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Bundessozialgericht 02.12.2008, B 2 U 17/07 R

  • Spruchkörper: 2. Senat
  • Aktenzeichen: B 2 U 17/07
  • 1. Instanz: Sozialgericht Würzburg, Urteil vom 23.11.2005, Az. S 5 U 78/05
  • 2. Instanz: Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19.12.2006, Az. L 18 U 12/06
  • 3. Instanz: Bundessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 02.12.2008
  • Rechtskraft: rechtskräftig

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Der Kläger war als Maschinenschlosser beschäftigt und fuhr am 14. Juli 2004 mit einem Motorroller von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte. Er verließ die zum Betrieb führende Straße und stellte auf dem Parkplatz eines Supermarktes den Motorroller ab. Nachdem der Kläger im Supermarkt Äpfel eingekauft hatte, stieß er beim Wegfahren mit seinem Motorroller noch auf dem Parkplatz des Supermarktes mit einem Pkw zusammen. Dabei zog er sich eine Verletzung des linken Sprunggelenks zu. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Entschädigung des Unfalls ab, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall handele (Bescheid vom 28. Juli 2004, Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2005).

Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat die Beklagte verurteilt, den Unfall als Arbeitsunfall zu entschädigen (Urteil vom 23. November 2005). Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Dezember 2006). Ein Arbeitsunfall in Form eines Wegeunfalls liege nicht vor, weil der hierfür erforderliche innere Zurechnungszusammenhang zwischen der generell versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung des Klägers nicht gegeben sei. Zwar sei der Kläger auf dem Weg zur Arbeitsstätte grundsätzlich versichert gewesen. Allerdings habe sich der Unfall während einer eigenwirtschaftlich bedingten mehr als geringfügigen Unterbrechung des Weges zu dem Ort der Tätigkeit ereignet. Diese Unterbrechung sei zum Zeitpunkt des Unfalles auf dem Parkplatz noch nicht beendet gewesen. Sie habe mit dem Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes durch Einbiegen auf den Parkplatz begonnen und wäre erst wieder mit dem Einbiegen von dem Parkplatz in die zum öffentlichen Verkehrsraum gehörende Straße auf dem Weg zur Arbeitsstätte beendet gewesen. Entgegen der Ansicht des SG ergebe sich nichts anderes aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Dezember 2003 (B 2 U 23/03 R - BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3), mit dem nur über die Unterbrechung zu privatwirtschaftlichen Zwecken innerhalb des Straßenbereichs des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit entschieden worden sei. Vorliegend sei jedoch dieser Straßenbereich verlassen und zum Unfallzeitpunkt noch nicht wieder erreicht gewesen.

Mit der vom BSG zugelassenen Revision macht der Kläger eine Verletzung von § 8 Abs 2 Nr 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geltend. Das LSG habe die Bedeutung dieser Norm vor dem Hintergrund des vom BSG mit Urteil vom 9. Dezember 2003 (aaO) eingeleiteten Paradigmenwechsels zur Frage des Einbezugs von Wegeunfällen in den Versicherungsschutz verkannt. Nach dieser Entscheidung sei für das Ende einer nicht versicherten Unterbrechung des Arbeitsweges die Wiederaufnahme der Fortbewegung in Richtung des ursprünglichen Zieles maßgebend. Dabei komme es nicht darauf an, ob sich der Betroffene von einer Parkbucht oder einem unmittelbar an die Straße grenzenden Parkplatz aus in Bewegung setze. Das BSG habe bei einer Unterbrechung des Arbeitsweges durch eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die unmittelbar in dem an den öffentlichen Verkehrsraum angrenzenden Umfeld vorgenommen werde, nicht mehr die Grenze des öffentlichen Verkehrsraumes beibehalten wollen, wenn der Betroffene bereits vor Erreichen des öffentlichen Verkehrsraumes sich mit dem Willen, den Weg zur Arbeitsstätte wieder aufzunehmen, in Bewegung gesetzt habe. Zudem verlange der Gleichbehandlungsgrundsatz, dass der Einkauf von zum Verzehr in der Arbeitspause bestimmten Lebensmittel auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeit mit Fällen gleichgestellt werde, in denen der Betroffene während einer Arbeitspause das Betriebsgelände verlasse, um sich in einem in der Nähe gelegenen Geschäft Lebensmittel zum Verzehr in der Arbeitspause zu kaufen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. Dezember 2006 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23. November 2005 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Mit dem Urteil des BSG vom 9. Dezember 2003 (aaO) sei der Versicherungsschutz nicht ausgedehnt, sondern eingeschränkt worden. Erst mit der Wiederaufnahme des ursprünglichen Weges hätte der Kläger erneut unter Versicherungsschutz gestanden. Bei dem Lebensmittelkauf handele es sich um eine nicht versicherte Vorbereitungshandlung.

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