Landessozialgericht Hessen 05.06.2014, L 3 U 70/12

  • Aktenzeichen: L 3 U 70/12
  • Spruchkoerper: 3. Senat
  • Instanzenaktenzeichen:S 1 U 214/08 
  • Instanzgericht: Sozialgericht Gießen
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 05.06.2014

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
  3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine höhere Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf der Grundlage eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV).

Der 1962 geborene Kläger war als Beamter bei der Y. AG tätig. Am 23. Juli 2002 schloss er mit der D. GmbH, einem Tochterunternehmen der Y. AG, einen Arbeitsvertrag über ein ab dem 1. September 2002 beginnendes Arbeitsverhältnis. Ab 1. September 2002 wurde er für diese Beschäftigung von seinem Beamtenverhältnis beurlaubt.

Am 28. Oktober 2003 erlitt der Kläger auf dem Weg zu seinem Beschäftigungsort einen Motorradunfall.

Auf die Anfrage der Beklagten zur Ermittlung des JAV für den Zeitraum Oktober 2002 bis September 2003 gab die D. GmbH in dem Fragebogen unter dem 18. August 2004 neben einem Arbeitsentgelt (Grundvergütung) von 40.827,07 EUR und einer variablen Sonderzahlung in Höhe von 126,00 EUR sowie vermögenswirksamen Leistungen von 79,80 EUR einen "Versorgungszuschlag" in Höhe von 12.058,18 EUR und damit eine Summe des Bruttoentgelts von 53.091,05 EUR an. Die Zeile "Versorgungszuschlag" wurde durchgestrichen und daneben vermerkt: "x b.w.". Auf der Rückseite wurde handschriftlich vermerkt "x fmdl. Hr. E. D. Der Versorgungsausgleich ist eine Leistung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft zur Aufrechterhaltung des Beamtenstatus. Kein JAV-Bestandteil".

Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 21. Dezember 2005 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v. H. und berücksichtigte hierbei einen JAV in Höhe von 41.032,87 EUR.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 9. Januar 2006 wandte sich der Kläger gegen die Höhe der MdE und des JAV. Hinsichtlich des Letzteren trug er vor, dass von der Firma D. GmbH nicht unerhebliche Pensionssicherungszahlungen zur Aufrechterhaltung seiner Pensionsansprüche aus dem Beamtenverhältnis gezahlt worden seien. Diese müssten analog zu den Rentenversicherungsbeiträgen betrachtet werden, zumal sie steuerpflichtig seien. Die Zahlungen seien wie Zahlungen zur Rentenversicherung bei Angestellten dem Bruttoarbeitseinkommen hinzuzurechnen und damit bei der Ermittlung des JAV zu berücksichtigen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2006 zurück. Zur Höhe des JAV führte sie aus, die von der D. GmbH an die Y. AG geleisteten Pensionssicherungszahlungen könnten nicht berücksichtigt werden, weil sie keine JAV-Eigenschaft hätten.

Am 4. April 2006 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben (S 1 U 83/06) und sich hierin gegen die Höhe der MdE sowie des JAV gewandt.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 hat die Beklagte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 40 v. H. bewilligt.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, die Pensionssicherungszahlungen seien Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zeige, dass Arbeitsentgelt nicht nur Einnahmen seien, die der Beschäftigte in die Hand bekomme, sondern auch Aufwendungen, die als Teil des Lohnes der Altersversorgung dienten. Zumindest ein Teilbetrag der Pensionssicherungszahlungen in Höhe von 5.000,00 EUR sei dem JAV zugrunde zu legen. In dieser Höhe lägen sie nämlich der Besteuerung zugrunde. Der Versorgungszuschlag diene dazu, für den Versicherungsfall der Rente eine Abfederung zu erreichen, sodass er mit dem Bruttoarbeitgeberanteil gleichzustellen sei. Ferner sei es auch unbillig im Sinne des § 87 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII), diese Leistungen, auch wenn sie erst im Alter ausgezahlt würden, nicht beim JAV zu berücksichtigen. Die Berechnung der Beklagten lasse die besondere Situation von beurlaubten Beamten unberücksichtigt. Während bei einem nicht beamteten Arbeitnehmer die Unfallrente auf der Grundlage des Bruttogehalts einschließlich der Arbeitnehmer-Sozialbeiträge berechnet werde, garantiere bei einem Beamten der Dienstherr Pensionsansprüche und Sozialansprüche, d. h. diese erschienen nicht im Bruttogehalt. Da bei einem Beamten das Brutto-Gehalt im Verhältnis zum Netto-Gehalt deutlich niedriger sei als bei Angestellten, führe die Berechnung der Beklagten nun dazu, dass der Lebensstandard vor dem Unfall nicht zu halten sei. Der Kläger hat seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 14. Juli 2004 vorgelegt, aus dem sich ein Bruttoarbeitslohn von 49.330,00 EUR sowie übrige Werbungskosten von 11.276,00 EUR ergeben. Ferner hat er Verdienstabrechnungen aus dem Jahr 2003 vorgelegt. Die Verdienstabrechnungen für Januar bis März 2003 weisen neben dem Gesamtbrutto von 3.145,96 EUR einen als Sachbezug bezeichneten Betrag von 912,79 EUR aus, der zunächst zu dem Gesamtbrutto hinzugerechnet und mit diesem als steuerpflichtiges Brutto von 4.058,75 EUR ausgewiesen wird. Die gesetzlichen Abzüge (Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag) von 213,90 EUR werden anschließend nur von dem Gesamtbrutto von 3.145,96 EUR in Abzug gebracht, was zu einer Überweisung an den Kläger von 2.900,30 EUR führt, während der Betrag von 912,79 EUR als "Überw. Versorgungsz." vermerkt wird.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass nur tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt der JAV-Berechnung nach § 82 SGB VII zugrunde zu legen sei mit dem Ziel, den Lebensstandard im Jahr vor dem Versicherungsfall zum Maßstab für die Rente zu machen. Pensionssicherungsleistungen würden nicht in bar an den Versicherten geleistet, sondern flössen unbar an die Muttergesellschaft zur Aufrechterhaltung des Beamtenstatus bzw. seiner Versorgungsansprüche und hätten daher auf den Lebensstandard des Versicherten im Jahr vor dem Versicherungsfall keinen Einfluss. Für die Beurteilung, welche Einnahmen Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV seien, komme es nicht darauf an, ob sie steuerfrei oder steuerpflichtig seien. So umfasse § 14 SGB IV auch steuerfreie Einnahmen. Keine Arbeitsentgelteigenschaft hätten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, soweit der Arbeitgeber hierzu gesetzlich verpflichtet sei. Analog dazu seien auch die Versorgungszuschläge nicht beim JAV zu berücksichtigen.

Das Sozialgericht hat am 31. Oktober 2008 das Verfahren wegen der Feststellung des JAV abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 1 U 214/08 fortgeführt. Die Klage S 1 U 83/06 hat der Kläger zurückgenommen.

Mit Urteil vom 10. Februar 2012 hat das Sozialgericht die Klage (S 1 U 214/08) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Pensionssicherungszahlungen seien weder Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV noch Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV. Auch ansonsten sei der JAV nicht zu erhöhen. § 82 Abs. 4 SGB VII, der den JAV für Beamte regele, sei nicht anwendbar, weil er nur für Versicherte im aktiven Beamtendienst gelte. Es lägen auch keine Anhaltspunkte für eine Unbilligkeit vor, die nach § 87 SGB VII zur Erhöhung des JAV führen könnten.

Gegen das ihm am 15. März 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. April 2012 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.

Zur Begründung trägt er vor, die Zahlungen der Pensionssicherungsleistungen seien als Einnahme aus einer Beschäftigung anzusehen. Bei anderer Ansicht würde der Kläger gegenüber Arbeitnehmern, die nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge Entgeltbestandteile in eine betriebliche Altersversorgung unschädlich für die Berechnung des JAV einzahlen könnten, ungleich im Sinne des Grundgesetzes behandelt. Auch die Versorgungszusage beruhe auf der tariflichen Vereinbarung und diene dem Ziel, die Pensionsansprüche des Klägers als Beamten abzusichern. Der Zweck der Zahlung sei identisch mit der Situation eines Arbeitnehmers, der mit seinem Einkommen betriebliche Altersvorsorge betreibe. Auch die Einzahlung des Entgelts für eine betriebliche Altersversorgung erfolge an einen Dritten, in der Regel eine Versicherungsgesellschaft, und werde erst im Alter des Versicherten zur Auszahlung gebracht. Nicht anders sei es auch beim Kläger.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Gießen vom 10. Februar 2012 und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 21. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2006 und des Bescheides vom 26. Oktober 2006 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine höhere Rente unter Berücksichtigung eines um die Versorgungszuschläge erhöhten JAV von mindestens 46.983,81 EUR zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, ihm eine höhere Rente unter Zugrundelegung eines nach § 87 SGB VII unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bestimmenden JAV zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Situation des Klägers sei nicht mit den Zahlungen eines Arbeitnehmers im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge im Wege der Entgeltumwandlung vergleichbar. Denn während bei der Entgeltumwandlung ein Teil des Bruttoeinkommens direkt in die Altersvorsorge fließe, würden vorliegend die von der Tochtergesellschaft gezahlten Beträge nicht vom Bruttoeinkommen einbehalten. Diese Zahlungen prägten mithin nicht die Lebensverhältnisse des Klägers im Jahr vor dem Unfall.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Beklagtenakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2006 sowie des Bescheides vom 26. Oktober 2006. Letzterer hat im Sinne des § 96 SGG nach Klageerhebung den angegriffenen Bescheid ersetzt und ist damit Gegenstand des Verfahrens geworden. Denn sofern ein Bescheid, mit dem eine Rente als vorläufige Entschädigung gewährt wird, angefochten wird, wird der nachfolgende Bescheid, mit dem über die Rente auf unbestimmte Zeit entschieden wird, gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2011, L 10 U 4346/08, juris, Rn. 22; Padç, in: juris-PK SGB VII, § 62 Rn. 45, Stand: 2013).

Andererseits konnte das Sozialgericht nicht die Festsetzung des JAV von der Festsetzung der MdE wirksam abtrennen. Denn es handelt sich hierbei nicht um verschiedene Streitgegenstände, sondern um einen einheitlichen Anspruch (auf Rente), dessen Höhe sich durch die Faktoren MdE und JAV bestimmt. Eine Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes ist mangels Außenwirkung kein Verwaltungsakt nach § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), sondern lediglich eine verwaltungsinterne Klärung eines Wertfaktors im Rahmen der Vorbereitung der Feststellung des Werts des Rechts auf Verletztenrente (BSG, Urteil vom 18.09.2012, B 2 U 14/11 R, juris, Rn. 18). Unselbstständige Faktoren eines einheitlichen prozessualen Anspruches können indes nicht (wirksam) nach § 202 SGG i. V. m. § 145 Abs. 1 Zivilprozessordnung abgetrennt werden (vgl. Hartmann, in: Baumbach, ZPO, 68. Aufl. 2010, § 145 Rn. 4).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Denn der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig. Insbesondere hat er der Berechnung der Rente einen zutreffenden JAV zugrunde gelegt. Der Versorgungszuschlag war nicht bei der Ermittlung des JAV zu berücksichtigen.

Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist der JAV der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist.

Mit dem JAV erhält das grundsätzlich auf abstrakte Schadensbemessung ausgelegte Rentenrecht einen Konkretisierungsanteil, der der Stellung der Versicherten im Erwerbsleben im Jahr vor dem Versicherungsfall Rechnung tragen soll (Schudmann, in: jurisPK-SGB VII, § 82 Rn. 22, Stand: 15.03.2014). Die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens entspricht der Funktion der Versichertenrente als abstraktem Erwerbsschadensausgleich (Schudmann, in: jurisPK-SGB VII, § 82 Rn. 24, Stand: 15.03.2014). Mit diesem Einkommen soll der Lebensstandard der Versicherten im Jahr vor dem Versicherungsfall zum Ausdruck gebracht und damit der soziale Status bei Eintritt des Versicherungsfalls bei der Bemessung der Geldleistung berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 30.09.1979, 8a RU 56/78, juris, Rn. 10 ff.).

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, die unmittelbar oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (in der hier anwendbaren Fassung des Änderungsgesetzes vom 26. Juni 2001) sind Arbeitsentgelt auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung für betriebliche Altersvorsorge in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden.

Davon ausgehend ist der Versorgungszuschlag kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 82 SGB VII i. V. m. § 14 SGB IV.

Arbeitsentgelte sind solche Einnahmen, die einem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 24/10 R, juris, Rn. 18).

Der Versorgungszuschlag fließt dem Kläger aber nicht zu. Er wird zwar in der Gehaltsbescheinigung als Teil des steuerpflichtigen Bruttos ausgewiesen, aber unmittelbar an die Y. AG überwiesen, ohne dass der Kläger dies beeinflussen könnte. Dies steht zwar nicht zwingend einer Qualifikation als Arbeitsentgelt entgegen. Denn auch der Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist der Verfügung des Arbeitnehmers durch Lohnabzug von Beginn an entzogen, gehört aber gleichwohl zum Arbeitsentgelt, wie § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausdrücklich klarstellt (Werner, in: jurisPK-SGB IV, § 14 Rn. 44, Stand: 2011). Dass der Versorgungszuschlag seinen Grund und seine Rechtfertigung letztlich im Beamtenrecht hat, steht ebenfalls einer Anerkennung als Arbeitsentgelt noch nicht entgegen (vgl. Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 14 Rn. 7, Stand: 2013).

Der Versorgungszuschlag ist aber aufgrund seiner rechtlichen Konstruktion und Qualität nicht als Arbeitsentgelt anzusehen.

Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz werden die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten unter Wahrung ihrer Rechtstellung und der Verantwortung des Dienstherrn bei privaten Unternehmen beschäftigt. Zur näheren Ausgestaltung dieses sog. Beleihungsmodels regelt das Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz) die Rechtsverhältnisse der ehemaligen Postbediensteten. Nach § 2 Abs. 3 Satz 5 Postpersonalrechtsgesetz obliegt unbeschadet der Regelungen in den §§ 14 bis 16 die Zahlungs- und Kostentragungspflicht für vermögensrechtliche Ansprüche der Aktiengesellschaft, bei der die Beamten beschäftigt sind. Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 Postpersonalrechtsgesetz bedienen sich die Aktiengesellschaften bei der Erfüllung ihrer Zahlungspflichten der Postbeamtenversorgungskasse bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Postpersonalrechtsgesetz erbringt die Postbeamtenversorgungskasse Versorgungsleistungen an ehemalige Beamte des Sondervermögens Deutsche Bundespost, des Teilsondervermögens Deutsche Bundespost TELEKOM sowie Beschäftigte der Aktiengesellschaften, denen aus einem Beamtenverhältnis Ansprüche auf Versorgung zustehen. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Postpersonalrechtsgesetz leisten ab dem Jahre 2000 die Aktiengesellschaften zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen Beiträge an die Postbeamtenversorgungskasse in Höhe von 33 v. H. der Bruttobezüge ihrer aktiven Beamten und der fiktiven Bruttobezüge ihrer beurlaubten Beamten, soweit die Zeit der Beurlaubung ruhegehaltfähig ist.

Die hiernach von der Y. AG für die Versorgungsansprüche des Klägers aufzuwendenden Beiträge wurden im Rahmen der Beurlaubung des Klägers von der D. GmbH an die Y. AG in Form eines sog. Versorgungszuschlages gezahlt.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen, Bundesbeamte, Richterinnen und Richter des Bundes (Sonderurlaubsverordnung) in der hier anwendbaren Fassung vom 25. April 1997 kann Urlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Danach können Beamte zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einer Tochtergesellschaft eines Postnachfolgeunternehmens beurlaubt werden, während § 4 Abs. 3 Satz 1 Postpersonalrechtsgesetz nur die sog. Insichbeurlaubung zum Zwecke einer Beschäftigung bei einer der drei Postnachfolgeaktiengesellschaften erfasst (Stolz, Der beurlaubte Beamte im Angestelltenverhältnis, 2010, S. 38, 89 ff.). Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht ist der beurlaubte Beamte trotz parallelem Arbeitsverhältnis weiterhin von der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung, auch in der gesetzlichen Rentenversicherung (nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) – Sechstes Buch (VI) – Gesetzliche Rentenversicherung), befreit (Stolz, Der beurlaubte Beamte im Angestelltenverhältnis, 2010, S. 84, Fn. 244, S. 131 ff.).

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) kann die Zeit für eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge nur dann als ruhegehaltsfähig berücksichtigt werden, wenn spätestens bei der Beendigung des Urlaubs schriftlich zugestanden worden ist, dass dieser öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient. Nach Nr. 6.1.10 der Verwaltungsvorschrift zu § 6 BeamtVG kann die Berücksichtigung der Zeit der Beurlaubung ohne Dienstbezüge als ruhegehaltsfähige Dienstzeit von der Erhebung eines Versorgungszuschlages abhängig gemacht werden (Satz 2), der in Höhe von 30 Prozent der ohne Beurlaubung jeweils zustehenden ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge zuzüglich eines örtlichen Sonderzuschlages und der anteiligen jährlichen Sonderzuwendungen zu erheben ist (Satz 3). Der Versorgungszuschlag ist die Gegenleistung dafür, dass die beurlaubende Stelle die Urlaubszeit in die ruhegehaltsfähige Dienstzeit einrechnet, mithin die Versorgungslast auch für die Zeit trägt, in der der Beamte für einen Dritten tätig ist (vgl. Stolz, Der beurlaubte Beamte im Angestelltenverhältnis, 2010, S. 84). Er soll mithin dem Dienstherrn einen finanziellen Ausgleich für die zu seinen Lasten gehende Erhöhung der Versorgungsbezüge des Beamten ermöglichen und einen Gegenwert dafür darstellen, dass der beurlaubte Beamte seiner grundsätzlichen Verpflichtung, seinem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, nicht nachkommt (Weinbrenner/Schmalhofer, Beamtenversorgungsrecht, § 6 BeamtVG Rn. 128, 131, Stand: Juli 2011).

Auf dieser Grundlage hat die D. GmbH monatlich einen sog. Versorgungszuschlag an die Y. AG geleistet, um die Pensionsansprüche des Klägers zu finanzieren. Ab dem 1. April 2010 erhebt die Y. keine Versorgungszuschläge mehr für zwischenzeitlich bei anderen Arbeitgebern tätige ehemalige Y.-Beamte (Kurzinformation der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 08.06.2010, S 2332 A-St 32 2, juris).

Auch wenn Schuldner des Versorgungszuschlages der beurlaubte Beamte selbst sein sollte (so Weinbrenner/Schmalhofer, Beamtenversorgungsrecht, § 6 BeamtVG Rn. 133, Stand: Juli 2011), haben sich die Tochter- und Beteiligungsgesellschaften verpflichtet, der Y. AG den monatlichen Versorgungszuschlag zu zahlen (Nokiel, ZTR 2006, 235, 241).

Damit ist der Versorgungszuschlag mit arbeitgeberfinanzierten Beiträgen zur Altersversorgung vergleichbar. Beiträge des Arbeitgebers zur Altersvorsorge sind aber grundsätzlich kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV (vgl. Werner, in: jurisPK-SGB IV, § 14 Rn. 248, Stand: 2011; abweichend Knospe, in Hauck/Noftz, SGB IV, § 14 Rn. 40, Stand: 2013). Kein Arbeitsentgelt sind etwa arbeitgeberfinanzierte Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, solange der Versorgungsanspruch noch nicht fällig geworden ist, da es an einem gegenwärtigen Vermögenszufluss fehlt (Fraedrich, NZA 2012, 129, 130; Uckermannilck/Eversloh, DStR 2014, 1009; im Ergebnis ebenso Vogelsang, in: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Aufl. 2013, § 84 Rn. 149). Ferner gehört der vom Arbeitgeber zu tragende Rentenversicherungsbeitrag nicht zum Bruttoarbeitsentgelt (BSG, Urteil vom 29.06.2000, B 4 RA 57/98 R, juris, Rn. 129; Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 14 Rn. 63, Stand: 2008; a.A. Werner, in: jurisPK-SGB IV, § 14 Rn. 57, Stand: 2011, sowie Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 14 Rn. 22, Stand: 2013).

Ob Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten erfolgt, Arbeitslohnqualität haben, wenn sie sich wirtschaftlich so darstellen, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer sie zum Zwecke seiner Zukunftssicherung verwendet hat und dadurch einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch auf Leistungen erwirbt (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.02.2012, L 13 R 5466/09, juris, Rn. 16) und ob dies auch im Rahmen des § 82 SGB VII gilt, kann dahinstehen. Eine solche Konstellation liegt bei dem Versorgungszuschlag jedenfalls nicht vor.

Etwas anderes ergibt sich für den Versorgungszuschlag auch nicht aus dem ab 1. Januar 2002 in Kraft getretenen § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Danach sind Arbeitsentgelt auch Entgeltanteile, die durch Entgeltumwandlung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden. Hierbei werden künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistung umgewandelt. Bis zum 31. Dezember 2001 wurde in diesen Fällen der Entgeltanteil, der in eine Versorgungsanwartschaft umgewandelt worden ist, nicht dem Arbeitsentgelt zugerechnet, da Entgeltumwandlung nicht zu sofortigem Vermögenszufluss, sondern erst zu künftig zufließendem Einkommen führt (Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 14 Rn. 45, Stand: 2013; vgl. BT-Drucksache 14/5150, S. 33). Der Sache nach handelt es sich bei § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV damit um eine Fiktion einer Einnahme (Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 14 Rn. 68, Stand: 2008). Die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zeigt, dass es zur Bestimmung dessen, was Einnahmen sind, auf die unmittelbare Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit infolge Vermögenszufluss ankommt, weil es ihrer sonst nicht bedurft hätte (Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 14 Rn. 34, Stand: 2013). Eine solche Fiktion fehlt für den Versorgungszuschlag. Wenn schon Entgelt, das sich im Rahmen der Entgeltumwandlung in eine Versorgungsanwartschaft wandelt, ohne gesetzliche Fiktion kein Arbeitsentgelt ist, kann eine rein arbeitgeberfinanzierte Versorgungsanwartschaft erst recht prinzipiell kein Arbeitsentgelt sein. Denn im Unterschied zur Entgeltumwandlung würden dem Arbeitnehmer die Versorgungszuschläge nicht ohne Umwandlung in Zukunft als laufendes Entgelt zufließen.

Schließlich ändert auch die steuerrechtliche Behandlung des Versorgungszuschlages nichts daran, dass er kein Arbeitsentgelt ist.

Der Versorgungszuschlag, der im Falle einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG gezahlt wird, ist steuerpflichtiger Arbeitslohn, wobei allerdings in gleicher Höhe beim Arbeitnehmer Werbungskosten vorliegen (Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 22.02.1991, VV DEU BMF 1991-02-22 IV B 6-S 2360-3/91, BStBl. 1991, 951, juris).

Die steuerrechtliche Behandlung des Versorgungszuschlages ist für die Beurteilung nach § 14 SGB IV jedoch nicht maßgeblich.

Zunächst sind die (auf der Verordnungsermächtigung in § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV beruhenden) Regelungen der Arbeitsentgeltverordnung (seit 1. Januar 2007: Sozialversicherungsentgeltverordnung), wonach bestimmte Einnahmen nicht als Arbeitsentgelt gelten, wenn sie steuerfrei sind, und gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regeln des Steuerrechts sicherzustellen ist, nicht für den Begriff des Arbeitsentgelts in § 82 SGB VII anwendbar. Die Nichtanwendung der Arbeitsentgeltverordnung (Sozialversicherungsentgeltverordnung) auf die gesetzliche Unfallversicherung rührt daher, dass angesichts der ausschließlichen Beitragspflicht der Unternehmer (§ 150 Abs. 1 SGB VII) Versicherte hier keinen Vorteil davon haben, dass steuerfreie Bestandteile ihres Arbeitsentgelts nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, und die Verordnung nach § 17 Abs. 1 SGB IV im Wesentlichen auf die der Vereinfachung des Beitragseinzuges dienenden Übereinstimmung mit dem Steuerrecht abzielt (Schudmann, in: jurisPK-SGB VII, § 82 Rn. 47 m. w. N., Stand: 2014).

Zudem regelt bereits § 14 SGB IV den Begriff des Arbeitsentgelts unabhängig von der steuerrechtlichen Beurteilung (H. Becker, in: ders. u. a., SGB VII, 3. Aufl. 2011, § 82 Rn. 6; Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 14 Rn. 7, Stand: 2013). Das SGB IV hat die vor seinem Inkrafttreten bestehende prinzipielle Anbindung des Sozialversicherungsrechts an das Steuerrecht nicht aufrechterhalten, weil Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht unterschiedliche Funktionen haben (Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV, § 14 Rn. 2, Stand: 2011). Die Funktion des § 82 SGB VII besteht darin, den Lebensstandard und den sozialen Status des Versicherten in den letzten 12 Monaten zu berücksichtigen. Der Versorgungszuschlag indes prägt den Lebensstandard des Klägers erst im Versorgungsfall.

Der Umstand, dass der Versorgungszuschlag einerseits steuerpflichtig ist, andererseits aber in voller Höhe als Werbungskosten abgesetzt werden kann, macht zudem ersichtlich, dass die formale steuerrechtliche Behandlung letztlich nicht entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung sein kann. Faktisch ist der Versorgungszuschlag damit nicht steuerpflichtig. Auch der Kläger hat offenbar den Versorgungszuschlag in voller Höhe als Werbungskosten berücksichtigen können. Die monatlichen Abschläge für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag wurden nicht auf den Versorgungszuschlag erhoben. Durch eine Deklaration als lohnsteuerpflichtiges Einkommen, die den Besonderheiten des Einkommensteuerrechts Rechnung trägt, kann indes nicht die Eigenschaft als Arbeitsentgelt, das den JAV erhöht, erreicht werden. Bis 1989 war sogar aus Vereinfachungsgründen davon abgesehen worden, in der Zahlung des Versorgungszuschlages durch den Arbeitgeber steuerpflichtigen Arbeitslohn zu sehen; diese Regelung wurde ab 1990 wegen des – damaligen – neuen hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 2.000,00 DM und der abschließenden gesetzlichen Regelung des steuerfreien Werbungskostenersatzes nicht mehr aufrechterhalten, sodass der vom Arbeitgeber gezahlte Versorgungszuschlag als steuerpflichtiger Arbeitslohn angesehen wurde, der beim Arbeitnehmer entsprechende Werbungskosten entstehen ließ (Schreiben des Ministeriums der Finanzen und Bundesangelegenheiten das Saarlandes vom 28.01.2005, B/2-4-25/2005-S 2333, juris).

Auch nach § 82 Abs. 4 Satz 1 SGB VII kann der Kläger keinen höheren JAV beanspruchen. Danach gilt für jemanden, dem sonst Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist und der einen Versicherungsfall erleidet, für den ihm Unfallfürsorge nicht zusteht, als JAV der Jahresbetrag der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, die der Berechnung eines Unfallruhegehalts zugrunde zu legen wären. Die Vorschrift ist jedoch nur für aktive, nicht aber für beurlaubte Beamte anwendbar (Fröhlke, in: Lauterbach, SGB VII, § 82 Rn. 38, Stand: 2003).

Der JAV war auch nicht - auf den als Hilfsantrag zu verstehenden Vortrag des Klägers - nach § 87 SGB VII neu festzusetzen. Danach wird der JAV nach billigem Ermessen im Rahmen von Mindest- und Höchst-Jahresarbeitsverdiensten festgesetzt, wenn ein nach der Regelberechnung festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig ist (Satz 1), wobei insbesondere die Fähigkeiten, die Ausbildung, die Lebensstellung und die Tätigkeit der Versicherten im Zeitpunkt des Versicherungsfalls berücksichtigt werden (Satz 2).

Die Vorschrift will vermeiden, dass ein Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen, das aus besonderen Gründen vorübergehend nicht der normalen Lebenshaltung des Versicherten entspricht, der Rentenberechnung als JAV zugrunde gelegt und zum Maßstab für die gesamte Laufzeit der Rente gemacht wird (BSG, Urteil vom 30.10.1991, 2 RU 61/90, juris, Rn. 21). Ihr Ziel ist es damit, den JAV als Grundlage der Rente so zu bemessen, dass der Lebensstandard gesichert wird, den der Versicherte zeitnah vor dem Unfall erreicht hat und auf den er sich eingerichtet hat (BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 24/10 R, juris, Rn. 24).

Bei der Bewertung, ob der JAV unbillig ist, steht dem Rechtsanwender kein Beurteilungsspielraum zu (BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 24/10 R, juris, Rn. 23). Erst wenn die in erheblichem Maße bestehende Unbilligkeit feststeht, hat der Unfallversicherungsträger eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Höhe des JAV zu treffen, die nur eingeschränkt im Rahmen des § 54 Abs. 2 SGG gerichtlich nachprüfbar ist (BSG, Urteil vom 30.10.1991, 2 RU 61/90, juris, Rn. 19). Wäre - wie der Kläger (hilfsweise) geltend macht - ein nach der Regelberechnung festgesetzter JAV in erheblichem Maße unbillig, wären die angefochtenen Verwaltungsakte aufzuheben und der beklagte Unfallversicherungsträger zu verpflichten, den Kläger aufgrund erforderlicher Neufestsetzung des JAV nach pflichtgemäßem Ermessen hinsichtlich der Höhe der Rente neu zu bescheiden (BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 24/10 R, juris, Rn. 15).

Eine Unbilligkeit in diesem Sinn liegt jedoch nicht vor.

Sie ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Kläger bei einem Dienstunfall nach beamtenrechtlichen Grundsätzen höhere Fürsorgeleistungen erhalten hätte oder darin, dass ein sozialversicherungspflichtiger Angestellter einen höheren JAV hätte. Der nach den gesetzlichen Vorgaben festgesetzte JAV ist nur dann unbillig, wenn der zugrunde liegende Betrag außerhalb jeder Beziehung zu den Einnahmen steht, die für den Versicherten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls oder innerhalb der Jahresfrist vor diesem Zeitpunkt die finanzielle Lebensgrundlage gebildet haben (BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 24/10 R, juris, Rn. 25). Die Festsetzung des JAV ist danach nicht in erheblichem Maße unbillig, wenn der nach § 82 SGB VII ermittelte JAV den Fähigkeiten, der Ausbildung, der Lebensstellung und der Tätigkeit des Versicherten in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Monat des Versicherungsfalles entspricht (BSG, Urteil vom 15.09.2011, B 2 U 24/10 R, juris, Rn. 25). Dies ist hier der Fall. Denn bei dem Kläger ist in dem maßgeblichen Jahreszeitraum keine solche Änderung eingetreten. Tätigkeit und Einkommen des Klägers waren von September 2002 bis September 2003 gleich.

§ 87 SGB VII will den Versicherten auch nicht so stellen, wie er vor einem Arbeitsplatzwechsel gestanden hätte. Ein mit einem Arbeitsplatzwechsel verbundener Minderverdienst ist daher grundsätzlich nicht auszugleichen (vgl. BSG, Urteil vom 22.11.1979, 8a RU 28/79, juris; Schudmann, in: jurisPK-SGB VII, § 87 Rn. 34, Stand: 15.03.2014).

Diese Auslegung des § 87 SGB VII verstößt auch nicht gegen die Grundrechte des Klägers, insbesondere nicht gegen den Gleichheitssatz. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung besteht nicht darin, dass das Brutto des Klägers während seiner Tätigkeit bei D. im Vergleich zu Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten sind, verhältnismäßig gering ist. Dies ist Konsequenz seines Status als beurlaubter Beamter in einem Angestelltenverhältnis. Dass er auch in der neuen Beschäftigung keine Sozialversicherungsbeiträge zahlt, ist zum einen für ihn vorteilhaft, zum anderen – nämlich bei der Berechnung des JAV – nachteilig, aber nicht unbillig. Dass die Vorteile beider Systeme – dem Sozialversicherungsrecht und dem Beamtenrecht – nicht kumuliert werden, ist weder unbillig noch von Verfassungs wegen zu beanstanden. Schließlich entsprach diese rechtliche Stellung gerade dem Willen des Klägers. Denn die Beurlaubung nach § 13 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt (Nokiel, ZTR 2006, 235, 241), und der Abschluss des Arbeitsvertrages setzte eine entsprechende privatrechtliche Willenserklärung des Klägers voraus.

Es gibt auch weder ein einfachrechtliches noch ein verfassungsrechtliches Gebot, Beamte der Postnachfolgeunternehmen, die für eine privatrechtliche Tätigkeit beurlaubt sind, in jeder Hinsicht einem nicht beurlaubten Beamten gleichzustellen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.11.2012, 1 A 872/10, juris, Rn. 54 ff.).

Schlechthin unerträgliche Härten können schließlich durch eine fakultative Unfallfürsorge nach § 31 Abs. 5 BeamtVG abgewendet werden. Danach kann Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung oder infolge dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet. Diese Voraussetzungen sind in der Regel bei einer Beurlaubung zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses mit einem Postnachfolgeunternehmen oder einem konzernangehörigen Unternehmen erfüllt, wobei die Unfallfürsorge nach § 31 Abs. 5 BeamtVG ergänzend neben die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung treten kann, in der der beurlaubte Beamte pflichtversichert ist (Stolz, Der beurlaubte Beamte im Angestelltenverhältnis, 2010, S. 152.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

 

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