Erwerbsminderungsrenten werden für Bestandsrentner im Juli 2024 erhöht

Mit dem „Gesetz zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen für den Erwerbsminderungsrentenbestand“ (kurz: „Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz“) setzt der Gesetzgeber finanzielle Verbesserungen für bestimmte Bezieher einer Erwerbsminderungsrente durch.

Das Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz, das neben einer kräftigen Rentenerhöhung zum 01.07.2022, auch einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten bei Renten wegen Erwerbsminderung ab 01.07.2024 vorsieht, wurde am 13.04.2022 vom Bundeskabinett beschlossen. Der Bundestag wird den Gesetzentwurf am 13.05.2022 beraten.

Hintergrund

Die Renten wegen Erwerbsminderung untergliedern sich in die „Rente wegen voller Erwerbsminderung“, die „Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung“ und die „Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit“. Eine wesentliche rentenrechtliche Zeit bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrenten ist die sogenannte Zurechnungszeit. Mit dieser Zurechnungszeit wird unterstellt, dass der Erwerbsminderungsrentner bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch gearbeitet und damit auch Entgeltpunkte erzielt hätte. Durch die Zurechnungszeit erhält der Rentner also Entgeltpunkte, durch die die persönlichen Entgeltpunkte und damit auch die Rente erhöht werden.

In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber mehrmals Änderungen an der Zurechnungszeit vorgenommen. Bei einem Rentenbeginn ab Januar 2004 wurde eine Zurechnungszeit bis zum vollendeten 60. Lebensjahr anerkannt. Für Erwerbsminderungsrentner mit einem Rentenbeginn ab Juli 2014 wurde die Zurechnungszeit bereits auf das vollendete 62. Lebensjahr verlängert. Bei einem Rentenbeginn ab Januar 2018 galt bereits eine Zurechnungszeit bis zum vollendeten 65. Lebensjahr. Im Jahr 2019 galt eine Zurechnungszeit bis zum vollendeten 65. Lebensjahr und acht Monate. Ab dem Kalenderjahr 2020 bis zum Jahr 2030 wird die Zurechnungszeit schrittweise bis zum vollendeten 67. Lebensjahr verlängert. Näheres hierzu auch unter: Zurechnungszeiten.

Während von den Verbesserungen in Form der Verlängerung der Zurechnungszeiten immer nur die Neu-Rentner – die Rentenneuzugänge des jeweiligen Jahres – profitierten, blieb die Rentenzahlung für die Bestandsrentner unverändert. Die Zurechnungszeit wurde also für die Bestandsrentner nicht verlängert, was damit auch keine Erhöhung der Rentenzahlung zur Folge hatte bzw. hat. Aufgrund dieser Ungleichbehandlung erfolgten sozialgerichtliche Klagen. Nachdem das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eine Revision zum Bundessozialgericht nicht zugelassen hatte, wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese Nichtzulassungsbeschwerde war erfolgreich, sodass dann auch ein Revisionsverfahren beim Bundessozialgericht in die Wege geleitet werden konnte. Das Revisionsverfahren wird beim Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 13 R 24/20 R geführt und ist aktuell anhängig.

Der Gesetzgeber hat nun die erforderlichen Verbesserungen für die Bestandsrentner mit dem Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz aufgegriffen.

Gesetzliche Umsetzung

Ab dem 01.07.2024 wird der § 307i Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eingeführt. Der § 307i SGB VI regelt, dass ab dem 01.07.2024 ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten berücksichtigt wird, wenn am 30.06.2024 ein Anspruch auf:

  1. eine Rente wegen Erwerbsminderung oder eine Erziehungsrente, die jeweils nach dem 31.12.2000 und vor dem 01.01.2019 begonnen hat,
  2. eine Hinterbliebenenrente, die nach dem 31.12.2000 und vor dem 01.01.2019 begonnen hat und der kein Rentenbezug der verstorbenen versicherten Person unmittelbar vorausging,
  3. eine Rente wegen Alters, die unmittelbar an eine Rente wegen Erwerbsminderung oder an eine Erziehungsrente nach Nummer 1 anschließt oder
  4. eine Hinterbliebenenrente, die unmittelbar an eine Rente wegen Erwerbsminderung nach Nummer 1 oder an eine Rente wegen Alters nach Nummer 3 anschließt,

bestand.

Die Zuschlagshöhe beträgt entweder 7,5 Prozent oder 4,5 Prozent der jeweiligen Rente am 30.06.2024. Die Einführung des Zuschlags beziffert der Gesetzgeber mit Mehrausgaben in Höhe von jährlich 2,6 Milliarden Euro.

Voraussetzung für die Gewährung des prozentualen Zuschlags ist, dass die Erwerbsminderungsrente zwischen vom 01.01.2001 und dem 31.12.2018 begonnen und der Rentenanspruch auch bis zum 30.06.2024 ununterbrochen bestanden hat.

Zuschlag 7,5 Prozent

Der Zuschlag in Form an persönlichen Entgeltpunkten beträgt 7,5 Prozent, wenn der Rentenbeginn in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2014 lag.

Zuschlag 4,5 Prozent

Der Zuschlag beträgt 4,5 Prozent (ebenfalls in Form an persönlichen Entgeltpunkten), wenn der Rentenbeginn in der Zeit vom 01.07.2014 bis 31.12.2018 lag.

Mit dem Zuschlag von 7,5 Prozent bzw. 4,5 Prozent wird in seiner Wirkung eine (fiktive) Verlängerung der Zurechnungszeit abgebildet. Die Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten werden auch auf die Alterssicherung der Landwirte übertragen. Durch die gesetzlichen Vorschriften (§ 307i SGB VI) wird die Berechnung derart vorgeschrieben bzw. umgesetzt, dass der Faktor für die Berechnung des Zuschlags 0,0750 (bei einem Zuschlag von 7,5 Prozent) bzw. 0,0450 (bei einem Zuschlag von 4,5 Prozent) beträgt.

Die gesetzlichen Verbesserungen werden erst mit dem 01.07.2024 umgesetzt, da der Gesetzgeber den Rentenversicherungsträgern eine ausreichende Vorlaufzeit geben wollte, die Auszahlung des Zuschlags in der Praxis umzusetzen. Die Zeit soll für die technische Vorbereitung genutzt werden.

Zuschlag nicht nur für Erwerbsminderungsrentner

Die Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten werden nicht nur für Versicherte umgesetzt, die am 30.06.2024 auch tatsächlich eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Auch Altersrentner, Bezieher einer Hinterbliebenenrente und einer Erziehungsrente können in den Genuss der Verbesserungen kommen.

Wird für einen Rentner, der am 30.06.2024 eine Erwerbsminderungsrente bezieht, der prozentuale Zuschlag nach § 307i SGB VI gewährt und wird später (ab dem 01.07.2024) eine Altersrente oder Hinterbliebenenrente gewährt, wird dieser Zuschlag auch auf diese Folgerente übertragen. Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten wird damit weiter berücksichtigt.

Altersrentner

Da sich die Erwerbsminderungsrentner, welche von dem Zuschlag grundsätzlich profitieren, bereits im Bezug einer Altersrente befinden bzw. befinden können, werden auch diese Versicherten von den Verbesserungen erfasst. Das heißt, dass auch Altersrentner den Zuschlag erhalten, deren Altersrente im unmittelbaren Anschluss an eine Erwerbsminderungsrente begonnen hat. Voraussetzung ist hier, dass der Beginn der Erwerbsminderungsrente in den Zeitraum fällt, der von den Verbesserungen erfasst wird. Der Beginn der Erwerbsminderungsrente muss also in der Zeit zwischen dem 01.01.2001 und dem 31.12.2018 gelegen haben.

Hinterbliebenenrentner

Die Zurechnungszeiten, welche bei der Berechnung einer Erwerbsminderungsrente maßgebend sind, gelten auch für die Berechnung der Hinterbliebenenrenten (Witwen-/Witwerrenten, Waisenrenten).

Begann die Hinterbliebenenrente in der Zeit vom 01.01.2001 und dem 31.12.2018 und ist der Hinterbliebenenrente kein Rentenbezug der verstorbenen versicherten Person vorausgegangen, wird ebenfalls der Zuschlag von 7,5 Prozent bzw. 4,5 Prozent gewährt. Hierfür ist jedoch Voraussetzung, dass die versicherte Person nicht nach Vollendung des 65. Lebensjahres und acht Monaten verstorben ist (§ 397i Abs. 4 SGB VI).

Bestand unmittelbar vor der Hinterbliebenenrente ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung (für die der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten zu gewähren ist) oder eine Rente wegen Alters, die im unmittelbaren Anschluss an eine Rente wegen Erwerbsminderung (für die der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten zu gewähren ist) gewährt wurde, wird der Zuschlag gewährt (§ 307i Abs. 1 Nr. 4 SGB VI).

Erziehungsrente

Auch bei Erziehungsrenten, die in der Zeit vom 01.01.2001 und dem 31.12.2018 begonnen haben, wird der Zuschlag – je nach Beginn – in Höhe von 7,5 Prozent bzw. 4,5 Prozent analog wie bei den Erwerbsminderungsrenten gewährt.

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