Landessozialgericht Hessen 30.10.2014, L 8 KR 379/11
Urteil über die Rückerstattung von Zuschüssen zur PKV.
- Aktenzeichen: L 8 KR 379/11
- Spruchkörper: 8. Senat
- Instanzenaktenzeichen: S 2 KR 112/09
- Instanzgericht: Sozialgericht Wiesbaden
- Gericht: Hessisches Landessozialgericht
- Entscheidungstyp: Urteil
- Entscheidungsdatum: 30.10.2014
Tatbestand:
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Rückerstattung von an diese gezahlter Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten.
Die Klägerin erbringt u. a. im Auftrag des Landes Hessen Rettungsdienstleistungen auf der Grundlage des Hessischen Rettungsdienstgesetzes. Bei ihr war die 1966 geborene Beklagte aufgrund eines schriftlichen Dienstvertrages vom 15. Januar 2004 ab dem 1. Februar 2004 als Notärztin in Teilzeitbeschäftigung (75 % der Vollzeit) angestellt. Sie erhielt von der Klägerin im Jahr 2004 ein Bruttoarbeitsentgelt von 35.663,26 Euro, im Jahr 2005 von 42.347,80 Euro und im Jahr 2006 von 43.776,13 Euro. Die für die Klägerin tätigen Buchungs- und Abrechnungsstellen führten die Beklagte als Arbeitnehmerin, die wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze nicht versicherungspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung und gesetzlichen Pflegeversicherung sei. Der Beklagten, die bei der D. Krankenversicherung AG seit Jahren eine private Kranken-/Pflegepflichtversicherung unter Einbeziehung ihrer Tochter abgeschlossen hatte, wurde seitens der Klägerin während des Beschäftigungsverhältnisses Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 257 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 61 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gezahlt. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden von der Klägerin nicht abgeführt, da die Beklagte auf Grund ihrer Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen von der Rentenversicherungspflicht befreit war.
Im Rahmen ihrer Bewerbung hatte die Beklagte auf dem Bewerbungsbogen der Klägerin unter dem 18. Dezember 2003 angegeben, sie beabsichtige neben der Tätigkeit bei der Klägerin noch andere Tätigkeiten als Notärztin mit einem Beschäftigungsumfang von 10 bis 20 Stunden in der Woche und einem Entgelt von ca. 300 Euro brutto pro Monat auszuüben. In ihrem Lebenslauf hatte die Klägerin für den Zeitraum 1997 bis 2001 eine selbständige Tätigkeit als Notärztin und für den Zeitraum 2001 bis 2003 eine Tätigkeit als Assistenzärztin aufgeführt. Die Abrechnungsstelle der Klägerin war zunächst davon ausgegangen, die Gesamteinkünfte der Beklagten würden unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegen und hatte die Beklagte mit Schreiben vom 12. März 2004 darauf hingewiesen, dass sie dem Grunde nach der gesetzlichen Krankenversicherung unterliege, wenn kein Befreiungsbescheid vorgelegt werde. Daraufhin meldete sich die Beklagte telefonisch bei der Sachbearbeiterin der Abrechnungsstelle und gab laut deren Vermerk vom 25. März 2004 über das Telefongespräch an, sie sei als Notärztin noch bei anderen Arbeitgebern freiberuflich tätig und käme mit den Gehältern insgesamt über die Beitragsbemessungsgrenze. Hierauf ging die Abrechnungsstelle der Klägerin davon aus, die Jahresarbeitsentgeltgrenze werde infolge mehrerer unselbständigen Tätigkeiten der Beklagten überschritten. Die Beklagte habe Anspruch auf Arbeitgeberzuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung.
Mit Schreiben vom 24. März 2006 bat die Abrechnungsstelle der Klägerin die Beklagte um die Angabe des zweiten Arbeitgebers mit Bruttoverdienst, da sie mit ihrem hiesigen Einkommen nicht die Beitragsbemessungsgrenzen überschreite. Die Beklagte antwortete schriftlich unter dem 20. April 2006 wie folgt: ". dass ich auch weiterhin neben meiner angestellten Tätigkeit beim A. als Ärztin freiberuflich (selbständig) tätig bin. Ich erziele hierdurch ein zusätzliches Einkommen von ca. 3.000 EURO monatlich. Ich bin daher verpflichtet mich selbst zu versichern." Auf weitere Nachfrage der Abrechnungsstelle teilte die Beklagte mit e-mail Schreiben vom 6. Juli 2006 mit, ihre selbständige Tätigkeit habe in den letzten drei Jahren ca. 120 bis 130 Stunden pro Monat umfasst. Das durchschnittliche Jahreseinkommen aus diesen verschiedenen freiberuflichen Tätigkeiten betrage ca. 35.000 bis 40.000 EURO. Daraufhin schaltete die Abrechnungsstelle der Klägerin zur Klärung der Sozialversicherungspflicht die Firmenkundenbetreuungsstelle AOK Hessen ein. Diese teilte nach Prüfung des Sachverhalts mit Schreiben vom 21. Mai 2007 mit, für die Beklagte bestehe Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte übe ihre selbständige Tätigkeit nicht hauptberuflich aus, da diese Tätigkeit hinsichtlich des zeitlichen Aufwands und der wirtschaftlichen Bedeutung nicht den Mittelpunkt ihrer Erwerbstätigkeit darstelle. Die AOK Hessen – Die Gesundheitskasse – richtete sodann an die Klägerin als Arbeitgeberin eine Beitragsnachforderung für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus der Beschäftigung der Beklagten im Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2006 in Höhe von insgesamt 19.236,97 EUR. Die Klägerin beglich diese Beitragsnachforderung.
Das Anstellungsverhältnis der Beklagten bei der Klägerin war mit Aufhebungsvertrag vom 21. November 2006 zum 31. Dezember 2006 beendet worden. Der Auflösungsvertrag enthält folgende Klausel:
"Mit der Erfüllung der vorstehenden Vereinbarung sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und anlässlich seiner Beendigung für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abgegolten und erledigt. Dies gilt nicht für Ansprüche des Arbeitgebers gegen die Arbeitnehmerin aus unrechtmäßig bezogenen Beiträgen zur Steuer- und Sozialversicherung (insbesondere AG-Zuschüsse und -Anteile, deren Höhe sich aus der derzeit stattfindenden Prüfung der Sozialversicherungsträger ergibt)."
Mit Schreiben ihrer Buchungsstelle vom 20. Juni 2007 forderte die Klägerin die Beklagte zur Rückzahlung der gezahlten Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 8.304,29 Euro sowie eines an die AOK Hessen abgeführten Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 9.895,75 EUR auf. Die Beklagte verweigerte die Zahlung. Mit Schreiben vom 4. September 2008 mahnte die Klägerin die Beklagte und setzte eine Zahlungsfrist bis zum 22. September 2008. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2010 mahnte die Klägerin die Beklagte mit Fristsetzung zum 1. November 2008 erneut. Die Beklagte verweigerte weiterhin die Zahlung.
Am 25. Mai 2009 erhob die Klägerin vor dem Sozialgericht Wiesbaden Klage mit dem anfänglichen Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.899,83 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2008 zu zahlen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin die Klage bezüglich des auch geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der von ihr an die AOK Hessen nachgezahlten Arbeitnehmeranteile der nachgeforderten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zurück. Sie beschränkte ihre Hauptforderung auf die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung der gewährten Beitragszuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 8.304,29 EUR.
Die Klägerin trug vor, die Beklagte hätte keinen Anspruch auf Zuschüsse nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI gehabt. Nach den Feststellungen der AOK Hessen sei die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten gewesen. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich aus einem öffentlich-rechtlichem Rückzahlungsanspruch i.V.m. §§ 812, 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Strafgesetzbuch (StGB), da die Beklagte bei der Einstellung unwahre Angaben zu ihrer Tätigkeit und zu ihren Einnahmen gemacht habe. Der Anspruch auf Beitragszuschüsse sei ein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch, der dem Öffentlichen Recht zuzuordnen sei. Dies gelte auch für den Rückzahlungsanspruch.
Die Beklagte entgegnete, ihre Nebentätigkeit sei von der Klägerin genehmigt worden. Sie habe bei dem Einstellungsgespräch auf einen Verdienst aus freiberuflicher Tätigkeit von 3.000 Euro monatlich hingewiesen. Bei der Angabe in dem Bewerbungsbogen "300 Euro monatlich" handele es sich um einen Schreibfehler. Sie habe nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Bei ihrem Eintritt sei die Prüfung der Versicherungspflicht versäumt worden. Auch bei Zugrundelegung ihrer unzutreffenden Angabe eines Monatsverdienstes von 300 Euro sei die Beurteilung durch die Klägerin fehlerhaft gewesen, da die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht erreicht worden sei. Die Klägerin habe sie aufgrund falscher Bearbeitung als nicht krankenversicherungspflichtig eingestuft. Bei richtiger Einstufung hätte sie ihren privaten Krankenversicherungsvertrag kündigen können. Dies sei nachträglich nicht mehr möglich. Im Übrigen sei sie nach § 818 Abs. 3 BGB entreichert, da sie die Beiträge zur privaten Krankenversicherung abgeführt habe und diese nicht zurückfordern könne.
Das Sozialgericht hörte die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung persönlich. Diese gab an, sie habe die von der Klägerin an sie gezahlten Zuschüsse zur Begleichung der Prämien für ihre Privatkranken- und Pflegeversicherung verwandt. Im Moment sei sie nicht in der Lage, die noch verbliebene Klagesumme zu begleichen. Sie habe wegen eines Hausbaus noch Schulden. Die vom Sozialgericht als Zeugen geladene Mitarbeiterin F. der Buchungsstelle der Klägerin sowie des ärztlichen Leiters der Rettungswache G-Stadt Dr. H., welcher bei dem Bewerbungsgespräch mit der Beklagten zugegen gewesen sein soll, wurden unvernommen entlassen.
Mit Urteil vom 7. November 2011 wies das Sozialgericht Wiesbaden die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus: Die Klage sei zulässig, insbesondere sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Streitigkeiten über Ansprüche auf Arbeitgeberzuschüsse nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI stellten keine bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsgerichtsgesetz) dar, sondern seien öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), so dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sei (GmS-OBG, Beschluss vom 4. Juni 1974, GmS-OGB 2/73, Juris zur Vorgängerregelung des § 405 Reichsversicherungsordnung). Dies gelte auch für die Rückforderung von Zuschüssen, weil dieser das gleiche Rechtsverhältnis zugrunde liege.
Die Klage sei jedoch unbegründet. Der eingeklagte Rückzahlungsanspruch ergäbe sich weder aus dem Institut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs noch aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Strafgesetzbuch (StGB). Soweit sich ein Erstattungsanspruch unmittelbar aus bürgerlich-rechtlichen Regelungen ergeben könnte, habe das Gericht den Rechtsstreit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) auch unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der sich grundsätzlich an den bereicherungsrechtlichen Regelungen der §§ 812 ff. BGB orientiere, lägen zwar vor. Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB sei derjenige, welcher etwas durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt habe, diesem zur Herausgabe verpflichtet. Die Beklagte habe durch die von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2004 bis 31. Dezember 2006 gezahlten Zuschüsse zu ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 8.304,29 Euro etwas erlangt. Sie habe diese Zahlungen auch durch eine Leistung erlangt, da die Klägerin diese Zuschüsse aufgrund der Annahme ihrer Leistungsverpflichtung nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI, also um eines rechtlichen Grundes willen, gezahlt hätte. Diese Leistung sei auch ohne rechtlichen Grund erbracht worden, da die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 257 SGB V und nach § 61 SGB XI gehabt hätte. Nach § 257 Abs. 2 SGB V erhielten zwar Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich Vertragsleistungen, die der Art nach den Leistungen dieses Buches entsprächen, beanspruchen könnten, von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuss. Die Beklagte hätte jedoch nach den Feststellungen der AOK Hessen mit ihrem Gehalt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten gehabt, so dass ihr kein Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung einen Zuschuss zu ihrer privaten Krankenversicherung zugestanden habe. Gleiches gelte für einen Anspruch der Beklagten auf einen Zuschuss der Klägerin zu ihrer privaten Pflegeversicherung nach §§ 22, 23, 58, 61 SGB XI. Die Zahlung der Zuschüsse sei damit ohne Rechtsgrund erfolgt.
Die Beklagte könne sich jedoch nach der Regelung des § 813 Abs. 3 BGB, deren Rechtsgedanke auch beim öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch Anwendung finde (Hinweis auf: Sprau, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 70. Auflage, 2011, § 812 Rdnr. 27; vor § 812, Rdnr. 9), gegen die Herausgabe der ohne Rechtsgrund erlangten Zuschüsse auf einen Wegfall der Bereicherung berufen. Sie habe nämlich diese Zuschüsse zur Finanzierung ihrer privaten Kranken- und Pflegeversicherung verwendet, was sie in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2011 nochmals bestätigt habe. Die Klägerin bestreite diese Verwendung auch nicht. Zwar habe die Beklagte durch ihre Zahlung von Prämien für ihre private Kranken- und Pflegeversicherung Ausgaben für eine Absicherung ihres Kranken- und Pflegerisikos erspart. Dennoch sei sie nicht mehr bereichert, da diese Ausgaben angesichts ihrer tatsächlich bestehenden Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung nicht zu den Ausgaben zählten, die die Beklagte notwendigerweise auch ohne die rechtsgrundlose Leistung gehabt hätte und von denen anzunehmen sei, dass sie diese ansonsten mit anderen verfügbaren Mitteln getätigt hätte (vgl. zur Frage des Wegfalls der Bereicherung, wenn durch die Verwendung des Erlangten Ausgaben erspart wurden, die der Empfänger notwendigerweise auch sonst gehabt und. sonst mit anderen verfügbaren Mitteln getätigt hätte: Sprau, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 70. Auflage, 2011, § 812 Rdnr. 34 m.w.N.). Da die Absicherung des Krankheits- und Pflegerisikos der Beklagten tatsächlich bereits durch die gesetzliche Kranken- bzw. die soziale Pflegeversicherung eingetreten wäre, sei eine (weitere) Absicherung durch eine private Krankenvollversicherung bzw. eine weitere Pflegeversicherung nicht notwendig gewesen. Für den geltend gemachten Bereicherungsanspruch komme es lediglich darauf an, ob die Beklagte im Zeitpunkt seiner Geltendmachung noch bereichert sei oder nicht. Unerheblich sei somit, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Verwendung der von der Klägerin erlangten Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung noch nichts davon gewusst habe, dass ihr Kranken- und Pflegerisiko tatsächlich durch ihre Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- bzw. Sozialen Pflegeversicherung abgedeckt gewesen sei. Insofern sei lediglich maßgeblich, ob die Beklagte die durch die Verwendung des Erlangten ersparten Ausgaben objektiv und im Nachhinein betrachtet notwendigerweise auch sonst gehabt hätte und deshalb anzunehmen sei, dass sie diese Ausgaben ansonsten ohne das Erlangte mit anderen verfügbaren Mitteln getätigt hätte. Im Übrigen sei nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass deren Vermögen zur Erfüllung des Bereicherungsanspruchs nicht ausreiche. Damit wäre die Bereicherung der Beklagten auch unter diesem Aspekt weggefallen (vgl. zum Wegfall der Bereicherung, wenn das Aktivvermögen des Empfängers den Bereicherungsanspruch nicht mehr deckt: Sprau, in: Palandt, Kommentar zum BGB, 70. Auflage, 2011, § 812 Rdnr. 36 m.w.N.).
Die Beklagte unterliege auch nicht der verschärften Haftung des § 819 Abs. 1 BGB, bei der die Geltendmachung eines Wegfalls der Bereicherung ausgeschlossen sei. Kenne der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfahre er ihn später, so sei er nach dieser Regelung zwar von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Es lägen hier jedoch keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Zahlung der Zuschüsse der Klägerin positiv gewusst hätte, dass sie keinen Anspruch auf die ihr gezahlten Zuschüsse hatte.
Die Klägerin habe gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Nach § 823 Abs. 2 BGB sei derjenige, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstoße, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Zwar bezwecke die strafrechtliche Regelung des § 263 StGB den Schutz eines anderen. Nach § 263 StGB mache sich jedoch nur strafbar, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädige, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum errege oder unterhalte. Es lägen jedoch keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte die Klägerin vorsätzlich getäuscht habe, um von der Klägerin Zuschüsse nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI zu erlangen. Vielmehr hätte die Klägerin bei sorgfältiger Prüfung auch unter Berücksichtigung der teilweise fehlerhaften Angaben der Klägerin die Sozialversicherungspflicht der Beklagten zutreffend beurteilen können und die Gewährung von Zuschüssen nach § 257 SGB V und § 61 SGB XI ablehnen müssen. Die Kostenentscheidung ergäbe sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtige, dass die Klägerin vollständig unterlegen sei.
Gegen das ihr am 23. November 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Dezember 2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe verkannt, dass bei dem hier einschlägigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch § 818 Abs. 3 BGB weder direkt noch entsprechend herangezogen werden könne. Auch sei bei der Beklagten entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keine Entreicherung eingetreten. Diese habe durch die Verwendung der erhaltenen Zuschüsse zur Begleichung der Beitragsforderung ihrer Privatkranken- und Pflegeversicherung eigene Schulden getilgt und dadurch Vermögen erzielt. Nach ganz herrschender Meinung werde das Schuldnervermögen durch Verringerung der Verbindlichkeit bleibend erhöht. Entgegen dem Sozialgericht komme es nicht darauf an, ob die Beklagte die durch die Verwendung der erlangten Zuschüsse ersparten Ausgaben objektiv und im Nachhinein betrachtet notwendigerweise auch sonst gehabt hätte und deshalb anzunehmen sei, dass sie diese Ausgabe ansonsten ohne das Erlangte mit anderen verfügbaren Mitteln getätigt hätte. Maßgeblich sei vielmehr allein, ob der rechtsgrundlos Bereicherte zu dem Zeitpunkt, zu dem ihm das rechtsgrundlos empfangene Geld zugeflossen sei, darauf verzichtet hätte, die Ausgabe zu tätigen. Zugunsten der Beklagten könne angenommen werden, dass sie zum Zeitpunkt des Erhalts der Zuschüsse jedenfalls nicht positiv wusste, dass sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war. Folglich hätte sie die Privatkrankenversicherung auch mit eigenen Mitteln aufrechterhalten, um Versicherungsschutz zu haben. Keinesfalls nachzuvollziehen sei die Annahme des Sozialgerichts, die Beklagte sei vermögenslos, weshalb von einem Wegfall der Bereicherung auszugehen sei. Auch greife entgegen der Auffassung des Sozialgerichts zu Lasten der Beklagten die verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB ein. Diese hätte die Abrechnungsstelle der Beklagten darauf hinweisen müssen, dass sie mit ihren Tätigkeiten nicht die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreite. Erst auf gezieltes Nachfragen habe die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 22. April 2006 genauere Angaben zu ihren weiteren Tätigkeiten gemacht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Wiesbaden vom 7. November 2011 zu verurteilen, an die Klägerin 8.304,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat im Laufe des Berufungsverfahrens Nachweise der D. Krankenversicherung AG über die von ihr im Beschäftigungszeitraum gezahlten Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung für sie und ihre Tochter vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass sich die Beitragslast für diesen Zeitraum auf insgesamt 18.369,24 EUR belief. Die Beklagte trägt vor, entgegen der Auffassung der Klägerin könnten die Regelungen des § 818 Abs. 3 BGB auch auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch angewandt werden. Zwischen den Beteiligten bestehe kein Über-/Unterordnungsverhältnis. Sie stünden sich als Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichrangig gegenüber. Der Umstand, dass sich der Anspruch auf einen Beitragszuschuss aus dem öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsrecht ergäbe, ändere daran nichts. Insbesondere gelte der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht. Sie sei nicht bereichert. Sie habe die erhaltenen Beitragszuschüsse an ihre Privatkrankenversicherung weitergeleitet. Bei richtiger Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status hätte sie von ihrem Sonderkündigungsrecht gegenüber der Privatkrankenversicherung Gebrauch gemacht und ihre dortige Versicherung nicht weitergeführt. Krankenversicherungsschutz hätte sie ja über die gesetzliche Krankenversicherung gehabt mit dem Vorteil einer kostenlosen Mitversicherung von Kindern. Eine verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht. Sie habe bereits im Bewerbungsgespräch angegeben, auch eine freiberufliche Tätigkeit als Ärztin auszuüben. Dies habe sie nochmals im März 2004 mitgeteilt. Die Buchungsstelle der Klägerin habe diese richtigen Angaben fehlerhaft umgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung des Berufungsklägers ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht die sachliche Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für den Rechtsstreit bezüglich des Beitragszuschusses nach § 257 SGB V / § 61 SGB XI unter Hinweis auf den Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 bejaht. Der Gemeinsame Senat geht dabei davon aus, dass der Arbeitgeber im Falle der Gewährung eines Beitragszuschusses an den Arbeitnehmer einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Grund sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften erfüllt. Im Konfliktfall mit Beschreitung des Klagewegs entstehe nicht in erster Linie eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis sondern eine Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung nach § 51 Abs. 1 SGG.
Das führt aber in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht dazu, dass der Beitragszuschuss im engeren Sinne als eine Sozialleistung eingestuft und so behandelt werden kann, als würde er von einem Sozialversicherungsträger gewährt. Es handelt sich nämlich bei dem Beitragszuschuss um eine Leistung des Arbeitgebers, welche primär das Innenverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien berührt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beitragszuschuss als besonderer Anspruch des Beschäftigten gegen seinen Arbeitgeber im Sozialgesetzbuch vorgeschrieben ist. Das Arbeitsrechtsverhältnis wird durch diese gesetzlichen Vorgaben ausgeformt, wie es auch durch den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz) geschieht. Es unterliegt aber weiterhin dem Grunde nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften, anhand derer die materielle Rechtslage zu beurteilen ist. Insbesondere scheidet im Falle des Streits um die Rückforderung von Beitragszuschüssen ein Rückgriff auf § 50 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aus. Nach dieser Norm sind Leistungen, die ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, zu erstatten, wobei die §§ 45 und 48 SGB X entsprechend gelten. Dies führt im Rahmen der Rückabwicklung von Leistungen, welche von einem Sozialversicherungsträger ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, dazu, dass für den Leistungsempfänger derselbe Vertrauensschutz gilt, wie bei einer Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes. Der Betroffene kann sich damit nicht auf eine Entreicherung berufen, erhält jedoch Vertrauensschutz nach Maßgabe von §§ 45, 48 SGB X in analoger Anwendung. Dadurch ist zwischen Bestands- und Erstattungsinteresse abzuwägen (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X, § 50, Rn. 24). Dies gilt, weil sich Sozialverwaltung und Bürger in einem Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüberstehen. Hieraus resultiert wiederum, dass das Interesse der Öffentlichen Hand wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung darauf gerichtet sein muss, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Denn anders als im Zivilrecht werden hier die Interessen beider Seiten von der Rechtsordnung gerade nicht gleich, sondern unterschiedlich bewertet. Somit liegt der in den §§ 818 Abs. 3 und 4, 819 Abs. 1 BGB getroffenen Regelung eine Interessenwertung zugrunde, die in das öffentliche Recht nicht übertragbar ist (vgl. BVerwG Urteil vom 12.03.1985, 7 C 48/82, juris Rn 13,14; der Entscheidung lag die Klage der damaligen Deutschen Bundespost gegen den Empfänger einer Postanweisung auf Erstattung einer Überzahlung zu Grunde).
Da im hiesigen Rechtsstreit keine Verwaltungsbehörde, insbesondere kein Versicherungsträger oder eine sonstige Einrichtung der öffentlichen Hand, sondern zwei Privatrechtssubjekte um die Rückzahlung einer ohne Rechtsgrund erbrachten Leistung miteinander streiten, kann direkt auf das Kondiktionsrecht der §§ 812 ff. BGB abgestellt werden. Eines Rückgriffs auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bedarf es nicht. Dies hat insbesondere zur Folge, dass entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin eine Anwendung der zivilrechtlichen Vorschriften über die Entreicherung in § 818 BGB und § 819 BGB nicht von vorherein ausgeschlossen ist (a.A. Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 26.03.2012, S 12 KR 4737/10, juris Rn. 21 ff., das frei darauf abstellt, ob das private Vertrauensschutzinteresse des Beitragszuschussempfängers das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage überwiegt).
Dass die von der Klägerin an die Beklagte für den Beschäftigungszeitraum vom 1. Februar 2004 bis 31. Dezember 2006 gezahlten Beitragszuschüsse rechtsgrundlos im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB waren, hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt. Ein Beitragszuschuss konnte der Beklagten, die nicht freiwillig krankenversichert war, nach den Grundvoraussetzungen des § 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V nur zustehen, wenn ihre Tätigkeit bei der Klägerin der grundsätzlichen Versicherungspflicht nach § 5 SGB V unterlag und Versicherungsfreiheit allein deshalb eintrat, weil das regelmäßige Arbeitsentgelt die jeweils maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritt. Die erstere Voraussetzung war erfüllt, da die Beklagte nach den nachvollziehbaren Feststellungen der Beitragseinzugsstelle ihre Tätigkeit als selbständige Notärztin nicht haupt- sondern nebenberuflich ausübte und damit die Versicherungspflicht für die Angestelltentätigkeit nicht nach § 5 Abs. 5 SGB V entfiel, was die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bei der Beklagten zur Folge hatte. Die zweite Grundvoraussetzung war aber nicht erfüllt, da bei der Prüfung, ob das regelmäßige Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 und 7 SGB V überschreitet, Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit nicht einbezogen werden können. Dementsprechend ist es auch rechtlich irrelevant, ob die Beklagte ihre Einnahmen aus freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit der Klägerin gegenüber von Anfang an korrekt angegeben hatte.
Die Bejahung eines rechtsgrundlosen Erwerbs führt jedoch nicht automatisch dazu, dass der Leistungsempfänger das rechtsgrundlos Erhaltene ungeschmälert wieder herauszugeben oder Wertersatz zu leisten hat. Vielmehr stellt § 818 Abs. 3 BGB klar, dass der redliche und unverklagte Bereicherungsschuldner nur die tatsächlich objektiv noch in seinem Vermögen vorhandene Bereicherung herausgeben muss. Darin tritt der dem Bereicherungsrecht inhärente Grundgedanke der Vorteilsabschöpfung zu Tage, die nicht etwa dem Bereicherungsgläubiger einen Ausgleich für die erlittene Entreicherung verschaffen, sondern durch Wiederherstellung des Zustandes vor dem Bereicherungsvorgang die beim Bereicherungsschuldner eingetretene Bereicherung beseitigen soll (vgl. Leupertz in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB Kommentar 3. Aufl. 2008, § 818 Rn. 1). § 818 Abs. 3 BGB soll den redlichen und unverklagten Bereicherungsschuldner davor schützen, durch eine ungeschmälerte Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Wertersatz einen Vermögensnachteil zu erleiden, d.h. schlechter zu stehen als bei regelmäßigem Verlauf der Dinge. Andererseits gilt wiederum, dass der Bereicherungsschuldner sich durch den Entreicherungseinwand nicht auf Kosten des Gläubigers besser stellen darf als beim regelmäßigen Verlauf. Was als "regelmäßiger Verlauf" und damit als Vergleichszustand für die Ermittlung des Saldos anzusehen ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Im Regelfall ist dies die Lage, in welcher der Bereicherungsschuldner sich befände, wenn er gar nichts erworben oder erhalten hätte. Dies ist etwa anzunehmen bei irrtümlichen Doppel- oder Zuvielzahlungen oder der Leistung auf eine nur vermeintliche Verpflichtung. Die Wahl des Vergleichszustands beruht auf einer normativ-typisierenden Betrachtung. Verglichen wird jeweils der objektive Wert des Gesamtvermögens, wobei man sich in der Praxis naturgemäß darauf beschränkt, diejenigen Ausschnitte des Vermögens zu bewerten, die durch die ungerechtfertigte Bereicherung und ihre Herausgabe möglicherweise tangiert worden sind (vgl. Wendehorst in: Bamberger / Roth, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 2, 2003, § 818 Rn. 36 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus der am Einzelfall orientierten Rechtsprechung). Die zivilgerichtliche Rechtsprechung tendiert dazu, schon dann zu einer den Kondiktionsanspruch mindernden oder gar beseitigenden Entreicherung des Bereicherungsschuldners zu gelangen, wenn und soweit dessen adäquat kausal mit dem Bereicherungsvorgang zusammenhängende Vermögensdisposition zu einer Vermögensminderung führt (vgl. Leupertz a.a.O. § 818, Rn. 18 ff. mit Einzelnachweisen aus der schier unübersehbaren Einzelfalljudikatur). Hat der Bereicherungsschuldner mit dem rechtsgrundlos Erlangten eigene Verbindlichkeiten getilgt und sich dadurch von Verbindlichkeiten befreit hat, kommt es darauf an, ob er dadurch Aufwendungen aus seinem übrigen Vermögen erspart hat.
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich hier Folgendes: Es ist gegenüberzustellen und zu saldieren, wie sich die Vermögenssituation der Beklagten als Bereicherungsschuldnerin infolge der rechtsgrundlosen Erlangung der von der Klägerin gezahlten Beitragszuschüsse im Hinblick auf den Versicherungsschutz für Krankheit und Pflege entwickelt hat und wie sich ihre Situation bei einem regelmäßigen gesetzesgemäßen Verlauf dargestellt hätte. Letzterer wird dadurch bestimmt, dass eine Nichtzahlung der Beitragszuschüsse ihre Ursache in der richtigen sozialversicherungsrechtlichen Bewertung des Beschäftigungsverhältnisses der Beklagten gehabt hätte und dementsprechend die Klägerin folgerichtig die Beklagte als pflichtversichertes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V; eine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V schied aus) und damit auch der Sozialen Pflegepflichtversicherung behandelt hätte. Damit hätte die Beklagte für sich und ohne weitere Aufwendung auch für ihre Tochter den Krankenversicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung und daraus abgeleitet auch den der Sozialen Pflegpflichtversicherung erhalten. Im Gegenzug hätte die Beklagte hierfür aber den Arbeitnehmeranteil der anfallenden Gesamtbeiträge entrichten müssen, der nach den Angaben der Klägerin für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses 9.895,75 EUR ausmachte.
Durch die rechtsgrundlosen Zahlungen von Arbeitgeberzuschüssen seitens der Klägerin flossen der Beklagten 8.304,29 EUR zu. Diese Summe hatte die Beklagte zwar an die D. Krankenversicherung AG bestimmungsgemäß weitergeleitet, wodurch sie aber nicht entreichert wurde, weil sie damit eine teilweise Befreiung von ihren Beitragsverbindlichkeiten erlangte. Laut den von der Beklagten vorgelegten Bescheinigungen der D. Krankenversicherung AG beliefen sich die Versicherungsbeiträge für den Krankenversicherungsschutz der Beklagten und ihrer minderjährigen Tochter sowie für die private Pflegpflichtversicherung in dem maßgeblichen Zeitraum auf insgesamt 18.396,24 EUR. Diese wurden durch die erhaltenen Beitragszuschüsse in Höhe von 8.304,29 EUR gemindert. Damit hatte die Beklagte Eigenaufwendungen für ihre Privatkranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 10.091,95 EUR. Diese lagen somit höher als die im Falle des regelmäßigen Ablaufs mit Eintritt der Pflichtversicherung von der Beklagten zu tragenden Arbeitnehmeranteile in Höhe von 9.895,29 EUR. Eine Besserstellung der Beklagten im Hinblick auf die Aufwendungen für ihre Kranken-und Pflegeversicherung durch den rechtsgrundlosen Erhalt der Beitragszuschüsse kann somit nicht festgestellt werden. Damit kann sich die Beklagte auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Beklagte sei ja eigentlich in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegepflichtversicherung auf Grund Pflichtmitgliedschaft versichert gewesen und habe deshalb auf die Fortführung der Versicherungen bei der D. Krankenversicherung AG verzichten können. Dies war der Beklagten aber faktisch nicht möglich, da ihr noch mit e-mailschreiben vom 25. Juli 2006 seitens der Buchungsstelle der Klägerin mitgeteilt worden war, sie bekomme nach nochmaliger Prüfung weiterhin den Beitragszuschuss. Erst nach Abschluss der von der AOK Hessen auf Veranlassung der Klägerin durchgeführten Prüfung stand im Juli 2007 fest, dass die Beklagte in der gesetzlichen Krankenversicherung Pflichtmitglied während des Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin war. Auch hatte die D. Krankenversicherung AG der Beklagten mit Schreiben vom 22. September 2008 inhaltlich zutreffend mitgeteilt, dass zwar ein außerordentliches Kündigungsrecht privat Krankenversicherter im Falle des Eintritts von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, dieses aber nur innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht ausgeübt werden könne.
Dass die Voraussetzungen für eine verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB und eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB nicht vorliegen, hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt. Auf dessen Ausführungen wird verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist nicht anwendbar. Die Beklagte ist als Leistungsempfänger im Sinne des § 183 Satz 1 SGG anzusehen, da um Leistungen gestritten wird, die in einer besonderen Vorschrift des Sozialgesetzbuchs - § 257 SGB V – vorgesehen sind. Sie ist in der Beklagtenstellung an dem Verfahren beteiligt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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