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Landessozialgericht Hessen 18.03.2010, L 3 U 134/08

  • Aktenzeichen: L 3 U 134/08
  • Spruchkörper: 3. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 3 U 27/07
  • Instanzgericht: Sozialgericht Marburg
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Rechtskraft: rechtskräftig
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 18.03.2010

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall im Streit.

Wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, bewirtschaftet der 1945 geborene Kläger eine private Forstfläche in der Größe von 0,92 Hektar. Am 11. Dezember 2004 erlitt er einen Unfall innerhalb des eigenen Privathauses, als er auf der Treppe zwischen dem Keller und dem darüberliegenden Wohnbereich des Hauses stürzte und sich hierbei nach den Angaben des behandelnden Hausarztes ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zuzog. Der Kläger ist seit diesem Unfallereignis nicht vernehmungsfähig und konnte selbst keine Angaben zu den Umständen des Unfallereignisses machen. Laut der am 11. April 2006 seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers bei der Beklagten erstatteten Unfallanzeige sowie den Ausführungen des Betreuers des Klägers vom 12. Mai 2006 sei der Kläger vom Holzschlagen im Forst in X. bzw. Y. gekommen und auf dem Weg vom Keller in die Wohnung die Treppe herunter gestürzt. Das Holz, welches er geschlagen hatte, sollte demnach komplett für den privaten Gebrauch verwendet werden. Die Frage, was der Verletzte an seinem Ziel verrichten wollte, wurde im entsprechenden Formblatt mit einem Schrägstrich als Zeichen für "nicht einschlägig/nicht bekannt" versehen.

Nachdem am 15. Juni 2005 die zuständige Versorgungsverwaltung einen GdB in Höhe von 100 sowie das Vorliegen der Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" festgestellt hatte, teilten die den Kläger behandelnden Ärzte auf Nachfrage der Beklagten Dres. C. und D. - Neurologische Klinik E. mit, dass die Ehefrau ihnen berichtet habe, den Unfall von oben auf der Treppe stehend beobachtet zu haben. Der Kläger sei auf dem Weg nach oben gewesen, habe etwa in der Mitte der Treppe nach oben geschaut, die Arme in die Luft gehoben und sei schließlich rückwärts hinunter gefallen. Nach dem Sturz habe er auf Ansprache nicht reagiert und ihm sei Blut aus beiden Ohren gelaufen. Der zugezogene Hausarzt habe berichtet, keinen Alkoholgeruch beim Kläger wahrgenommen zu haben.

Laut Arztbrief der Dres. F. vom 25. Januar 2006 erlitt der Kläger ein schweres Schädelhirntrauma mit akutem subduralen Hämatom rechts sowie eine Hirnkontusion, eine armbetonte Hemiparese links, einen Zustand nach Hemikraniektomie rechts am 13. Dezember 2004, Tracheotomie, ein Hydrozephalus malresorptivus und einen Posteriorinfarkt, sowie eine symptomatische Epilepsie mit Grand-mal-Anfällen, ventrikuloperitonealer Shund Gesichtsfeldeinschränkung nach links, Hemiopsie nach rechts sowie ein hirnorganisches Psychosyndrom mit klinischer Progrendienz.

Nachdem die Krankenkasse am 3. November 2006 einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten geltend gemacht hatte, teilte der behandelnde Arzt der Universitätsklinik ZZ. am 4. Dezember 2006 mit, der Notarzt habe angegeben, dass der Kläger unter Alkoholeinfluss gestanden habe. Eine Blutprobe sei jedoch nicht entnommen worden.

Durch Bescheid vom 14. Dezember 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall ab und führte zur Begründung aus, dass der Kläger sich nicht auf einem versicherten Weg befunden habe, da der Unfall im unversicherten häuslichen Bereich passiert sei und der Versicherungsschutz mit dem Durchschreiten der Haustür geendet habe. Zur Begründung des gegen diesen Bescheid am 12. Januar 2007 erhobenen Widerspruchs führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, dass der Kläger sich vom Keller auf dem Weg zur Dusche befunden habe, um die nach den forstwirtschaftlichen Tätigkeiten notwendige Körperwäsche vorzunehmen. Aufgrund der Besonderheiten eines Land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gehöre dies zur betrieblichen Tätigkeit weshalb auch der Weg dorthin vom Versicherungsschutz umfasst sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen mit der Begründung des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Eine Anerkennung der Körperreinigung als versicherte Tätigkeit sei nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen anzuerkennen, welcher hier nicht gegeben sei.

Die hiergegen am 13. März 2007 beim Sozialgericht Marburg erhobene Klage hat dieses durch Urteil vom 20. Juni 2008 abgewiesen, mit der wesentlichen Begründung, dass sich der Kläger weder auf einem versicherten Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VII befunden habe, weil sich der Unfall innerhalb des Wohngebäudes ereignet habe, noch dass es sich um einen versicherten Betriebsweg gehandelt habe, weil das Duschen nicht der betrieblichen Tätigkeit zugerechnet werden könne. Selbst wenn der Kläger aufgrund der körperlichen Anstrengung ein Bedürfnis gehabt habe, sich zu duschen, könne hierin noch keine betriebsbezogene unbedingte Notwendigkeit im Sinne einer unverzüglichen eilbedürftigen Reinigung gesehen werden, weshalb auch dann, wenn der Kläger den Duschvorgang als betriebliche Tätigkeit angesehen hätte, der Weg dorthin nicht alleine wegen seines Zwecks als Betriebsweg qualifiziert werden könne.

Gegen das am 24. Juni 2008 den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 16. Juli 2008.

Der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, macht im Wesentlichen geltend, dass die vom Sozialgericht angeführte Rechtsprechung zum fehlenden Versicherungsschutz bei Körperreinigung in Zusammenhang mit betrieblicher Tätigkeit nicht mehr uneingeschränkt übernommen werden könne, weil sich die gesellschaftliche Anschauung von Körperhygiene zwischenzeitlich gewandelt habe. Gerade nach einer anstrengenden Waldarbeit sei davon auszugehen, dass die Körperreinigung zwingend notwendig sei, weshalb auch das Duschen innerhalb des privaten Wohnhauses und damit auch der Weg dorthin vom Versicherungsschutz umfasst seien.

Der Kläger beantragt daher,

das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 11. Dezember 2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen sowie in gesetzlicher Höhe zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass dem Urteil des Sozialgerichts Marburg uneingeschränkt zu folgen sei.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im Erörterungstermin vom 16. Februar 2010 dargelegt, dass keine Veränderung im Gesundheitszustand des Klägers sich abzeichnen würde und dieser nach wie vor vernehmungsunfähig sei. Eine Besserung sei nicht wahrscheinlich.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 16. Februar 2010 mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten auch im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

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