Landessozialgericht Hessen 23.02.2010, L 3 U 90/07

  • Aktenzeichen: L 3 U 90/07
  • Spruchkörper: 3. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 12 U 1434/02
  • Instanzgericht: Sozialgericht Darmstadt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Rechtskraft: rechtskräftig
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 23.02.2010

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sowie dessen Entschädigung streitig.

Der Kläger ist 1970 geboren und hat in der Firma seines Bruders, Herr C. A., den Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs erlernt. Zwischen ihm und der Firma A. GmbH Heizungs- und Lüftungsbau, deren Geschäftsführer der Bruder des Klägers ist, bestand zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfallereignisses ein Arbeitsvertrag, datierend vom 30. Dezember 1989, demzufolge der Kläger im Rahmen einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt war. Inhalt des Arbeitsvertrages war die Tätigkeit als Gruppenleiter für die Montage für den Heizungs- und Lüftungsbau sowie anfallende Reparaturarbeiten. Zugleich ist der Kläger mit einem 30 %igen Anteil Gesellschafter am Stammkapital der Firma A. GmbH.

Wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, erlitt der Kläger am 11. Mai 2001 um 16.30 Uhr einen Unfall, als er auf einem Haus in der A-Straße in A-Stadt, welches heute der Wohnsitz des Klägers ist, Spenglerarbeiten in Form der Montage von Regenrinnen ausübte; hierbei rutschte er aus und stürzte nach eigenen Angaben ca. 1,50 m tief mit der linken Körperhälfte auf ein Heizungsrohr. Wie zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht streitig ist, erlitt der Kläger hierbei eine Rippenserienfraktur sowie eine Nierenkontusion. Zum Zeitpunkt des Unfalls wohnte der Kläger noch bei seinem Vater in der D-Straße in E., er war jedoch bereits zur Hälfte als Eigentümer des Hauses in der A Straße im Grundbuch eingetragen.

In der Unfallanzeige vom 28. Juni 2001, erstellt durch die A. GmbH Heizungs- und Installation, wurde zur Arbeitszeit des Klägers angegeben, dass diese variabel sei, da er Mitunternehmer sei. Die Arbeitszeit des Klägers habe am Unfalltag um 7.00 Uhr begonnen. Die Beklagte erbrachte nach Übergabe des Verfahrens von der Berufsgenossenschaft Gas- und Wasserwerke zuständigkeitshalber zunächst Leistungen in Form medizinischer Behandlung und Verletztengeld und leitete Ermittlungen zur Frage der Versicherteneigenschaft zum Zeitpunkt des Unfalles erst im Laufe der medizinischen Heilbehandlung ein. Sie zog die Geschäftsunterlagen der Firma A. GmbH bei. Hierunter befanden sich ein an den Kläger adressierter Bewilligungsbescheid des Amtes für Regionalentwicklung, Landschaftspflege und Landwirtschaft vom 17. Juli 1997, mit dem ihm eine Förderung zur Wohnhaussanierung des Hauses in der A-Straße zugesagt wurde. Hierbei wurde von einem Investitionsvolumen in Höhe von 102.693,74 DM ausgegangen und ein bewilligter Zuschuss in Höhe von 30 % in Höhe von 28.600,00 DM zugesagt. Der diesbezügliche Antrag vom 27. Mai 1997 war vom Kläger selbst unterzeichnet, der alleine gegenüber dem Amt für Regionalentwicklung namentlich in Erscheinung getreten war. Des Weiteren wurden die Stundenzettel aus dem Zeitraum des Unfalles beigezogen, die Arbeiten auf verschiedenen Baustellen im Zeitraum Februar bis zum Unfall im Mai 2001 aufwiesen, jedoch keinerlei Arbeiten an dem die Unfallstelle bildenden Haus in der A-Straße in A-Stadt. Des Weiteren wurden Rechnungen der Firma A. GmbH an den Kläger für verschiedene Innen- und Außenarbeiten am Haus beigezogen, die den Zeitraum von 1999 bis 2001 betrafen.

Durch Bescheid vom 6. Juni 2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfallereignisses vom 11. Mai 2001 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ab und führte zur Begründung aus, dass nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen davon auszugehen sei, dass der Kläger den Unfall im Rahmen von Eigenbauarbeiten an seinem eigenen Bauvorhaben erlitten habe.

Der hiergegen erhobene Widerspruch vom 20. Juni 2002, den der Kläger im Wesentlichen damit begründete, dass er den Unfall im Rahmen von Arbeiten erlitten habe, die er im Rahmen seiner Beschäftigung bei der Firma A. GmbH aufgrund eines geförderten Dorferneuerungsprogramms erlitten habe, wozu er ein schriftliches Angebot über Spenglerarbeiten vom 27. Mai 1997, eine Abschlagsregelung über Heizungen und Installationsarbeiten vom 4. Dezember 1998 sowie den Bewilligungsbescheid des Amtes für Regionalentwicklung, Landschaftspflege und Landwirtschaft bezüglich der Förderung der Dorferneuerung vom 17. Juli 1997 zu den Akten reichte, wurde durch Widerspruchsbescheid vom 8. August 2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Auf die hiergegen vor dem Sozialgericht Darmstadt (Sozialgericht) am 21. August 2002 erhobene Klage hat das Sozialgericht eine Stellungnahme des A-kreises hinsichtlich des Umfangs der Förderung von Handwerkerleistungen vom 23. Januar 2006 eingeholt, demzufolge entscheidend sei, dass Arbeiten nicht an einem Geschäftsgebäude sondern am Wohnhaus des Antragstellers ausgeführt wurden, sowie der Rechnungsbetrag an die Firma A. GmbH überwiesen werde. Des Weiteren zog das Sozialgericht die Akte des Landrats des A-kreises bei. In einer mündlichen Verhandlung vom 28. März 2007 hat das Sozialgericht den Bruder des Klägers, Herrn C. A. als Zeugen vernommen und durch Urteil vom 28. März 2007 die Klage abgewiesen. So habe der Kläger nicht als Beschäftigter im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung unter deren Schutz gestanden. Es habe nicht mit erforderlicher Gewissheit festgestanden, dass der Kläger während der Ausübung der Tätigkeit als Arbeitnehmer bei der Firma A. GmbH tätig gewesen sei. Zwar habe der Kläger zu diesem Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis bei dieser Firma gestanden, jedoch habe der Zeuge selbst angegeben, den Kläger für diese Arbeiten nicht eingeteilt zu haben, vielmehr habe der Kläger die zum Unfall führende Verrichtung auf eigene Veranlassung ausgeübt und war zugleich Bauherr bezüglich dieses Bauvorhabens. Des Weiteren spreche gegen die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalles, dass der Kläger am fraglichen Tag bereits 6 1/2 Stunden in B-Stadt auf einer anderen Baustelle tätig gewesen sei und damit die geleistete Arbeitszeit nach Abschluss dieser Arbeiten bereits 41,5 Stunden und somit bereits 1 1/2 Stunden mehr als arbeitsvertraglich geschuldet betragen habe. Zum angegebenen Unfallzeitpunkt um 16.30 Uhr hätte die Arbeitszeit des Klägers an diesem Tag bereits 9 1/2 Stunden gedauert, was zumindest an einem Freitag, der der 11. Mai 2001 war, weder üblich noch arbeitsvertraglich geschuldet war. Hinzu komme, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalles alleine auf der Baustelle tätig gewesen sei, die Firma A. GmbH jedoch bis zu 15 Arbeitnehmer beschäftige. Arbeiten mit relativ langen Kupferrinnen, wie sie der Kläger zum Unfallzeitpunkt ausgeübt habe, würden von einem Gewerbebetrieb mit der Personalstärke der Firma A. GmbH üblicherweise zumindest von zwei Arbeitnehmern ausgeübt. Des Weiteren ergebe sich aus den Rechnungsbelegen der Firma A. GmbH, dass für die Spenglerarbeiten am Wohnhaus des Klägers seitens der Firma A. GmbH lediglich die Materiallieferungen, nicht hingegen die Montagleistungen in Rechnung gestellt worden seien. Abgesehen von der fehlenden Erwähnung der Montageleistungen ergebe sich dies aus der Preisdifferenz zwischen dem Angebot der Firma A. GmbH aus dem Jahre 1997 und der Rechnung aus dem Jahre 2002. Die Preisdifferenz in Höhe von 13,53 DM pro laufenden Meter spreche nach Überzeugung der Kammer dafür, dass lediglich die Lieferung und nicht auch die Montage berücksichtigt worden sei. Eine überzeugende Begründung habe der Zeuge nicht geliefert. Schließlich spreche auch nicht die Förderung des Bauvorhabens durch den A-kreis dagegen, weil es ohne Weiteres möglich sei, dass die Ausübung der Arbeitsleistung für die Firma A. GmbH lediglich im Antragsverfahren gegenüber der Behörde angegeben und in Absprache mit dem zu diesem Zeitpunkt ebenfalls als Bauherr an dem Bauvorhaben beteiligten Bruder und Geschäftsführer der Firma A. GmbH zum Schein auf dem Angebot der Firma A. GmbH ausgeführt wurde, um die höchstmögliche Förderung zu erzielen, während der Kläger in der Realität die Arbeiten in Eigenleistung ausgeübt hat, um die mit der Beauftragung eines gewerblichen Unternehmers verbundenen höheren Nebenkosten in Form von Steuern und Sozialversicherungsabgaben einzusparen. Gegen das am 19. April 2007 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 26. April 2007.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass er zum Unfallzeitpunkt als Beschäftigter der Firma A. GmbH an seinem Bauvorhaben tätig war. Es sei nicht einsehbar, warum die Aussagen seines Bruders so pauschal gewesen seien, um den Versicherungsschutz annehmen zu können. Für ihn habe es keinen Unterschied gemacht, ob er im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit oder als Eigenbauherr auf dem Dach arbeitete und den Unfall erlitt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. März 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 11. Mai 2001 als Arbeitsunfall anzuerkennen sowie in gesetzlicher Höhe zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),

die Berufung abzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Begründung des angegriffenen Urteils des Sozialgerichts. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfallereignisses im Rahmen einer versicherten Tätigkeit tätig war.

Der Senat hat einen Erörterungstermin am 10. November 2009 durchgeführt und den Kläger eingehend persönlich zum Sachverhalt angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte als auch die beigezogene Akte des A-kreises Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt hatten (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid vom 6. Juni 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. März 2007 ist nicht zu beanstanden.

Nach § 8 Sozialgesetzbuch – 7. Band - SGB VII ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten erleidet. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Nach § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dieses setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist, etwa in dessen Betrieb eingegliedert ist und dabei einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung unterliegt. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führen.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass das Unfallereignis selbst sowie die versicherte Tätigkeit als auch die Erkrankung mit dem sog. Vollbeweis nachgewiesen sein müssen. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 19; BSGE 7, 103, 106 sowie 19, 52, 53). Nur für die Kausalbeziehungen zwischen dem unfallbringenden Verhalten und der Krankheit genügt nach herrschender Meinung der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, der dann gegeben ist, wenn mehr für als gegen Ursachenzusammenhang spricht bzw. wenn bei der Berücksichtigung aller Umstände die für den Ursachenzusammenhang sprechenden Umstände so stark überwiegen, dass die Entscheidung darauf gegründet werden kann, wobei die bloße Möglichkeit allerdings nicht ausreicht (s. BSGE 19, 5, 53; BSGE 32, 203, 209, BSG, Urteil vom 2. Juni 1959 – SozR 3 § 542 RVO a.F. Nr. 120).

Voraussetzung für die Anerkennung eines Unfalles als Arbeitsunfall ist somit zunächst, dass das konkrete unfallbringende Verhalten im Zurechnungszusammenhang mit einer im Sinne des § 2 ff. SGB VII versicherten Tätigkeit gestanden hat. Bei der Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten ist der erforderliche innere Zusammenhang immer bei Tätigkeiten, die Ausfluss eines Beschäftigungsverhältnisses sind, gegeben, wenn sie generell Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt sind (s. Wagner in: Juris Praxis, Kommentar – SGB VII, § 8 Rdnr. 31). Der innere bzw. sachliche Zusammenhang des unfallbringenden Verhaltens mit der versicherten Tätigkeit beinhaltet eine juristische Wertung, die sich am Entscheidungsmaßstab der normativen Reichweite des Versicherungsschutzes vollzieht, hingegen nicht eine philosophisch naturwissenschaftliche Kausalitätsfrage, die tatsächlicher Natur und daher dem Beweis zugänglich ist (vgl. Krasney VSSR 1993, 81, 113; s. auch Schulin in: Handbuch des Sozialversicherungsrechts, § 29 Rdnr. 8 und § 32 Rdnr. 12). Die objektiven Umstände, aus denen auf den wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit geschlossen werden kann, müssen wie alle tatsächlichen Voraussetzungen mit dem Beweismaßstab des Vollbeweises nachgewiesen sein.

Dem privaten Bereich des Versicherten zuzurechnende Verrichtungen stellen hingegen das Gegenstück zu den dem Betriebe zu dienen bestimmten Verrichtungen dar und sind prinzipiell unversichert, weil Tätigkeiten, die nicht dem Unternehmen, sondern dem Versicherten selbst zu dienen bestimmt sind, auch nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen. Solche sog. eigenwirtschaftlichen Verrichten (vgl. BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989, SozR 2200 § 548 Nr. 97), die auch als privatnützige Verrichtungen bezeichnet werden, sind alle solche Tätigkeiten, die jeder Mensch unabhängig von der versicherten Tätigkeit ausübt. Greifen betriebliche und private Verrichtungen derart ineinander, dass sie nicht aufteilbar sind, wird von gemischten Tätigkeiten gesprochen und gemäß dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Alles- oder Nichts-Prinzip muss entschieden werden, ob das konkrete unfallbringende Verhalten der versicherten Tätigkeit oder dem eigenwirtschaftlichen nicht versicherten Bereich angehört. Wichtigstes Abgrenzungskriterium ist hierbei die sog. Handlungstendenz, wobei Versicherungsschutz dann besteht, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Zwecken wesentlich zu dienen bestimmt war, wobei sie nicht überwiegend zu dienen bestimmt sein muss, sondern es ausreicht, wenn der Versicherte die Verrichtung auch dann vorgenommen hätte, wenn der private Zweck weggefallen wäre (s. BSG, Urteil vom 5. Mai 1994, Az.: 2 RU 26/93, SozR 3-2200, § 548 Nr. 19; BSG, Urteil vom 12. April 2005, Az.: B 2 U 11/04 R, SozR 4-2700, § 8 Nr. 14; BSG, Urteil vom 1. Juli 1997, Az.: 2 RU 36/96, SozR 3-2200, § 548 Nr. 32). Allerdings vermögen ausschließlich subjektive Vorstellungen den Versicherungsschutz nicht zu begründen. Vielmehr scheidet der Versicherungsschutz aus, wenn objektive Anhaltspunkte, die für die Erfüllung des Arbeitsvertrages sprechen, fehlen (s. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, Az.: 2 RU 17/90, veröffentlicht in juris sowie BSG, Urteil vom 29. Januar 1986, Az.: 9 b RU 18/85, SozR 2200, § 539 Nr. 115). Ebenso reicht es nicht aus, wenn eine Verrichtung zwar dem Unternehmen objektiv nützlich ist, die Handlungstendenz, der Zweck des Handelns des Versicherten jedoch eigenwirtschaftlich ist.

Wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, gehörte der Kläger im Zeitraum des Unfallereignisses grundsätzlich zum Kreis der versicherten Personen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, weil er in der Firma A. GmbH aufgrund eines gültigen Arbeitsvertrages eine Beschäftigung ausübte. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, geschah der Unfall auch bei Arbeiten, die grundsätzlich denen entsprachen, die der Kläger sonst im Rahmen seiner Beschäftigung auf anderen Baustellen verrichtete. Unter Würdigung der klägerseitigen Einlassungen und des gesamten Inhaltes der vorliegenden Akten sowie unter Berücksichtigung der protokollierten Aussagen des Zeugen C. A. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vermochte sich der Senat jedoch nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon zu überzeugen, dass aufgrund vorhandener objektiver Umstände das unfallbringende Verhalten in Form der Ausübung von Arbeiten auf dem Dach des zur Hälfte dem Kläger gehörenden Wohnhauses dieser versicherten Tätigkeit bei der Firma A. GmbH zugerechnet werden kann.

Unter Anwendung der oben dargelegten Kriterien ist es im vorliegenden Fall zwar durchaus möglich, dass die Handlungstendenz des Klägers bei Verrichtung der unfallbringenden Tätigkeit auf dem Dach seines ihm zum Teil gehörenden Wohnhauses aus seiner Sicht darauf gerichtet war, dem Beschäftigungsbetrieb der Firma A. GmbH zugute zu kommen. Jedoch bestehen hieran nach Auffassung des Senates zugleich berechtigte Zweifel, weil diese Handlungstendenz nicht durch die objektiven Umstände gestützt wird und sich auch eine ernsthaft andere Erklärung für diese Tätigkeiten annehmen lässt. So fehlt es sowohl nach der Einlassung des Klägers selbst als auch nach der in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts protokollierten Zeugenaussage des C. A. an einer konkreten Anweisung des Geschäftsführers der Firma A. GmbH, der zugleich der Bruder des Klägers und Miteigentümer des in Bezug genommenen Hauses in der A-Straße ist, an den Kläger, diese Arbeiten zu verrichten. Zwar mag es im Bereich des Möglichen sein, dass der Kläger aufgrund seines engen Verwandtschaftsverhältnisses zum Geschäftsführer und des Umstands, dass er zu 30 % Minderheitengesellschafter in dieser Firma war (s. zur Abgrenzung der Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und einer selbständigen Tätigkeit als Gesellschafter Bieresborn in juris-PK, SGB VII, § 2 Rdnr. 33), er sich die Arbeitszeit selbst einteilen und dementsprechend auch eigenverantwortlich konkrete Arbeitsaufgaben übernehmen konnte, jedoch ist damit nicht zugleich der Beweis erbracht, dass dies auch bei diesen konkreten unfallbringenden Arbeiten der Fall war. Hierzu fehlt es nämlich an weiteren objektivierbaren Umständen, die dies nahelegen. So füllte der Kläger nach seinen eigenen Einlassungen keine Stundenzettel bezüglich der Arbeiten am Haus in der A Straße aus. Es mag noch erklärbar sein, dass er infolge der Wirren der Unfallfolgen, insbesondere der stationären Behandlung, für den konkreten Unfalltag hierzu nicht mehr kam, jedoch finden sich in sämtlichen Stundenzetteln seit Anbeginn des Jahres 2001 keinerlei Arbeitsstunden, die der Kläger für Arbeiten an diesem ihm zur Hälfte gehörenden Haus im Rahmen seiner Beschäftigung bei der Firma A. GmbH verrichtet hat, weshalb nicht unerhebliche Zweifel bestehen, warum ausgerechnet das unfallbringende Verhalten am Unfalltag in Ausübung dieser abhängigen Beschäftigung verrichtet worden sein sollte.

Des Weiteren hat bereits das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die weiteren Umstände des Unfallzeitpunkts an einem Freitagnachmittag um 16.30 Uhr, nachdem der Kläger bereits am fraglichen Tag 6 1/2 Stunden auf anderen Baustellen gearbeitet hatte, ebenso gegen eine Arbeitsleistung im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses zur Firma A. GmbH sprechen wie der Umstand, dass lediglich eine 40-Stundenwoche arbeitsvertraglich vereinbart war, nach Abschluss der zuvor an diesem Tag verrichteten Arbeiten jedoch bereits 41,5 Stunden absolviert waren. Ebenso spricht dagegen der Umstand, dass die Rechnung hinsichtlich der am fraglichen Tag verrichteten Spenglerarbeiten vom 9. Oktober 2002 lediglich die Materialien aufführt und im Unterschied zu vorherigen Rechnungen, beispielsweise vom 3. Dezember 1999, keinen Hinweis enthält, dass neben der Lieferung auch das Montieren im Gesamtpreis enthalten ist. Sofern der Zeuge und Bruder des Klägers hierzu angegeben hat, dass es sich um ein Versehen handeln müsse, mag auch dies zwar möglich sein, jedoch ist damit nicht der Beweis erbracht, dass es sich um im Wesentlichen dem Unternehmen dienliche Tätigkeiten handelte. Sofern behauptet wurde, dass die erhebliche Preisdifferenz von 13,53 DM pro laufenden Meter Regenrinne zwischen der Kalkulation zwecks Erlangung des Förderungszuschusses aus dem Jahre 1997 einerseits und der 2002 gegenüber dem Kläger tatsächlich in Rechnung gestellten Summe durch eine Verminderung des Kupferpreises zu erklären ist, wurde diese Behauptung in keinster Weise substantiiert. Insbesondere wurde nicht der Kalkulationspreis bei Beantragung der Förderleistungen einerseits und der zum Unfallzeitpunkt aktuelle Kupferpreis vorgetragen, weshalb der Senat dieser Behauptung nicht näher nachgehen musste. Naheliegend ist vielmehr, dass letztlich keine Montagekosten berechnet wurden, was ein Beleg für den Charakter der Verrichtung als privatwirtschaftliche Tätigkeit am eigenen Haus belegt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst im Erörterungstermin beim Hessischen Landessozialgericht am 10. November 2009 auf Frage des Berichterstatters angegeben hat, dass er die unfallbringenden Spenglerarbeiten am eigenen Haus solange wie möglich hinausgezögert habe, weil er andere Arbeiten zu erledigen gehabt habe. Die unfallbringenden Tätigkeiten habe er nur deshalb am Unfalltag verrichtet, weil der Gerüstbauer den Abbau des Gerüsts angekündigt hatte. Letztlich spricht auch dies dafür, dass dem Kläger zum damaligen Zeitpunkt durchaus bewusst war, dass die Tätigkeiten für das Haus in der A-Straße einen anderen Bedeutungsgrad für ihn hatten, als die Tätigkeit auf anderen Baustellen, weil er erstere offensichtlich, wie er selbst angab, hintenan stellte und erst der drohende Gerüstabbau ihn zur konkreten Ausführung veranlasste. Dies legt wiederum nahe, dass er diesbezüglich eine innere Einstellung hatte, wie sie typisch für die Besorgung eigener Angelegenheiten ist (sog. Diligentia quam in suis, die nach anerkannten Rechtsgrundsätzen auch einen geringeren Verschuldensmaßstab beinhaltet, vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 28. März 2007 13 U 62/05 – juris) und die eher dafür spricht, auf eine Handlungstendenz in Richtung eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten zu schließen.

Nach den Grundsätzen der im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden objektiven Beweislast bzw. materiellen Feststellungslast hat derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht oder einen Vorteil herleiten will (s. BSGE 6, 70, 72 sowie BSGE 19, 52, 53). Dies gilt für alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und auch alle objektiven Umstände, aus denen sich der Zurechnungszusammenhang zwischen Beschäftigung und unfallbringendem Verhalten herleiten lässt. Diese Feststellungslast trägt in der Regel der Versicherte. Selbst bei erheblichen Beweisschwierigkeiten lehnt das BSG eine Beweislastumkehr in ständiger Rechtsprechung ab (BSGE 63, 270, 271; BSG vom 29. Januar 1974, SozR 2200 § 551 Nr. 1).

Ist somit nicht nachgewiesen, dass das unfallbringende Verhalten der versicherten Tätigkeit im Rahmen seiner Beschäftigung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zugerechnet werden kann, kommt auch kein Versicherungsschutz gem. § 2 Abs. 2 SGB VII in Betracht. Nach dieser Vorschrift sind Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter (arbeitnehmerähnlich) tätig werden. Dies erfordert zwar keine persönliche Abhängigkeit zu einem Unternehmer, jedoch ist auch hier erforderlich, dass eine ernstliche, dem fremden Unternehmen dienende und nicht der Rechtssphäre des Tätigen zuzurechnende Tätigkeit verrichtet wird (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 5. Juli 1994, 2 RU 24/93, SozR 3-2200 § 548 Nr. 20 m.w.N.). Dass Versicherungsschutz gemäß dieser Norm nicht in Betracht kommt, folgt zum einen daraus, dass der Kläger als (Mit)Eigentümer des Grundstücks bzw. des darauf errichteten Eigenheims das Unternehmerrisiko in Form des unmittelbaren wirtschaftlichen Risikos der darauf verrichteten Bauarbeiten getragen hat, weshalb er mehr als Unternehmer (Mitunternehmer) im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 163 SGB VII) tätig war, der wesentlich auch seine eigenen Angelegenheiten verfolgte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Januar 2009 – L 3 U 107/07 - juris), denn als arbeitnehmerähnliche Person.

Darüber hinaus, stünde dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII entgegen, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen ihr Gepräge durch das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen ihm und seinem Bruder erhielten. Zwar steht es dem Versicherungsschutz nicht grundsätzlich entgegen, dass der Tätigwerdende ein Verwandter des Unternehmers ist. Jedoch besteht dann kein Versicherungsschutz, wenn es sich um Gefälligkeitshandlungen, die unter Verwandten vorgenommen werden und von familiären Beziehungen zwischen Angehörigen geprägt sind, handelt (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989, 2 RU 4/89, SozR 2200 Nr. 134). Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten ihr Gepräge daraus erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1993, 2 RU 38/92, in juris). Gerade hier belegt der Umstand, dass der streitgegenständliche Unfall sich auf dem Haus ereignete, das der Kläger, der damals bereits Miteigentümer war und das Haus mittlerweile zusammen mit seinen Bruder bewohnt, zum einen ein wesentliches Eigeninteresse an den Bauarbeiten hatte, zum anderen es sich um einen intakten Familienverband handelte und gemeinsame Interessen, etwa in Form von wechselseitiger Unterstützung auch in familiären Angelegenheiten, bestanden. Die vom Kläger erbrachten Arbeiten lagen auch noch nicht außerhalb des Umfangs von Tätigkeiten, die aufgrund einer derart engen Familiengemeinschaft vom Kläger als Gefälligkeit erwartet werden konnten (vgl. BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 – B 2 U 35/04 R – juris).

Solche Grenzziehungen sind im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung unabdingbar, da sich diese letztlich durch die Beiträge der Arbeitgeber finanziert und deshalb auch nur bei Tätigkeiten, die im wesentlichen Zusammenhang mit versicherten Beschäftigungen stehen, Unfallversicherungsschutz bejaht werden kann. Zwar mag es nicht die Schuld des Klägers sein, wenn die Zweifel am Versicherungszusammenhang im vorliegenden Fall unter Umständen aus der fehlenden Dokumentation des Geschäftsführers der Firma A. GmbH resultieren, jedoch kann dies andererseits auch nicht der Beklagten angelastet werden bzw. eine Beweislastumkehr, die das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung ablehnt, hieraus konstruiert werden.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war im Ergebnis zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

Die Veröffentlichung des Urteils erfolgt nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Eine Nutzung dieses Urteils von Sozialversicherung-kompetent.de zur gewerblichen Nutzung ist untersagt.

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