Bei ungeklärter Unfallursache kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente
Mit Urteil vom 20.05.2008 (Aktenzeichen: L 3 U 9/07) entschied das Hessische Landessozialgericht, dass kein Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente besteht, wenn die Todesursache ungeklärt ist. Mit diesem Urteil hob das LSG das Urteil der ersten sozialgerichtlichen Instanz, dem Sozialgericht Frankfurt auf.
Das Unfallgeschehen
Ein Rechtsanwalt und Notar fuhr gegen einen Brückenpfeiler und zog sich dabei tödliche Verletzungen zu. Der im Jahr 1944 geborene Verunglückte hinterlässt eine geschiedene Ehefrau und einen volljährigen Sohn, die beim Unfallversicherungsträger eine Hinterbliebenenrente beantragten. Der UV-Träger lehnte die Rentenzahlung jedoch mit der Begründung ab, dass das Vorliegen eines Wegeunfalls nicht bewiesen ist.
Der Verunglückte fuhr an dem Vormittag des Unfalls zum Amtsgericht Langen, um Einsicht in das Grundbuch und das Handelsregister beim Amtsgericht Langen zu nehmen. Dabei verließ er die Autobahn nicht an der Autobahnabfahrt Langen, sondern erst an der nächsten Anschlussstelle. Dadurch musste der Verstorbene einen erheblichen Umweg in Kauf nehmen. Der Unfallversicherungsträger argumentierte, dass Gründe für eine Selbsttötung nahe liegen. So stand eine Zwangsräumung seiner Kanzleiräume unmittelbar bevor. Auch wollte ihm die Anwaltskammer die Zulassung als Rechtsanwalt entziehen.
Urteil des Landessozialgerichts
Die Richter des 3. Senats des Hessischen Landessozialgerichts mussten über die Berufung der des Unfallversicherungsträgers entscheiden. Zuvor hatten die Hinterbliebenen beim Sozialgericht Frankfurt Erfolg. Gegen das Sozialgerichtsurteil ging jedoch der Unfallversicherungsträger in Berufung.
Bildung der richterlichen Überzeugung
Das LSG führte aus, dass an die Bildung der richterlichen Überzeugung wenig hohe Anforderungen gestellt werden, wenn die Hinterbliebenen im Beweisnotstand sind. Das bedeutet, dass – sofern die überwiegenden Umstände auf das Vorliegen eines Arbeitsunfalls deuten und gleichzeitig andere Ursachen mit Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können – ein Arbeitsunfall anzunehmen ist.
Beweislast zu Lasten der Hinterbliebenen
Das Hessische LSG zog auch die Aussagen bei der Urteilsbildung mit ein, wonach sowohl die Angestellten der Anwaltskanzlei als auch die geschiedene Ehefrau bestätigten, dass der Verunglückte am Unfalltag einen normalen Eindruck gemacht hat. Da mit dieser Aussage der Geschehensablauf nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist und gleichzeitig mehrere Punkte gegen das Vorliegen eines versicherten Arbeitsunfalls sprechen, wurde dem Unfallversicherungsträger Recht gegeben. Die Hinterbliebenen müssen, so das LSG, aufgrund der Beweislastverteilung diese Ungewissheit tragen.
Eine durch den gesetzlichen Unfallversicherungsträger versicherte Fahrt konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht bewiesen werden. Damit wurde die Entscheidung des UV-Trägers bestätigt, dass der tötliche Autounfall keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente nach dem SGB VII rechtfertigt.
Hinweis
Sofern ein Versicherter an einem Arbeitsunfall, einem Wegeunfall oder an einer Berufskrankheit im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch verstirbt, sieht der Leistungskatalog der Gesetzlichen Unfallversicherung unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente und eine Waisenrente vor.
Bildnachweis: © benjaminnolte - Fotolia