Weitergewährung bei Unterbrechungstatbeständen
Die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung werden grundsätzlich nur dann gewährt, wenn hierfür die Voraussetzungen gegeben sind. Allerdings sehen die gesetzlichen Vorschriften eine Weiter- bzw. Fortzahlung einzelner Pflegeleistungen vor, wenn es zu einer Unterbrechung der jeweiligen Pflege kommt. Folgend ist beschreiben, welche Regelungen zur Weiter- bzw. Fortzahlung von Pflegeleistungen gelten.
Pflegegeld
Das Pflegegeld ist eine Geldleistung der Sozialen Pflegeversicherung, welches in § 37 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt ist. Das Pflegegeld wird einem Pflegebedürftigen ausgezahlt, sofern dieser seine Pflege selbst sicherstellt, also keinen Leistungserbringer der Pflegekasse in Anspruch nimmt.
Krankenhausbehandlung/Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme
Im Falle einer vollstationären Krankenhausbehandlung oder bei einer Maßnahme in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung wird nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI das Pflegegeld und das anteilige Pflegegeld (anteilige Pflegegeld wird bei Inanspruchnahme der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI gewährt) für die Dauer von vier Wochen (28 Tage) in voller Höhe weitergewährt. Der Aufnahmetag wird bei der 28-Tage-Frist mit eingerechnet. Die Weiterzahlung erfolgt allerdings nur dann, wenn direkt vor der vollstationären Krankenhausbehandlung bzw. Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme ein Anspruch auf Pflegegeldzahlung bestand.
Beispiel:
Ein Pflegebedürftiger, der dem Pflegegrad 4 zugeordnet ist, befindet sich vom 21.03. bis 25.04. in vollstationärer Krankenhausbehandlung.
Folge:
Der 28. Tag der vollstationären Krankenhausbehandlung ist der 17.04. Daher wird das Pflegegeld bis einschließlich 17.04. weitergezahlt. Die Pflegegeldzahlung beginnt dann wieder mit dem 25.04., also mit dem Tag der Krankenhausentlassung.
Sofern zu einer vollstationären Krankenhausbehandlung eine Maßnahme in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung hinzutritt oder sich anschließt, wird die Leistungsfortzahlung von 28 Tagen nur einmal geleistet.
Beispiel:
Ein Pflegebedürftiger befindet sich vom 01.03 bis 10.03. in vollstationärer Krankenhausbehandlung und vom 10.03 bis 07.04. in einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.
Folge:
Die Krankenhausbehandlung und Rehabilitationsmaßnahme ist als eine Maßnahme zu sehen, weshalb das Pflegegeld vom 01.03. bis 28.03. in voller Höhe weitergezahlt wird. Danach wird erst am 07.04. (mit der Entlassung aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme) die Zahlung des Pflegegeldes wieder aufgenommen.
Häusliche Krankenpflege
Besteht ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V (Krankenhausvermeidungspflege), wird auch in diesen Fällen das Pflegegeld für die Dauer von vier Wochen in voller Höhe weitergewährt.
Kurzzeit- und Verhinderungspflege
Bei einer Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege wird das bisher bezogene Pflegegeld in halber Höhe weitergezahlt; dies gilt allerdings nur, wenn direkt vor der Kurzzeit- bzw. Verhinderungspflege ein Anspruch auf Pflegegeldzahlung bestand.
Die hälftige Weiterzahlung des Pflegegeldes erfolgt bei einer Kurzzeitpflege für die Dauer von bis zu acht Wochen (56 Tage) und bei einer Verhinderungspflege für die Dauer von bis zu sechs Wochen (42 Tage) je Kalenderjahr.
Für den jeweils ersten und letzten Tag der Kurzzeit- bzw. Verhinderungspflege wird das Pflegegeld in voller Höhe gewährt, da in diesen Tagen noch bzw. wieder eine Pflege im häuslichen Bereich durch die Pflegeperson(en) erfolgt.
Beispiel:
Ein Versicherter ist dem Pflegegrad 2 zugeordnet und befindet sich vom 10.06. bis 19.06. in Kurzzeitpflege. Der Pflegebedürftige bezieht das Pflegegeld, welches im Pflegegrad 2 monatlich 316,00 Euro beträgt.
Folge:
Für die Zeit vom 01.06. bis 10.06. (10 Tage) und vom 19.06. bis 30.06. (12 Tage) wird das Pflegegeld in voller Höhe geleistet. Für diese zwei Zeiträume entspricht das Pflegegeld (316,00 Euro / 30 Tage x 22 Tage =) 231,73 Euro.
Für die Zeit vom 11.06. bis 18.06. (8 Tage) wird das Pflegegeld in hälftiger Höhe geleistet. Für diesen Zeitraum entspricht das Pflegegeld (316,00 Euro x 50 Prozent / 30 Tage x 8 Tage =) 42,13 Euro. Insgesamt besteht somit im Juni ein Pflegegeldanspruch in Höhe von 273,86 Euro.
Sollte für vor Inanspruchnahme der Kurzzeit- bzw. Verhinderungspflege nur ein hälftiger Pflegegeldanspruch bestehen, weil der Beratungseinsatz nicht durchgeführt wurde, wird das Pflegegeld hiervon in hälftiger Höhe (als in Höhe von einem Viertel) weitergezahlt.
Auslandsaufenthalt
Bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt des Pflegebedürftigen wird das Pflegegeld grundsätzlich (entsprechend § 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI) für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt.
Bei einem Auslandsaufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, wird das Pflegegeld für die volle Dauer weitergewährt. Nach § 34 Abs. 1a SGB XI ruht in diesen Fällen das Pflegegeld nicht.
Vollstationäre Pflegeleistungen
Für Pflegebedürftige, die Leistungen im Rahmen der vollstationären Pflege nach § 43 SGB XI erhalten und vorübergehend aus dem Pflegeheim abwesend sind, werden die Leistungen solange weitergewährt, wie die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 Sätze 5 und 6 SGB XI vorliegen. Dies bedeutet, dass bei einer vorübergehenden Abwesenheit die vollstationären Pflegeleistungen grundsätzlich für bis zu 42 Tage weitergewährt werden.
Bei einem Krankenhausaufenthalt oder bei einem Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung werden die vollstationären Pflegeleistungen für die gesamte Dauer weitergewährt. Hier ist allerdings zu beachten, dass die Rahmenverträge bei den genannten Abwesenheitszeiträumen ab dem 4. Kalendertag Abschläge von mindestens 25 Prozent der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach § 92b SGB XI (integrierte Versorgung) vorsehen müssen
Renten-/Arbeitslosenversicherungspflicht der Pflegepersonen
Wird die Pflege eines Pflegebedürftigen durch eine nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson im Umfang von mindestens zehn Stunden an mindestens zwei Tagen in der Woche ausgeübt, besteht aufgrund der Pflegetätigkeit grundsätzlich eine Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht. Die Beiträge hierfür zahlt die Pflegekasse des Pflegebedürftigen. Näheres zur dieser sozialen Absicherung der Pflegepersonen kann unter:
- Arbeitslosenversicherungspflicht ehrenamtlicher Pflegepersonen und
- Rentenversicherungspflicht ehrenamtlicher Pflegepersonen
nachgelesen werden.
Die Versicherungs- und damit Beitragspflicht besteht grundsätzlich nur für die Zeit, in der die Pflegetätigkeit auch tatsächlich ausgeübt wird. Kommt es zu einer Unterbrechung der Pflegetätigkeit, wird die Beitragszahlung teilweise für eine gesetzlich definierte Zeit weitergewährt. Diesbezüglich wird unterscheiden, ob die Unterbrechung der Pflegetätigkeit in der Person des Pflegebedürftigen oder in der Pflegeperson selbst liegt.
Grund für Unterbrechung liegt beim Pflegebedürftigen
Wird die Pflegetätigkeit unterbrochen, weil sich der Pflegebedürftige ein einer stationären Krankenhausbehandlung oder einer stationären Rehabilitationsmaßnahme befindet, besteht die Rentenversicherungspflicht für die Dauer der ersten vier Wochen (28 Tage) weiter. Folglich kommt es dann auch zu einer entsprechenden Weiterzahlung der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge.
Für die Dauer der häuslichen Krankenpflege kommt es ebenfalls zu einer Weiterzahlung der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge.
Grund für Unterbrechung liegt bei Pflegeperson
Unterbricht die Pflegeperson die Pflegetätigkeit, weil diese selbst erkrankt oder aus sonstigen Gründen, endet die Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht sofort mit der Unterbrechung. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das Pflegegeld weitergewährt wird.
Wird die Pflegetätigkeit jedoch von der Pflegeperson aufgrund eines Erholungsurlaubs unterbrochen, besteht die Versicherungspflicht für die Dauer von sechs Wochen bzw. 42 Tagen im Kalenderjahr fort. Als Erholungsurlaub in diesem Sinne wird das Unterbrechen der Pflege angesehen, wenn diese zu Erholungszwecken (Urlaub von der Pflege) nicht ausgeübt werden kann.
Auslandsaufenthalt des Pflegebedürftigen
Hält sich der Pflegebedürftige vorübergehend im Ausland auf, besteht die Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht für die Dauer von bis zu sechs Wochen (42 Tage) weiter, wenn die Pflegeperson weiter im Ausland pflegt.
Darüber hinaus besteht die Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht für die Dauer weiter, für die über die sechs Wochen hinaus Pflegegeld geleistet wird (und die Pflegeperson weiter im Ausland pflegt). Dies ist bei Pflegebedürftigen der Fall, die sich in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten (s. oben).
Übersicht
Leistung | Tatbestand | Dauer Fortzahlung | Höhe |
Pflegegeld | Vollstationäre Krankenhausbehandlung | 28 Tage | volle Höhe |
Pflegegeld | Maßnahme in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung | 28 Tage | volle Höhe |
Pflegegeld | Häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V | 28 Tage | volle Höhe |
Pflegegeld | Kurzzeitpflege | 56 Tage | halbe Höhe |
Pflegegeld | Verhinderungspflege | 42 Tage | halbe Höhe |
Pflegegeld | Auslandsaufenthalt | 42 Tage | volle Höhe |
Pflegegeld | Auslandsaufenthalt in EU-Mitgliedsstaat, Schweiz | volle Dauer | volle Höhe |
Vollstationäre Pflegeleistungen | Krankenhausaufenthalt | volle Dauer | ab 4. Tag maximal 75% |
Vollstationäre Pflegeleistungen | Aufenthalt in Rehabilitationseinrichtung | volle Dauer | ab 4. Tag maximal 75% |
Vollstationäre Pflegeleistungen | Sonstige vorübergehende Abwesenheit | 42 Tage | ab 4. Tag maximal 75% |
Renten (RV)-/ Arbeitslosenversicherungs-beiträge (AV) für Pflegeperson | Vollstationäre Krankenhausbehandlung des Pflegebedürftigen | 28 Tage | volle Beiträge |
RV-/AV-Beiträge für Pflegeperson | Stationäre Rehabilitationsmaßnahme | 28 Tage | volle Beiträge |
RV-/AV-Beiträge für Pflegeperson | Häusliche Krankenpflege für Pflegebedürftigen | volle Dauer | volle Beiträge |
RV-/AV-Beiträge für Pflegeperson | Erholungsurlaub der Pflegeperson | 42 Tage im Kalenderjahr | volle Beiträge |
RV-/AV-Beiträge für Pflegeperson | Unterbrechung wegen Krankheit oder sonstigen Gründen der Pflegeperson | keine | keine |
RV-/AV-Beiträge für Pflegeperson | Auslandsaufenthalt, wenn Pflegeperson im Ausland pflegt. | 42 Tage | volle Beiträge |
RV-/AV-Beiträge für Pflegeperson | Auslandsaufenthalt in EU-Mitgliedsstaat oder Schweiz, wenn Pflegeperson im Ausland pflegt. | volle Dauer | volle Beiträge |
Rechtsprechung
Bundessozialgericht vom 25.02.2015, B 3 P 6/13 R
Wird ein Versicherter in der Türkei gepflegt, besteht der Anspruch auf Weiterzahlung nur für die Dauer von sechs Wochen. Eine Weiterzahlung des Pflegegeldes über sechs Wochen hinaus kann nicht erfolgen, wie auch das Bundessozialgericht mit Urteil vom 25.02.2015, Az. B 3 P 6/13 R bestätigte.
Geklagt hatte eine türkische Staatsagehörige, die sich für vier Monate in ihrem Heimatland aufgehalten hat. Wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil ausführte, besteht für einen sechs Wochen übersteigenden Aufenthalt in der Türkei weder aus dem innerstaatlichem noch aus dem Unions- oder zwischenstaatlichem Recht kein Anspruch auf Pflegegeld mehr. Auch das Deutsch-Türkische Sozialversicherungsabkommen, welches im Jahr 1964 geschlossen wurde, ermöglicht keinen Export des Pflegegeldes in die Türkei.
Nur nach dem innerstaatlichen Recht wird das Pflegegeld für die Dauer von sechs Wochen weitergewährt, wenn sich der Versicherte im Ausland aufhält. Eine Ausnahme stellt ein Aufenthalt im Gebiet der EU, EWR oder der Schweiz dar; in diesen Gebieten wird das Pflegegeld auch über sechs Wochen hinaus weitergewährt.