Berücksichtigung von Wehr- und Zivildienstzeiten bei der Rentenberechnung

Absolvieren Versicherte einen Wehr- oder Zivildienst, sind diese während dieser Zeit grundsätzlich rentenrechtlich abgesichert. Aufgrund des Wehr- bzw. Zivildienstes werden bzw. wurden Rentenversicherungsbeiträge entrichtet, welche bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden und damit die Rentenleistung erhöhen.

Einige Gesetzesänderungen führen dazu, dass die Zeiten eines Wehr- und Zivildienstes unterschiedlich bewertet und bei der Rentenberechnung damit unterschiedlich berücksichtigt werden. Es ist daher immer die konkrete Zeit maßgebend, wann der Dienst absolviert wurde.

Die Zeiten des Wehr- und Zivildienstes erscheinen im Rentenversicherungsverlauf, welcher Bestandteil von Rentenbescheiden, mit denen eine Rente bewilligt wird, ist. Die Zeiten sind im Rentenversicherungsverlauf mit „Pflichtbeitragszeit Wehrdienst, Zivildienst“ aufgeführt.

Gesetzliche Grundlage

Nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind Personen, in der sie aufgrund gesetzlicher Pflicht Wehrdienst oder Zivildienst leisten, in der Gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Bis zum 29.04.2005 war für die Rentenversicherungspflicht aufgrund der Ableistung eines Wehr- oder Zivildienstes eine weitere Voraussetzung, dass die gesetzliche Pflicht mehr als drei Tage dauerte.

Ausgeschlossen wird die Rentenversicherungspflicht von Wehr- und Zivildienstleistenden in den Fällen, welche in § 3 Satz 4 SGB VI aufgeführt sind. Danach besteht keine Rentenversicherungspflicht für Wehr- und Zivildienstleistende, wenn diese als Beschäftigte auch für die Zeit des Dienstes Arbeitsentgelt erhalten oder als Selbstständige Leistungen nach § 7 Unterhaltssicherungsgesetz (USG) beziehen. In diesen Fällen gelten das Beschäftigungsverhältnis bzw. die selbstständige Tätigkeit nicht durch den Wehr- oder Zivildienst unterbrochen.

Rentenrechtliche Pflichtbeitragszeiten

Die Versicherungszeiten aufgrund eines Wehr- oder Zivildienstes sind Pflichtbeitragszeiten entsprechend § 55 SGB VI. Damit handelt es sich um die hochwertigsten Zeiten, welche das gesetzliche Rentenrecht kennt.

Zum Grundwehrdienst gehören auch die Wehrübungen, der Wehrdienst in der Verfügungsbereitschaft und der unbefristete Wehrdienst in einem Verteidigungsfall.

Bewertung der Wehr- und Zivildienstzeiten

Wie die Wehr- und Zivildienstzeiten für die Zeit bis 31.12.1991 bewertet werden, wird in § 256 Abs. 3 geregelt. Ab dem 01.01.1992 – also ab dem Tag des Inkrafttretens des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – wird die Bewertung (die Höhe der Bemessungsgrundlage bzw. die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen) in § 166 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI geregelt.

Die rentenrechtliche Bewertung von Wehr- und Zivildienstzeiten in den jeweiligen Zeitperioden erfolgt wie folgt:

Zeitraum 01.04.1957 bis 30.04.1961

Die Beiträge wurden aus dem tatsächlichen Wehrsold einschließlich der Sachbezüge berechnet. In diesem Zeitraum trat die Rentenversicherungspflicht jedoch nur dann ein, wenn zum Zeitpunkt der Einberufung Versicherungspflicht als Arbeitnehmer bestand. Auf Antrag sind 0,75 Entgeltpunkte für ein Kalenderjahr (für ein Teil-Jahr entsprechend anteilig) zu berücksichtigen.

Die Höhe des Wehrsoldes kann hier aufgerufen werden:

Dienstgrad Wehrsold-Tagessatz Sachbezug
01.04.1957 bis 31.10.1960 01.11.1960 bis 30.04.1961
kalender­täglich monatlich kalender­täglich monatlich kalender­täglich
Grenadier 2,00 DM 163,50 DM 5,45 DM 172,50 DM 5,75 DM
Gefreiter,
Obergefreiter,
Hauptgefreiter
2,50 DM 163,50 DM 5,45 DM 172,50 DM 5,75 DM
Unteroffizier,
Stabsunteroffizier
2,80 DM 175,50 DM 5,85 DM 184,50 DM 6,15 DM
Feldwebel,
Oberfeldwebel
3,00 DM 175,50 DM 5,85 DM 184,50 DM 6,15 DM
Stabsfeldwebel,
Oberstabs­feldwebel
3,50 DM 175,50 DM 5,85 DM 184,50 DM 6,15 DM
Leutnant 3,50 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM
Oberleutnant 4,00 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM
Hauptmann 5,00 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM
Major 6,00 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM
Oberstleutnant 7,00 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM
Oberst 8,00 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM
General 10,00 DM 181,50 DM 6,05 DM 190,50 DM 6,35 DM

Zeitraum 01.05.1961 bis 31.12.1981

In diesem Zeitraum wird bei der Rentenberechnung ein Entgeltpunkt für ein Kalenderjahr berücksichtigt. Für ein Teil-Jahr entsprechend weniger, für einen Monat damit 0,0833 Entgeltpunkte.

Zeitraum 01.01.1982 bis 31.12.1991

In diesem Zeitraum werden bei der Rentenberechnung 0,75 Entgeltpunkte für ein Kalenderjahr berücksichtigt. Für ein Teil-Jahr entsprechend weniger, für einen Monat damit 0,0625 Entgeltpunkte.

Zeitraum 01.01.1992 bis 31.12.1999

Bemessungsgrundlage waren in diesem Zeitraum 80 Prozent der jährlichen Bezugsgröße für ein Kalenderjahr. Für ein Teil-Jahr entsprechend weniger.

Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2019

Bemessungsgrundlage waren 60 Prozent der jährlichen Bezugsgröße für ein Kalenderjahr. Für ein Teil-Jahr entsprechend weniger.

Zeitraum 01.01.2020 – lfd.

Bemessungsgrundlage sind 80 Prozent der jährlichen Bezugsgröße für ein Kalenderjahr. Für ein Teil-Jahr entsprechend weniger.

Ab dem 01.01.2020 wurde die Bemessungsgrundlage wieder auf 80 Prozent der Bezugsgröße hochgesetzt. Dies erfolgte durch eine Änderung des § 166 Abs. 1 SGB VI, welche durch das „Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr“ (Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetz, kurz „BwEinsatzBerStG“) vom 04.08.2019 (BGBl. I S. 1147) umgesetzt wurde.

Bewertung der Wehr-/Zivildienstzeiten in den neuen Bundesländern

Die Wehrdienstzeiten in den neuen Bundesländern gelten ab dem 03.10.1990, dem Tag der deutschen Einheit, als Pflichtbeitragszeiten.

Nach § 248 Abs. 1 SGB VI gelten auch Zeiten, in denen Personen aufgrund gesetzlicher Pflicht nach dem 08.05.1945 (bis zum 02.10.1990) mehr als drei Tage Wehrdienst oder Zivildienst im Beitrittsgebiet geleistet haben, als Pflichtbeitragszeiten. Dies gilt auch für das Gebiet des Saarlandes. Der Wehrdienst in den neuen Bundesländern erfolgte bei der NVA (Nationale Volksarmee).

Wurde der Dienst in den neuen Bundesländern absolviert, gilt auch die oben aufgeführte Bewertung mit der Besonderheit, dass die Bezugsgröße Ost, welche mit dem jeweiligen Hochwertungsfaktor hochgewertet wird, für die Berechnung der Bemessungsgrundlage maßgebend ist.

Beispiel

Im Kalenderjahr 1992 (01.01. bis 31.12.) hat ein Versicherter in den neuen Bundesländern seinen Wehrdienst absolviert.

Im Kalenderjahr 1992 galten folgende Werte:

  • Bezugsgröße Ost: 2.100 DM
  • Hochwertungsfaktor Ost-Verdienste: 1,4393
  • Durchschnittsentgelt: 46.820 DM

Berechnung

Die Bemessungsgrundlage bei einem Wehrdienst beträgt (2.100 DM x 80 Prozent x 12 Monate x 1,4393 =) 29.016,29 DM

Der Versicherte erhält damit für das Jahr Wehrdienst in der Zeit vom 01.01. bis 31.12.1992 (29.016,29 DM : 46.820 DM =) 0,6197 Entgeltpunkte seinem Rentenkonto gutgeschrieben.

Nach § 256a Abs. 4 SGB VI werden für Zeiten vor dem 01.01.1992, in denen Personen aufgrund gesetzlicher Pflicht mehr als drei Tage Wehrdienst oder Zivildienst im Beitrittsgebiet geleistet haben, für jedes volle Kalenderjahr 0,75 Entgeltpunkte, für jeden Teilzeitraum der entsprechende Anteil zugrunde gelegt.

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