Die Entgeltpunkte nach § 75 SGB VI

Bei der Berechnung der gesetzlichen Renten werden in bestimmten Fällen auch Entgeltpunkte für Zeiten nach Beginn der Rente berechnet. In welchen Fällen dies der Fall ist, wird in § 75 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) definiert.

Grundsätzliches

Im Allgemeinen werden Entgeltpunkte nur aus rentenrechtlichen Zeiten entweder bis zum Kalendermonat vor Rentenbeginn oder bis zum Kalendermonat, in dem der Anspruch auf die Rente besteht, berücksichtigt. Der Endzeitpunkt für die Ermittlung von Entgeltpunkten ist also der Rentenbeginn.

Bei den Altersrenten (z. B. Regelaltersrente, Altersrente für langjährig Versicherte, Altersrente für besonders langjährig Versicherte) und bei der Erziehungsrente werden die Entgeltpunkte bis zum Kalendermonat vor dem Rentenbeginn berücksichtigt.

Bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Rente wegen voller Erwerbsminderung, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit) werden die Entgeltpunkte bis zum Kalendermonat des Eintritts der Erwerbsminderung berücksichtigt.

Bei den Hinterbliebenenrenten (Waisen-, Witwen-, Witwerrente) werden die Entgeltpunkte bis zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten berücksichtigt.

Nach § 75 Abs. 1 SGB VI werden Entgeltpunkte für Zeiten nach Beginn der zu berechnenden Rente nur für die Zurechnungszeit und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Altersrente gutgeschrieben.

Entgeltpunkte für Zurechnungszeiten

Zurechnungszeiten (§ 59 SGB VI) werden bei den Erwerbsminderungsrenten, den Hinterbliebenenrenten und bei der Erziehungsrente berücksichtigt. Diese rentenrechtliche Zeit unterstellt fiktiv, dass der Versicherte bis zum Ende der Zurechnungszeit weiterhin Beiträge geleistet hätte. Damit wird erreicht, dass – gerade wenn eine Erwerbsminderung oder der Tod des Versicherten schon frühzeitig eintritt – es zu keinen übermäßig geringen Rentenleistungen kommt.

Bei den Erwerbsminderungsrenten (Neurenten) wird seit dem 01.07.2014 eine Zurechnungszeit bis zum vollendeten 62. Lebensjahr anerkannt. Ab dem 2018 bis zum Jahr 2024 erfolgt eine schrittweise Erhöhung der Zurechnungszeit bis zum vollendeten 65. Lebensjahr.

Auch bei den Hinterbliebenenrenten und den Erziehungsrenten endet die Zurechnungszeit mit dem vollendeten 62. Lebensjahr.

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Durch § 75 Abs. 2 SGB VI wird bestimmt, dass bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowohl für Beitragszeiten als auch für Anrechnungszeiten und für freiwillige Beiträge, welche nach Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit liegen bzw. gezahlt wurden, keine Entgeltpunkte ermittelt werden. Das heißt, dass bei den Erwerbsminderungsrenten nur Entgeltpunkte für die Zurechnungszeiten angerechnet werden.

Hiervon gibt es zwei Ausnahmen. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, werden nach § 75 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI ebenfalls Entgeltpunkte für Zeiten nach Eintritt der Erwerbsminderung berücksichtigt. In diesem Fall tritt an den Zeitpunkt des Eintritts der vollen Erwerbsminderung der Rentenbeginn.

Sollten freiwillige Beiträge während eines Rentenantragsverfahrens oder eines Beitragsverfahrens geleistet worden sein, werden diese bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach § 75 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI auch dann berücksichtigt, wenn diese für eine Zeit vor Eintritt der Erwerbsminderung geleistet wurden.

Besonderheit bei Rente wegen voller Erwerbsminderung

Liegen nach Eintritt einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI oder einer Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 SGB VI alte Fassung Beitragszeiten im Umfang von 20 Jahren bzw. 240 Kalendermonaten vor, werden diese Beitragszeiten und auch die Anrechnungszeiten bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung, berücksichtigt (§ 75 Abs. 3 SGB VI). Hierfür muss allerdings ein Antrag gestellt werden, welcher zu einer Neufeststellung der vollen Erwerbsminderungsrente führt.

Zuschlag an Entgeltpunkte aus Beiträgen nach Beginn einer Altersrente

Werden nach Beginn einer Rente wegen Alters noch Beiträge entrichtet, werden hierfür nach § 66 Abs. 3a SGB VI Zuschläge gewährt. Die Rechtsgrundlage für die Ermittlung der Zuschläge ist § 76d SGB VI.

Durch das Flexirentengesetz („Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand“) wurde die Inanspruchnahme einer Altersrente und der gleichzeitigen Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen verbessert. Die Zuschläge an Entgeltpunkten, welche nach dem Beginn einer Altersrente „erwirtschaftet“ wurden, werden frühestens mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze und danach jährlich zum 01.07. gutgeschrieben.

Pflichtbeiträge nach § 119 SGB X

Nach § 75 Abs. 4 SGB VI besteht für eine Rente wegen Alters ein Anspruch auf Ermittlung von Entgeltpunkten auch für Pflichtbeiträge nach § 119 SGB X, wenn diese nach dem Beginn der Rente aufgrund eines Schadensereignisses vor Rentenbeginn gezahlt worden sind.

Die Rechtsvorschrift des § 75 Abs. 4 SGB X wurde zum 01.08.2004 im Rahmen des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes eingeführt. Sollte aufgrund einer drittverursachten Schädigung eine Altersrente bezogen werden und wurden sogenannte regressierte Beiträge im Sinne des § 119 SGB X aus einem Schadensfall geleistet, welcher sich vor dem Beginn der vorzeitigen Altersrente ereignete, sind auch diese Beiträge bei der Berechnung einer weiteren Altersrente zu berücksichtigen. § 75 SGB VI weist darauf hin, dass § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI – diese Rechtsvorschrift schließt einen Wechsel in eine andere Rente wegen Alters von einer bindend festgestellt oder schon bezogenen Rente wegen Alters aus – in diesen Fällen nicht gilt.

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