Landessozialgericht Hessen 14.07.2015, L 3 U 132/11

  • Aktenzeichen: L 3 U 132/11
  • Spruchkörper: 3. Senat 
  • Instanzenaktenzeichen: S 8 U 167/07
  • Instanzgericht: Sozialgericht Frankfurt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 14.07.2015

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung der bei der Klägerin vorliegenden Hepatitis-C-Virusinfektion (HCV-Infektion) als Berufskrankheit (BK) Nr. 3101 (Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Die 1957 geborene Klägerin ist in Moldawien geboren und aufgewachsen. 1973 wanderte die Klägerin mit ihrer Familie nach Israel aus. Dort absolvierte sie von 1975 bis 1978 eine Ausbildung zur Krankenschwester in einer Klinik in Tel-Aviv. Von 1978 bis 1980 war sie in einer Bank in Tel-Aviv tätig. Im November 1980 wanderte die Klägerin nach Deutschland aus. Im Zeitraum von 1981 bis 1986 war sie im C. Krankenhaus in A-Stadt als Krankenschwester im Stationsdienst mit Schwerpunkt im Bereich Orthopädie tätig. Von Juni 1987 bis November 1992 war die Klägerin bei der Plasmadienst GmbH in A Stadt als Krankenschwester in Teilzeit beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörte die intravenöse Blutabnahme direkt beim Patienten. Bei einem Erstspender wurde die Armvene mit einer sogenannten Butterfly-Verweilkanüle punktiert. Die Nadel hatte am Ende einen kleinen Schlauch von etwa 10 cm Länge mit einer Verschlusskappe. Die Verschlusskappe wurde entfernt und der Schlauch wurde durch ein einzufügendes Verbindungsstück aus Kunststoffrohr mit dem zu einem Auffangbeutel führenden Schlauch verbunden. Über den Schlauch lief das Blut dann in den Auffangbeutel. Wenn der Beutel voll war wurde das Schlauchstück mit einem dafür vorgesehenen Metallteil dicht am Beutel und kurz daneben zum Spender hin verschlossen, sodass zwischen beiden Metallverschlüssen der Schlauch durchgeschnitten werden konnte. Der Beutel mit dem Blut des Erstspenders wurde dann beschriftet und zur Untersuchung an ein Labor weitergeleitet. Bei Spendern, die schon über einen Spenderausweis verfügten, wurden auch bestimmte Untersuchungen jedes Mal vor Ort anhand von geringen Blutmengen durchgeführt. Die Vene wurde zunächst ebenfalls mit einer Butterflynadel punktiert, die für alle weiteren Vorgänge fixiert wurde. Nach Entfernung der Verschlusskappe vom Schlauch der Butterflynadel wurde zunächst zum Auffangen einiger Blutstropfen dieser Schlauch in ein kleines Kunststoffröhrchen gesteckt. Je nach Fall wurden noch 1 bis 2 weitere Röhrchen mit Blut befüllt. Nach Auffangen einer ausreichenden Menge von Blut zur Testung wurde der Schlauch der Butterflynadel über ein Kunststoffrohrverbindungsstück mit dem Schlauch eines Blutbeutels verbunden. War der Beutel voll, wurde er verschlossen und mit Metallverschlüssen abgetrennt. Anschließend wurde der gefüllte Blutbeutel in verschlossenem Zustand in einen anderen Raum gebracht. Dort wurde der Beutel ohne Kontaktmöglichkeit zum Blut in eine Zentrifuge gesetzt. Nach der Bearbeitung in dieser Maschine hatten sich im Beutel unten die Roten Blutkörperchen abgesetzt, oben befand sich das Plasma. Der Beutel wurde dann, wiederrum ohne Kontaktmöglichkeit mit Blut, an einen anderen Beutel angeschlossen und das Plasma wurde abgesaugt. Die roten Blutkörperchen sind in dem Beutel verblieben, mit einer Kochsalzlösung verdünnt und von Hand geschüttelt worden. Anschließend hat der Spender seine mit Kochsalzlösung verdünnten festen Blutbestandteile wieder zurück erhalten.

Ab Oktober 1992 führte die Klägerin die Buchhaltung ihres Mannes, der selbstständig beruflich tätig war. Ab 1998 absolvierte sie eine Umschulung zur Steuerfachangestellten. Nach Abschluss dieser Ausbildung im Jahr 2000 arbeitete sie als Steuerfachangestellte in einem Steuerbüro.

Am 29. Oktober 2004 fiel im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung durch die Frauenärztin der Klägerin eine vergrößerte Leber auf. Aufgrund dessen wurde eine Blutabnahme vorgenommen. Als Zufallsbefund wurde eine HCV-Infektion festgestellt.

Am 13. Februar 2006 zeigte die Klägerin telefonisch ihre HCV-Infektion bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege an. Sie gab an, sie führe ihre Erkrankung auf ihre berufliche Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH zurück. Sie habe erst am 13. Februar 2006 erfahren, dass es die Möglichkeit gäbe, die Erkrankung der BG zu melden. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege leitete die Berufskrankheitenanzeige an die für die Plasmadienst GmbH in A-Stadt zuständige Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie weiter.

Im Verwaltungsverfahren gab die Klägerin gegenüber der Beklagten an, im Zeitraum von 1987 bis 2004 sei sie weder krank gewesen, noch operiert worden, noch habe sie eine Bluttransfusion erhalten. Ihr Ehemann sei zwischenzeitlich auch untersucht worden. Er sei HCV negativ. Im Rahmen der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH sei es auch vorgekommen dass man sich gestochen oder geschnitten habe.

Die Beklagte forderte bei der Krankenversicherung der Klägerin, der AOK Hessen, eine Mitglieds- und Krankheitsbescheinigung an, der lediglich eine Arbeitsunfähigkeit vom 18. März 2002 bis 22. März 2002 wegen akuter Laryngitis entnommen werden kann. Auf telefonische Nachfrage erhielt die Beklagte die Auskunft, für die Zeit von 1986 bis März 2002 seien keine Vorerkrankungen belegt. Die Beklagte forderte des weiteren Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr. D., Dr. E., Dr. F. an.

Die Beklagte holte ein Gutachten bei Prof. Dr. GJ. (damals noch Privatdozent), Kommissarischer Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin ein. Prof. Dr. GJ. (Gießen) kam in seinem Gutachten vom 11. Oktober 2006 zu dem Ergebnis, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der bei der Klägerin vorliegenden HCV-Infektion und der beruflichen Tätigkeit der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH hinreichend wahrscheinlich sei, weil die für einen Zusammenhang sprechenden Gründe überwiegen würden. Im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH seien von der Klägerin pro Tag zwischen 10 und 20 Patienten betreut worden. Somit seien in der Woche maximal hundert im Monat ca. 400 Patienten von ihr betreut worden. Im Laufe ihrer 2-jährigen Tätigkeit seien so von ihr und ihren Kolleginnen jeweils tausende von Plasmaspendern mit einer Venenverweilkanüle versorgt wurden. In der Erinnerung der Klägerin sei es hin und wieder zu Nadelstichverletzungen durch die regelmäßig getragenen Handschuhe gekommen. Aufgrund des von der Klägerin beschriebenen Ablaufs in einer großen Plasmaphereseeinheit sei durchaus davon auszugehen, dass es zu Nadelstichverletzungen kommen könne. Die Klägerin habe sich nicht erinnern können, ob es bei einem Patienten, der im Nachhinein z. B. HCV positiv getestet worden war, zuvor zu einem Blutkontakt gekommen war. Bei der Klägerin sei während der infrage kommenden Ansteckungszeit bei der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH eine Virusübertragung durchaus möglich gewesen. Der Nachweis eines konkreten Verletzungsereignisses oder eines ähnlichen Ereignisses im Umgang mit den betreffenden Patienten oder aber auch dem infektiösen Material sei nicht mehr möglich, jedoch auch nicht zwingend erforderlich. Erforderlich sei, dass eine Verrichtung derartiger, potentiell gefährdender Tätigkeiten mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt wurde. Die Klägerin habe regelmäßig Kontakt zu Blut und Blutprodukten gehabt. Diese seien als potentiell infektiös anzusehen. Zum damaligen Zeitpunkt seien Routineuntersuchungen auf HCV-Infektionen noch nicht allgemein verbreitet gewesen. Gerade bei den wiederholten Blutentnahmen und dem hantieren der Blutprodukte sei von einem hohen Infektionsrisiko auszugehen. Die Klägerin gehöre zu einem Personenkreis welcher durch ihre Tätigkeit in erheblichem Maße gegenüber verschiedenen Hepatitiden, so auch Hepatitis-C, ausgesetzt gewesen sei. Im Fall der Klägerin liege die gefährdende Tätigkeit vor der eigentlichen Diagnose mehrere Jahre zurück. Dies sei insbesondere für die HCV-Infektion nicht selten. Bei der Hepatitis-C liege bei Diagnosestellung die Infektion oft viele Jahre, sogar Jahrzehnte zurück. Die in der Regel schleichend beginnende Hepatitis-C erschwere dann die vom Versicherungsträger gewünschte zeitliche Eingrenzung des Infektionszeitpunktes. Bei einer Nadelstichverletzung mit HCV-Kontamination liege das Risiko eine HCV-Infektion zu erleiden bei ca. 3 %. Zu berücksichtigen seien auch konkurrierende außerberufliche Risikofaktoren. Diese seien unter anderem Drogenabusus, Homosexualität und Operationen mit Bluttransfusionen. Nach Angabe der Klägerin sei bei ihr zwar eine Appendektomie durchgeführt worden, hierbei sei jedoch keine Bluttransfusion notwendig gewesen. Im weiteren Verlauf ihres Lebens sei sie nie mehr operiert worden. Auch Bluttransfusionen seien ihr nicht gegeben worden. Die Klägerin gehöre nicht zur Gruppe mit den im Übrigen benannten Risikofaktoren. Ihr Ehemann sei serologisch negativ getestet worden, sodass auch hier eine Infektion auszuschließen sei. Bei der längere Zeit zurückliegenden gefährdenden Tätigkeit sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass in der damaligen Zeit noch nicht regelhaft ein Blutspenderscreening für Hepatitis-C vorgelegen habe. Diese Infektionskrankheit sei sogar noch vor einigen Jahren als sogenannte Non-A/Non-B-Hepatitis bezeichnet worden, da man noch keine validen serologischen Diagnosen-methoden zur Verfügung hatte. Der klinische Verlauf bei der Klägerin sei nicht ungewöhnlich. Die akute HCV-Infektion verlaufe häufig asymptomatisch. Mindestens 85 %, wahrscheinlich aber nahezu 100 % der HCV-Infektionen würden einen chronischen Verlauf nehmen. Bei der Klägerin würde zusätzlich eine extrahepatische Krankheitsmanifestation in Form einer Vaskulitis vorliegen. Die Assoziation einer viralen chronischen Hepatitis mit einer sogenannten Immunvaskulitis sei gut belegt. Die bei der Klägerin vorliegende leukozytoklastische Vaskulitis sei histologisch mit Vollbeweis gesichert und mache eine Therapie mit Cortikoiden erforderlich. Bei Auslassversuch seien die Symptome mit auftretenden Blutungen und Juckreiz sofort wieder aufgetreten. Die MdE aufgrund der HCV-Infektion sei bis einschließlich September 2004 auf unter 20 einzuschätzen, da die Erkrankung zunächst mit nur wenigen Symptomen bzw. ohne Symptome verlaufen sei. Aufgrund der hochpotenten Interferonbehandlung sei die MdE ab Oktober 2004 auf 20 einzuschätzen. In diese Beurteilung gehe auch das Ergebnis der histologischen Begutachtung der Leberpunktion mit einer geringen entzündlichen Aktivität und dem Nachweis einer Fibrose mit ein. Eine weitere wesentliche Befundprogression resultiere aus dem Auftreten einer Vaskulitis im Juli 2006. Ab der Diagnosestellung der leukozytoklastischen Vaskulitis mit dem Erfordernis einer Therapie mittels Cortikoiden oberhalb der Cushing Schwellendosis sei die MdE auf 30 v.H. einzuschätzen.

Zum Gutachten des Prof. Dr. GJ. (Gießen) nahm der beratende Arzt der Beklagten Prof. Dr. H., Arzt für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, am 20. November 2006 Stellung. Er führte aus, detaillierte Angaben zu Art und Häufigkeit von Nadelstichverletzungen im Zeitraum von 1987 bis 1992 würden fehlen. Es seien keine Stichverletzungen dokumentiert worden. Auch eine Auseinandersetzung mit möglichen anderen Infektionsrisiken würde fehlen. Die HCV-Infektion trete in Deutschland mit einer Prävalenz von 0,4 % auf. Epidemiologische Untersuchungen würden eine Prävalenz von Antikörpern gegen das Hepatitis-C-Virus in Moldawien von 1,4 % bereits bei Kindern und von 2,3 % bei schwangeren Frauen zeigen. Der überwiegende Genotyp des Hepatitis-C-Virus in Moldawien sei mit 82 % der Genotyp I b, wie er bei der Klägerin vorliege. Die Übertragung erfolge unter anderem durch medizinische Behandlungen, z. B. durch Impfungen im Kindesalter. Das Risiko einer HCV-Infektion im Rahmen der Ausbildung zur Krankenschwester in Israel sei als sehr niedrig anzusehen. Die Häufigkeit von Stichverletzungen werde zwischen 0,2 bis 2 Stichverletzungen pro Beschäftigtem pro Jahr im Gesundheitsdienst angegeben. Die Übertragungswahrscheinlichkeit betrage ca. 3 % nach einer Nadelstichverletzung mit einer mit Blut von einem HCV-positiven Patienten verunreinigten Nadel. Die Prävalenz der HCV-Infektion in Israel sei vergleichsweise niedrig und werde mit 0,2 % angegeben. Für die Tätigkeit in der Krankenpflegeausbildung würde sich somit bei Annahme einer Nadelstichverletzung pro Jahr ein Risiko einer HCV-Infektionsübertragung von 0,018 % ergeben. Ähnliches gelte für die Tätigkeit als Krankenschwester im Stationsdienst einer orthopädischen Abteilung von 1981 bis 1986. Aus arbeitsmedizinischen Erfahrungen mit der Tätigkeit im Blutspendedienst zur damaligen Zeit sei in Übereinstimmung mit Prof. Dr. GJ. (Gießen) davon auszugehen, dass es gelegentlich zu Verletzungen auch mit infektiösem Material gekommen sein konnte. Eine Risikoabschätzung sei rückblickend äußerst schwierig. Die Angabe der Klägerin, es sei vorgekommen, dass sie sich verletzt habe, sei plausibel. Es entspreche arbeitsmedizinischen Erfahrungen, dass Stichverletzungen durch die Haut nach venöser Blutentnahme mit sogenannten Butterflykanülen ein eher relativ seltener Vorgang seien, im Vergleich zu anderen invasiven Prozeduren. Es sei anzunehmen, dass im damaligen Plasmadienst A-Stadt auch Risikopersonen Blutprodukte gespendet hätten und die organisatorischen Verhältnisse nicht immer die heutigen Hygiene und Teststandards von Blutspendediensten eingehalten hätten. Unter Annahme von zwei Stichverletzungen pro Jahr durch die getragenen Schutzhandschuhe nach einer venösen Blutentnahme, einer Prävalenz von HCV-Infektionen bei Plasmaspendern in der damaligen Zeit von 0,8 % und einer Übertragungswahrscheinlichkeit von 3 % ergebe sich ein Risiko für eine HCV-Infektion im Zeitraum von Juni 1987 bis November 1992 von ca. 0,22 %. Diese Abschätzung eines Übertragungsrisikos erfolge unter der Annahme von absoluten "worst case" Betrachtungen und würde wohl bei realistischeren Annahmen deutlich niedriger liegen. Unter Abwägung des Für und Wider würde weit mehr dagegen als dafür sprechen, dass es sich hier um eine beruflich erworbene HCV-Infektion handle. Eine Untersuchung der Infektionsrisiken im Raum Hamburg habe ergeben, dass nur 1 % aller HCV-Infektionen bei medizinischem Personal beobachtet worden seien. 99 % der HCV-Infektionen seien demzufolge bei Frauen und Männern in der übrigen Bevölkerung festzustellen. Aufgrund der im Vergleich zur Hepatitis-B deutlich niedrigeren Übertragungswahrscheinlichkeit seien HCV-Infektionen im Gesundheitsdienst im Vergleich zur übrigen Bevölkerung nicht häufiger anzutreffen.

Der behandelnde Internist Dr. J. teilte der Beklagten mit, die Klägerin sei seit dem 7. April 1988 bei seinem Vater in Behandlung gewesen. Die Leberwerte hätten über die ganze Zeit im Normbereich gelegen. Zu keinem Zeitpunkt hätte der Verdacht auf eine chronische oder akute Hepatitis bestanden.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. Januar 2007 führte Prof. Dr. H. aus, bereits 1981 habe die Klägerin unter Oberbauchbeschwerden, Völlegefühl und Druckschmerz im Bereich der Magengegend und im rechten Oberbauch gelitten. Bei der Untersuchung im April und im August 1981 sei die Leber druckschmerzhaft und vergrößert gewesen. Eine sonografische Untersuchung am 23. November 1981 habe den Nachweis einer Leber- und Milzvergrößerung ergeben. Die Laborparameter, einschließlich der Leberwerte hätten im Reverenzbereich gelegen. Darüber hinaus hätten bereits 1981 Hinweise auf eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formkreis mit Verdacht auf eine rheumatoide Polyarthritis bestanden. Somit seien bereits vor Aufnahme der gefährdenden versicherten Tätigkeit im Jahr 1981 deutliche Hinweise auf eine Lebererkrankung vorhanden gewesen. Zum damaligen Zeitpunkt hätte eine Hepatitis-C noch nicht diagnostiziert werden können, da spezifische Antikörpertestmethoden erst ab Ende der 1980iger Jahre zur Verfügung gestanden hätten.

Mit Bescheid vom 17. April 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, als gefährdend für eine HCV-Infektion würden nur solche Tätigkeiten in Betracht kommen, die erfahrungsgemäß mit der konkreten Gefahr von häufigen Verletzungsereignissen, bei denen es zu einem erheblichen Blutaustausch komme, verbunden seien. Dies ergebe sich aus den medizinischen Erkenntnissen über das im Vergleich zur Hepatitis-B wesentlich geringere Infektionsrisiko bei der Hepatitis-C. In epidemiologischen Studien hätten keine erhöhten Risiken für eine Hepatitis-C bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst nachgewiesen werden können. Unter Würdigung dieser Erkenntnisse, dem fehlen detaillierter Beschreibungen zur Häufigkeit von Nadelstichverletzungen, z. B. in einem Verbandsbuch, fehlenden Ergebnissen der durchgeführten arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen oder nachgewiesenen Arztkonsultationen nach Nadelstich- oder Schnittverletzungen und der außerberuflich im November 1981 im Rahmen einer Sonografie nachgewiesenen Leber- sowie Milzvergrößerung spreche mehr dagegen als dafür, dass die berufliche Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH als ursächlich für die chronische HCV-Infektion angesehen werden könne. Das Vorliegen einer beruflich erworbenen HCV-Infektion könne daher nicht wahrscheinlich gemacht werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 16. Mai 2007 Widerspruch. Zur Begründung berief sie sich auf das Gutachten des Prof. Dr. GJ. (Gießen).

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beklagte wiederholte im Wesentlichen ihre Begründung des Ausgangsbescheides.

Am 10. Juli 2007 hat die Klägerin hiergegen Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, als Krankenpflegeschülerin in Tel-Aviv habe sie keinen Kontakt zu Blut oder Blutbestandteilen gehabt. Während ihrer Zeit als Krankenschwester im C. Krankenhaus in A-Stadt seien Verbandwechsel und ähnliche Arbeiten von den Ärzten durchgeführt worden; die Klägerin habe praktisch keinen Kontakt zu Blut oder Blutbestandteilen gehabt. Im Jahr 1983 sei sie am Blinddarm operiert worden und am 10. September 1984 sei sie von einem Sohn entbunden worden; in beiden Fällen habe es keine Bluttransfusionen gegeben. Die ursprüngliche Erinnerung der Klägerin sei gewesen, dass sie bei der Arbeit bei der Plasmadienst GmbH in der Regel dünne Latexhandschuhe getragen habe. Sie habe allerdings jetzt alte Fotos von der Arbeitsstelle herausgesucht, auf denen sie zu ihrer eigenen Überraschung während der Arbeit ohne Handschuhe zu sehen sei. Somit müsse immerhin auch die Arbeit ohne Handschuhe vorgekommen sein. Auch andere Mitarbeiterinnen auf den Fotos seien ohne Handschuhe zu sehen. Die damals im Plasmadienst tätige Ärztin habe der Klägerin auch berichtet, dass viele Mitarbeiterinnen keine Handschuhe getragen hätten, da wegen des nicht ganz so guten Gefühls die Verletzungsgefahr mit Handschuhen größer gewesen wäre als ohne. Im Rahmen der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH habe bei mehreren Arbeitsschritten eine Kontaktmöglichkeit mit Spenderblut bestanden. Die Schnittstelle am Schlauch zwischen Plasmaspender und Auffangbeutel habe an beiden Seiten Blutanhaftungen aufgewiesen. Die Verwendung der Metallverschlüsse zum Verschließen des Schlauchs habe auch eine gewisse Verletzungsgefahr mit sich gebracht. Blut sei jeweils beim Punktieren, beim Lösen der Butterflynadel, beim Verbinden und beim Lösen und Zerschneiden der Schläuche offen ausgetreten. Hierbei habe bei Vorliegen einer Verletzung an der Hand (und ggf. auch des Handschuhs) die Gelegenheit zur Infektion bestanden. Die Klägerin habe auch immer wieder mitbekommen, dass aufgrund der Testuntersuchungen bei Erstspendern deren gesondert aufbewahrtes Blut nicht verwertbar war, sondern entsorgt wurde. Es sei dann sowohl die Rede von HIV-Infektionen als auch von Hepatitis-Infektionen gewesen. Hepatitis-C habe damals noch nicht festgestellt werden können. Somit habe es sich bei den festgestellten Infizierungen um Hepatitis-B gehandelt. Dem Gutachten des Prof. Dr. GJ. (Gießen) sei zu folgen. Die Klägerin könne zwar nicht konkret nachweisen, dass bestimmte Personen mit Hepatitis-C infiziert waren, da damals potentielle Blutspender nur auf Hepatitis-B untersucht werden konnten. Der Nachweis lasse sich aber auf andere Weise führen. Wenn in Deutschland 0,4 % der Bevölkerung mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert seien, dann habe die Klägerin während ihrer Zeit bei der Plasmadienst GmbH mit mindestens 24 infizierten Patienten Kontakt gehabt. Prof. Dr. H. sei für Plasmaspender sogar von einer Prävalenz von 0,8 % ausgegangen; somit habe die Klägerin mit 48 infizierten Patienten Kontakt gehabt. Hieraus ergebe sich der Nachweis einer besonderen Infektionsgefährdung. Die damaligen hygienischen Bedingungen würden auch nicht den heutigen Bedingungen entsprechen. Auch sei der Zeitraum der Tätigkeit und der Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung der Erkrankung miteinander vereinbar. Nicht stichhaltig sei die Ausführung, die Klägerin habe ein außerberufliches Risiko der Erkrankung dadurch, dass sie aus Moldawien stamme. Sie habe nicht auf dem Land gelebt, sondern in einer größeren Stadt, in der die hygienischen Verhältnisse mitteleuropäischen Standards entsprochen hätten. Es sei auch nicht möglich oder jedenfalls extrem unwahrscheinlich, dass die Erkrankung nach einer Infektion als Kind über 30 Jahre lang nicht erkennbar geworden sei. Der Ehemann der Klägerin sei negativ getestet. Die Nichtansteckung des Ehemannes wäre aber sehr unwahrscheinlich, wenn die Klägerin bereits derart lang erkrankt gewesen wäre. Auch aus der Kartei des Dr. J. würden sich keine Anhaltspunkte für eine bereits im Jahr 1981 bestehende HCV-Infektion ergeben. Die Klägerin habe damals lediglich unter Völlegefühl und Schmerzen im Oberbauch gelitten, was eine Alltags- und Bagatelldiagnose darstelle die keine Rückschlüsse auf ein Leberleiden zulasse.

Mit ihrer Klageerwiderung vom 17. Juli 2008 hat die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 25. Juni 2008 vorgelegt. Danach sei bei der Tätigkeit der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH grundsätzlich von einer potentiellen Infektionsgefährdung für eine HCV-Infektion auszugehen. Untersuchungen aus dem Raum Frankfurt und Hessen hätten nachgewiesen, dass die Prävalenz von HCV-Infektionen bei Blutspendern bzw. Plasmaspendern in Hessen zwischen 0,79 bis 0,83 % gelegen habe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es bei der Tätigkeit im Plasmadienst auch zu Stichverletzungen habe kommen können. Aufgrund der hohen Prävalenz von HCV-Infektionen in Moldawien die zwischen 2,4 und 8,9 % in der Literatur angegeben werde, sei die Wahrscheinlichkeit um mehr als den Faktor 10 höher, dass die Infektion bereits im Kindes- oder Jugendalter erworben worden sei. Der Genotyp I b werde in Moldawien bei über 95 % der Erkrankungsfälle festgestellt während dieser in Deutschland für ca. 50 % der HCV-Infektionen verantwortlich sei. Dem Bevollmächtigten der Klägerin sei zuzustimmen, dass die Ergebnisse der früher durchgeführten Untersuchung nicht beweisend für eine HCV-Infektion seien. Sie würden jedoch einen Hinweis geben, dass bereits vor Aufnahme der versicherten Tätigkeit im Plasmadienst eine Lebererkrankung vorgelegen habe.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – durch Prof. Dr. K., Universitätsklinikum Frankfurt am Main sowie anschließend durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 106 SGG durch Dr. GW., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin der Klinik Wartenberg, jeweils aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin.

In seinem Gutachten vom 26. Oktober 2009 ist Prof. Dr. K. zu dem Ergebnis gekommen, es müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die HCV-Infektion bei der Klägerin in Folge der versicherten Tätigkeit verursacht worden sei. Risikofaktoren bzw. mögliche Transmissionswege für eine HCV-Infektion wie eine Erythrozytenkonzentratgabe, eine Trombozytenkonzentratgabe, eine Immunglobulingabe, Akkupunktur, Tattoos oder Drogenkonsum werden verneint. Im Bereich der Leber habe sich ein geringgradiger Parenchymschaden bei chronischer HCV-Infektion gezeigt. Es habe sich eine Leberzyste im Segment 4, eine geringgradige Splenomegalie und eine Nierenzyste rechts gefunden. Eine höhergradige Fibrose im Bereich der Leber habe ausgeschlossen werden können. Bei der Klägerin bestehe eine chronische HCV-Infektion Genotyp I b. Die Klägerin gebe im Zeitpunkt der Begutachtung vaskulitische Beschwerden an beiden Unterschenkeln, einhergehend mit Brennen und Jucken an. Die Klägerin beklage nach den Mahlzeiten Völlegefühl und eine Schwere im Magen. Müdigkeit und Abgeschlagenheit würden verneint. Während der antiviralen Therapien sei es zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit gekommen. Der Ehemann der Klägerin und die Kinder der Klägerin seien HCV-negativ getestet. Beide Kinder seien durch eine normale Geburt zur Welt gekommen. Während der Geburt sei es nicht zur Gabe von Blutprodukten gekommen. Die Klägerin sei im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH in erhöhtem Maß der Gefahr der Erkrankung an einer HCV-Infektion ausgesetzt gewesen. Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit hätten nicht festgestellt werden können. Es habe auch keinen Anhalt für das Vorliegen einer chronischen Hepatitis-C-Erkrankung vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH in A-Stadt gegeben. Den Unterlagen des Dr. J. Senior aus dem Jahr 1981 könne lediglich entnommen werden, dass es um eine weitere Abklärung abdomineller Beschwerden mit der Frage nach einer Hepatosplenomegalie ging. Die weiteren Unterlagen vom 12. Februar 1987 hätten normale Werte für SGP-Transaminase und Gamma GT gezeigt. Dies mache eine im Kindes- oder Jugendalter in Moldawien aquirierte Hepatitis-C sowie das Vorliegen einer chronischen Hepatitis-C vor Beginn der Tätigkeit der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH höchst unwahrscheinlich. Eine Hepatosplenomegalie sei kein Befund einer chronischen Hepatitis-C mit niedrigem Fibrosestadium. Erst bei Vorliegen einer Leberzirrhose aufgrund einer HCV-Virusinfektion komme es zu einer Milzvergrößerung. Da bei der Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung noch ein niedriges Fibrosestadium vorliege, könne im Jahr 1981 kein histologischer Befund vorgelegen haben, der eine Splenomegalie erkläre. Die bei der Klägerin vorliegende Milzgröße sei damals wie im Zeitpunkt der Begutachtung als konstitutionell zu werden und stehe nicht im Zusammenhang mit der chronischen Hepatitis-C. Die Transaminasen bei chronischer Hepatitis-C würden über die Jahre und Jahrzehnte nur in gering bis maximal mäßigem Ausmaß fluktuieren. Die Leberwerte der Klägerin seien deutlich erhöht und würden sich deutlich von den 1987 gemessenen Werten unterscheiden. Anhand des Verlaufs der Leberwerte sei eindeutig nicht von einer Infektion vor 1987 auszugehen. Die leukozytoklastische Vaskulitis sei als begleitende Komplikation der bestehenden Hepatitis-C zu werten. Ab der Diagnosestellung der chronischen HCV-Infektion im Dezember 2004 mit Beginn einer antiviralen Therapie im Juni 2005 sei eine MdE von 20 bis 30 gegeben, ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung der leukozytoklastischen Vaskulitis im Juli 2006 als extrahepatische Krankheitsmanifestation mit Therapiebedürftigkeit bestehe eine MdE von 30 bis 40.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. August 2010 hat Prof. Dr. K. ergänzend ausgeführt, eine Infektion in der Kindheit in Moldawien z. B. bei Impfungen sei grundsätzlich möglich könne aber weder bewiesen noch ausgeschlossen werden. Die Prävalenz für eine HCV-Infektion sei in Moldawien im Vergleich zu Deutschland höher. Dies begründe aber noch keine allgemeine Annahme, dass eine Infektion im Kindesalter bei der Klägerin als wahrscheinlich anzusehen sei. Weitere Indizien für eine HCV-Infektion im Kindesalter, wie eine bekannte HCV-Infektion der Eltern, eine akute ikterische Hepatitis im Kindesalter oder die Durchführung von Operationen bzw. längere Krankenhausaufenthalte in Moldawien würden fehlen. Des Weiteren wäre die Wahrscheinlichkeit für einen bereits fortgeschrittenen Leberschaden bei einer Infektion in der Kindheit und somit einer Infektionsdauer von über 40 Jahren als erhöht anzusehen. Das geringe Fibrosestadium der Leber bei der Leberpunktion im Jahr 2005 mache eine Infektion im Kindesalter unwahrscheinlich. Eine Infektion im Rahmen der Ausbildung zur Krankenschwester in Israel sei ebenfalls als unwahrscheinlich einzustufen, da die Prävalenz für Antikörper gegenüber Hepatitis-C-Viren in Israel mit 0,6 bis 0,9 % als niedrig anzusehen sei und da die Ausbildung zur Krankenschwester typischerweise mit großen Unterrichtsanteilen und geringeren und einfacheren praktischen Tätigkeiten und somit mit einer geringeren Infektionsgefahr verbunden sei. Die Angabe der Klägerin, bei ihrer Tätigkeit im C. Krankenhaus seien keine Stichverletzungen erinnerlich, sei glaubhaft, da Blutentnahmen und Punktionen üblicherweise auf Station nicht vom Pflegedienst sondern vom ärztlichen Personal vorgenommen würden. Im Rahmen der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH sei es durch das Anlegen von venösen Verweilkathetern und das An- und Abschließen der Plasmapherese offensichtlich zu einer regelmäßigen Exposition gegenüber Blut gekommen. Die Klägerin sei regelmäßig mit Kanülen umgegangen, die erfahrungsgemäß ein konkretes Risiko für Verletzungsereignisse mit Blutaustausch darstellen würden. In den Jahren 1981, 1987, 1991 und 1992 seien vom damaligen Hausarzt normale Leberwerte dokumentiert. Damit sei eine HCV-Infektion nicht als typisch anzusehen, aber auch nicht auszuschließen da bei 20 bis 30 % der Patienten mit chronischer Hepatitis-C normale Leberwerte gemessen würden. Zusammenfassend sei für die Übertragung des Hepatitis-C-Virus bei der Klägerin eine Infektion am wahrscheinlichsten im Rahmen der Tätigkeit beim Plasmadienst anzunehmen.

In seinem Gutachten vom 17. Dezember 2010 ist Dr. GW., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin der Klinik Wartenberg, zu dem Ergebnis gekommen, dass die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin und der HCV-Infektion durchaus zu diskutieren sei, jedoch nicht mit dem geforderten Wahrscheinlichkeitsgrad nachzuweisen sei, da dem Privatleben zuzurechnende Infektionsrisiken höher eingestuft werden müssten als die erkennbaren beruflichen Risiken. Aus der Zeit vor dem Nachweis der HCV-Infektion würden keine Befunde oder Umstände vorliegen, die eine Eingrenzung des Infektionszeitraums ermöglichen würden. Eine in den Unterlagen eines früheren Hausarztes dokumentierte Oberbauchsymptomatik im Jahr 1981 erscheine ihm als viel zu unspezifisch, um hieraus Rückschlüsse auf eine bereits bestehende chronische Hepatitis ziehen zu können. Ohne Aussagekraft erscheine auch die Tatsache, dass sowohl der Ehemann als auch die Kinder der Klägerin, welche beide vor 1987 geboren seien, nicht infiziert seien. Sowohl eine sexuelle Übertragung als auch eine Übertragung von der Mutter zum Kind sei ein eher seltenes Ereignis. Die vorliegenden Laborbefunde von 1981 bis 1992 hätten ebenfalls keine verwertbare Aussagekraft, da chronische C-Hepatitiden über einen längeren Zeitraum mit unauffälligen Leberwerten einhergehen könnten. Auch die nach der Diagnose ausschließlich leicht erhöhten Leberwerte würden keine Beurteilung der Frage zulassen, ob eine chronische Hepatitis-C bereits vor 1987 bestanden habe oder nicht. Auch seien dem Sachverständigen Fälle bekannt, bei denen bei nachgewiesener 30- bis 40-jähriger Erkrankungsdauer histologisch eine fortgeschrittene Leberschädigung habe ausgeschlossen werden können. In diesen Fällen habe sich also wie auch im vorliegenden Fall lediglich eine geringgradige Fibrosebildung gezeigt. Lediglich ca. 25 % bis maximal 40 % bis 50 % der chronischen C-Hepatitiden würden einen progredienten Verlauf mit fibrotischen Umbau zeigen. Denkbar und glaubhaft sei, dass im Rahmen der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH gelegentlich auch Nadelstichverletzungen vorgekommen seien. Nach dem es sich bei Plasmaspendern jedoch fast ausschließlich um jüngere, gesunde und in der Blutspende erfahrene Personen handele sei von einem ruhigen und geordneten Arbeitsumfeld auszugehen, in dem dementsprechend Kanülenstichverletzungen eher selten aufgetreten sein dürften. Plasmaspenden seien viel häufiger möglich als Vollblutspenden; der minimale Spendenabstand betrage ca. eine Woche und sei mit einer Aufwandsentschädigung vergütet worden. Es handle sich meist um professionelle Spender, z. B. Studenten, die sich hiermit zumindest anteilig ihr Studium finanzieren würden und jährlich viele Male Plasma spenden würden. Somit sei davon auszugehen, dass die Klägerin deutlich weniger als die geltend gemachten 6.000 Patienten betreut habe. Die Zahl dürfte wesentlich geringer sein. In den Jahren der Tätigkeit von 1987 bis 1992 seien zwar noch nicht durchgehend Testverfahren für ein Spenderscreening bezüglich einer HCV-Infektion zur Verfügung gestanden, die Probanden seien jedoch umfangreich untersucht worden und z. B. bei auffälligen Leberwerten nicht mehr zu Plasmaspende herangezogen worden. Es würden keine epidemiologischen Hinweise existieren, wonach Tätigkeiten im Blutspendedienst mit einem wesentlich erhöhten Risiko für eine HCV-Infektion für die dort beschäftigten Arzthelferinnen und Krankenschwestern verbunden seien. Vorliegende Publikationen würden für Beschäftigte im deutschen Gesundheitswesen eher 0,25 bis 0,5 Stichverletzungen pro Jahr und Mitarbeiter statistisch vermuten, sodass die von Prof. Dr. H. angesetzten zwei Stichverletzungen pro Jahr zu hoch gegriffenen sein dürften. Auch sei nach neueren Daten die von Prof. Dr. H. angenommene Übertragungswahrscheinlichkeit von 3 % bei einer Stichverletzung mit einer nachweislich mit Hepatitis-C-Viren kontaminierten Kanüle eher zu hoch gegriffen. Somit könne für die Tätigkeit der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH zwar eine realistische, keinesfalls jedoch eine sehr ausgeprägte Infektionsgefährdung angenommen werden. Falls keine alternativen Infektionsmöglichkeiten erkennbar wären, wäre jedoch in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern Prof. Dr. GJ. (Gießen) und Prof. Dr. K. eine Anerkennung als Berufskrankheit gerechtfertigt. Die Klägerin sei jedoch in Moldawien geboren und habe dort die ersten 16 Jahre ihres Lebens verbracht, einem Land mit einer bekannt hohen Prävalenz für eine HCV-Infektion bei der allgemeinen Wohnbevölkerung. Es erscheine durchaus gerechtfertigt, die Wahrscheinlichkeit einer HCV-Infektion bei der Klägerin bei der Auswanderung aus Moldawien mit ca. 2 % einzuschätzen. Diese Prävalenz sei deutlich größer als bei Beschäftigten des deutschen Gesundheitswesens. Zuzustimmen sei der Einschätzung, wonach die Infektionsgefährdung im Rahmen der Krankenpflegeausbildung in Israel und auch während der Pflegetätigkeit im C. Krankenhaus als gering einzuschätzen sei. Nachdem die Ursache der hohen Durchseuchung in Moldawien mit HCV-Infektionen letztendlich nicht bekannt sei, könne einer Gefährdung für die Klägerin nicht mit dem Argument begegnet werden, dass sie in Moldawien kaum medizinische invasive Eingriffe durchgemacht habe. Eine Infektion durch unzureichend desinfizierte medizinische Instrumente sei lediglich ein Erklärungsversuch der hohen Prävalenz in ehemaligen Ostblockstaaten, die jedoch keinesfalls als alleinige Ursache oder Hauptursache gesichert sei.

Hierzu hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Stellung genommen: Im Tätigkeitszeitraum der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH sei von der Plasmadienst GmbH HIV-infiziertes Blut in Umlauf gebracht worden. Das spreche nicht für die Erfüllung aller Anforderungen an eine einwandfreie Spenderauswahl. Bei Erstspendern sei nicht nur Blut für Bluttests abgenommen worden, sondern sogleich auch eine größere Menge Blut gesammelt und in Kältekammern aufbewahrt worden; bei ungünstigen Testergebnissen sei das Blut entsorgt worden. Die Klägerin sei also auch mit Personen und deren Blut in Berührung gekommen, bei denen gesundheitliche Probleme bestanden hätten.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 10. Mai 2011 die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Zeitpunkt der Infektion nicht dem Zeitraum der beruflichen Tätigkeit der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH zugeordnet werden könne. Damit sei der Ursachenzusammenhang zwischen der bei der Tätigkeit möglicherweise erhöhten Infektionsgefahr und der HCV-Infektion nicht hinreichend wahrscheinlich. Bereits deshalb würden die Voraussetzungen für die Anerkennung der HCV-Infektion als BK 3101 nicht vorliegen. Ob tatsächlich eine erhöhte Infektionsgefahr bestanden habe, könne offen bleiben. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 2. April 2009, Az.: B 2 U 30/07 R unmissverständlich ausgeführt, dass der Zeitpunkt der Infektion in den Zeitraum der Ausübung der gefährdenden Arbeitsvorgänge fallen müsse.

Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 3. Juni 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29. Juni 2011 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Diagnose einer chronischen HCV-Infektion sei gesichert. Der Ungewissheit hinsichtlich des Zeitpunkts der erfolgten Infektion habe das BSG dadurch Rechnung getragen, dass es bei Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr sowie bei Vorliegen einer Infektionskrankheit typisierend annehme, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgt sie und die Krankheit wesentlich verursacht habe. Es bedürfe also nicht der näheren zeitlichen Eingrenzung des Infektionszeitraums. Das Sozialgericht hätte somit prüfen müssen, ob die Klägerin einer besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war. Diese könne sich aus dem besonders durchseuchten Umfeld ergeben oder auch aus der gefährdenden Art der Tätigkeit und zwar letzteres auch dann wenn man von einem Durchseuchungsgrad wie bei der Gesamtbevölkerung ausgehe. Beide Kriterien seien bei der Klägerin erfüllt. Prof. Dr. H. habe in seiner Stellungnahme vom 20. November 2006 von einer Prävalenz von HCV-Infektionen bei Plasmaspendern in der damaligen Zeit von 0,8 % berichtet, während in der Gesamtbevölkerung 0,4 % angenommen würde. Demnach liege also eine doppelt so hohe Belastung vor. Vor allem sei aber auch das weitere Kriterium einer besonders gefährdenden Tätigkeit erfüllt. Gegen eine Infektion bereits in Moldawien spreche die sehr lange erscheinungsfreie Zeit vor der Diagnose und die Tatsache dass dort außer den Impfungen direkt nach der Geburt der Klägerin keine Behandlungen erfolgt seien. Bei nachgewiesenem Vorliegen der Erkrankung und nachgewiesenem Vorliegen der erhöhten Infektionsgefahr bei der versicherten Tätigkeit scheide die Annahme einer BK nur dann aus, wenn ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnendes, Infektionsrisiko die Erkrankung tatsächlich verursacht habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. Mai 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und ihr ab dem 1. Dezember 2004 Rente nach einer MdE von 30 v. H. und ab dem 1. Juli 2006 nach einer MdE mindestens von 40 v. H. zu gewähren,

hilfsweise,

ein Gutachten einzuholen bei Herrn Dr. L., Unfallklinik LX., Institut für Allgemeinmedizin, L-Straße, L-Stadt, zur Behauptung, dass die Schlussfolgerungen, die der Prof. H. und Herr Dr. GW. aus der Belastung der Bevölkerung von Moldawien mit Hepatitis-C auf die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich ihre Hepatitis-C in Moldawien zugezogen hat, statistisch unhaltbar sind,

weiter hilfsweise,

Frau Dr. M. (Adresse Schriftsatz vom 30. April 2008, Blatt 5) als sachverständige Zeugin zu der Frage zu vernehmen, welche Aussagen über die Hepatitis-C-Belastung der im Blutspendedienst zum Blutspenden getesteten und herangezogen Personen getroffen werden können, sowie zur Frage, ob weitere Bedienstete des Blutspendedienstes an Hepatitis-C erkrankt sind,

weiter hilfsweise,

eine Anfrage zu richten an die Firma NX. GmbH/NX. Plasma Services GmbH N-Stadt zu demselben Thema wie Frau Dr. M.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils. Das erstinstanzliche Urteil weise zwar Schwachstellen auf, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Die statistischen Verursachungswahrscheinlichkeiten einer HCV-Infektion durch eine Nadelstichverletzung seien ausweislich der Gutachten des Prof. Dr. H. und des Dr. GW., Wartenberg derart gering, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Kausalitätsvermutung des § 9 Abs. 3 SGB VII nicht als erfüllt gelten könnten. Die Klägerin müsse die haftungsbegründende Kausalität nach allgemeinen Beweisregeln hinreichend wahrscheinlich machen, was angesichts der genannten Zahlen auf ganzer Linie zum Scheitern verurteilt wäre. Würde man davon ausgehen, dass die Voraussetzungen der Kausalitätsvermutung vorliegen würden, so wären diese widerlegt. Hierfür würde die lange Latenzzeit zwischen der Tätigkeit im Plasmaspendedienst und der Hepatitis-C-Diagnose sprechen, ebenso die Tatsache, dass die Klägerin bereits in den Kliniken von Tel-Aviv und A-Stadt mit Stichkanülen in Kontakt gekommen war. Vor allem aber wäre die Kausalitätsvermutung dadurch widerlegt, dass die Klägerin ihre ersten 17 Lebensjahre in Moldawien verbracht hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 87 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG, 151 SGG) und zulässig (§ 143 SGG). Die Berufung, mit der die Klägerin die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV erstrebt, ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV liegen bei der Klägerin vor.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Auf Grund dieser Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.

Für die Feststellung einer Listen-BK ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 15. September 2011 - B 2 U 25/10 R - juris).

Unter Nr. 3101 sind in der Anlage 1 zur BKV "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war" erfasst. Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes i. V. m. § 9 Abs. 1 SGB VII sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Die Klägerin war bei der Plasmadienst GmbH, bei der sie im Zeitraum von Juni 1987 bis November 1992 als Krankenschwester in Teilzeit beschäftigt war, im Gesundheitsdienst tätig und nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Wesentlicher Inhalt des Begriffs Gesundheitsdienst, ist der Dienst zum Schutz, zur Erhaltung, Förderung oder Wiederherstellung der Gesundheit gefährdeter Menschen oder zur Pflege unheilbar Kranker oder Gebrechlicher (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13. August 2013, Az.: L 3 U 262/12). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da die Plasmagewinnung bei der Plasmadienst GmbH zur Wiederherstellung der Gesundheit gefährdeter Menschen diente.

Hepatitis-C ist eine Infektionskrankheit i. S. d. Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV. Die Klägerin war auch "Einwirkungen" ausgesetzt, die im Falle der BK Nr. 3101 in einer besonders erhöhten Infektionsgefahr bestehen, welche aufgrund des Tätigkeitsprofils der Klägerin anzunehmen ist. Zudem ist der vom Gesetz als ausreichend erachtete mögliche Zusammenhang zwischen der erhöhten Infektionsgefahr und der Infektionskrankheit nicht ausgeschlossen.

Die Listen-BKen sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass Versicherte über einen längeren Zeitraum schädigenden Einwirkungen ausgesetzt sind und erst diese längerfristige Belastung zu der Erkrankung führt. Bei der BK 3101 besteht hingegen die Besonderheit, dass die schädliche Einwirkung, also der Ansteckungsvorgang, bei dem die Krankheit übertragen wurde, ein einmaliges, punktuelles Ereignis darstellt, das häufig im Nachhinein nicht mehr ermittelt werden kann. Meistens sind verschiedene Infektionsquellen und Übertragungswege denkbar, ohne dass sich feststellen lässt, bei welcher Verrichtung es tatsächlich zu der Ansteckung gekommen ist. Gerade aus diesem Grund sind Infektionskrankheiten, deren auslösendes Ereignis - die einmalige Ansteckung - an sich eher die Voraussetzungen des Unfallbegriffs erfüllt, als BK bezeichnet worden (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris Rn. 18; BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 19/05 R - juris Rn. 15). Um den Nachweisschwierigkeiten zu begegnen, genügt bei der BK 3101 als "Einwirkungen" i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, dass der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden "Infektionsgefahr besonders ausgesetzt" war (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris).

Die besondere, über das normale Maß hinausgehenden Infektionsgefahr ist nicht Bestandteil eines Ursachenzusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und Infektionskrankheit. Sie ersetzt vielmehr als eigenständiges Tatbestandsmerkmal die Einwirkungen und ist mit dem weiteren Tatbestandsmerkmal "Verrichtung einer versicherten Tätigkeit" durch einen wesentlichen Kausalzusammenhang, hingegen mit der "Erkrankung" nur durch die Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs verbunden. Für die erhöhte Infektionsgefahr gelten damit hinsichtlich des Beweismaßstabes die Anforderungen, die ansonsten für das Tatbestandsmerkmal der Einwirkungen zu beachten sind. Sie muss im Vollbeweis vorliegen. Zwar setzt der Begriff der Gefahr eine Wahrscheinlichkeitsprognose voraus. Er charakterisiert einen Zustand, bei dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich gelten kann. Allerdings ist zwischen der tatsächlichen Ebene, auf die sich die Wahrscheinlichkeitsprognose beziehen muss, und der rechtlichen Wertung, ob aufgrund der nachgewiesenen Tatsachen eine Schädigung möglich ist, zu unterscheiden (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris).

Eine erhöhte Infektionsgefahr ist bei Versicherten anzunehmen, die aufgrund ihrer Tätigkeit oder ihres Arbeitsumfeldes einer Infektionsgefahr in besonderem Maße ausgesetzt sind. Die besondere Infektionsgefahr kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben. Der Grad der Durchseuchung ist hinsichtlich der kontaktierten Personen als auch der Objekte festzustellen, mit oder an denen zu arbeiten ist. Lässt sich das Ausmaß der Durchseuchung nicht aufklären, kann aber das Vorliegen eines Krankheitserregers im Arbeitsumfeld nicht ausgeschlossen werden, ist vom Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung auszugehen (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris).

Die Übertragungsgefahr ist nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen zu beurteilen. Ebenfalls zu beachten sind die individuellen Arbeitsvorgänge. Da für die Anerkennung der BK 3101 nicht eine schlichte Infektionsgefahr genügt, sondern eine (z. T. typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII) , kommt es darauf an, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris).

Die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes auf der einen und die Übertragungsgefahr der versicherten Verrichtungen auf der anderen Seite stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger hingegen die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der Infektion behaftet sind, umso mehr erlangt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung. Allerdings muss zumindest die Möglichkeit einer Infektion bestehen. Ist das nicht der Fall, weil z. B. trotz eines hohen Durchseuchungsgrades die Art der konkret ausgeübten Tätigkeit einen Infektionsvorgang ausschließt, ist für die Annahme einer Gefahr von vornherein kein Raum. Kommt indes eine Infektion in Betracht, ist im Wege einer Gesamtbetrachtung der Durchseuchung und der Übertragungsgefahr festzustellen, ob sich im Einzelfall eine Infektionsgefahr ergibt, die nicht nur geringfügig erhöht ist, sondern in besonderem Maße über der Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt. Dabei legt der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger übertragungsgefährdender Tätigkeit das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahe. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris).

Die Klägerin war einem solchen besonders erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Der Grad der Durchseuchung bezüglich HCV-Antikörper in der Gesamtbevölkerung beträgt ca. 0,5 bis 0,7 % (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 711). Unter den Plasmaspendern ist von einem Durchseuchungsgrad mit Hepatitis-C-Viren entsprechend dem Anteil der HCV-Infizierten in der Gesamtbevölkerung auszugehen. Dass unter den Plasmaspendern auch HCV positive Personen waren, kann nicht ausgeschlossen werden. Ausweislich des Gutachtens des Prof. Dr. GJ. (Gießen) konnten die Blutspender in der damaligen Zeit noch nicht auf Antikörper gegen das Hepatitis-C-Virus getestet werden. Auch Dr. GW. (Wartenberg) führte aus, im Zeitraum von 1987 bis 1992 seien noch nicht durchgehend Testverfahren für ein Spenderscreening im Hinblick auf eine HCV-Infektion zur Verfügung gestanden. Daher sprechen die von dem Sachverständigen Dr. GW. (Wartenberg) angeführten umfangreichen Untersuchungen bei den Plasmaspendern, aufgrund der Personen mit z. B. auffälligen Leberwerten nicht mehr herangezogen worden wären, nicht für einen geringeren Durchseuchungsgrad unter den Plasmaspendern als in der Gesamtbevölkerung. Insoweit ist das Gutachten des Dr. GW. (Wartenberg) auch in sich widersprüchlich, da der Sachverständige zuvor (insoweit inhaltlich übereinstimmend mit dem Sachverständigen Prof. Dr. K.) argumentiert hatte, chronische C-Hepatitiden könnten über einen längeren Zeitraum mit unauffälligen Leberwerten einhergehen. Die von Dr. GW. (Wartenberg) angeführte Tatsache, wonach es sich bei Plasmaspendern häufig um professionelle Spender handeln würde, da der minimale Spendenabstand ca. 1 Woche betrage und die Spende mit einer Aufwandsentschädigung vergütet werde, mit der sich z. B. Studenten ihr Studium finanzieren würden, spricht sogar eher für einen höheren Durchseuchungsgrad als in der Gesamtbevölkerung, da die Plasmaspende wegen der Vergütung auch für Risikopersonen wie z. B. Drogenabhängige attraktiv sein dürfte. Da ein höherer Durchseuchungsgrad mit HCV unter Plasmaspendern jedoch nicht belegt ist, ist von einem Durchseuchungsgrad mit HCV entsprechend dem Anteil der HCV Infizierten in der Gesamtbevölkerung auszugehen.

Die erforderliche besondere Infektionsgefahr lässt sich jedoch auf die Übertragungsgefahr bei den von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten zurückführen. Das HCV wird überwiegend parenteral (unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes), sehr selten durch sexuelle oder Alltagskontakte übertragen. Prinzipiell ist die Infektion möglich durch Blut, Blutprodukte, Speichel, nicht jedoch durch Urin oder Stuhl. Bei Angehörigen der Heil- und Pflegeberufe erfolgt die Infektion überwiegend durch Blut und Blutprodukte, insbesondere Nadelstichverletzungen und ausgedehnten Haut- und Schleimhautkontakt. Das Risiko der Übertagung einer Hepatitis-C durch Verletzungen ist beim Klinikpersonal aber um ein vielfaches geringer als bei Hepatitis-B (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war, Anhang 12.1, 13.1; Schönberger/Mehrtens/Valentin, S. 716, 718); daher kommen bei der HCV-Infektion als übertragungsgefährdend nur solche Tätigkeiten in Betracht, die erfahrungsgemäß mit der konkreten Gefahr von häufigen parenteralen Inokulationsereignissen im Sinne von Verletzungsereignissen verbunden sind, bei denen es zu einem erheblichen Blutaustausch kommt. Insbesondere ist die Nadelstichverletzung mit einer Hohlnadel ein geeigneter Übertragungsweg, der ein besonders hohes Übertragungsrisiko beinhaltet, da hier regelmäßig der Transfer relativ großer Mengen frischen Blutes möglich ist (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris). Das Infektionsrisiko bei einer Stichverletzung mit einer für einen nachweislich infektiösen Patienten gebrauchten Nadel beträgt ungefähr 3 % (Mehrtens/ Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war, Anhang 13.1; Schönberger/Mehrtens/Valentin, S. 718).

Die Klägerin konnte zwar weder eine infizierte Kontaktperson benennen, noch konnte sie eine konkrete Nadelstichverletzung mit einem potentiell infektiösen Gegenstand im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH darlegen und beweisen. Sowohl Prof. Dr. GJ. (Gießen) und Prof. Dr. H. als auch die Sachverständigen Prof. Dr. K. und Dr. GW. (Wartenberg) sind jedoch alle der Auffassung, dass der Vortrag der Klägerin, sie habe sich bei ihrer Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH hin und wieder verletzt, plausibel ist. Da es zu den Aufgaben der Klägerin gehörte, täglich mehrere Plasmaspender mit einer Butterfly-Verweilkanüle zu punktieren, ist es auch für den Senat nachvollziehbar, dass es hierbei hin und wieder zu Stichverletzungen kam. Bei den Butterfly-Verweilkanülen handelte es sich zudem um Hohlnadeln, in denen eine für eine HCV-Infektion ausreichende Menge Blut transportiert werden konnte. Die Annahme einer besonders erhöhten Infektionsgefahr im vorliegenden Fall steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des Senats vom 13. Juli 2010, Az.: L 3 U 5/03 – juris. Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem die Klägerin als Altenpflegehelferin ausschließlich einer Person Insulinspritzen subkutan verabreichte. Im Unterschied zur hier verwendeten Butterfly-Verweilkanüle können Insulinspritzen aufgrund ihrer geringeren Kanülendicke weniger Blut übertragen. Hinzu kommt der Umstand, dass Insulinspritzen nur subkutan und nicht intravenös verabreicht werden, was die Menge des infektiösen Blutes, welches potentiell aus der Injektionswunde austritt, erheblich minimiert. Demgegenüber diente im hier vorliegenden Fall das Punktieren der Venen der Plasmaspender gerade der Entnahme von größeren Mengen Blut aus den Venen der Plasmaspender. Des Weiteren bestand auch an den durchgeschnittenen Verbindungsschläuchen zwischen Butterfly-Verweilkanüle und Blutbeutel und beim Umgang mit den zu Untersuchungszwecken abgenommenen geringeren Mengen Blut die Kontaktmöglichkeit zu potentiell infektiösem Blut nach einer bereits eingetretenen Verletzung. Den von der Klägerin vorgelegten Fotos kann entnommen werden, dass zumindest nicht immer Handschuhe bei der Tätigkeit getragen wurden. Die Plasmapherese im Übrigen lief automatisch ab.

Der Annahme einer besonderen erhöhten Infektionsgefahr steht auch nicht entgegen, dass die Übertragungswahrscheinlichkeit nach einer Nadelstichverletzung mit einer für einen nachweislich infektiösen Patienten gebrauchten Nadel lediglich 3 % beträgt. Hiervon ausgehend kommt Prof. Dr. H. unter der Annahme von maximal 2 Stichverletzungen pro Beschäftigtem pro Jahr und einem Durchseuchungsgrad von 0,8 % unter den Plasmaspendern zu einem Risiko für eine HCV-Infektion der Klägerin im Zeitraum von 1987 bis 1992 von ca. 0,22 %. Die erhöhte Infektionsgefahr ergibt sich jedoch aus einem Vergleich mit der Gefahr, die in der Bevölkerung allgemein hinsichtlich einer Infektion besteht. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion durch den Stich einer kontaminierten Nadel noch so gering ist, kommt eine tätigkeitsbedingte erhöhte Infektionsgefahr in Betracht, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Infektion in der Allgemeinbevölkerung noch geringer ist. Dies ist im Hinblick auf die Übertragungswege des HCV der Fall. Das Infektionsrisiko von Personen in der Allgemeinbevölkerung, die keiner Risikogruppe angehören, tendiert gegen Null. Dementsprechend ergibt sich aus dem Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch Instituts 31/2014, dass im Jahr 2013 87 % der Neuinfizierten, bei denen belastbare Angaben zum Übertragungsweg vorlagen, sich beim intravenösen Drogengebrauch infiziert hatten. Der stochastisch-mathematische Ansatz des Prof. Dr. H. läuft darauf hinaus, die HCV-Infektion von der BK 3101 auszuschließen (so auch BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris).

Liegen eine durch die versicherte Tätigkeit bedingte besonders erhöhte Infektionsgefahr und die Infektionskrankheit vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgte und die Krankheit wesentlich verursacht hat. Für diese Typisierung ist allerdings dann kein Raum, wenn eine Infektion während oder aufgrund der versicherten Verrichtungen und damit der unterstellte Ursachenzusammenhang ausgeschlossen ist. Zum einen darf die Inkubationszeit nicht gegen einen zeitlichen Zusammenhang der Krankheit mit der beruflichen Tätigkeit sprechen. Der Zeitpunkt der Infektion muss in den Zeitraum der Ausübung der gefährdenden Arbeitsvorgänge fallen. Zudem ist der Ursachenzusammenhang nicht gegeben, wenn ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnendes Infektionsrisiko die Erkrankung verursacht hat (BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R – juris). Kommen sowohl berufliche als auch außerberufliche Verrichtungen als Ansteckungsquelle in Betracht, von denen aber nur eine allein die Krankheit auslösen kann, muss entschieden werden, ob sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine der unter Versicherungsschutz stehenden Handlungen als Krankheitsursache identifizieren lässt. Eine im Rechtssinne hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür ist gegeben, wenn der Möglichkeit einer beruflichen Verursachung nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber den anderen in Frage kommenden Möglichkeiten ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gestützt werden kann (BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 19/05 R - juris Rn. 16; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13. August 2013, Az.: L 3 U 262/12).

Der vom Verordnungsgeber unterstellte Ursachenzusammenhang zwischen der mit der Tätigkeit der Klägerin verbundenen erhöhten Infektionsgefahr, ihrer HCV-Infektion und ihrer Krankheit ist nicht ausgeschlossen. Neben der berufsbedingten Infektionsgefahr haben keine anderen Ansteckungsrisiken bestanden, die eine außerberufliche Infektion als wahrscheinlicher erscheinen lassen würden als eine Infektion im Rahmen der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH. Hiervon ist der Senat aufgrund des nachvollziehbaren, schlüssigen und in sich stimmigen Sachverständigengutachtens des Prof. Dr. K. überzeugt. Ausweislich des Gutachtens des Prof. Dr. K. und auch des Gutachtens des Prof. Dr. GJ. (Gießen) können im Fall der Klägerin Risikofaktoren für eine HCV-Infektion, wie Erythrozytenkonzentratgabe, eine Trombozytenkonzentratgabe, eine Immunglobulingabe, Akkupunktur, Tattoos oder Drogenkonsum ausgeschlossen werden.

Eine Infektion mit HCV in der Kindheit in Moldawien, z. B. bei Impfungen, ist ausweislich des Gutachtens des Prof. Dr. K. grundsätzlich möglich und kann weder bewiesen noch ausgeschlossen werden. Jedoch sei eine Infektion in der Kindheit in Moldawien unwahrscheinlich. Am wahrscheinlichsten sei eine Infektion im Rahmen der Tätigkeit bei der Plasmadienst GmbH. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Die Prävalenz für eine HCV-Infektion ist nach Einschätzung des Prof. Dr. H. und nach Einschätzung beider Sachverständiger in Moldawien zwar im Vergleich zu Deutschland höher, dies begründet aber noch keine allgemeine Annahme, dass eine Infektion im Kindesalter bei der Klägerin als wahrscheinlich anzusehen ist. Weitere Indizien für eine HCV-Infektion im Kindesalter, wie eine bekannte HCV-Infektion der Eltern, eine akute ikterische Hepatitis im Kindesalter oder die Durchführung von Operationen bzw. längere Krankenhausaufenthalte in Moldawien liegen nicht vor. Nachvollziehbar ist auch, dass die Wahrscheinlichkeit für einen bereits fortgeschrittenen Leberschaden bei einer Infektion in der Kindheit und einer dann zwischen 31 und 47 Jahre andauernden Infektion als erhöht anzusehen ist. Das geringe Fibrosestadium der Leber bei der Leberpunktion im Jahr 2005 würde, so Prof. Dr. K., eine Infektion im Kindesalter unwahrscheinlich machen. Den Unterlagen des Dr. J. Senior aus dem Jahr 1981 würden sich keine dahingehenden Anhaltspunkte entnehmen lassen, dass bei der Klägerin bereits damals eine Lebererkrankung vorgelegen habe. Diesen Unterlagen könne lediglich entnommen werden, dass es um eine weitere Abklärung abdomineller Beschwerden mit der Frage nach einer Hepatosplenomegalie ging. Die weiteren Unterlagen vom 12. Februar 1987 hätten normale Werte für SGP-Transaminase und Gamma GT gezeigt. Dies mache nicht nur eine im Kindes- oder Jugendalter in Moldawien aquirierte Hepatitis-C sondern auch das Vorliegen einer chronischen Hepatitis-C vor Beginn der Tätigkeit der Klägerin bei der Plasmadienst GmbH höchst unwahrscheinlich. Eine Hepatosplenomegalie sei kein Befund einer chronischen Hepatitis-C mit niedrigem Fibrosestadium. Erst bei Vorliegen einer Leberzirrhose aufgrund einer Hepatitis-C Virusinfektion komme es zu einer Milzvergrößerung. Da bei der Klägerin im Zeitpunkt der Begutachtung noch ein niedriges Fibrosestadium vorgelegen habe, könne im Jahr 1981 kein histologischer Befund vorgelegen haben, der eine Splenomegalie erkläre. Die bei der Klägerin vorliegende Milzgröße sei damals wie im Zeitpunkt der Begutachtung als konstitutionell zu werden und stehe nicht im Zusammenhang mit der chronischen Hepatitis-C. Die Transaminasen bei chronischer Hepatitis-C würden über die Jahre und Jahrzehnte nur in gering bis maximal mäßigem Ausmaß fluktuieren. Die Leberwerte der Klägerin seien deutlich erhöht und würden sich deutlich von den 1987 gemessenen Werten unterscheiden. Anhand des Verlaufs der Leberwerte sei eindeutig nicht von einer Infektion vor 1987 auszugehen. Hiermit übereinstimmend führte auch der Sachverständige Dr. GW. (Wartenberg) aus, die im Jahr 1981 in den Unterlagen des früheren Hausarztes dokumentierte Oberbauchsymptomatik erscheine ihm als viel zu unspezifisch um hieraus Rückschlüsse auf eine bereits bestehende chronische Hepatitis ziehen zu können.

An der Einschätzung einer HCV-Infektion in Moldawien als unwahrscheinlich ändert sich auch nichts aufgrund der hohen Prävalenz für eine HCV Infektion bei der allgemeinen Wohnbevölkerung in Moldawien. Im Hinblick auf die Übertragungswege des HCV ist auch in einem Land mit einer hohen Prävalenz für eine HCV-Infektion bei der Wohnbevölkerung eine Infektion für solche Personen unwahrscheinlich, die keinen Kontakt zu Blut oder Blutprodukten hatten. Aus der Aussage des Dr. GW. (Wartenberg), die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer HCV-Infektion bei der Klägerin bereits bei ihrer Auswanderung aus Moldawien sei mit ca. 2 % einzuschätzen, ergibt sich zudem im Umkehrschluss, dass die Wahrscheinlichkeit einer erst nach der Auswanderung der Klägerin erfolgten Infektion 98 % beträgt.

Auch stellt die Tatsache, dass bei der Klägerin der Genotyp I b des HCV vorliegt, kein Indiz für eine in Moldawien erfolgte HCV-Infektion dar. Zwar ist nach den Stellungnahmen des Prof. Dr. H. der Genotyp I b der in Moldawien bei 85 bis 95 % der Erkrankungen festgestellte Typ des HCV, während in Deutschland der Genotyp I b nur für 50 % der HCV-Infektionen verantwortlich ist. Daraus folgt aber auch, dass für jede zweite in Deutschland erfolgte HCV-Infektion ebenfalls der Genotyp I b verantwortlich ist.

Nachvollziehbar ist zwar die Einschätzung des Dr. GW. (Wartenberg), wonach die Tatsache, dass sowohl der Ehemann als auch die Kinder der Versicherten, welche beide vor 1987 geboren seien, nicht infiziert seien, ohne Aussagekraft sei. Sowohl eine sexuelle Übertragung als auch eine Übertragung von der Mutter zum Kind ist ein eher seltenes Ereignis (Mehrtens/ Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war, Anhang 12.1, 13.1; Schönberger/Mehrtens/Valentin, S. 716, 718). Allerdings dürfte diese Tatsache in der Gesamtschau doch ein Indiz gegen eine bereits in der Kindheit aquirierte HCV-Infektion der Klägerin darstellen.

Aufgrund des geringen Fibrosestadiums und der geringen entzündlichen Aktivität (vgl. hierzu das Gutachten des Prof. Dr. GJ. (Gießen)) ist die MdE ab Dezember 2004 mit 20 v.H. zu bewerten. Ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung der leukozytoklastischen Vaskulitis im Juli 2006 als extrahepatische Krankheitsmanifestation mit Therapiebedürftigkeit besteht eine MdE von 30 (vgl. zur Höhe der MdE Schönberger/Mehrtens/Valentin, S. 729).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.

 

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