Der Zuschlag bei Waisenrenten nach § 78 SGB VI
Durch die Rechtsvorschrift des § 78 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wird geregelt, dass Versicherte mit einem Anspruch auf Waisenrente einen Anspruch auf einen Zuschlag haben. Der Zuschlag wird in Form von persönlichen Entgeltpunkten gewährt, welche den Rentenbetrag erhöhen.
Die Berechnung des Zuschlags bei Waisenrenten unterscheidet sich bei der Halbwaisenrente im Vergleich zu Vollwaisenrente.
Allgemeines
Die Zuschlagshöhe bei der Berechnung der Waisenrenten ist von der Anzahl der mit rentenrechtlichen Zeiten belegten Kalendermonaten des verstorbenen Versicherten abhängig. Zudem hat der Zugangsfaktor (§ 77 SGB VI) einen Einfluss auf die gutzuschreibenden Entgeltpunkte. Sofern unterschiedliche Zugangsfaktoren berücksichtigt wurden, muss ein „mittlerer“ Zugangsfaktor errechnet werden.
Berechnung Zuschlag bei Halbwaisenrenten
Nach § 78 Abs. 1 SGB VI richtet sich der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten bei Waisenrenten nach der Anzahl an Kalendermonaten mit rentenrechtlichen Zeiten und dem Zugangsfaktor des verstorbenen Versicherten. Dabei wird der Zuschlag für jeden Kalendermonat mit Beitragszeiten in vollem Umfang berücksichtigt. Für jeden Kalendermonat mit sonstigen rentenrechtlichen Zeiten wird der Zuschlag in dem Verhältnis berücksichtigt, in dem die Anzahl der Kalendermonate mit Beitragszeiten und Berücksichtigungszeiten zur Anzahl der für die Grundbewertung belegungsfähigen Monate steht.
Für jeden Kalendermonat sind nach § 70 Abs. 2 SGB VI bei den Halbwaisenrenten 0,0833 Entgeltpunkte zugrunde zu legen.
Berechnungsbeispiel:
Im Rentenversicherungskonto des Verstorbenen sind folgende rentenrechtliche Zeiten enthalten, welche für die Berechnung der Waisenrente herangezogen werden:
- Beitragszeiten: 78 Kalendermonate
- Berücksichtigungszeiten: 120 Kalendermonate
- Anrechnungszeiten: 10 Kalendermonate
- Zurechnungszeit: 90 Kalendermonate
- Im Rahmen der Grundbewertung sind belegungsfähig: 324 Kalendermonate
Berechnung:
- Summe der sonstigen rentenrechtlichen Zeiten (hier werden die Berücksichtigungszeiten, Anrechnungszeiten und Zurechnungszeiten berücksichtigt): 220 Kalendermonate
- Summe Beitrags- und Berücksichtigungszeiten: 198 Kalendermonate
Die Summe der sonstigen rentenrechtlichen Zeiten wird mit der Summe der Beitrags- und Berücksichtigungszeiten multipliziert und durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate der Grundbewertung dividiert.
Damit ergibt sich folgende Rechnung: 220 Monate x 198 Monate / 324 Monate = (gerundet) 135 Kalendermonate.
Die Kalendermonate aus den Beitragszeiten (78) und aus den sonstigen rentenrechtlichen Zeiten (135) ergeben insgesamt 213 Kalendermonate. Diese werden mit 0,0833 multipliziert, sodass sich ein Zuschlag von 17,7429 Entgeltpunkten errechnet.
Wird ein Zugangsfaktor von 0,892 unterstellt (also ein Rentenabschlag von 10,8 Prozent in Abzug gebracht), werden 15,8267 persönliche Entgeltpunkte gutgeschrieben.
Berechnung Zuschlag bei Vollwaisenrenten
Die Vollwaisenrente wird aus den persönlichen Entgeltpunkten errechnet, welche sich aus den höchsten Renten der zwei verstorbenen Elternteile ergibt (vgl. § 66 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI).
Zudem erhalten auch die Vollwaisenrenten einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten.
Errechnet wird der Zuschlag bei den Vollwaisenrenten aus der Versicherung des verstorbenen Versicherten mit der höchsten Rente. Die Anzahl der Kalendermonate, welche einen Zuschlag erfahren, wird wie bei den Halbwaisenrenten berechnet. Diesbezüglich wird auf das obige Berechnungsbeispiel bei den Halbwaisenrenten verwiesen.
Für jeden Kalendermonat des verstorbenen Versicherten mit der höchsten Rente sind nach § 70 Abs. 3 SGB VI bei den Vollwaisenrenten 0,075 Entgeltpunkte zugrunde zu legen. Auf den Zuschlag werden die persönlichen Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten mit der zweithöchsten Rente angerechnet. Das heißt, dass die Entgeltpunkte des Versicherten mit der zweithöchsten Rente den errechneten Zuschlag reduzieren. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass vom errechneten Zuschlag keine Entgeltpunkte mehr übrigbleiben, es also tatsächlich zu keinem Zuschlag kommt.
Berechnungsbeispiel:
Bei der Berechnung der Vollwaisenrente erfahren 213 Kalendermonate einen Zuschlag. Damit werden grundsätzlich (213 Kalendermonate x 0,075 Entgeltpunkte) 15,9750 Entgeltpunkte als Zuschlag gewährt.
Die/der verstorbene Versicherte mit der höchsten Rente hat 17,0000 Entgeltpunkte erworben; die/der verstorbene Versicherte mit der zweithöchsten Rente hat 13,0000 Entgeltpunkte erworben.
Berechnung:
Von dem errechneten Zuschlag von 15,9750 Entgeltpunkten (aus der Versicherung des verstorbenen Elternteils mit der höchsten Rente) werden 13,0000 Entgeltpunkte (aus der Versicherung des verstorbenen Elternteils mit der zweithöchsten Rente) angerechnet.
Der errechnete Zuschlag von 15,9750 Entgeltpunkten wird damit um 13,0000 Entgeltpunkte reduziert, sodass der Zuschlag „nur“ noch 2,9750 Entgeltpunkte beträgt. Insgesamt wird die Vollwaisenrente somit aus folgenden Entgeltpunkten errechnet:
- Entgeltpunkte (Verstorbener mit höchsten Entgeltpunkten): 17,0000
- Entgeltpunkte (Verstorbener mit zweithöchsten Entgeltpunkten): 13,0000
- Zuschlag (15,9750 – 13,0000): 2,9750
Der Berechnung der Vollwaisenrente liegen damit in Summe 32,9750 Entgeltpunkte zugrunde.
Entgeltpunkte (Ost)
Mit § 264c SGB VI wird die Vorschrift des § 78 SGB VI ergänzt. Danach besteht der Zuschlag bei Waisenrenten aus persönlichen Entgeltpunkten (Ost), wenn der Rente des verstorbenen Versicherten ausschließliche Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen.
Liegen der Waisenrente auch Entgeltpunkte (West) zugrunde, wird auch der Zuschlag in persönlichen Entgeltpunkten (West) gewährt.
Bei den Vollwaisenrenten wird der Zuschlag in Entgeltpunkte (Ost) gutgeschrieben, wenn der verstorbene Versicherte mit der höchsten Rente ausschließlich Entgeltpunkte (Ost) in seinem Versicherungskonto hat.