitpunkt des Leistungsfalles vom 29. November 2012 zumindest noch leichte Arbeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten und musste sich zur Verwertung seines Restleistungsvermögen auf sämtliche - ihm in gesundheitlicher Hinsicht objektiv zumutbaren - Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen, denen sich der Senat anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere vertritt auch der Senat die Auffassung, dass kein sog. Katalog- bzw. Seltenheitsfall gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R m.w.N.) hinsichtlich der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder von betriebsunüblichen Pausen bezogen auf die Zeit vor dem 29. November 2012 vorlag. Dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im erstinstanzlichen Verfahren nur noch für Tätigkeiten in Betracht kam, bei denen sich in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz eine Toilette befindet, steht einer Tätigkeit unter den in den Betrieben üblichen Bedingungen nicht entgegen. Denn wie sich aus den vom Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemachten berufs- und wirtschaftskundlichen Auskünften der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Hessen - vom 3. März 2005 und vom 10. Dezember 2010 ergibt, besteht jedenfalls bei Tätigkeiten im Bürobereich, z.B. für Poststellenmitarbeiter, auch unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes durchaus die Möglichkeit zur jederzeitigen Arbeitsunterbrechung zum Toilettengang, und es gibt auch genügend solcher Arbeitsplätze, in deren unmittelbarer Nähe eine Toilette vorhanden ist. Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ist allenfalls dann zu erwägen, wenn bei einem Arbeitnehmer zusätzlich zur üblichen Frequenz noch weitere Toilettengänge in einem solch großen Ausmaß anfallen, dass dies mit einem ungestörten Arbeitsablauf schlechthin nicht mehr zu vereinbaren ist. Dass dies im Falle des Klägers gegeben sein könnte, lässt sich jedoch nicht bejahen. So hat der Sachverständige Dr. M. im Gutachten vom 5. Juni 2009 ausgeführt, dass die für den Kläger erforderlichen häufigeren Toilettengänge keine betriebsunüblichen Arbeitspausen bedingen, sondern unter die persönlichen Verteilzeiten fallen. Gleichermaßen hat sich der gastroenterologische Sachverständige Dr. Q. in seinem Gutachten vom 5. Oktober 2011 geäußert, wonach eine Toilette für den Kläger immer erreichbar sein muss, dies jedoch nicht zu dem Erfordernis der Einhaltung von zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen führt. Dies gelte im Übrigen ebenso, soweit der Kläger die Möglichkeit haben müsse, kleinere Mengen Nahrungsmittel oder Kalorien-Trinklösungen zu sich zu nehmen. Zu weitergehenden berufs- und wirtschaftskundlichen Ermittlungen brauchte der Senat sich nicht gedrängt zu fühlen. Denn zu den besonderen gesetzlichen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit gehört unter anderem die Arbeitsmarktforschung, und sie verfügt zur Erfüllung dieses Auftrages über entsprechende personelle und sachliche Einrichtungen, so dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Aussagen der Bundesagentur für Arbeit und ihrer Behörden zu Fragen des Arbeitsmarktes von besonderer Sachkunde gestützt werden (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 1984, 4a RJ 19/85). Dies muss umso mehr gelten, als konkrete Gesichtspunkte, unter denen die Richtigkeit der vorliegenden berufs- und wirtschaftskundlichen Auskünfte in Zweifel gezogen werden könnte, weder dargetan worden noch sonst erkennbar sind und sich insbesondere auch nicht aus den Beurteilungen der Sachverständigen Dr. M. und Dr. Q. ergeben. Ob im Übrigen die in Betracht kommenden Arbeitsplätze frei waren oder besetzt, ist für die Entscheidung unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, der wie der Kläger für die Zeit vor dem 29. November 2012 noch zumindest sechs Stunden pro Arbeitstag einsatzfähig war, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für ihn offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Der im Sinne der sog. konkreten Betrachtungsweise auf die tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 10. Dezember 1976, GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 u. GS 3/76) kann bei diesem Personenkreis grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer - ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage - unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ausnahmen können allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Versicherter nach seinem Gesundheitszustand nicht dazu in der Lage ist, die an sich zumutbaren Arbeiten unter den in der Regel in den Betrieben üblichen Bedingungen zu verrichten, oder wenn er außerstande ist, Arbeitsplätze dieser Art von seiner Wohnung aus aufzusuchen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, B 13 R 79/11 R). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend jedoch - wie ausgeführt - nicht gegeben.

Nach allem konnte die Berufung des Klägers nur hinsichtlich eines Anspruches auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2016 Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.

 

Die Veröffentlichung des Urteils erfolgt nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Eine Nutzung dieses Urteils von Sozialversicherung-kompetent.de zur gewerblichen Nutzung ist untersagt.

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