Der Anspruch auf häusliche Pflege nach § 24g SGB V
Nach § 24g Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf häusliche Pflege, soweit diese wegen Schwangerschaft oder Entbindung erforderlich ist.
Die häusliche Pflege gehört zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft und wird daher auch in § 24c Nr. 4 SGB V – in § 24c SGB V sind die Leistungen zusammengefasst, welche Schwangeren und Wöchnerinnen zur Verfügung stehen – explizit genannt.
Die Versicherten können dann die Leistung „häusliche Pflege“ in Anspruch nehmen, wenn beispielsweise eine Früh- oder Fehlgeburt droht und eine Bettruhe verordnet wird (sofern in diesen Fällen keine stationäre Behandlung durchgeführt wird). Nach der Entbindung kommt die Leistung beispielsweise dann in Betracht, wenn die Versicherte nach einer (ggf. vorzeitigen) Entlassung aus dem Krankenhaus noch Pflege benötigt.
Bis zum Jahr 2012 waren die Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft in der Reichsversicherungsordnung (RVO) geregelt. Im Rahmen der Änderungen durch das Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) wurden die Leistungsvorschriften in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch überführt. Die bisherige Rechtsvorschrift des § 198 RVO, in der die häusliche Pflege gesetzlich geregelt war, wurde mit Wirkung ab 30.10.2012 unverändert in § 24g SGB V überführt.
Leistungsinhalt und Leistungsdauer der häuslichen Pflege
Inhalt der häuslichen Pflege ist die Grundpflege, welche die Versicherte ohne die hauswirtschaftliche Versorgung als persönliche Betreuung in Anspruch nehmen kann. Mit der Leistung soll in erster Linie die Hebammenhilfe und die ärztliche Betreuung bei Hausgeburten ergänzt werden. Ein weiteres Ziel der häuslichen Betreuung ist, dass die Versicherte zu Hause verbleiben kann, z. B. nach einer ambulanten Entbindung. Die Behandlungspflege ist keine Leistung der häuslichen Pflege nach § 24g SGB V.
Für die Leistung der häuslichen Pflege gibt es grundsätzlich keine zeitliche Begrenzung. Das bedeutet, dass die Leistung von der Krankenversicherung solange gewährt wird, wie sie von einem Arzt oder einer Hebamme als notwendig erachtet wird.
Die Gewährung der häuslichen Pflege kann für die Zeit vor der Entbindung gewährt werden, wenn diese beispielsweise aufgrund einer drohenden Frühgeburt erforderlich wird.
Nach der Entbindung besteht der Anspruch auf die häusliche Pflege für den Zeitraum, für den die Frau durch die Entbindung oder auch deren Folgen noch geschwächt ist.
Leistungsumfang
In welchem Umfang die häusliche Pflege von der zuständigen Krankenkasse geleistet werden kann, orientiert sich einerseits nach dem Gesundheitszustand der Versicherten, andererseits nach dem Bedürfnis nach persönlicher Betreuung. Sollte eine im Haushalt lebende Person die Versicherte noch ganz oder teilweise versorgen und/oder pflegen können, reduziert sich der Umfang der Leistung entsprechend.
Die häusliche Pflege muss nicht zwingend im eigenen Haushalt der Versicherten oder im Haushalt ihrer Familie erbracht werden. Denkbar sind auch andere Orte, z. B. der Haushalt einer Bekannten.
Wie bei anderen Leistungen auch, muss auch die Leistung „häusliche Pflege“ wegen Schwangerschaft oder Entbindung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein (vgl. Wirtschaftlichkeitsgebot, § 12 SGB V). Daher müssen die Krankenkasse auch bei der Ausführung der Leistung nach § 24g SGB V auf die Vorgaben des Wirtschaftlichkeitsgebots achten.
Damit die Leistung den Versicherten zur Verfügung gestellt werden kann, können von der Krankenkasse geeignete Personen angestellt werden bzw. mit anderen geeigneten Personen, Einrichtungen oder Unternehmen Verträge geschlossen werden. Hat eine Krankenkasse eigene Personen angestellt (was in der Praxis eher der Ausnahmefall ist) oder entsprechende Verträge abgeschlossen, sind diese Pflegekräfte vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die Anstellung von Pflegepersonen bzw. der entsprechende Abschluss von Verträgen ist deshalb erforderlich, da auch die Leistung „häusliche Pflege“ von den Krankenkassen grundsätzlich als Sachleistung zur Verfügung zu stellen ist.
Kann eine Krankenkasse keine Pflegeperson stellen oder liegt ein Grund vor, davon abzusehen, kann sich die Versicherte die Kosten für eine selbstbeschaffte Pflegekraft in angemessener Höhe erstatten lassen. In diesem Zusammenhang sind die Aufwendungen im Allgemeinen angemessen, die bei einer Inanspruchnahme vergleichbarer Pflegekräfte entstanden wären.
Antragsverfahren
Die Leistung nach § 24g SGB V ist bei der zuständigen Krankenkasse grundsätzlich vor dem Tätigwerden der Pflegeperson zu beantragen. Im Rahmen dieses Antrags ist eine ärztliche Bescheinigung eines Arztes erforderlich. Alternativ kann eine Hebamme eine entsprechende Bescheinigung ausstellen. Aus der Bescheinigung muss sich der Grund, die Art, Intensität und die voraussichtliche Dauer der notwendigen häuslichen Pflege ergeben.
Grundsätzlich sollte die Bescheinigung für den Antrag auf häusliche Pflege von einem Arzt erstellt werden. Wie das Gemeinsames Rundschreiben zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft des GKV-Spitzenverbandes hierzu ausführt, ist für die Bescheinigung stets eine individuelle Prüfung erforderlich, die auch die medizinische Beurteilung enthält. Dass Hebammen generell zur Ausstellung der Bescheinigung über die Notwendigkeit berechtigt sind, kann aus dem Gesetz nicht hergeleitet werden. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass im Einzelfall die Bescheinigung einer Hebamme gleichwohl ausreichend sein kann; sollte die Krankenkasse im Rahmen der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen jedoch die Bescheinigung der Hebamme nicht als ausreichend ansehen, kann im Nachgang noch eine ärztliche Bescheinigung angefordert werden.
Häusliche Pflege – häusliche Krankenpflege
Für die Gewährung der häuslichen Pflege darf der Versicherungsfall „Krankheit“ nicht vorliegen. Wäre dies der Fall, kommt eine Leistungsgewährung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB in Betracht. Daher kann im Rahmen der häuslichen Pflege auch keine Behandlungspflege gewährt werden.
Keine Zuzahlungen
Grundsätzlich müssen sich die Versicherten mit einer Zuzahlung an den Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung beteiligen. Allerdings sehen die gesetzlichen Vorschriften keine Zuzahlungen zu den Leistungen vor, die aufgrund von Schwangerschaft, Entbindung oder Mutterschaft erbracht werden. Damit muss auch für die häusliche Pflege nach § 24g SGB V keine Zuzahlung von der Versicherten entrichtet werden.
Leistungen ruhen bei Beitragsrückstand nicht
§ 16 Abs. 3a SGB V enthält die Regelung, dass die Leistungen für Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung ruhen, wenn diese mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und auch nach einer Mahnung nicht zahlen. Von diesem Ruhen der Leistungen werden jedoch unter anderem die Leistungen wegen Schwangerschaft und Entbindung ausgenommen. Das bedeutet, dass die häusliche Pflege wegen Schwangerschaft oder Entbindung auch dann – sofern die Anspruchsvoraussetzungen hierfür vorliegen – gewährt werden, wenn das Mitglied im Beitragsrückstand ist.
Bildnachweis: © Katya Demidova