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Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den angegriffenen Veranlagungsbescheid abgeändert. Denn die Beklagte hat den Kläger zutreffend zu der Gefahrtarifstelle 15 des Gefahrtarifs 2007 veranlagt.

Streitgegenstand des Verfahrens ist ausschließlich der angegriffene Veranlagungsbescheid vom 27. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2009. Die Beitragsbescheide vom 21. April 2008 und 21. April 2009 (§ 168 SGB VII) sind nicht nach § 96 SGG Verfahrensgegenstand geworden. Denn ein Beitragsbescheid kann den Veranlagungsbescheid weder abändern noch ersetzen, wobei auch Gründe der Prozessökonomie nicht für eine erweiternde Auslegung des § 96 SGG sprechen (st. Rspr. des BSG, z. B. Urt. v. 24.06.2003, B 2 U 21/02 R, juris, Rn. 17; Urt. v. 05.07.2005, B 2 U 32/03 R, juris, Rn. 20; Urt. v. 21.03.2006, B 2 U 2/05 R, juris, Rn. 15).

Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid, einen belastenden Verwaltungsakt (BSG, Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 22), ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen.

Der Veranlagungsbescheid der Beklagten ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor Erlass eines neuen Veranlagungsbescheides, der auf der Grundlage eines neuen Gefahrtarifs ergeht, keine Anhörung nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) erforderlich, weil mit dem neuen Gefahrtarif die aufgrund des vorherigen Gefahrtarifs eingeräumten Rechtspositionen endeten (siehe z. B. Urt. v. 06.05.2003, B 2 U 7/02 R, juris, Rn. 22).

Der Veranlagungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer rechtmäßigen Gefahrtarifstelle den Kläger zutreffend veranlagt.

Die Bildung der Gefahrtarifstelle 15 ist rechtmäßig.

In der gesetzlichen Unfallversicherung sind nur die Unternehmer beitragspflichtig (§ 150 SGB VII). Ihre Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Träger, den Arbeitsentgelten der Versicherten und den Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Der Unfallversicherungsträger setzt als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrengemeinschaften können hierbei durch einen gewerbezweigspezifischen oder einen nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif, in dem Tätigkeiten mit annähernd gleichem Risiko zusammengefasst werden, gebildet werden (st. Rspr. des BSG, zuletzt im Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 27). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII).

Dem Gefahrtarif kommt der Rechtscharakter einer Satzung zu, wobei die Vertreterversammlung als zuständiges Organ einen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum hat (st. Rspr. des BSG, zuletzt im Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 16 f.). Er muss mit den tragenden Grundsätzen des Unfallversicherungsrechts, dem SGB VII, insbesondere mit der Ermächtigungsgrundlage in § 157 SGB VII, und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sein. Den Gerichten steht dagegen nicht die Prüfung zu, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft (BSG, Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 18). Die Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs ist eine – als Vorfrage inzident zu prüfende – Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Veranlagung zu einer konkreten Gefahrtarifstelle (in diesem Sinne BSG, Urt. v. 21.3.2006, B 2 U 2/05 R, juris, Rn. 28; Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 17).

Der Gefahrtarif 2007 der Beklagten ist ordnungsgemäß zustande gekommen. Er wurde durch die Vertreterversammlung beschlossen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV)), durch das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde genehmigt (§ 158 SGB VII) und anschließend in der Mitgliederzeitschrift ordnungsgemäß (vgl. Schneider-Danwitz, in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 34 Rn. 79) öffentlich bekannt gemacht (§ 34 Abs. 2 Satz 1 SGB IV).

Die Gefahrtarifstelle 15 wurde auch materiell rechtmäßig gebildet. Die Beklagte hat sich zur Bildung von Gefahrtarifstellen für eine Gliederung nach Gewerbezweigen bzw. Unternehmensarten entschieden. Ein solcher gewerbezweigorientierter Gefahrtarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen ähnliche Unfallrisiken aufweisen. Er findet damit seine Rechtfertigung in der Gleichartigkeit der Versicherungsfallrisiken und der Präventionserfordernisse in den Betrieben. In einer Tarifstelle dürfen Gefahrengemeinschaften aus mehreren Gewerbezweigen aber nur zusammengefasst werden, wenn sie nach den Arbeits- und Produktionsbedingungen gleichartige Unfallrisiken aufweisen, wobei die Belastungsziffern der einzelnen Zweige nicht auffällig von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Tarifstelle abweichen dürfen (BSG, Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 28 ff.). Der Regelungsspielraum des Satzungsgebers ist jedenfalls dann überschritten, wenn Betriebe mit völlig unterschiedlichen Risiken zusammengefasst werden (Platz, in: Lauterbach, SGB VII, § 157 Rn. 9, Stand: April 2010).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die Tarifstelle 15 des Gefahrtarifs 2007 nicht zu beanstanden. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Bildung der Gefahrengemeinschaft in dieser Tarifstelle angesichts der Zusammenfassung unterschiedlicher Unfallrisiken nicht mehr mit § 157 SGB VII in Einklang stünde oder ein Gewerbezweig nicht mit der notwendigen Bestimmtheit umschrieben würde.

Die Beklagte hat den Kläger auch zutreffend in die Gefahrtarifstelle Nr. 15 eingeordnet.

Die Beklagte war zunächst nicht durch den Veranlagungsbescheid vom 27. Juni 2001, der zum Gefahrtarif 2001 ergangen war, an einer Neuveranlagung des Klägers gehindert. Denn der Gefahrtarif 2001 galt gesetzlich befristet für die Dauer von höchstens sechs Jahren (§ 157 Abs. 5 SGB VII). Der aufgrund des Gefahrtarifs 2001 erlassene Veranlagungsbescheid hat sich daher gemäß § 39 Abs. 2, 4. Var. SGB X mit Ablauf des Jahres 2006 durch Zeitablauf erledigt (vgl. BSG, Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 22).

Der Gefahrtarif ist angesichts seines Satzungscharakters wie jede andere Rechtsnorm nach den Grundsätzen der klassischen juristischen Methodenlehre auszulegen und anzuwenden (in diesem Sinne auch BSG, Beschluss v. 30.11.2006, B 2 U 410/05 B, juris, Rn. 4). Die Bedeutung der jeweiligen Tarifstellen ist daher ausgehend vom Wortlaut und systematischem Zusammenhang unter Berücksichtigung des Willens des Satzungsgebers sowie des (objektiven) Zweckes der Regelung zu ermitteln (vgl. allgemein hierzu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 319 ff.; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 6. Aufl. 2011, Rn. 725 ff.).

Die Veranlagung des Klägers durch die Beklagte ist gerichtlich voll überprüfbar. Denn bei der Auslegung und Anwendung des Gefahrtarifs hat der Unfallversicherungsträger weder einen Beurteilungs- noch einen Ermessensspielraum (BSG, Urt. v. 31.03.1981, 2 RU 101/79, juris, Rn. 24; Burchardt, in: P. Becker u.a., SGB VII, § 159 Rn. 7, Stand: Januar 2010).

Eine wörtliche Auslegung des Gefahrtarifs führt noch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Der Wortlaut der Tarifstelle 11 "Wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" erfasst zumindest auch den Kläger. Denn dieser vertritt in der Öffentlichkeit politische, und zwar finanzpolitische Interessen aller Steuerzahler. Dies ergibt sich aus § 2 der Vereinssatzung. Der Kläger setzt sich öffentlichkeitswirksam für die Reform des Steuerrechts, die Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit öffentlicher Haushalte und die Kontrolle der öffentlichen Finanzen ein. Dass der Kläger parteipolitisch neutral ist, ändert nichts daran, dass er (finanz)politische Interessen vertritt. Daneben wird der Kläger auch vom Wortlaut der Tarifstelle 15 "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" erfasst. Denn seine Mitglieder verfolgen die in § 2 der Vereinssatzung niedergelegten Ziele gemeinsam.

Nicht vom Wortlaut des Gefahrtarifs sind indes die Hinweise zur Branchenzuordnung erfasst. Diese sind nicht Teil der Satzung, sondern können lediglich im Rahmen einer (historischen) Interpretation herangezogen werden (anders LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 04.05.2011, L 4 U 224/05, juris, Rn. 22 ff., wonach näherer Aufschluss über die Branchenzuweisungen den Hinweisen zur Branchenzuordnung der Beklagten, zitiert nach VBG Report 1/2007 (S. 25 ff.), zu entnehmen sei, welche die Tarifstellen "definieren" würden). Maßgeblich sind im Rahmen einer historischen Auslegung im Übrigen nicht die im Anschluss an den Satzungsbeschluss in der Mitgliederzeitschrift veröffentlichten Hinweise, sondern diejenigen Hinweise, die dem Satzungsbeschluss zu Grunde gelegen haben. Allerdings sind beide – soweit ersichtlich – inhaltlich identisch.

Eine systematische Auslegung des Gefahrtarifs legt es nahe, dass die Gefahrtarifstelle 11 gegenüber der Gefahrtarifstelle 15 vorrangig ist, mithin eine Gesetzeskonkurrenz vorliegt (vgl. Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 6. Aufl. 2011, Rn. 770 ff.). In diesem Zusammenhang regelt auch der Gefahrtarif 2007 in Teil II. Absatz 1 Satz 3, dass die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart der Zuordnung zu einer allgemeineren Unternehmensart vorgeht.

Die Gefahrtarifstelle 15 ist allgemeiner formuliert als die Tarifstelle 11. Während die Tarifstelle 11 lediglich wirtschaftliche und politische Interessen benennt, erfasst die Tarifstelle 15 Interessen jeglicher Art. Keinen nennenswerten Unterschied macht es hingegen, ob Interessen vertreten (Tarifstelle 11) oder verfolgt (Tarifstelle 15) werden. In der Regel wird ein Unternehmen der wirtschaftlichen und politischen Interessenvertretung auch ein Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen sein. In diesem Fall erschiene es naheliegend, dass eine Veranlagung nach der Tarifstelle 15 gegenüber einer Veranlagung nach der Tarifstelle 11 zurücktritt. Dies wäre allerdings kein Fall der Spezialität. Denn eine solche liegt nur vor, wenn die spezielle Norm alle Merkmale der allgemeineren Norm und darüber hinaus noch mindestens ein Merkmal enthält (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 267 f.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 9. Aufl. 2005, S. 39; Schwacke/Uhlig, Juristische Methodik, 2. Aufl. 1985, S. 16). Es sind allerdings vom Wortsinn her durchaus Konstellationen denkbar, in denen ein Unternehmen der Tarifstelle 11 nur einzelne Interessen vertritt und damit nicht zugleich ein Unternehmen im Sinne der Tarifstelle 15 ist. Der Vorrang der Tarifstelle 11 würde sich in diesem Falle vielmehr aus der Konkurrenzregel der Subsidiarität ergeben. Hiernach darf ein Rechtssatz auf die von einem Tatbestand erfassten Sachverhalte nur dann angewandt werden, wenn die von einem anderen Rechtssatz beschriebenen Sachverhalte nicht vorliegen (Schwacke/Uhlig, Juristische Methodik, 2. Aufl. 1985, S. 17; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 268 Fn. 28; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 6. Aufl. 2011, Rn. 771a).

Allerdings ist die Frage, ob eine Norm hinter eine andere zurücktritt, in der Regel ebenfalls eine solche der Auslegung. Im Rahmen einer historischen Auslegung ist der Kläger jedoch in die Tarifstelle 15 und nicht in die Tarifstelle 11 einzuordnen, sodass kein Fall der Subsidiarität vorliegt.

Der Wille des Satzungsgebers ist ein wichtiger Anhaltspunkt für oder gegen eine bestimmte Auslegung. Der Richter darf sich einem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes nicht entziehen, muss mithin die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den Willen des Gesetzgebers möglichst zuverlässig zur Geltung bringen (BVerfG, Beschluss v. 17.09.2013, 1 BvR 1928/12, juris, Rn. 33; Beschluss v. 25.01.2011, 1 BvR 918/10, juris, Rn. 53). Der Wille des Gesetzgebers erlangt umso größere Bedeutung, je kürzer der Abstand zwischen Normerlass und Auslegungszeitpunkt ist. Angesicht des kurzen Zeitraums zwischen Satzungsbeschluss und Zeitpunkt der Rechtsanwendung ist er vorliegend von besonderem Gewicht. Die maßgeblichen konkreten Normvorstellungen des Gesetzgebers sind aus der Entstehungsgeschichte, insbesondere den Materialien, die dem Gesetzesbeschluss zugrunde gelegen haben, ersichtlich (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 330; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 6. Aufl. 2011, Rn. 790). Danach sind die von der Beklagten vorgelegten Tagungsunterlagen maßgeblich für die Ermittlung des Willens des Satzungsgebers.

Zunächst spricht der Umstand, dass der Kläger im Gefahrtarif 2001 der Beklagten ebenfalls als "Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen" (Gefahrtarifstelle 20) veranlagt war (vgl. zum Gefahrtarif 1998 Schleswig-Holsteinisches LSG, Urt. v. 26.11.2003, L 8 U 119/92, juris, Rn. 33 ff.), nicht dagegen, dass er unter dem Gefahrtarif 2007 als "Wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" (Gefahrtarifstelle 11) zu veranlagen sein könnte. Denn eine Gefahrtarifstelle "Wirtschaftliche und politische Interessenvertretung" gab es in dem Gefahrtarif 2001 noch nicht. Doch auch unabhängig davon würde eine bestandskräftige (falsche) Einordnung des Klägers zum Gefahrtarif 2001 keine Bindungswirkung für eine neue Veranlagung haben.

Zwar ist der Kläger von seiner Tätigkeit her eher mit den in der Gefahrtarifstelle 11 aufgeführten Beispielen als mit vielen aus der Gefahrtarifstelle 15 vergleichbar. Die Tätigkeit des Klägers entspricht eher der von Kammern, Verbänden und Parteien (Gefahrtarifstelle 11) als der von Animateuren, Automobilclubs, Geselligkeitsvereinen, Gesangsvereinen oder Discjockeys (Gefahrtarifstelle 15). Darauf kommt es aber für seine Veranlagung nicht entscheidend an. Denn die Beklagte hat sich für die Bildung von Tarifstellen nicht an der Tätigkeit, sondern an der Unternehmensart orientiert.

Die Eingruppierung des Klägers in die Gefahrtarifstufe 15 folgt allerdings noch nicht aus den Gründen, welche die Beklagte in ihrem Bescheid angeführt hat. Dass diese Tarifstelle für Unternehmen mit ideeller Zwecksetzung vorgesehen sein soll, geht weder aus dem Gefahrtarif selbst noch aus den Materialien hinreichend deutlich hervor und wird zudem bereits durch die beispielhafte Benennung von Unternehmen widerlegt, die ebenfalls zu dieser Tarifstelle veranlagt werden, zum Beispiel Animateure und Discjockeys. Zudem bündelt auch der Kläger die Interessen einer Gruppe und vertritt sie nach außen, nämlich die der Steuerzahler.

Auch die Ausführungen des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, bei der Gefahrtarifstelle 11 stehe die Vertretung der Interessen der Mitglieder im Vordergrund, was zwar bei Parteien, nicht aber bei dem dortigen Kläger der Fall sei (Urt. v. 04.04.2011, L 3 U 224/10, juris, Rn. 28), können keine zwingende Veranlagung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 15 begründen. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte der Tarifstelle 11 geht hinreichend deutlich hervor, dass die vorwiegende Vertretung der Interessen der eigenen Mitglieder ein konstitutives Merkmal sein soll. Die ehemals selbständigen Tarifstellen, die unter einem neuen Oberbegriff in der neuen Tarifstelle 11 zusammengefasst wurden und zu denen der Kläger nicht gehörte (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urt. v. 26.11.2003, L 8 U 119/02, juris, Rn. 33 ff.), sind auch nach dem Willen des Satzungsgebers nur Beispiele für eine wirtschaftliche oder politische Interessenvertretung. Gerade die Parallele zu den Parteien, die aus Sicht der Beklagten zur Tarifstelle 11 gehören, zeigt ferner, dass sich eine politische Interessenvertretung in diesem Sinne nicht auf die Interessen der eigenen Mitglieder beschränken, sondern auf das Allgemeinwohl erstrecken kann. Zudem vertritt der Kläger auch die Interessen seiner Mitglieder.

Schließlich ist es auch kein notwendiges Tatbestandsmerkmal der Tarifstelle 11, dass die Unternehmen öffentliche Aufgaben wahrnehmen, die überdies zum Teil durch das Grundgesetz eingeräumt wurden (in diesem Sinne jedoch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.08.2010, L 3 U 549/08, juris, Rn. 40). Dies ist zwar bei den meisten der unter die Tarifstelle 11 fallenden Unternehmen der Fall, nicht aber zum Beispiel bei den Berufs- und Wirtschaftsverbänden.

Entscheidend für die Veranlagung des Klägers zur Tarifstelle 15 ist indes der Wille des Satzungsgebers, dass alle Unternehmen, die bislang zur Gefahrtarifstelle 20 gehörten, nunmehr der Gefahrtarifstelle 15 zugeordnet werden. Dies ergibt sich hinreichend deutlich aus der Formulierung in den vorgelegten Tagungsunterlagen "Die jetzige Gefahrtarifstelle 15 umfasst wie bisher Unternehmen, deren Unternehmensgegenstand die Wahrnehmung und Förderung gemeinsamer Interessen der Mitglieder ist". Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Passage nicht von einer breiten Mehrheit in der Vertreterversammlung getragen worden wäre, zumal ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 14. Dezember 2006 der Gefahrtarif 2007 einheitlich beschlossen worden ist. Dieser gesetzgeberische Wille ist auch mit dem Wortlaut der Tarifstellen 11 und 15 vereinbar und führt dazu, dass die Tarifstelle 15 für den Kläger nicht subsidiär, sondern zutreffend ist.

An diesem Auslegungsergebnis ändert auch das geringe Gefährdungsrisiko der klägerischen Tätigkeit nichts.

Die Zugehörigkeit zu einem Gewerbezweig kann nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastung in Frage gestellt werden, wenn die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung eines Unternehmens zu einer Tarifstelle feststeht. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet gleichsam aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslage zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG, Urt. v. 05.07.2005, B 2 U 32/03 R, juris, Rn. 29 f.).

Bei der Veranlagung des Klägers ist es zwar – entgegen der Auffassung der Beklagten – prinzipiell nicht ausgeschlossen, im Rahmen einer systematischen und teleologischen Auslegung des Gefahrtarifs auch die Gefährlichkeit der Tätigkeit im Unternehmen des Klägers zu berücksichtigen. Der erheblich abweichende Grad der Unfallgefahr eines Unternehmens kann die Zuordnung zu einem anderen Gewerbezweig begründen, wenn der Gefahrtarif mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Gewerbezweige ausweist und unklar ist, welchem von ihnen sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist (BSG, Urt. v. 05.07.2005, B 2 U 32/03 R, juris, Rn. 30). Dies gilt erst Recht für die Gefahrtarife, die – wie der Gefahrtarif 2007 der Beklagten – von der Möglichkeit, in Teil II. eine Regelung über die Herabsetzung und Erhöhung der Gefahrklasse im Einzelfall vorzusehen (vgl. hierzu Platz, in: Lauterbach, SGB VII, § 157 Rn. 26 f., Stand: Mai 2008; Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VII, § 157 Rn. 17a, Stand: Dezember 2011), keinen Gebrauch gemacht haben.

Es spricht auch einiges dafür, dass der Grad der Unfallgefahr im Unternehmen des Klägers nicht der Tarifstelle 15 (Gefahrklasse 1,36), sondern der Tarifstelle 11 (Gefahrklasse 0,59) entspricht. Dies bestreitet auch die Beklagte nicht. Der Grund hierfür ist offenbar, dass die Beklagte zur Tarifstelle 15 eine sehr heterogene Gruppe von Unternehmen veranlagt, zu denen etwa auch eher gefahrgeneigte Unternehmen wie Animateure, Geselligkeitsvereine und Discjockeys gehören. Im Unternehmen des Klägers wird hingegen nahezu ausschließlich Schreibtischarbeit geleistet. Im Gefahrtarif 2011 der Beklagten ist der Kläger in der Gefahrtarifstelle 05 "Beratung und Auskunft/Interessenvertretung und Religionsgemeinschaft" mit der Gefahrklasse 0,59 eingeordnet.

Dennoch kann die Unfallgefahr im Unternehmen des Klägers vorliegend nicht für dessen Einordnung in die Tarifstelle 11 herangezogen werden.

Denn es liegen zum einen keine konkreten Ermittlungen zur Unfallgefahr im klägerischen Unternehmen vor. Eine Berechnung der Gefahrklasse für das klägerische Unternehmen hat die Beklagte nicht durchgeführt. Allgemeine Überlegungen zur Abschätzung des Unfallrisikos sind angesichts der zahlreichen Gesichtspunkte, die dieses Risiko und die sich daraus ergebenden Entschädigungsleistungen beeinflussen können (insbesondere Häufigkeit und Schwere der Versicherungsfälle, Höhe der Leistungen, Meldeehrlichkeit der Unternehmen, Arbeitsaufnahme trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit) in der Regel willkürlich (BSG, Urt. v. 05.07.2005, B 2 U 32/03 R, juris, Rn. 37). Der Umstand, dass der Kläger inzwischen in einer Tarifstelle mit der Gefahrklasse 0,59 eingeordnet wird, heißt nicht, dass dies auch die Unfallgefahr in seinem Unternehmen darstellt. Denn die Gefahrklasse gibt nicht das Risiko des einzelnen Unternehmens wieder, sondern das durchschnittliche Risiko einer Tarifstelle, der das einzelne Unternehmen zugeordnet ist (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VII, § 157 Rn. 3, Stand: Dezember 2011).

Zum anderen ergibt sich nach einer wörtlichen und historischen Auslegung hinreichend klar, dass der Kläger in die Tarifstelle 15 einzugruppieren ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a Abs. 1 Satz 1, 183 SGG und § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.

Der Streitwert ist gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und 63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 3.808,08 EUR festzusetzen.

Nach § 52 Abs. 1 GKG ist die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Rechtssache nach Ermessen zu bestimmen. Der Streitwert ist nicht nach dem Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR nach § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen, weil der Sach- und Streitstand hinreichende Anhaltspunkte dafür bietet, das wirtschaftliche Interesse des Klägers anhand der sich aus dem angefochtenen Veranlagungsbescheid mittelbar ergebenden Beitragsmehrbelastung beziffern zu können (vgl. BSG, Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 59; Hessisches LSG, Beschluss v. 28.03.2013, L 3 U 149/10 B, juris, Rn. 14). Die Geltungsdauer des streitigen Gefahrtarifs endete bereits am 31. Dezember 2008. Das Interesse des Klägers bemisst sich daher nach der Differenz der für die Jahre 2007 und 2008 geschuldeten Beiträge bei einer Veranlagung nach der Tarifstelle 11 einerseits und der Tarifstelle 15 andererseits (vgl. BSG, Urt. v. 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, juris, Rn. 60). Diese Differenz beträgt ausweislich der Berechnung der Beklagten vom 5. Dezember 2013 3.808,08 EUR.

Die Streitwertfestsetzung betrifft nicht nur das Berufungsverfahren, sondern auch das Klageverfahren. Zwar wurde der Streitwertbeschluss des Sozialgerichts vom 13. September 2010 von keinem der Beteiligten mit einem Rechtsmittel angegriffen. Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG kann jedoch die Streitwertfestsetzung des Ausgangsgerichts vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen geändert werden, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz schwebt (vgl. BSG, Beschluss v. 10.06.2010, B 2 U 4/10 B, juris, Rn. 19).

Die Veröffentlichung des Urteils erfolgt nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Eine Nutzung dieses Urteils von Sozialversicherung-kompetent.de zur gewerblichen Nutzung ist untersagt.

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