Der Ersatz von Aufwendungen nach § 65a SGB I bei Erfüllung der Mitwirkungspflichten

Leistungsberechtigte haben in der Sozialversicherung Mitwirkungspflichten. Diese Mitwirkungspflichten sind in den §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) geregelt.

Eine Mitwirkungspflicht, welche sich aus § 61 SGB I ergibt, ist das persönliche Erscheinen eines Versicherten, sofern dies der zuständige Leistungsträger verlangt. Eine weitere Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 62 SGB I. Danach sollen sich die Leistungsberechtigten, die einen Antrag auf Sozialleistungen gestellt haben oder die Sozialleistungen bereits erhalten, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer ärztlichen oder psychologischen Untersuchungsmaßnahme unterziehen.

Entstehen aufgrund der Mitwirkungspflichten nach den §§ 61 oder 62 SGB I dem Leistungsberechtigten Aufwendungen, sieht die Rechtsvorschrift des § 65a SGB I einen Aufwendungsersatz vor. Im Rahmen des Aufwendungsersatzes werden die bei den Mitwirkungshandlungen aufgrund eines persönlichen Erscheinens oder aufgrund einer ärztlichen Untersuchung entstehenden Aufwendungen erstattet.

Für Aufwendungen, welche aufgrund der weiteren Mitwirkungspflichten entstehen, die das Erste Buch Sozialgesetzbuch vorsieht (z. B. für die Angabe von Tatsachen nach § 60 SGB I), werden keine Aufwendungen ersetzt. So können diesbezüglich z. B. keine Portokosten und keine Kosten für das Briefpapier ersetzt werden. Konkret kommt es zu keinem Ersatz von Aufwendungen, welche aufgrund einer Mitwirkung nach § 60 SGB I (Angabe von Tatsachen), § 63 SGB I (Unterziehung einer Heilbehandlung) und § 64 SGB I (Teilnahme an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), entstehen.

Die Erstattung der Aufwendung bzw. der Aufwendungsersatz ist eine Sozialleistung.

Der Aufwendungsersatz

Mit § 65a SGB I wird bestimmt, dass auf Antrag ein Ersatz der notwendigen Auslagen und des Verdienstausfalls in angemessenem Umfang zu gewähren ist, wenn jemand einem Verlangen des zuständigen Leistungsträgers nach den §§ 61 und 62 SGB I nachkommt.

Zu den notwenden Auslagen gehören insbesondere

  • die Fahrkosten,
  • bei einer längeren Abwesenheit vom Wohn- oder Arbeitsort das Verpflegungsgeld,
  • Übernachtungskosten und
  • der Verdienstausfall.

Daneben kommen noch weitere – untypische – Aufwendungen für den Ersatz nach § 65a SGB I in Betracht, wenn diese vom Leistungsberechtigten nachgewiesen werden und diese notwendig waren, um dem Verlangen zum persönlichen Erscheinen bzw. der Untersuchung nachzukommen.

Durch die gesetzliche Regelung des § 65a SGB I möchte der Gesetzgeber den Leistungsberechtigten, der seiner Mitwirkungspflicht nachkommt, wirtschaftlich nicht unzumutbar belasten. Dennoch werden die Kosten nicht in jeder beliebigen Höhe, sondern nur in einer angemessenen Höhe erstattet. Der zuständige Leistungsträger muss daher, was die Erstattungshöhe der entstandenen Auslagen betrifft, eine Ermessensentscheidung treffen. Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens müssen neben der Höhe der finanziellen Belastung auch die Vermögensverhältnisse des Leistungsberechtigten berücksichtigt werden. Handelt es sich um Leistungsempfänger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; SGB XII), kommt aufgrund derer wirtschaftlichen Verhältnisse regelhaft eine Erstattung in Betracht.

Bei den Fahrkosten kommt im Regelfall die Erstattung der günstigsten Fahrkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel der 2. Klasse in Betracht.

Neben dem Verpflegungsgeld (wird teilweise auch Zehrgeld bezeichnet) wird auch der Ersatz für Aufwendungen für eine Übernachtung vom Aufwendungsersatz nach § 65a SGB I erfasst. Erstreckt sich beispielsweise eine Untersuchung, welcher sich der Leistungsberechtigte nach § 62 SGB I unterzieht, über zwei Tage oder ist die Untersuchung unter Berücksichtigung der An- und Abreise nicht an einem Tag durchführbar, können auch die entstandenen Übernachtungskosten in angemessener Höhe ersetzt werden. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass im Vorfeld vom Leistungsträger beurteilt werden muss, ob das Einfordern der Mitwirkungspflicht in einem angemessenen Verhältnis steht, wenn für die Untersuchung ein derart großer Zeitaufwand eingesetzt werden muss. Diesbezüglich muss die Verhältnismäßigkeit der eingeforderten Mitwirkungspflicht vom Leistungsträger überprüft werden bzw. ob hierbei nicht die Grenzen der Mitwirkung nach § 65 SGB I überschritten werden.

Eine Entschädigung für den Zeitverlust, der dem Leistungsberechtigten für die Mitwirkung entsteht, sehen die gesetzlichen Vorschriften im Zusammenhang mit den Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I nicht vor. Es existiert nämlich keine parallele bzw. ähnliche gesetzliche Regelung, wie dies § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für das persönliche Erscheinen eines Beteiligten vorsieht.

Beim Verdienstausfall wird das Arbeitsentgelt oder das Arbeitseinkommen ersetzt. Beim Arbeitsentgelt wird das entgangene Netto-Arbeitsentgelt zuzüglich evtl. entgangener anteiliger Sonderzahlungen, welche der Arbeitgeber bestätigt, ersetzt. Ggf. erfolgt eine Begrenzung auf die geltende Beitragsbemessungsgrenze. Voraussetzung für die Erstattung des Verdienstausfalls ist, dass dieser tatsächlich entstanden ist. Sollte beispielsweise ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestehen, kann kein Aufwendungsersatz nach § 65a SGB I erfolgen.

Bei Selbstständigen wird das entgangene Arbeitseinkommen über eine Bescheinigung des Steuerberaters im Regelfall nachgewiesen, mit der der entgangene Gewinn nach Abzug von Steuern bestätigt wird.

Als Ersatz der Aufwendungen kommen auch nachgewiesene Beiträge zur freiwilligen Sozialversicherung oder Mehraufwendungen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung in Betracht.

Aufwendungen bei Verlangen des Leistungsträgers nach § 61 SGB I

Mit § 65a Abs. 1 Satz 2 SGB I wird geregelt, dass bei einem Verlangen des zuständigen Leistungsträgers nach § 61 SGB I die Aufwendungen nur in Härtefällen ersetzt werden.

Wann ein „Härtefall“ im Sinne des § 65a SGB I vorliegt, wird in den gesetzlichen Vorschriften nicht definiert. Daher muss der zuständige Sozialleistungsträger, der von einem Leistungsberechtigten das persönliche Erscheinen zur mündlichen Erörterung des Antrags oder zur Vornahme anderer für die Entscheidung über die Leistung notwendiger Maßnahmen verlangt, das Vorliegen eines Härtefalls prüfen. Hierbei muss nach den individuellen Verhältnissen geprüft werden, ob der Leistungsberechtigte die Kosten selbst tragen kann oder ob die Kostenhöhe objektiv ein Grund wäre, vom persönlichen Erscheinen abzusehen.

Nach § 65a Abs. 2 SGB I gilt der Aufwendungsersatz nach § 65a Abs. 1 SGB I auch dann, wenn der zuständige Leistungsträger ein persönliches Erscheinen oder eine Untersuchung nachträglich als notwendig anerkennt. Das heißt, dass auch dann ein Aufwendungsersatz gewährt werden kann, wenn das Verlangen des Leistungsträgers zur Mitwirkung zum Zeitpunkt des persönlichen Erscheinens bzw. der Untersuchung nicht vorlag, dies sich jedoch nachträglich als notwendig bzw. erforderlich herausgestellt hat.

Kein Aufwendungsersatz für Berufsbetreuer

Wird der Leistungsberechtigte während einer Mitwirkungspflicht nach § 61 oder § 62 SGB I von einem Berufsbetreuer begleitet, können für diesen keine Kosten erstattet werden. Die Tätigkeit eines Berufsbetreuers umfasst auch die Begleitung zu diesen Terminen, womit eine pauschale Honorierung nach § 5 Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern erfolgt.

Weitere Artikel zum Thema:

Newsletter

newsletter 1

 Der Newsletter von

Hier anmelden » und immer informiert sein rund um
die sozialversicherungsrechtlichen Themen!

Sozialversicherung

Sozialversicherung

Rentenversicherung

Rentenversicherung

Gesetzliche Rentenversicherung

Krankenversicherung

Krankenversicherung

Gesetzliche Krankenversicherung

Pflegeversicherung

Pflegeversicherung

Gesetzliche Pflegeversicherung

Unfallversicherung

Unfallversicherung

Gesetzliche Unfallversicherung