Landessozialgericht Hessen 30.05.2016, L 9 U 198/12

  • Aktenzeichen: L 9 U 198/12
  • Spruchkörper: 3. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 12 U 86/10
  • Instanzgericht: Sozialgericht Darmstadt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 30.05.2016

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger seiner 2015 verstorbenen Ehefrau (im Folgenden: Versicherte) Anspruch auf Weitergewährung von Verletztenrente zusteht.

Die Versicherte erlitt auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle in B-Stadt am 26. Januar 2006 einen Unfall, indem sie auf Schnee ausrutschte und dabei auf die rechte Hand stürzte.

In einem Bericht des Durchgangsarztes Dr. E. vom Unfalltag wurde als Diagnose eine distale Speichentrümmerfraktur rechts genannt.

In einem Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik vom 7. Februar 2006 wurde eine distale Radius-Mehrfragmentfraktur rechts diagnostiziert und über die operative Versorgung berichtet.

In einem Nachschaubericht des Durchgangsarztes vom 28. Februar 2006 wurde ausgeführt, es bestehe noch eine extreme Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks, in einem Zwischenbericht dieses Arztes vom 28. März 2006 wurde eine noch bestehende erhebliche Bewegungseinschränkung für Beugung und Streckung des rechten Handgelenks genannt. In einem Nachschaubericht des Durchgangsarztes vom 13. Juni 2006 wurde von einer weiterhin bestehenden Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk berichtet, ebenso in einem Bericht vom 18. Juli 2006, wobei es dort hieß, eine verbleibende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von etwa 20 vom Hundert (v. H.) werde erwartet.

Mit Bescheid vom 16. August 2006 gewährte die Beklagte der Versicherten eine Rente als vorläufige Entschädigung in Höhe einer Gesamtvergütung von 1.979,60 Euro für den Zeitraum 28. April 2006 bis 28. Juli 2007, wobei eine Teilrente nach einer MdE von 20 v. H. zugrunde gelegt wurde.

In einem ersten Rentengutachten vom 12. Mai 2007, erstellt aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 11. Mai 2007 durch Dr. E., wurde ausgeführt, die Versicherte habe weiterhin Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und eine Kraftverminderung im rechten Handgelenk angegeben. Diese Beschwerden machten sich auch im Alltag etwa beim Autofahren bemerkbar. Dr. E. stellte entsprechende Bewegungseinschränkungen auch im Rahmen der Untersuchung fest und gab weiterhin an, die grobe Kraft sei im Vergleich rechts zu links um ein Drittel vermindert. Er bewertete die MdE bis auf weiteres mit 20 v. H.

Die Beklagte gewährte daraufhin mit Bescheid vom 26. Juni 2007 eine Rente als vorläufige Entschädigung mit einem Rentenbeginn am 1. März 2007.

Dr. E. berichtete in einem zweiten Rentengutachten vom 26. August 2008, dass die Versicherte angegeben habe, es hätten sich im Vergleich zur Vorbegutachtung am 12. Mai 2007 keine Änderungen ergeben. Hinzugetreten sei ein Schmerz beim Drehen des rechten Unterarms. Dieser behindere sie beim Öffnen von Drehverschlüssen von Dosen und Flaschen, auch habe sie Probleme beim Ziehen der Fahrradbremse mit der rechten Hand. Weiterhin sei die Kraft beim Heben schwerer Lasten auf der rechten Seite reduziert. Dr. E. stellte in seiner Untersuchung fortbestehende Beweglichkeitseinschränkungen und auch weiterhin eine Verminderung der Kraft rechts gegenüber links um ein Drittel fest. Er bewertete die MdE wiederum mit 20 v. H.

Mit Bescheid vom 22. September 2008 gewährte die Beklagte daraufhin der Versicherten anstelle der bisher als vorläufige Entschädigung bewilligten Rente eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v. H.

Aufgrund der beratungsärztlichen Empfehlung einer Nachuntersuchung holte die Beklagte ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. C. vom 8. September 2009 ein. Der Gutachter nannte dort als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung am rechten Handgelenk, eine Reduzierung der groben Kraft rechts um etwa ein Drittel im Vergleich zur Gegenseite und eine eingeschränkte Unterarmdrehung. Dabei wurden für die Handgelenksbeweglichkeit rechts in Bezug auf die Bewegungsebene handrückenwärts / hohlhandwärts als Messwerte 60°/0°/30° angegeben, für das Handgelenk links wurden für diese Bewegungsebene 90°/0°/70° genannt. In Bezug auf die Bewegungsebene ellenwärts / speichenwärts gab Dr. C. für die rechte Seite 35°/0°/0° und für die linke Seite 50°/0°/35° an. Der Gutachter führte aus, die Beschwerden hätten sich möglicherweise leicht verringert, die Kraftminderung sei verblieben. Die Unterarmdrehung habe sich leicht gebessert, insoweit bestehe ein Defizit von 30°. Im Seitenvergleich der Hände bestehe jedoch anhaltend eine deutliche Funktionsminderung, vor allem auch für die Abduktion (radial). Die Differenz rechts zu links betrage mehr als 80°, so dass im Einklang mit der Literatur die MdE von 20 v. H. nach wie vor gerechtfertigt sei.

Die Beklagte holte zu diesem Gutachten eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. F., Chirurg und Unfallchirurg sowie Arzt für physikalische und rehabilitative Medizin, ein. In dessen Stellungnahme vom 25. September 2009 wurde ausgeführt, nach den Befunden von Dr. C. bestünden Bewegungsmaße am rechten Handgelenk von insgesamt 125°. Die durchschnittliche Normbeweglichkeit betrage 165°, so dass für die MdE ein relevantes Defizit von 40° vorliege. Die intraindividuelle Bewegungseinschränkung sei offenbar größer, diese dürfe aber für die Bewertung der MdE nicht relevant sein. Im Fall der Versicherten bestehe weder eine gravierende Muskelminderung noch ein erhebliches Defizit im Kalksalzgehalt der beteiligten Knochen. Nach der Literatur sei daher die MdE mit 10 v. H. einzuschätzen. Im Vergleich zu dem Vorgutachten sei eine Besserung der Beweglichkeit eingetreten, eine Teilversteifung im rechten Handgelenk sei funktionell nicht mehr dokumentiert.

Mit Bescheid vom 2. November 2009 entzog die Beklagte die Rente mit Ablauf des Monats November 2009. Die dem Bescheid vom 22. September 2008 zu Grunde liegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Die Beweglichkeit im rechten Handgelenk habe sich gebessert und die Muskulatur habe sich gekräftigt. Eine Kalksalzminderung liege nicht mehr vor. Die Erwerbsfähigkeit werde durch die Unfallfolgen nicht mehr in rentenberechtigender Höhe gemindert.

Hiergegen legte die Versicherte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2009 Widerspruch ein. Im Gutachten von Dr. C. sei eine MdE von 20 v. H. festgestellt worden. In der Stellungnahme von Dr. F. werde hierauf nicht eingegangen, sondern ohne nachvollziehbare Begründung die MdE mit 10 v. H. bewertet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Verweis auf Dr. F. führte die Beklagte aus, bei der MdE-Bewertung sei die durchschnittliche Funktionstüchtigkeit einer Extremität maßgeblich, während individuelle Fähigkeiten nicht zu berücksichtigen seien. Dr. C. habe in Bezug auf die gesunde Seite eine über die Norm hinausgehende Beweglichkeit beschrieben und diese dem Vergleich mit der verletzten Seite gegenübergestellt, was nicht zulässig sei. Unter den verbesserten Befundbedingungen bestehe keine MdE von 20 v. H. mehr.

Hiergegen hat die Versicherte durch Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten am 25. März 2010 Klage zu dem Sozialgericht Darmstadt erhoben und sich gegen die Aufhebung der Rentengewährung mit Ablauf des November 2009 gewandt. Die Erwerbsminderung bestehe unverändert fort, so dass auch weiterhin die entsprechende Rente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren sei.

Das Gericht hat im Rahmen der Amtsermittlung eine Stellungnahme von Dr. C. zu den Ausführungen von Dr. F. vom 25. September 2009 eingeholt. Dr. C. hat in seiner diesbezüglichen Stellungnahme vom 17. August 2010 seine Beurteilung aufrechtgehalten. Die von Dr. F. als maßgeblich angeführte "Normalbeweglichkeit" existiere im Grunde nicht. Vielmehr seien stets individuelle Differenzen gegeben. Unter einer "Normalbeweglichkeit" könne der Rahmen der empirischen Abweichungen nach oben und unten verstanden werden. Die von Dr. F. zugrunde gelegte Normalgelenksbeweglichkeit von 165° gebe es daher nicht. Soweit in der Literatur Bewegungsumfänge angegeben würden, handele es sich nicht um Norm-, sondern um bloße Orientierungswerte. Maßgeblich sei stets die Beurteilung der individuellen Umstände. Die Beweglichkeit sei im Übrigen auch von Alter und Geschlecht abhängig. Ein Vergleich der bei der Versicherten gemessenen Werte mit dem Durchschnitt Gleichaltriger ergäbe eine Differenz von sogar 85°.

Hierzu hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr. F. vom 21. Oktober 2010 vorgelegt. Dr. F. hat dort ausgeführt, in der Gutachtenliteratur würden übereinstimmende Erfahrungswerte mit konkreten Gradzahlen zur Bestimmung der MdE bei Handgelenksfrakturen angegeben. Hierbei würden die Messblätter zur Neutral-Null-Methode in Bezug genommen. Es stelle sich die Frage, ob bei den "Normalwerten" der untere oder der obere Grenzwert oder der Mittelwert zugrunde gelegt werden solle. Er habe den Mittelwert zugrunde gelegt. Wenn alle vier Mittelwerte der Handgelenksbewegungsrichtungen addiert würden, ergebe sich ein Wert von 165°. Dr. C. übersehe, dass für die MdE-Bewertung allein von Bedeutung sei, welche Restbeweglichkeit vorliege und zu welcher MdE diese nach rechtlichen Kriterien führe. Die von Dr. C. in Bezug genommene Literatur gehe von einem Durchschnitt von 165° und einer Differenz dazu von 80° oder 40° aus. Im Übrigen hat Dr. F. darauf hingewiesen, dass einzelne Bewegungsrichtungen im Alltag wichtiger seien als andere, was bislang in der Literatur nicht berücksichtigt sei.

In einer weiteren durch das Sozialgericht eingeholten Stellungnahme von Dr. C. vom 21. Januar 2011 hat dieser hervorgehoben, maßgeblich für die MdE-Bewertung sei die Orientierung an der individuellen Leistungs- bzw. Erwerbsfähigkeit vor dem Versicherungsfall und nicht an der Erwerbsfähigkeit einer "Durchschnittsperson". Diese Maßgabe werde umgangen, wenn auf einen "Normwert" von 165° abgestellt würde. Demgegenüber sei allein die individuelle Beweglichkeit im Seitenvergleich entscheidend. Die in der Literatur genannten Werte – die im Übrigen zum Teil deutlich höher lägen als 165° – dienten nur der Orientierung, es werde aber nicht vertreten, dass aus diesen Werten ein Mittelwert als "Normwert" zu bilden sei. Dies sei ein eigener Maßstab Dr. F.s. Bei dem maßgeblichen Seitenvergleich betrage die Abweichung bei der Klägerin mehr als 80°, so dass sich eine MdE in Höhe von 20 v. H. ergebe. Dr. C. hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass die MdE von 20 v. H. noch nicht einmal die Einschränkungen der Rotation bei der Gelenksbeweglichkeit berücksichtige.

Hierzu hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr. F. vom 13. Februar 2011 vorgelegt. Die bisherigen Erfahrungswerte zur MdE-Bewertung seien zum Teil revisionsbedürftig. Maßgeblich sei letztlich, ob objektivierbare Beeinträchtigungen im Vergleich zum Befund vor dem Unfall zu einer messbaren Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geführt hätten. Wenn der Betroffene vor dem Unfall über eine besonders hohe Beweglichkeit eines Gelenks verfügt habe, diese jedoch für 95 % des Erwerbslebens ohne Bedeutung gewesen sei, und er nach dem Unfall immer noch 95 % der Tätigkeiten des Erwerbslebens ausüben könne, liege keine MdE vor. Vorliegend treffe es zu, dass eine intraindividuelle Beeinträchtigung von 80° vorliege. Diese führe aber nur zu geringfügigen Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit.

In einer weiteren auf Anforderung des Sozialgerichts erstellten Stellungnahme Dr. G. vom 9. März 2011 hat dieser ausgeführt, die Klägerin leide unter einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung in allen Bewegungsebenen bei gleichzeitiger Kraftminderung um ein Drittel. Dies führe bereits im Alltag zu Beeinträchtigungen zum Beispiel beim Bedienen einer Fahrradbremse, beim Öffnen von Drehverschlüssen oder beim Heben einer Last. Im Übrigen hat der Arzt die Ausführungen zur Maßgeblichkeit des Seitenvergleichs wiederholt und vertieft. Die Klägerin sei auch etwa bei Schreibarbeiten aufgrund der spezifischen Schäden am Handgelenk erheblich beeinträchtigt. Die Behauptung Dr. F.s, die Klägerin könne 95 % aller für das Erwerbsleben relevanten Tätigkeiten verrichten, treffe nicht zu.

Dazu hat die Beklagte eine erneute Stellungnahme von Dr. F. vom 11. April 2011 vorgelegt. Dr. F. hat dort dargelegt, es sei nicht plausibel, dass die MdE im Fall des Handgelenks anders als sonst nicht anhand der Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bewertet werden solle. Die Anlegung eines individuellen Maßstabs bzw. Seitenvergleichs führe dazu, dass jeder, der auf der nicht betroffenen Gegenseite eine schon vom Grundsatz her schlechte Beweglichkeit habe, "bestraft", derjenige, der eine Hypermobilität habe, demgegenüber "belohnt" werde.

Das Sozialgericht hat der Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 26. Juli 2012 stattgegeben. Zwar werde bei anderen Arten von Funktionsbeeinträchtigungen zur Beurteilung der MdE auf eine sog. Normbeweglichkeit abgestellt. Für den Bereich der Hand sei allerdings nach der Literatur – das Sozialgericht hat hierzu auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 543 verwiesen – bei der Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung der verletzten Seite auf einen Vergleich mit der unverletzten Seite und damit auf einen individuellen Maßstab abzustellen. Auch wenn das Bewertungssystem an dieser Stelle inkonsistent erscheine, könne nach Auffassung des Gerichts hier nicht davon abgewichen werden, da die im versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze gerade erstellt worden seien, um alle Unfallverletzten nach einem einheitlichen Bewertungsmuster zu beurteilen. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs seien die Unfallfolgen der Versicherten nach Auffassung sowohl von Dr. C. als insofern auch von Dr. F. unverändert mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten gewesen.

Die Beklagte hat – nach Zustellung des Urteils am 24. September 2012 – am 22. Oktober 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung ist insbesondere geltend gemacht worden, das Sozialgericht habe bei der Bestimmung der MdE nicht auf die Bewegungsausmaße des unverletzten linken Handgelenks abstellen dürfen. Die Klägerin habe ein hypermobiles linkes Handgelenk mit einem Summenwert der Beweglichkeit von 245°, wobei der maximale Normalwert 190° betrage. Die in den Standardwerken enthaltenen Erfahrungswerte dienten zwar der weitestgehenden Gleichbehandlung der Versicherten, hätten jedoch keinen bindenden Charakter. Wenn ein Standardwerk wie hier Schönberger/Mehrtens/ Valentin, auf das sich das Sozialgericht stütze, von der üblichen Bewertungsmethode ohne Begründung abweiche, könne den dortigen Empfehlungen nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat sich für ihre Ansicht auf ein Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 12. Januar 2012 berufen (S 9 U 246/10), wonach nicht die bei dem dortigen Kläger vorliegende Hypermobilität des unverletzten Handgelenks das maßgebliche Vergleichskriterium darstelle, sondern die Normbeweglichkeit.

Die Versicherte ist während des laufenden Berufungsverfahrens am 31. März 2015 verstorben. Der Kläger hat durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, als Ehemann und Sonderrechtsnachfolger der Versicherten das Verfahren fortsetzen zu wollen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Zu Recht sei dort hervorgehoben worden, dass sich die Bewertung der Unfallfolgen aus Gründen der Gleichbehandlung der Versicherten nach einem einheitlichen Bewertungsmaßstab richten müsse, wobei auf einen Seitenvergleich abzustellen sei. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs sei die MdE mit 20 v. H. zu bewerten, worin sich die Gutachter Dr. C. und Dr. F. auch einig seien.

Der Senat hat im Berufungsverfahren von Dr. C. eine Stellungnahme angefordert und ihn insbesondere um Darlegung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zur funktionellen Bewertung von Handverletzungen ersucht. In seiner Stellungnahme vom 22. April 2015 hat Dr. C. ausgeführt, es sei mittlerweile durch neuere Studien nachgewiesen, dass die von Dr. F. zugrunde gelegten "Normalwerte" nicht zuträfen. Im Übrigen seien die von der Beklagten als Referenzwerte im Messblatt für die Neutral-Null-Methode genannten Werte nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen überholt, wobei sich Dr. C. auf die Dissertation von Rickert, "Funktionelle Normwerte und Einflussfaktoren an Unterarm und Hand gesunder männlicher Erwachsener", aus dem Jahr 2010 bezogen hat. Auch nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand sei bei der Bewertung unfallbedingter Einschränkungen weiterhin der Vergleich mit der unverletzten Gegenseite maßgeblich. Hierzu hat Dr. C. auch auf ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. September 2014, L 6 U 4877/12, verwiesen, wonach üblicherweise bei der Bewertung von Bewegungseinschränkungen ein Vergleich mit der unverletzten Hand zu ziehen sei, um individuellen Unterschieden im Hinblick auf die anlagebedingte Handgelenksbeweglichkeit Rechnung zu tragen. Dabei dürften allerdings keine Bewegungsmaße über den Normalwerten berücksichtigt werden. Dr. C. hat darauf hingewiesen, dass die bei der Versicherten erhobenen Befunde nicht ungewöhnlich seien. Die Seitendifferenz bei der Versicherten und das Supinationsdefizit des Unterarms rechtfertigten ohne Weiteres eine MdE von 20 v. H.

Die Beklagte hat dazu erneut eine Stellungnahme von Dr. F. vom 4. Januar 2016 vorgelegt. Der Beratungsarzt hat sich dort im Einzelnen mit den von Dr. C. genannten Bewegungswerten kritisch auseinandergesetzt. Dr. F. hat außerdem darauf hingewiesen, dass sich die MdE daran orientiere, welches Bewegungsvermögen verbleibe. Dem widerspräche es, die Funktionsdifferenz zwischen dem gesunden und dem verletzten Handgelenk zugrunde zu legen. Dr. F. sieht dies auch durch die von Dr. C. zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg bestätigt, wonach keine Bewegungsmaße über den Normalwerten berücksichtigt werden könnten. Allerdings habe das Gericht nicht präzisiert, von welchem Referenzwert (untere, mittlere oder obere Normalbeweglichkeit) auszugehen sei. Außerdem sei auch zu berücksichtigen, dass die erheblich höher zu bewertende Funktionseinbuße einer Versteifung des Handgelenks nach der Literatur mit einer MdE zwischen 20 und 25 v. H. bewertet werde. Schon aus diesem Grund sei es nicht schlüssig, in Bezug auf das bei der Versicherten erreichte Funktionsmaß eine MdE von 20 v. H. zu begründen. Die Beklagte hat dazu ihrerseits ausgeführt, Dr. C. gelangte nur deshalb zu einer anderen MdE-Bewertung bei der Klägerin, weil er sich nicht an den mittleren Normwerten orientiere.

Auf Veranlassung des Gerichts hat auch Dr. C. nochmals Stellung genommen. In seiner Stellungnahme vom 7. März 2016 ist Dr. C. nochmals näher auf verschiedene Bewegungseinschränkungen und deren Relevanz für die MdE eingegangen und hat ausgeführt, es sei unverständlich, wenn die MdE nicht mit 20 v. H. bewertet werde. Neben der eingeschränkten Handgelenksbeweglichkeit sei vorliegend vor allem die bestehende Unterarmeinschränkung zu berücksichtigen, die sich erhöhend auf die MdE auswirke, so dass diese jedenfalls mit 20 v. H. anzusetzen sei.

Die Beklagte hat schließlich noch eine Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie / Unfallchirurgie Dr. H. vom 23. Mai 2016 vorgelegt. Dr. H. hat dort hervorgehoben, der rechte Unterarm weise keine Muskelverschmächtigung auf, so dass nicht von einem Mindergebrauch der betroffenen Hand auszugehen sei. Wenn eine Muskelverschmächtigung vorliegen würde, wäre die MdE-Bewertung durch Dr. C. zu akzeptieren. Da dies aber nicht der Fall sei, erscheine die Bewertung von Dr. F. plausibel.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Bescheid vom 2. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2010 ist rechtswidrig.

Nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Unfallversicherungsrecht wird durch § 73 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) konkretisiert, in welchen Fällen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse bei der Bewertung der MdE vorliegt. § 73 Abs. 3 SGB VII bestimmt: "Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbstätigkeit ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate andauern."

Eine solche Änderung ist vorliegend nicht eingetreten. Die Versicherte hatte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auch über den November 2009 hinaus – und damit steht dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – SGB I) ein entsprechender Anspruch aus deren Versicherung zu.

Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Die Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. Januar 2006 bewirkten bei der Versicherten eine MdE in Höhe von 20 v. H. auch in der Zeit nach November 2009. Daher ist eine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 73 Abs. 3 SGB VII nicht eingetreten.

Nach § 56 Abs. 1 SGB VII haben diejenigen Versicherten Anspruch auf eine (Verletzten-) Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Rente dient dabei dem Ausgleich des durch den Versicherungsfall bedingten abstrakten Schadens im Erwerbseinkommen. Bei einem vollständigen Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Rente als Vollrente (§ 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VII), bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit als Teilrente (§ 56 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII) geleistet. Die Teilrente wird in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VII). Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze bzw. Erfahrungswerte trifft (BSG vom 5. September 2006 B 2 U 25/05 R; BSG vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R). Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG vom 19. Dezember 2000 – B 2 U 49/99 R; BSG vom 2. Mai 2001 – 2 U 24/00 R; BSG vom 18. März 2003 – B 2 U 31/02; BSG vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R; BSG vom 18. Januar 2011 – B 2 U 5/10 R). Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (BSG vom 19. Dezember 2000 – B 2 U 49/99 R). Die allgemeinen MdE-Erfahrungssätze werden regelmäßig dem aktuellen sozialmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand sowie den veränderten Bedingungen der Arbeitswelt angepasst und unterliegen daher einem ständigen Wandel (BSG vom 2. Mai 2001 – 2 U 24/00 R).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung des Ergebnisses der Ermittlungen bestand bei der Versicherten weiterhin eine MdE von 20 v. H. Der Senat folgt dabei maßgeblich dem im Verwaltungsverfahren eingeholten und im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. C. sowie dessen im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Stellungnahmen.

Bei der Versicherten bestanden infolge der bei dem anerkannten Arbeitsunfall erlittenen distalen Speichentrümmerfraktur rechts unstreitig Bewegungseinschränkungen und Schmerzen im rechten Handgelenk und eine Verminderung der groben Kraft im Vergleich rechts zu links um ein Drittel, und zwar auch noch im Zeitraum ab November 2009. Außerdem war die Drehung des rechten Unterarms beeinträchtigt.

Maßgebend für die Bewertung der MdE bei Handgelenksverletzungen ist insbesondere das Ausmaß der Funktionseinschränkungen aufgrund einer reduzierten Beweglichkeit des Gelenks. Dr. C. hat hierzu dargelegt, dass die Seitendifferenz der Beweglichkeit des rechten im Vergleich zur Beweglichkeit des linken Handgelenks mehr als 80° betrage und sich hieraus in Verbindung mit der Einschränkung der Supination des rechten Unterarmes ohne Weiteres eine MdE von 20 v. H. ableite. Der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. F., ist der Methode des Seitenvergleichs zwar entgegengetreten, hat aber zugestanden, dass bei einer Seitendifferenz von 80° eine MdE von 20 v. H. anzuerkennen wäre. Dies ist für das Gericht unter Zugrundelegung der einschlägigen Erfahrungswerte – Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 544 nennen bei einem Speichenbruch mit erheblicher Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt 80° eine MdE in Höhe von 20 bis 30 v. H. – nachvollziehbar und überzeugend.

Der Senat hält dabei den von Dr. C. zugrunde gelegten Maßstab des Seitenvergleichs für zutreffend (s. bereits Urteil des erkennenden Senats vom 23. März 2015 - L 9 U 170/09) und folgt nicht der gegenteiligen Auffassung der Beklagten, die insbesondere unter Verweis auf die Stellungnahmen ihres Beratungsarztes Dr. F. den Standpunkt vertritt, bei der Bestimmung der MdE sei auch in Bezug auf die Handgelenksbeweglichkeit nicht die Methode des Seitenvergleichs, sondern ein Vergleich mit Durchschnittswerten der Beweglichkeit maßgeblich.

Die Frage, welche MdE vorliegt und welche Methode zur Bestimmung der MdE anzuwenden ist, ist wie ausgeführt von dem Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungswerte zu bewerten. Insoweit ist festzustellen, dass in dem führenden Standardwerk zur unfallversicherungsrechtlichen Begutachtung, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 543 ausgeführt wird, dass sich die MdE-Bewertung bei Handgelenksverletzungen nach den Bewegungsmaßen im Seitenvergleich zur unverletzten Hand zu richten habe. Dies wird worauf der Beratungsarzt der Beklagten zutreffend hingewiesen hat – zwar an dieser Stelle nicht näher begründet. Dr. C. hat indes den aus Sicht des Senats für die Maßgeblichkeit des Seitenvergleichs sprechenden Gesichtspunkt dargelegt, wenn er ausführt, dass bei der Beurteilung einer MdE nur die individuellen Umstände des Betroffenen entscheidend sein könnten, die in der Literatur angegebenen "Normwerte" nur als Orientierungswerte zu verstehen seien und die Beweglichkeit des Gelenks auch von zahlreichen individuellen Faktoren wie Alter und Geschlecht abhängig sei. Maßgeblich für die MdE-Bewertung ist danach die Orientierung an der individuellen Leistungs- bzw. Erwerbsfähigkeit vor dem Versicherungsfall und nicht an der Erwerbsfähigkeit einer "Durchschnittsperson" und deren Handgelenksbeweglichkeit. Überzeugend hat Dr. C. darauf hingewiesen, dass dieser Ausgangspunkt der Bewertung bei dem von Dr. F. für maßgebend erachteten "Normwert" von 165° umgangen würde. Dies gilt aus Sicht des Senats umso mehr, als Dr. C. und auch Dr. F. darauf hingewiesen haben, dass die Angaben zu "Normwerten" der Handgelenksbeweglichkeit uneinheitlich und problematisch seien, da sie zum Teil relevante Gesichtspunkte wie etwa die unterschiedliche Bedeutung der verschiedenen Bewegungsebenen und etwa auch, worauf Dr. C. hingewiesen hat, die von Alter und Geschlecht abhängigen Beweglichkeitsunterschiede nicht berücksichtigten und insoweit zu undifferenziert seien und weitere Defizite der Ermittlung und Bewertung aufwiesen.

Es ist im Übrigen auch bereits in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass bei der Prüfung des Ausmaßes der Bewegungseinschränkungen der Vergleich mit dem unverletzten anderen Handgelenk zugrunde zu legen ist. Nur hierdurch können individuelle Unterschiede der anlagebedingten Handgelenksbeweglichkeit Berücksichtigung finden (Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 25. September 2014 - L 6 U 4877/12). Dementsprechend hat auch der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung bereits ausgeführt, dass bei der Bewertung der MdE bei Handgelenksverletzungen und hierdurch bedingten Funktionseinschränkungen maßgeblich auf einen Seitenvergleich mit der Beweglichkeit der unverletzten Hand abzustellen ist (Hess. Landessozialgericht vom 23. März 2015 - L 9 U 170/09). Der gegenteiligen Ansicht des Sozialgerichts Speyer (Urteil vom 12. Januar 2012 - S 9 U 246/10), auf welches die Beklagte verwiesen hat, kann daher nicht gefolgt werden.

Der Senat folgt dabei allerdings insoweit nicht der genannten Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, also danach ein Seitenvergleich nur maßgeblich sein soll, wenn und soweit die Bewegungsausmaße nicht über "Normalwerten" bzw. "Normwerten" liegen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, a.a.O.). Denn diese Einschränkung erscheint inkonsequent, da insofern auf "Normwerte" rekurriert wird, obwohl der Maßstab des Seitenvergleichs gerade dazu dient, auf die (intra-)individuellen Umstände und nicht auf "Normwerte" abzustellen. Einem Rückgriff auf "Normwerte", um Fälle besonderer Bewegungsausmaße von dem System des Seitenvergleichs auszunehmen, stehen die bereits generell gegenüber der Anwendung von "Normwerten" der Handgelenksbeweglichkeit genannten Gründe entgegen. Unabhängig davon lag zur Überzeugung des Senats auch keine "Hyperbeweglichkeit" des unverletzten Handgelenks vor, die einem maßgeblichen Abstellen auf den Seitenvergleich entgegenstehen könnte. Insoweit hat Dr. C. in seiner Stellungnahme vom 22. April 2015 dargelegt, dass die Versicherte vergleichsweise gute, aber nicht ungewöhnliche Bewegungsausmaße gezeigt habe. Im Übrigen würde sich nach den Ausführungen Dr. G. in dessen Stellungnahme vom 17. August 2010 bei einem Vergleich der Beweglichkeit des rechten Handgelenks der Versicherten mit den Durchschnittswerten Gleichaltriger sogar eine Differenz von 85° ergeben. Daher wäre auch insofern unter Zugrundelegung des genannten Erfahrungswertes, wonach bei einer Differenz von wenigstens 80° eine MdE von (wenigstens) 20 v. H. anzunehmen ist, die MdE in entsprechender Höhe zu bewerten.

Demnach ist zur Überzeugung des Senats eine MdE von 20 v. H. bereits aus der Beweglichkeitseinschränkung des rechten Handgelenks abzuleiten. Die Berechtigung einer MdE wenigstens in dieser Höhe wird noch dadurch gestützt, dass die Versicherte nach den schlüssig dargelegten und unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Gutachters Dr. C. neben den Bewegungseinschränkungen auch unter Schmerzen im Handgelenksbereich und vor allem auch unter einer Kraftverminderung um ein Drittel im Vergleich der rechten mit der linken Hand gelitten hat und weiterhin insbesondere auch die Möglichkeit der Unterarmdrehung beeinträchtigt war. Diese Defizite haben nach den Ausführungen Dr. G. ebenfalls Beeinträchtigungen bei zahlreichen Tätigkeiten nach sich gezogen. Insbesondere in Bezug auf die Beeinträchtigung der Unterarmdrehung hat Dr. C. betont, dass diese zusammen mit der eingeschränkten Handgelenksbeweglichkeit ohne Weiteres eine MdE von 20 v. H. begründe. Dies ist für den Senat schlüssig und überzeugend und entspricht vor allem auch den einschlägigen Ausführungen zur MdE-Bewertung im genannten Standardwerk von Schönberger/Mehrtens/Valentin. Dort wird dargelegt, dass im Fall einer Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit um insgesamt (mindestens) 80° eine zusätzlich bestehende Einschränkung der Unterarmdrehfähigkeit je nach deren Schwere zu einer Höherbewertung der MdE führe (Schönberger/Mehrtens/Valtenin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 544). Angesichts des genannten Erfahrungswertes einer MdE von 20 bis 30 v. H. bei einer eingeschränkten Handgelenksbeweglichkeit von 80° ist demnach unter zusätzlicher Berücksichtigung der eingeschränkten Unterarmdrehfähigkeit und der weiteren Beeinträchtigungen die MdE-Bewertung jedenfalls in Höhe von 20 v. H. geboten.

Der demgegenüber von der Beklagten unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. H. vom 23. Mai 2016 zuletzt noch vorgebrachte Einwand, es sei keine Muskelverschmächtigung des rechten Unterarms festgestellt worden, so dass nicht von einem Mindergebrauch der betroffenen Hand auszugehen und daher auch keine rentenberechtigende MdE anzunehmen sei, vermag nicht zu überzeugen. Ein Mindergebrauch – der von der Klägerseite auch nicht behauptet worden ist – ist nicht Voraussetzung für die Annahme einer MdE in der festgestellten Höhe. Aus dem Fehlen einer Muskelverschmächtigung kann nicht gefolgert werden, dass die von Dr. C. festgestellten und für die MdE-Bewertung ausschlaggebenden Einschränkungen der rechten Hand bzw. des rechten Unterarms nicht bestanden haben. Die festgestellten Einschränkungen haben einem Gebrauch der Hand nicht entgegengestanden, diesen aber nach den überzeugenden Feststellungen Dr. G. erschwert und insofern die festgestellte MdE bedingt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

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