Landessozialgericht Hessen 30.06.2009, L 2 R 404/07
- Aktenzeichen: L 2 R 404/07
- Spruchkörper: 2. Senat
- Instanzenaktenzeichen: S 33 RA 2440/04
- Instanzgericht: Sozialgericht Frankfurt/Main
- Gericht: Hessisches Landessozialgericht
- Entscheidungstyp: Urteil
- Entscheidungsdatum: 30.06.2009
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin vom 1. Februar 1982 bis zum 10. November 1989 im Beitrittsgebiet ausgeübte Beschäftigung beim Energiekombinat J Stadt als Zugehörigkeitszeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) festzustellen ist.
Die 1950 in D-Stadt geborene Klägerin absolvierte zunächst eine Ausbildung als Mechanikerin und Facharbeiterin für Datenverarbeitung. Ab 1968 war sie am Institut für Datenverarbeitung R. in D-Stadt tätig. Von 1970 bis 1974 absolvierte sie ein Studium an der Ingenieurshochschule in D-Stadt, das sie im Februar 1974 erfolgreich mit der Prüfung zum Hochschulingenieur für Datenverarbeitung abschloss. Vom 1. März 1974 bis zum 31. Januar 1982 war die Klägerin dann als Programmiererin bzw. Organisatorin im Rechenzentrum der Fa. C. in J-Stadt tätig. Vom 1. Februar 1982 bis zum 10. November 1989 arbeitete sie – in gleicher Funktion – beim Energiekombinat J-Stadt. Am 11. November 1989 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über.
Am 25. Oktober 2001 stellte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Kontenklärung.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2002 stellte die A-Stiftung – Versorgungsträger – bestimmte Daten zugunsten der Klägerin fest. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Text des Bescheides, Bl. 24 bis 29 der Gerichtsakte, verwiesen.
Am 8. Juli 2002 beantragte die Klägerin dann die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz.
Auf die Anfrage der Deutschen Rentenversicherung hin, ob eine Gleichstellung nach § 3 Zusatzversorgungssystem-Gleichstellungsgesetz (ZVsG) beantragt worden sei oder nach § 6 Abs. 1 S. 3 ZVsG vorliege, teilte die A-Stiftung – Versorgungsträger - der Beklagten mit Schreiben vom 25. Juli 2002 mit, die Klägerin sei pensionsberechtigt, habe aber keine Leistungen erhalten.
Mit Bescheid vom 14. Januar 2003 lehnte die Beklagte den Antrag vom 8. Juli 2002 ab, da eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG nicht entstanden sei. Weder habe eine positive Versorgungszusage vorgelegen noch habe die Klägerin am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 18. Januar 2003 Widerspruch und trug vor, sie erfülle alle Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2003 stellte die Deutsche Rentenversicherung Zeiten bis zum 31. Dezember 1996 nach § 149 Abs. 6 SGB VI bindend fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 9. März 2003 Widerspruch ein, wobei sie auch einwandte, es fehlten die gemäß AAÜG anzurechnenden Zeiten aus der Zusatzversorgung für die technische Intelligenz. Nachdem die Deutsche Rentenversicherung die Klägerin darauf hingewiesen hatte, dass sie hinsichtlich der Zeiten nach dem AAÜG keine eigene Sachentscheidung treffen könne, wurde das Widerspruchsverfahren bis zu einer diesbezüglichen Entscheidung durch die Beklagte übereinstimmend zum Ruhen gebracht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2004 wies die Beklagte dann den Widerspruch vom 18. Januar 2003 zurück. Zur Begründung ihrer Entscheidung verwies sie nochmals darauf, die Klägerin sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe sie – mangels Ausübung einer Beschäftigung im Beitrittsgebiet im Juni 1990 - einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt.
Die Klägerin hat am 30. September 2004 beim Sozialgericht Frankfurt Klage erhoben und vorgetragen, für ihre Beschäftigungszeit vom 1. Februar 1982 bis zum 10. November 1989 sei ihre Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz nach dem AAÜG festzustellen, denn sie erfülle die hierfür erforderlichen Bedingungen. Dass sie schon vor dem 30. Juli 1990 in die Bundesrepublik übergesiedelt sei, stehe ihrem Anspruch nicht entgegen. Mit Urteil vom 14. September 2007 hat das Sozialgericht Frankfurt die Klage abgewiesen und ausgeführt, eine Feststellung von Daten nach § 8 AAÜG zugunsten der Klägerin komme nicht in Betracht, da das AAÜG auf die Klägerin nicht anwendbar sei. Die direkte Anwendung setze das – zumindest ursprüngliche - Bestehen einer Versorgungszusage oder eines entsprechenden Einbeziehungsaktes voraus. Beides sei bei der Klägerin nicht vorhanden. Der Anwendungsbereich des AAÜG sei auch nach Maßgabe der die Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG erweiternden Auslegung des Bundessozialgericht nicht eröffnet. Denn danach müssten am Stichtag 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine nach den Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems zwingende Einbeziehung noch vorgelegen haben. Dies sei bei der Klägerin, die in diesem Zeitpunkt das Beitrittsgebiet bereits verlassen habe, nicht mehr der Fall gewesen. Es sei auch nicht verfassungsrechtlich geboten, die Klägerin in den Anwendungsbereich des AAÜG einzubeziehen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 26. Oktober 2007 zugestellte Urteil am 13. November 2007 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich des AAÜG sei verfassungsrechtlich geboten. Dadurch, dass auch bei Personen, die das Beitrittsgebiet vor dem 30. Juni 1990 verlassen hätten, auf diesen Stichtag abgestellt werde, würden Art. 14 und Art. 20 GG verletzt.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 14. September 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 21. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Februar 1982 bis zum 10. November 1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz nach dem AAÜG festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend.
Mit Schriftsätzen vom 30.11.2007 (Beklagte) und 26. Dezember 2007 (Klägerin) haben die Beteiligten erklärt, sie seien mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenvorgänge der Beklagten. Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.