Landessozialgericht Hessen 07.08.2012, L 3 U 24/09

  • Aktenzeichen: L 3 U 24/09
  • Spruchkoerper: 3. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 10 U 3674/03
  • Instanzgericht: Sozialgericht Frankfurt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 07.08.2012

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob Erkrankungen des Klägers am Skelettsystem, insbesondre eine Osteopenie (Abnahme der Knochendichte) als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlagen zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und eine Hyperkalzurie (vermehrte Ausscheidung von Kalzium im Harn) wie eine Berufskrankheit festzustellen und zu entschädigen sind.

Der 1943 geborene Kläger war nach seiner Mechanikerlehre und Ausbildung zum Meister bei verschiedenen Firmen tätig. Von Januar 1979 bis Juli 1990 war er bei der Firma XY. in KN. beschäftigt. Dort hatte er bis Februar 1989 während seiner Tätigkeit als mithelfender Meister in der Uranwerkstatt Kontakt zu abgereichertem Uran (DU) und Thorium. Durch den Umgang mit abgereicherten metallischen und oxidischen Uran-Isotopen (U-234, -235, -238) sowie mit thoriumhaltigen Metallen war er einer äußeren und inneren Strahlenexposition ausgesetzt. Bei der mechanischen Bearbeitung sowie beim Schmelzvorgang dieser Metalle entstanden radioaktive Aerosole und Kontaminanten, die sowohl zur kutanen als auch zur inhalativen Aufnahme führten.

Wegen einer Osteopenie und einer Hyperkalzurie befindet sich der Kläger seit 1990 in endokrinologischer Behandlung bei Prof. Dr. QQ. in B-Stadt. Der Kläger leidet unter multiplen Beschwerden, insbesondere im Skelettbereich, weshalb in den Jahren 1996 und 2004 in den Hüften und 2005 im Knie künstliche Gelenke eingesetzt werden mussten. Prof. Dr. QQ. diagnostizierte eine idiopathische Hyperkalzurie, in deren Folge die Osteopenie eingetreten sei.

Im August 1996 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag auf Anerkennung seiner Erkrankungen als Berufskrankheit. Diese seien auf die Einwirkungen radioaktiver Strahlen während seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma XY. zurückzuführen.

Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen sowie eines Vorerkrankungsverzeichnisses und nach Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 4. März 1997 sowie einer Stellungnahme des Landesgewerbearztes und des Beratungsarztes Prof. Dr. WW. lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 18. Dezember 1997 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV ab.

Mit seinem dagegen am 12. März 1998 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, seine berufliche Lebensdosis für den Beschäftigungszeitraum bei XY. sei mit 2479,80 mSV (Blatt 64 der Verwaltungsakten) um ein Vielfaches höher als die zulässige von 400 mSV.

Auf Vorschlag des Klägers beauftragte die Beklagte den Arzt für Nuklearmedizin an der O-Universität OO. Prof. Dr. EE. mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. Nachdem weitere Arbeitsplatzermittlungen durch die Beklagte auf Vorschlag des Sachverständigen durchgeführt worden waren, führte der Sachverständige in seinem Gutachten vom 26. Juli 1999 aus, nach eigener Berechnung der Strahlenbelastung des Klägers sei der Kläger einer 40-fach höheren Uran-Strahlendosis ausgesetzt gewesen als erlaubt. Die fortschreitende und schmerzhafte Form der Osteoporose der Wirbelsäule, die Markraumfibrose im Oberschenkelkopf, die Osteoporose der Femur-Halsregion, die Arthrose der Hüftgelenke beidseits, die mehrfachen Zahnschäden, die Ohrgeräusche, die Innenohrschwerhörigkeit und die Störung des Gleichgewichtsorganes seien Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV. Die strahlenbedingte Osteoporose werde gefördert durch eine renal, also auf einer Schädigung der Niere beruhende Form vermehrter Ausscheidung von Kalzium. Die Ursache der Nierenschädigung, die sich auch im wiederholten Auftreten von Erythrozyten im Urin und Ausscheidung von Eiweiß geäußert habe, liege in einer Schwermetallvergiftung durch das beruflich inkorporierte Uran. Dies sei als Berufskrankheit anzusehen. Da insoweit als Schädigung keine Einwirkung von Strahlen im Vordergrund stehe, handele es sich nicht um eine BK nach Nr. 2402. Es liege eine chemische Einwirkung durch Metall vor, entsprechend Absatz Nr. 11 der Anlage 1 der BKV, dort sei allerdings die Vergiftung durch Uran nicht gesondert ausgewiesen.

Die die Beklagte beratende HNO-Ärztin Dr. RR. führte in ihrer Stellungnahme vom 27. August 1999 aus, eine Schwerhörigkeit durch die Einwirkung ionisierender Strahlen sei weder im Merkblatt zur BK 2402, noch in der sonstigen arbeitsmedizinischen Literatur, noch in der HNO-Literatur beschrieben. Ein Zusammenhang zwischen der Strahleneinwirkung und der von dem Kläger angegeben Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sei nach den derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht wahrscheinlich zu machen. Die im Audiogramm vom 12. Februar 1990 dokumentierte geringe Hörminderung im Hochtonbereich (Hörverlust beidseits 0 % nach allen gebräuchlichen Tabellen) und die subjektiven Ohrgeräusche sowie die von dem Kläger geklagten Schwindelbeschwerden seien am wahrscheinlichsten auf die beschriebenen schweren degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule zurückzuführen. Sie seien im selben Zeitraum festgestellt worden, in dem die Ohrgeräusche erstmals aufgetreten seien. Der Zusammenhang zwischen degenerativen HWS-Veränderungen und Hörstörungen sowie Ohrgeräuschen, vor allem aber mit Schwindelbeschwerden sei in der HNO- und orthopädischen Literatur vielfach beschrieben. Der Beratungsarzt Prof. Dr. WW. führte am 28. September 1999 aus, eine Erkrankung der Knochen und ein Nierenschaden in Form einer Hyperkalzurie werde weder in den Merkblättern zur BK 2402 noch in der sonstigen arbeitsmedizinischen Literatur beschrieben. Prof. Dr. EE. setze sich nicht damit auseinander, ob die beruflichen Expositionsbedingungen überhaupt geeignet gewesen seien, derartige Erkrankungen zu verursachen.

Der Kläger legte hierzu eine Äußerung des Prof. Dr. EE. vom 6. März 2002 vor, worin dieser an seinem Ergebnis festhielt.

Die Beklagte beauftragte sodann den Facharzt für Innere Medizin, Arbeitsmedizin und Umweltmedizin und Professor für Strahlenbiologie und Strahlenschutzmedizin am TT Klinikum der Charité GS., Prof. Dr. ZZ., mit einer weiteren Begutachtung. Dieser hielt vorab eine fachkundige Einschätzung der Strahlenbelastung des Klägers für nötig. Diese wurde von dem Leiter des "Fachgebietes Interne und Externe Dosimetrie, Biokinetik" des Instituts für Strahlenhygiene UU. des Bundesamtes für Strahlenschutz Dr. OO. in einer gutachtlichen Stellungnahme vom 13. Januar 2003 erstellt. Unter Zugrundelegung der vorliegenden Messdaten und anhand der aktuell gültigen Stoffwechsel- und Dosismodelle der Internationalen Strahlenschutzkommission ICRP errechnete Dr. OO. unter Zugrundelegung des Messwertes der durchschnittlichen Aktivitätskonzentration in der Raumluft für Thorium für die 20-Jahre-Folge Äquivalentdosis bis zum Jahre 1999 einen Dosiswert für die Knochenoberfläche von 3600 mSv und für die Niere von 120 mSv. Die Dosisabschätzung für die Uraninkorporation erfolgte auf Grundlage der Urinausscheidungsmessergebnisse und führte zu einer 50-Jahre-Folge Äquivalentdosis an der Knochenoberfläche von 48 mSv und an der Niere von 18 mSv. Zu der von Prof. Dr. EE. vorgenommenen Dosisabschätzung führte Dr. OO. aus, dieser habe teilweiße veraltete Daten verwendet (Dosisfaktoren) und obere Dosisabschätzungen vorgenommen, die in ihrer Höhe nicht nachvollziehbar seien.

Prof. Dr. ZZ. gelangte in seinem Gutachten vom 25. Juni 2003 zu dem Ergebnis, die Knochenerkrankung des Klägers sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht strahlenbedingt. Zum einen sei die festgestellte Strahlendosis, der der Kläger ausgesetzt gewesen sei, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen bei weitem nicht ausreichend für die Verursachung einer Osteopenie oder sonstigen Schäden am Skelettsystem. Zum anderen handele es sich bei den verschiedenen Schäden des Skelettsystems des Klägers nicht um typische radiogene Schadensbilder, sondern um degenerative Veränderungen, deren Ursachen weitgehend ungeklärt seien. Auch der Nierenschaden sei nicht auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen. Nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen führe nur der Kontakt zu löslichen Uranverbindungen zu Schäden an der Niere. Chronische Expositionen gegenüber unlöslichen Uranverbindungen, wie z.B. Urantrioctoxid-U308-Pulver, hätten dagegen keine toxischen systemischen Wirkungen gezeigt. Der Kläger habe nach eigener Darstellung und nach Mitteilung der Firma XY. nur Umgang gehabt mit abreicherten metallischen Uran-Isotopen und mit unlöslichem Uran308 und sei damit vorwiegend der radioaktiven Wirkung von inhaliertem Urantrioctoxid-U308-Pulver ausgesetzt gewesen. Die unlöslichen Uranverbindungen könnten sich jedoch nach inhalativer Aufnahme in der Lunge ablagern und dort je nach Radioaktivitätskonzentration möglicherweise Strahleneffekte induzieren. Dieses Ergebnis, dass im Skelett- und Nierenbereich des Klägers kein Strahlenschaden vorliege, decke sich auch mit den Untersuchungsbefunden an der Haut der Hände und am blutbildenden System, denn es hätten sich keine Hinweise auf einen kutanen Strahlenschaden im Handbereich oder auch keine pathologischen Blutbildveränderungen gefunden. Es gebe auch keine wissenschaftlichen Belege für eine radiogene Verursachung krankhafter Erscheinungen am Gehör- und Gleichgewichtsorgan in Form von Hörgeräuschen (Tinnitus) und Schwindelerscheinung, sodass auch diese nicht als BK-Folgen anzuerkennen seien. Prof. Dr. ZZ. hatte seinem Gutachten eine Auskunft des Prof. Dr. QQ. vom 22. Mai 2003 zugrunde gelegt, der angegeben hatte, die idiopatische Hyperkalzurie könne auch die alleinige Ursache für eine Osteopenie bei dem Kläger sein. Prof. Dr. ZZ. empfahl die regelmäßige Durchführung nachgehender Untersuchungen, da bei dem Kläger die Gefahr der Entwicklung von bösartigen Neoplasien bestehe.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 8. September 2003 zurück.

Gegen den am 15. September 2003 der Post zur Beförderung übergebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) am 15. Oktober 2003 Klage erhoben.

Nach der Operation zur totalendoprothetischen Versorgung des linken Hüftgelenkes im September 2004 ließ die Beklagte dem Kläger dabei entnommenes Oberschenkelknochenmaterial durch das GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, GmbH – im Institut für Strahlenschutz in PP. auf Uran- und Thoriuminkorporation untersuchen. Es wurde der Urangehalt in verschiedenen Knochenproben ermittelt und dann ein mittlerer Wert errechnet. Daraus ergab sich ausgehend von einem Gesamt-Skelettgewicht von ca. 10 kg beim Mann und einer homogenen Verteilung von Uran in allen Knochengeweben eine Gesamtmenge von ca. 64 Mikrogramm Uran im Skelett des Klägers. Als Referenzwerte über Urangehalt im Skelett von Normalpersonen wurden 59 Mikrogramm, 44 Mikrogramm und 5,2 Mikrogramm genannt. Es wurde hinzugefügt, der niedrigere Wert stimme auch mit eigenen Modellierungsrechnungen zum Uranstoffwechsel des Menschen überein. Es wurde sowohl Natururan als auch abgereichertes Uran nachgewiesen. Bei den Thoriummessungen ergab sich eine Gesamtmenge von 7,4 Mikrogramm Thorium im Skelett. Der Vergleich der Referenzwerte mit dem gefundenen Thoriumwert des Klägers ergab, dass sich dessen Thoriumgehalt im Knochen im Normbereich bewegt. Bei der Messung des Urangehaltes im Urin lag der Wert für die Tagesausscheidung an der oberen Grenze des Referenzbereiches. Es wurde festgestellt, es könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ein Ausscheidungswert, wie er bei dem Kläger gefunden wurde, keinerlei gesundheitliche Gefährdung darstelle. Bei der Messung der Isotopenverhältnisse von Uran im Urin des Klägers ergaben die gemessenen Isotopenverhältnisse keine Abweichung von Natururan. Der Wert für die Tagesausscheidung im Urin lag bei 83 Nanogramm Uran.

Bei einer im Forschungszentrum BM. durch den Arzt für Strahlenschutz Dr. ÜÜ. durchgeführten Untersuchung des Klägers gemäß ODIN (Organisationsdienst für nachgehende Untersuchungen) fanden sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer BK nach Nr. 2402.

Von dem Kläger wurde eine Stellungnahme des Prof. Dr. EE. vom 18. Juni 2006 zu den Akten gereicht. Darin hat dieser zusammenfassend ausgeführt, die Auswertung der Analysen der Knochenproben und des Urins belegten eine beruflich bedingte erhebliche Einlagerung von abgereichertem Uran in das Skelettsystem. Dabei sei es im Bereich der Spongiosa (trabekulärer Knochen) aufgrund der dort herrschenden besonderen Geometrie im Sinne einer Kreuzfeuerbestrahlung durch die Alphateilchen zum irreparablen gehäuften Zelltot (Knochennekrose im mikroskopischen Bereich) gekommen. Eine normale Erneuerung des Knochens, wie es die Voraussetzung für eine Langzeitstabilität sei, könne in den davon betroffenen Bereichen nicht mehr erfolgen. Er empfahl, dass auch das im Bereich des Kniegelenks entnommene Knochenmaterial analysiert werde.

In einer weiteren Stellungnahme vom 27. Oktober 2006 errechnete Dr. OO. die summare Strahlendosis in der Spongiosa und in der Compacta des linken Hüftknochens. Er hat ausgeführt, die neuen Messergebnisse des Uran- und Thoriumgehalts des linken Hüftknochens des Klägers stützten seine auf den Raumluftmessungen für Uran basierende Dosisabschätzung in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 13. Januar 2003, während die höhere Dosisabschätzung für Uran aus dieser Stellungnahme, die auf den Urinmessungen basiere, sowie die Dosisabschätzung für Thorium, die auf der Raumluftmessung des Jahres 1979 basiere, aufgrund der neuen Messergebnisse deutlich zu hoch schienen. Daraus ergebe sich aufgrund von Uranzufuhren in den Jahren 1979 bis 1989 eine 50-Jahre-Folgedosis für Knochenoberflächen von 2,3 mSv zusätzlich zu den Dosiswerten aus natürlicher Zufuhr von Uran. Die Dosis im Knochenvolumen könne etwa bis zum Achtfachen dieses Wertes ausmachen. Zusätzlich zeigten auch die Messwerte des Klägers, dass die Aktivitätsverteilung im Knochen nicht homogen sei, dass aber nicht mit Abweichungen vom Mittelwert von mehr als dem Faktor 4 zu rechnen sei. Insgesamt lasse sich daraus folgern, dass aufgrund der Messwerte aus dem Knochenmaterial des linken Hüftknochens des Klägers die Dosis auch in Teilen der Spongiosa und Compacta des linken Hüftknochens aufgrund von Inkorporation von Uran nicht einen Wert von 100 mSv übersteige.

Prof. Dr. ZZ. hat in einer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 4. November 2006 ausgeführt, bei der von Prof. Dr. EE. abgegebenen Begründung für seinen Standpunkt handele es sich vor allem um rein theoretische Überlegungen und hypothetische Betrachtungen. Diese mündeten ein in die Vorstellung über verstärkte mikrozelluläre deterministische Strahleneinwirkungen der abgelagerten Alphastrahler, insbesondere des abgereicherten Urans, in der Spongiosa des Knochens infolge radiogener Kapillarschäden mit Beeinträchtigung des Abtransportes der durch Umbauprozesse im Knochen freigesetzten Radionuklide. Eine Abschätzung der Strahlendosen am Knochengewebe, die Voraussetzung für die Begründung von Dosis-Wirkungsbeziehungen mit Überschreitung von Schwellendosen sei, werde jedoch vermisst. Die eigene gutachterliche Einschätzung hinsichtlich der Verneinung kausaler Zusammenhänge, diesmal zwischen den nachgewiesenen Uran- und Thoriuminkorporationsraten in den Hüftkopf-Abschnitten des Klägers mit ihren ossären Strahlenbelastungen und den aufgetretenen Veränderungen einer schwergradigen Arthrosis deformans, basierten einerseits auf den Ergebnissen der Bioproben-Messungen der GSF im linken Femurknochen im Vergleich zu den Normal- bzw. Referenzwerten, andererseits aus den daraus vom BfS berechneten 50-Jahre-Folge-Äquivalentdosen am Hüftkopf. Unter Einbeziehung der Stellungnahme des Dr. OO. vom 27. Oktober 2006 könne festgestellt werden, dass beim Vergleich der Uran-Messwerte vom linken Hüftknochen mit den im Jahre 2003 abgeschätzten Strahlendosen am Skelett infolge Urankonzentration in der Raumluft weitgehend Übereinstimmung bestehe und nur eine relativ geringe Strahlendosis wirksam werde, die als 50-Jahre-Folge-Äquivalentdosis mit weniger als 100 mSv zu Buche schlage. Im Gegensatz dazu sei die 50-Jahre-Folge-Äquivalentdosis aus der Thoriumzufuhr um Größenordnungen überschätzt worden. Aus den Probemessdaten des linken Hüftknochens des Klägers werde jetzt eine Knochendosis von weniger als 10 mSv als realistischer Wert abgeleitet. Nach den Erkenntnissen strahlenbiologischer Forschung sei eine 50-Jahre-Folge-Äquivalentdosis von maximal 110 mSv unter keinen Umständen geeignet, eine deterministische Strahlenschädigung am Knochengewebe zu induzieren. Das umso weniger, als die röntgenologischen bzw. pathologisch-anatomischen, einschließlich der histologischen Befunde, an den Gelenkstrukturen des Klägers das typische morphologische Bild einer degenerativen deformierenden arthrotischen Abnutzungserkrankung geboten hätten, wie es bei nichtstrahlenbelasteten Personen immer wieder beobachtet werde. Deshalb bleibe es bei der bereits geäußerten Auffassung, dass im Falle des Klägers keine Strahlenschäden am Knochensystem vorlägen, sondern dass die degenerativen Veränderungen an verschiedenen Gelenken des Klägers auf einem schicksalhaften chronischen Krankheitsprozess am Skelett beruhten, die nicht zu den Strahlenschadensmustern gehörten. Das Vorliegen einer BK Nr. 2402 könne unter diesen Bedingungen (den neueren Berechnungen) sogar mit noch höherer Wahrscheinlichkeit als zuvor ausgeschlossen werden.

In einer weiteren Stellungnahme vom 23. September 2007 kritisierte Prof. Dr. EE. die Bewertung des Prof. Dr. ZZ. Es werde von ihm von vornherein ein falscher Weg eingeschlagen. Denn bei abgereichertem Uran stehe wie beim Natururan die chemische Giftigkeit gegenüber der radiologischen weit im Vordergrund. Die Berechnung der Strahlendosen durch Dr. OO. gehe aber ebenso wie ihre Bewertung durch Prof. Dr. ZZ. an der Sache vorbei, denn in der Literatur sei unstrittig, dass für die Auslösung von gesundheitlichen Schäden bei Uran mit geringerem Anreichungsgrad und erst recht bei Natururan und abgereichertem Uran die chemische Giftigkeit als Schwermetall im Vordergrund stehe. Es sei daran zu erinnern, dass bei dem Kläger auch Zeichen einer Nierenschädigung aufgetreten seien. Der Stoffwechsel der Nieren und des Knochens seien eng miteinander verkoppelt, nicht zuletzt wegen der Bedeutung beider Organe im Haushalt des Kalziums. Deshalb könne es auch nicht überraschen, dass in den neueren Arbeiten auch beide Organe in den Fokus gelangt seien, wenn es darum gehe, möglichst empfindlich und frühzeitig eine Schädigung durch erhöhte Uranzufuhr zu erkennen. Nicht nur Tierversuche, sondern auch epidemiologische Beobachtungen an Gruppen von Menschen mit uranbelastetem Trinkwasser hätten ergeben, dass bei Urankonzentrationen unterhalb der Schwelle, die zu (reversiblen) Nierenschäden führten, bereits eine Schädigung des Knochenstoffwechsels nachgewiesen werde. Damit sei erwiesen, dass Urankonzentrationen, wie sie in "natürlichen" Medien, vor allem Trinkwasser, gemessen worden seien, keineswegs gesundheitlich unbedenklich seien, sondern im Gegenteil wegen der Gefahr einer giftigen Wirkung des Urans als Schwermetall heute von vielen einschlägigen Organisationen für das Trinkwasser Grenzwerte empfohlen würden, die weit niedriger als die Messwerte in manchen "natürlichen" Wässern seien. Nach dem Stand der Wissenschaft zeigten bereits Urandosen, wie sie auf die Bevölkerung in geologisch belasteten Regionen aus "natürlichen" Quellen einwirkten, eine Giftwirkung auf den Knochenstoffwechsel. Deshalb könne als erwiesen gelten, dass die hohen, sogar bereits nierengiftigen Urandosen, denen gegenüber der Kläger beruflich exponiert gewesen sei, zu Schäden am Skelettsystem führten.

Zu den Ausführungen des Prof. Dr. EE., dass beim Kläger eine Nierenschädigung wegen der chemisch-toxischen Wirkung von Uran mit nachfolgender Schädigung des Skelettsystems vorliege, regte Prof. Dr. ZZ. die Einholung eines ergänzenden Gutachtens auf dem Gebiet der Urantoxikologie an.

Die Beklagte hat sodann eine gutachtliche Stellungnahme des Prof. ÄÄ., Institut für Toxikologie der GSF PP. vom 10. Juni 2008 zu den Akten gereicht. Darin hat Prof. ÄÄ. ausgeführt, es sei unstrittig, dass der Kläger gegenüber abgereichertem Uran, insbesondere dem unlöslichen Triuranoctaoxid ausgesetzt gewesen sei. Unter den Arbeits- und Expositionsbedingungen des Klägers sei es unwahrscheinlich, dass eine primäre Nierenschädigung und eine sekundäre Schädigung des Skelettsystems durch die chemisch-toxische Wirkung von inhalativ aufgenommenem schwerlöslichem Uran verursacht worden sei. Die Belastung über die Atemluft am Arbeitsplatz mit unlöslichem Triuranoctaoxid sei aus wissenschaftlichen, vor allem toxikokinetischen Gründen nicht direkt mit einer Belastung durch lösliche Uranverbindungen im Trinkwasser in Beziehung zu setzten. Deshalb könne den Ausführungen des Prof. Dr. EE. nicht gefolgt werden. Zwar führe Prof. Dr. EE. zutreffend aus, dass nach dem Stand der Wissenschaft bereits Urandosen, wie sie auf die Bevölkerung in geologisch belasteten Regionen aus natürlichen Quellen (also über Nahrung oder Wasser) einwirkten, eine Giftwirkung auf den Knochenstoffwechsel zeigten, dieser Umstand stehe jedoch in keinem direkten Zusammenhang zur streitgegenständlichen Belastung mit unlöslichem DU-Oxid am Arbeitsplatz. Die von Prof. Dr. EE. vorgenommene kausale Verknüpfung sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Zum einen sei der Kläger nicht "hochbelastet gewesen", zum anderen sei eine nierentoxische Wirkung von Uran vor allem bei der oralen Exposition gegenüber löslichen Verbindungen nicht jedoch bei einer inhalativen Exposition gegenüber unlöslichen Verbindungen zu erwarten. Hinweise auf Skelettschäden durch die chemische Toxizität von inhalativ aufgenommenen unlöslichen Uranverbindungen bei Arbeitsplatz relevanten Konzentrationen lägen nicht vor. Derartige Schäden seien auch nicht wahrscheinlich.

Prof. Dr. EE. hat hierzu in einer Stellungnahme vom 10. November 2008 ausgeführt, richtig sei, dass eine Exposition gegenüber "unlöslichem" Uran eine andere Gefährdung durch eine Uranvergiftung bedeute als eine Exposition gegenüber "löslichem" Uran. Das gelte für alle Zufahrtswege. Je schwerer die Löslichkeit des Urans sei, umso langsamer sei sein Übergang in den inneren Stoffwechsel, vor allem die Blutbahn, über die es in die anderen Organe des Körpers gelange. Je schwerer die Löslichkeit sei, umso stärker sei während dieses Übergangs in den inneren Stoffwechsel die Konkurrenz durch Ausscheidungsprozesse des aufgenommenen Urans, sei es aus dem Atemtrakt, sei es aus dem Verdauungstrakt. Wenn aber das Uran die Grenze zwischen dem äußeren und inneren Stoffwechsel überschritten habe, also eine Inkorporation im engeren, metabolischen Sinne vorliege, spiele es für die Giftigkeit des Urans keine Rolle mehr, ob es ursprünglich aus einer löslichen oder unlöslichen Verbindung stamme. Es sei unstrittiger Stand der Wissenschaft, dass nach einer Aufnahme des Urans in den inneren Stoffwechsel die ursprüngliche Löslichkeit der einwirkenden Uranverbindung keine Rolle mehr spiele und die Giftwirkung ausschließlich von der Konzentration und der Aufenthaltsdauer in den Geweben und Organen abhängig sei.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 28. November 2008 die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 18. Dezember 2008 zugestellte Urteil per Telefax am 19. Januar 2009 (einem Montag) beim Sozialgericht Frankfurt am Main Berufung eingelegt. Er hat geltend gemacht, die tatsächliche Strahlenbelastung sei nicht genügend ermittelt worden. Die möglichen Ursachen einer radiogenen Erkrankung seien nicht weiter aufgeklärt worden. Von Prof. Dr. ÄÄ. werde die künstliche Trennung zwischen löslichem und unlöslichem Uran zwar behauptet, jedoch nicht begründet. Prof. Dr. EE. führe hingegen aus, dass nach Aufnahme des Urans in den inneren Stoffwechsel die ursprüngliche Löslichkeit der einwirkenden Uranverbindung keine Rolle mehr spiele und die Giftwirkung ausschließlich von der Konzentration und der Aufenthaltsdauer in den Gebieten und Organen abhängig sei. Das Sozialgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die ursprüngliche Löslichkeit für die Giftwirkung von Uran eine Rolle spiele oder nicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bei ihm vorliegenden Erkrankungen des Skelettsystems als Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV und die Hyperkalzurie und Osteopenie wie eine Berufskrankheit festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtens.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV, weil weder die Erkrankungen am Skelettsystem des Klägers noch Gesundheitsstörungen der Niere mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als Folge der beruflichen Tätigkeit des Klägers bei der Firma XY. festgestellt werden können. Auch die Anerkennung "wie" eine Berufskrankheit kommt hier nicht in Betracht, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen ebenfalls nicht vorliegen.

Im vorliegenden Fall finden noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung, weil der Eintritt des Versicherungsfalls vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. §§ 212 ff. SGB VII).

Nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO sind Berufskrankheiten diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Die Träger der Unfallversicherung sollen im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der BKV bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, "wie" eine Berufskrankheit entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt sind (§ 551 Abs. 2 RVO).

Zu den Berufskrankheiten zählen auch Erkrankungen durch ionisierende Strahlungen – BK Nr. 2402 der Anlage zur BKV. Eine solche Berufskrankheit liegt bei dem Kläger nicht vor: Der Kläger war während seiner elfjährigen Tätigkeit bei der Firma XY. in KN. neun Jahre lang als mitarbeitender Meister in der Uranwerkstatt einer äußeren und inneren beruflichen Strahlenexposition beim Umgang mit abgereicherten metallischen und oxidischen Uran-Isotopen sowie mit thoriumhaltigen Metallen ausgesetzt. Bei der mechanischen Bearbeitung sowie beim Schmelzvorgang dieser Metalle entstanden radioaktive Aerosole und Kontaminanten, die sowohl zur kutanen Belastung als auch zur inhalativen Aufnahme geführt haben. Dabei handelte es sich um eine Alpha- und Beta-Strahlenexposition gegenüber diesen Radionukliden und ihren Verfallsprodukten sowie um eine Einwirkung von Gammastrahlen vor allem aus äußeren Quellen. Die Strahlenbelastung, der der Kläger dadurch ausgesetzt war, war jedoch nach überzeugender Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. ZZ. nicht geeignet, bei dem Kläger Gesundheitsschäden an den Knochen, der Niere oder im Bereich des Hör- und Gleichgewichtsorgans zu verursachen. Prof. Dr. ZZ. stützt seine Beurteilung in seinem strahlenschutzmedizinisch-klinischen Gutachten vom 25. Juni 2003 auf die gutachtliche Stellungnahme des Dr. OO., Leiter des Fachgebietes "Interne und Externe Dosimetrie, Biokinetik" am Institut für Strahlenhygiene des Bundesamtes für Strahlenschutz in UU ... In dieser gutachtlichen Stellungnahme vom 13. Januar 2003 zur Strahlenbelastung des Klägers hat Dr. OO. die kumulative Äquivalentdosis des Skeletts errechnet. Die 50 Jahre Folgedosis für die Knochenoberflächen hat er für Uran mit 48 mSv und für Thorium mit 6.900 mSv abgeschätzt. Des Weiteren hat Dr. OO. mitgeteilt, dass sich in den ersten 20 Jahren nach Inkorporation bis 1999 erst etwa die Hälfte der 50-Jahre-Folgedosis durch Thorium aufgebaut hatte und die 20-Jahre-Folgedosis für die Knochenoberfläche aufgrund der Thoriuminkorporation 3600 mSv beträgt. Die personendosimetrische Kontrolle mittels amtlicher Filmdosimeter ergab bei dem Kläger eine Gesamt-Gamma-Dosis von 44,8 mSv. Prof. Dr. ZZ. hat für seine Beurteilung, ob der Kläger einer Strahlenbelastung ausgesetzt war, die geeignet ist, eine Knochenschädigung zu verursachen (biologische Dosis-Wirkungs-Beziehung), die von Dr. OO. in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2003 abgeschätzte 20-Jahre-Folgeäquivalentsdosis der Knochenoberfläche durch Thorium und Uran sowie die gemessene Gesamt-Gamma-Dosis addiert und dabei einen Wert von weniger als 3700 mSv () 3,75 Sv) errechnet. Er hat dargelegt, dass nach den bisher vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, die speziell an kindlichen, jugendlichen und erwachsenen Patienten in Gefolge einer Strahlentherapie von bösartigen Erkrankungen gewonnen worden sind, bei Erwachsenen erst nach einer Einwirkung einer Röntgen- oder Gammastrahlen-Dosis von 40 – 50 Gray (Gy) eine radiologisch nachweisbare, klinisch relevante Osteoporose beobachtet werden konnte (Sv = Gy x q; Gray (Gy) ist die Einheit der absorbierten Dosis; Sievert (Sv) ist die biologische Wirksamkeit verschiedener Strahlenqualitäten; q ist der Bewertungsfaktor der biologischen Wirksamkeit). Prof. Dr. ZZ. ist deshalb zu der überzeugenden Beurteilung gelangt, dass wegen der erheblichen Unterschreitung jeder terministischen Schwellendosis kein ausreichender Anhalt für eine radiogene und damit berufliche Verursachung der bei dem Kläger festgestellten Osteopenie besteht. Er hat zudem dargelegt, dass die bei dem Kläger diagnostizierten arthrotischen, osteochondrotischen und spondylotischen Veränderungen am Skelett nicht zu den typischen radiogenen Knochenveränderungen gehören. Zu solchen typischen radiogenen Knochenveränderungen gehören Wachstumsstörungen und Knochendeformitäten nach therapeutischer Bestrahlung im Kindesalter. Bei Erwachsenen wurden im Bereich hoch bestrahlter Skelettabschnitte produktive Ostitiden, hypertrophische Atrophien, Osteoporosen, Sklerosierungen, pseudozystisch-osteolytische Veränderungen und vor allem Osteoradionekrosen in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben. Eine Häufung von Arthosen an den größeren und kleineren Gelenken einschließlich derer an der Wirbelsäule oder Osteochondrosen im Wirbelkörperbereich mit Bandscheibenvorfall oder eine Spondylolisthesis wurde hingegen nach Auskunft des. Prof. Dr. ZZ. bisher nicht beschrieben, sie werden auch nicht mit der Einwirkung ionisierender Strahlung in Verbindung gebracht. Eine strahlenbedingte Knochenerkrankung kann deshalb bei dem Kläger nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Prof. Dr. ZZ. ist sogar zu der Beurteilung gelangt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine strahlenbedingte Knochenerkrankung bei dem Kläger vorliegt. Dass die von Prof. Dr. ZZ. seiner Beurteilung zugrunde gelegte Dosisabschätzung des Dr. OO. fehlerhaft ist, ist nicht ersichtlich. Dr. OO. hat für seine Berechnungen die von der Firma XY. vorgelegten Raumluftmessdaten ausgewertet. Für das Jahr 1979 lagen Werte der Aktivitätskonzentration in der Raumluft von Uran und Thorium vor. Für das Jahr 1980 fehlte eine solche Messung. Für die Jahre 1981 bis 1989 lagen Messungen nur für Uran vor. Insoweit wurde seitens der Firma XY. mitgeteilt, dass für die Zeit nach 1979 eine Thorium-Inhalation auszuschließen sei. Zudem lagen Dr. OO. die von dem Kläger protokollierten jährlichen Aufenthaltsdauern in den "Räumen O. XO." und dem "Gebäude XX.-Werkstatt" sowie die Ausscheidungsanalysenergebnisse von Uran im Urin aufgrund der Messungen im Forschungszentrum BM. und an der OC.Universität OQ. vor. Auf welchen Grundlagen und Annahmen seine Berechnungen darüber hinaus basieren, hat Dr. OO. zu Beginn seiner gutachtlichen Stellungnahme detailliert aufgeführt. Daraus und aus den folgenden Ausführungen lässt sich entnehmen, dass er sich dabei an den aktuellen Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (International Kommission on radiological Production, ICRP) orientiert hat. Die Dosiswerte (mSv) für Uran hat er sowohl aus den Daten der Aktivitätskonzentration in der Raumluft hergeleitet als auch aus der Uranaktivität im Tagesurin. Bei Errechnung der Dosiswerte aus den Daten der Aktivitätskonzentration in der Raumluft für Uran wurden die Werte ohne und mit einem Korrekturfaktor errechnet. Um den Widersprüchen zwischen den aus den Konzentrationen in der Atemluft zu erwartenden Belastungen und den durch die Urinmessungen nachgewiesenen Inkorporation Rechnung zu tragen, hatte die Aufsichtsbehörde verfügt, dass die im Betrieb gemessene Konzentrationen von in der Luft getragener Radioaktivität mit dem Faktor 3 zu multiplizieren ist. Da die Dosis aus den Messwerten der Aktivität im Urin zuverlässiger abgeschätzt werden kann als über die Aktivitätskonzentrationswerte in der Raumluft hat Dr. OO. für die Uran-Inkorporation die aus den Urinausscheidungsmessergebnissen abgeleite Dosis als maßgeblich erachtet. Diese war um ein Vielfaches höher als die Dosis, die auf Grundlage der Aktivitätskonzentration in der Raumluft abgeleitet wurde. Die von Prof. Dr. EE. vorgenommene Dosisabschätzung war für Dr. OO. nicht in jeder Hinsicht nachvollziehbar. So weist Dr. OO. darauf hin, dass zwar die Ermittlung der inkorporierten Aktivitäten aus den Daten der Aktivitätskonzentration in der Raumluft in der selben Weise erfolgt ist wie in seiner gutachtlichen Stellungnahme, dass jedoch die von Prof. Dr. EE. verwendeten Dosisfaktoren nicht den aktuellen Dosiskoeffizienten entspricht, wie sie zurzeit der Gutachtenerstellung durch Prof. Dr. EE. von der ICRP sowie in den EU-Grundnormen publiziert waren. Mit welchen biokinetischen und dosimetrischen Modellen die von Prof. Dr. EE. verwandten Dosisfaktoren ermittelt wurden, hat Prof. Dr. EE. nicht angegeben. Im Rahmen der Ermittlung der Dosis durch Uran aus den Ausscheidungsmessergebnissen zitiert Prof. Dr. EE. die von der Firma XY. ermittelten Werte (effektive Dosis von 312 mSv), gibt aber auch an, dass unter "sehr ungünstigen Bedingungen" sich "die gigantische effektive Dosis von 83.000 061 mSv allein durch Uran" errechnet. Er fügt dann hinzu, dass natürlich nicht erwiesen sei, dass diese ungünstigen Bedingungen zutreffend seien. Der Wert führe jedoch vor Augen, in welcher Spannweite sich die erlittene Strahlenbelastung des Klägers bewegt haben könne. Dr. OO. kritisiert zu Recht, dass Prof. Dr. EE. insoweit keinerlei Angaben macht, welche Modelle er zur Herleitung dieser hohen Dosis verwendet hat. Hierzu führt Dr. OO. aus, dass in einer vom Bundesamt für Strahlenschutz durchgeführten oberen Abschätzung mit den gegenwärtig gültigen ICRP-Modellen, die den Dosiskoeffizienten des Bundesanzeigers vom 23. Juli 2001 zugrunde liegen, und noch ungünstigeren Annahmen als sie Prof. Dr. EE. verwendet hat, lediglich eine effektive Dosis von 4300 mSv berechnet worden sei. Prof. Dr. EE. hat sich in seinen weiteren Stellungnahmen mit dieser von Dr. OO. geübten Kritik nicht auseinandergesetzt und auch seine Dosisbewertungen nicht weiter erläutert. Dass die erste Dosisabschätzung des Dr. OO. vom 13. Januar 2003 nicht zu niedrig war, belegt der Vergleich der Uran-Messwerte vom linken Hüftknochen des Klägers mit der 2003 abschätzten Strahlendosis am Skelett in Folge der Urankonzentration in der Raumluft. Denn insoweit besteht eine weitgehende Übereinstimmung, während die höhere Dosisabschätzung für Uran aus dieser Stellungnahme, die auf den Urinmessungen basierte, zu hoch erscheint. Gleiches gilt für die Dosisabschätzung für Thorium, die im Jahre 2003 auf der Raumluftmessung eines Jahres basierte. Die berechneten Knochendosen für den Femurkopf des linken Hüftgelenkes des Klägers aus den gemessenen Inkorporationswerten ergeben für Uran eine 50-Jahre-Folgeäquivalentdosis von weniger als 100 mSv und für Thorium von weniger als 10 mSv. In der Summe ergibt es sich eine 50-Jahre-Folgeäquivalentdosis von maximal 110 mSv, die nach Aussage des Prof. Dr. ZZ. unter keinen Umständen geeignet ist, eine derteministische Strahlenschädigung am Knochengewebe zu induzieren. Auch Prof. Dr. EE. geht in seiner weiteren Stellungnahme vom 23. September 2007 nicht mehr davon aus, dass an den Knochen des Klägers Strahlenschäden entstanden sind. Er vertritt nunmehr die Auffassung, dass die chemische Giftigkeit des abgereicherten Uran im Vordergrund stehe. Gesundheitsschäden in Folge einer chemischen Giftigkeit sind jedoch keine Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2402.

Die bei dem Kläger im Jahre 1990 ebenfalls diagnostizierte Hyperkalzurie kann auch nach Auffassung des Prof. Dr. EE. nicht als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKV anerkannt werden. Er ist der Auffassung, dass der Kläger keiner Strahlenbelastung ausgesetzt war, die geeignet gewesen ist, einen Nierenschaden zu verursachen.

Die bei dem Kläger diagnostizierte Hyperkalzurie und Osteopenie können auch nicht wie eine BK nach § 551 Abs. 2 RVO anerkannt werden.

Eine Schwermetallvergiftung durch Uran ist nicht als Listenkrankheit aufgeführt. Die Nrn. 1101 ff. der Anlage 1 zur BKV betreffen die chemische Einwirkung durch andere Metalle, Uran ist nicht aufgeführt, so dass insoweit nur die Anerkennung als "wie" BK gemäß § 551 Abs. 2 RVO in Betracht kommen kann. Die diesbezüglichen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Denn es gibt keine ausreichenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass eine chronische Exposition gegenüber unlöslichen Uranverbindungen, wie Urantrioctoxid geeignet ist, Nierenschäden und als deren Folge eine Schädigung der Knochen zu verursachen: Prof. Dr. EE. vertritt in seiner Stellungnahme vom 23. September 2007 die Auffassung, bei dem Kläger sei in Folge einer chemischen Einwirkung des Urans als Metall eine primäre Nierenschädigung eingetreten, die sekundär zu Schäden am Skelettsystem des Klägers geführt hätte. Prof. Dr. EE. differenziert dabei nicht zwischen einer Exposition gegenüber Uran in Form seiner löslichen Verbindungen und unlöslichen Uranoxiden, wie z.B. dem schwerlöslichen Triuranoktaoxid gegenüber dem der Kläger exponiert war. Nach den überzeugenden Darlegungen des Prof. Dr. ZZ. und des Prof. Dr. ÄÄ. ist jedoch zwischen einer Exposition gegenüber unlöslichen Verbindungen und einer Exposition gegenüber löslichen Verbindungen zu unterscheiden, weil die jeweilige chemische Toxizität unterschiedlich ausgeprägt ist. Nach Auskunft des Prof. Dr. ÄÄ. besitzt Uran wie alle Schwermetalle vor allem in seinen löslichen Verbindungen eine ausgeprägte chemische Toxizität, die auf den chemisch-physikalischen Eigenschaften des Metalls, insbesondere der Elektronenkonfiguration beruht. Zielorgane der chemischen Toxizität von Uran sind insbesondere bei einer chronischen Belastung die Niere und je nach Expositionsdosis und Aufnahmeweg auch die Leber und die Lunge. Relativ wasserlösliche Verbindungen wie Uran Fluorid, Uran Hexafluorid und Uran Tetrachlorid sind am stärksten nierentoxisch, während unlösliche Verbindungen wie Uran Tetrafluorid und Triuranoktaoxid ein geringes nierentoxisches Potential aufweisen. Letztere Verbindungen zeigen jedoch bei inhalativer Aufnahme ein höheres Potenzial für toxische Wirkungen auf die Lunge. Laut Prof. Dr. ÄÄ. werden etwa 6,4 % von inhalierten löslichen DU-Verbindungen und 0,3 % von unlöslichen Verbindungen letztlich zu den Nieren transportiert. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass bei der inhalativen Aufnahme von dispergiertem Uran oder der unlöslichen Oxide eher ein radiologisches als ein chemisch- toxisches Risiko besteht. Der Aussage des Prof. Dr. EE. in dessen gutachtlicher Stellungnahme vom 23. September 2007, dass nach dem Stand der Wissenschaft bereits Urandosen, wie sie auf die Bevölkerung in geologisch belasteten Regionen aus natürlichen Quellen - d.h. über die Nahrung und über das Trinkwasser – einwirken eine Giftwirkung auf den Knochenstoffwechsel zeigen, kann nach Aussage des Prof. Dr. ÄÄ. zugestimmt werden soweit es sich um eine Exposition gegenüber Uran in seinen löslichen Verbindungen handelt. Dass die Exposition gegenüber unlöslichem Uranoxid die gleiche Wirkung entfaltet, ist aufgrund von Tierversuchen und epidemiologischen Beobachtungen nicht belegt. Prof. Dr. ÄÄ. führt unter Hinweis auf die entsprechenden Quellen aus, dass in tierexperimentellen Untersuchungen die chronische Inhalation von unlöslichen Uranoxiden selbst bei hohen Expositionskonzentrationen von 5 – 10 mg pro m³ über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren zu keinen pathologischen Nierenbefunden geführt hat. Die von Prof. Dr. EE. zitierten Veröffentlichungen, die belegen sollen, dass Uran und Uranverbindungen das Knochenwachstum und den Knochenstoffwechsel beeinträchtigen sowie zu Nierenschäden führen können, betreffen nach Aussage des Prof. Dr. ÄÄ. bis auf zwei Veröffentlichungen Expositionen gegenüber dem Uran in seiner löslichen Form. So werden von Prof. Dr. EE. zwei tierexperimentelle Untersuchungen angeführt, die von Diaz Sylvester et al. 2002 und die von Tissandié et al. 2006, die das unlösliche Uranoxid betreffen. In beiden Untersuchungen wurden Hochkonzentrationen von 125 – 204 mg Uran pro Körpergewicht einmalig unter die Haut oder in den Magen der Versuchstiere eingebracht. In der Studie von Diaz Sylvester et al. zeigte sich den Autoren zu Folge erstmals der Nachweis einer Knochenschädigung durch eine Uranzufuhr in nicht tödlicher Dosis im Tierversuch an Ratten. Im zweiten Fall, der Untersuchung von Tissandié et al., zeigte sich, dass eine Verabreichung von Uran in subletalen Dosen zunächst zu einem Anstieg und nachfolgend zu einer Verminderung der Plasmakonzentration des Vitamins D führte, gefolgt von einer Verminderung des Parathormons, ein Hormon der Nebenschilddrüse, das den Calcium- und Phosphatstoffwechsel steuert. Diese Ergebnisse nach der Gabe von unlöslichem Uranoxid im Tierversuch können nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die bei diesen Untersuchungen verwandten hohen Konzentrationen von Uran pro Körpergewicht und auch die Applikationsart nicht den Schluss zulassen, dass eine niedrig dosierte chronische Exposition gegenüber unlöslichem Uranoxid beim Menschen zu den gleichen Ergebnissen führt. Die übrigen von Prof. Dr. EE. zitierten Untersuchungen betreffen lösliches Urannitrat und überwiegend Untersuchungen zur Toxizität von Uran im Trinkwasser. Diese Untersuchungsergebnisse können, wie bereits dargelegt, nicht auf eine Exposition gegenüber unlöslichen Uranverbindungen übertragen werden, weil sich die chemische Toxizität nicht in beiden Fällen gleich auswirkt.

Da folglich die bei dem Kläger festgestellten Erkrankungen wie Osteopenie und Hyperkalzurie nicht auf die berufliche Exposition des Klägers gegenüber Uran und Thorium zurückgeführt werden können, kann eine Anerkennung dieser Erkrankungen weder als BK nach § 551 Abs. 1 RVO noch wie eine BK nach § 551 Abs. 2 RVO erfolgen und war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 SGG.

 

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