Pflegekurse nach § 45 SGB XI
Der Leistungskatalog der Sozialen Pflegeversicherung sieht die Durchführung und Kostenübernahme von Pflegekursen vor, welche von Angehörigen und sonstigen an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierten Pflegepersonen in Anspruch genommen werden können. Der Anspruch ergibt sich aus § 45 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Die Pflegekurse müssen für die Teilnehmer unentgeltlich sein. Dadurch, dass die Pflegekurse in einer eigenen Rechtsvorschrift im SGB XI geregelt sind, soll ein möglichst breitgefächertes Spektrum flächendeckender Pflegekursen erreicht werden.
Allgemeines zu den Pflegekursen
Durch die Rechtsvorschrift des § 45 SGB XI werden die Pflegekassen verpflichtet, für die Angehörigen und ehrenamtlichen Pflegepersonen Pflegekurse anzubieten. Der Begriff der „Pflegeperson“ ist in diesem Sinne relativ weit gefasst. Es muss sich damit nicht um eine Pflegeperson im Sinne des § 19 SGB XI handeln. Vielmehr steht eine Teilnahme an einem Pflegekurs allen interessierten Personen offen und zwar unabhängig davon, ob
- die Pflegeperson bereits eine Pflegetätigkeit ausübt,
- der Gepflegte bereits pflegebedürftig im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung ist,
- tatsächlich ambulante Pflegeleistungen bezogen werden oder
- eine Mitgliedschaft in der Sozialen Pflegeversicherung besteht.
Ziele und Inhalt der Pflegekurse
Die konkreten Ziele der Pflegekurse sind in § 45 Abs. 1 SGB XI beschrieben, wonach durch die Pflegekurse
- das soziale Engagement im Bereich der Pflege gefördert und gestärkt,
- die Pflege und Betreuung erleichtert und verbessert und
- die pflegebedingten körperlichen und seelischen Belastungen vermindert
werden sollen.
Insbesondere sollen im Rahmen eines Pflegekurses Fertigkeiten vermittelt werden, welche für eine eigenständige Durchführung der Pflege erforderlich sind. Auch der Abbau von eventuellen Versagensängsten, die Beratung über Rehabilitationsmaßnahmen und über Pflege-Hilfsmittel können Gegenstand von Pflegekursen sein. Ebenfalls können die Pflegekurse dafür genutzt werden, für potentielle Pflegekräfte zu werben.
Während in der Vergangenheit die Pflegekurse nahezu ausschließlich auf die Hilfestellungen bei der körperlichen Pflege ausgerichtet waren, haben die Pflegekurse zu einem großen Teil nun auch den Umgang mit Pflegebedürftigen, die an einer demenziellen oder psychischen Erkrankung leiden oder bei denen eine eingeschränkte Alltagskompetenz vorliegt, zum Gegenstand.
Die Durchführung der Pflegekurse kann sowohl in einer geschlossenen Form als auch als individuelle Schulung im häuslichen Bereich des Pflegebedürften erfolgen. Darüber hinaus sind die Pflegekassen angehalten, dass auch Pflegekurse in digitaler Form angeboten werden.
Die Pflegekurse sollen einerseits theoretisches Wissen vermitteln, andererseits aber auch praktische Anleitungen im häuslichen Umfeld zum Inhalt haben, soweit dies von den Kursteilnehmern und den Pflegebedürftigen gewünscht wird und der Pflegebedürftige einwilligt; die Einwilligung muss die Vorgaben des § 114a Abs. 3a SGB XI erfüllen und daher in Textform vorliegen. Sollte ein Pflegekurs im häuslichen Bereich erfolgen, kann im Rahmen dessen beispielsweise auch der Gebrauch von Hilfsmitteln vermittelt werden.
Anbieter der Pflegekurse
§ 45 Abs. 2 SGB XI regelt, dass die Pflegekurse von einer einzelnen Pflegekasse oder in Zusammenarbeit mehrerer Pflegekassen angeboten werden können. Aber auch andere Einrichtungen können Pflegekurse anbieten. Hier kommen insbesondere die ambulanten Pflegeeinrichtungen (z. B. private Pflegedienste, Sozialstationen) in Betracht. Aber auch Volkshochschulen, Bildungsvereine und Nachbarschaftshilfegruppen kommen als Anbieter der Pflegekurse in Betracht.
Keine Kosten für Kursteilnehmer
Durch die Teilnahme an einem Pflegekurs dürfen den Kursteilnehmern keine Kosten in Rechnung gestellt werden. Diese Kostenfreiheit gilt sowohl für Pflegekurse, welche von der Pflegekasse selbst oder auch von einem beauftragten Dritten durchgeführt werden.
Bei dem Angebot der Pflegekurse müssen die Pflegekassen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 4 Abs. 3 SGB XI beachten. Danach sind die Pflegekassen verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen und wirksam und wirtschaftlich erbracht werden.
Wird ein Pflegekurs in Anspruch genommen, dürfen die Kosten hierfür, die die Pflegekasse zu tragen hat, nicht auf die Leistungsansprüche angerechnet werden. Das heißt, dass es zu keiner Reduzierung der sonstigen Leistungen kommen darf. Dies gilt auch dann, wenn der Pflegekurs im häuslichen Bereich des Pflegebedürftigen durchgeführt wird.
Fazit
Der Gesetzgeber hat die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ ausgestaltet. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass mit der letzten Pflegereform, welche mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz zum 01.01.2017 umgesetzt wird, die Möglichkeiten der ambulanten Leistungsinanspruchnahme nochmals gestärkt und flexibilisiert wurden.
Die Pflegekurse sind ein maßgebender Baustein für die Stärkung der ambulanten Pflege, welche zu einem großen Teil von ehrenamtlichen Pflegepersonen erbracht wird. Durch das Kursangebot können die Pflegepersonen wertvolle theoretische und praktische Hinweise für ihre Pflegetätigkeit erhalten und werden zugleich physisch entlastet.
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