Landessozialgericht Hessen 18.11.2011, L 9 U 226/06
- Aktenzeichen: L 9 U 226/06
- Spruchkörper: 9. Senat
- Instanzenaktenzeichen: S 1 U 87/04
- Instanzgericht: Sozialgericht Gießen
- Gericht: Hessisches Landessozialgericht
- Entscheidungstyp: Urteil
- Entscheidungsdatum: 18.11.2011
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Borreliose als Berufskrankheit gem. Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und entsprechender Gewährung von Entschädigungsleistungen streitig.
Die Klägerin ist 1952 geboren und war seit 1985 beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft und zuletzt seit 1988 zunächst als Dezernentin im Bereich Biologischer Pflanzenschutzdienst sowie ab 1993 im Bereich Koordination Versuchswesen beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft in C-Stadt als Dezernatsleiterin beschäftigt. In dieser Tätigkeit war sie, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Seit 1988 war sie nach ihren Angaben beim behandelnden Arzt Dr. E. regelmäßig ganztags im Außendienst tätig.
Der Hausarzt der Klägerin Dr. E. zeigte bei der Beklagten unter dem 21. April 1999 den Verdacht auf Bestehen einer Berufskrankheit an, wobei er ausführte, dass bei der Klägerin wahrscheinlich eine Borreliose bestehe. Der Infektionszeitpunkt liege mehr als fünf Jahre zurück. Laut beigezogenem Vorerkrankungsverzeichnis der gesetzlichen Krankenkasse war die Klägerin von 1986 bis 1992 insgesamt 128 Tage lang wegen Bronchitis, Sinusitis, Pharyngitis sowie einem grippalen Infekt oder Erkältung arbeitsunfähig krankgeschrieben und zwar 1986 36 Tage, 1987 11 Tage und 1988 24 Tage, 1989 12 Tage, 1990 30 Tage sowie 1991 15 Tage. Laut Auskunft der privaten Krankenversicherung, bei der die Klägerin seit 1992 versichert war, war sie seit dem 29. Juni 1998 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt wegen.
Die Beklagte zog umfangreiche Krankenunterlagen und Vorerkrankungsverzeichnisse der Krankenkasse der Klägerin bei, aus denen hervorgeht, dass diese seit 1988 spätestens an einer rezidivierenden Migräne mit Erschöpfungszuständen leide. Ein Arztbrief von Dr. E. vom 12. Juli 1998 hatte zum Inhalt, dass die Klägerin seit Herbst 1994 unter einer chronisch rezidivierenden Immunschwäche leide, deren Ursache in der extremen beruflichen Belastung sowie einem personenbezogenen psychischen Druck seitens des Arbeitgebers zu suchen sei. Aus einem Bericht des BAD-Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH-Zentrum A-Stadt vom 3. Februar 2000 ergibt sich, dass die Klägerin Mattigkeit, Drehschwindel, Kopfschmerz und eine depressive Verstimmung als Leiden anführte. Daraufhin holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Hausarztes der Klägerin Dr. E. ein, der die Symptome auf die Immunschwäche infolge der erlittenen Borreliose zurückführte. Auf Anregung des Landesgewerbearztes holte die Beklagte bei dem Privatdozenten Dr. E. von der IE.Universität A-Stadt ein neurologisches Zusammenhangsgutachten vom 17. April 2003 ein, das auf einer stationären Untersuchung der Klägerin im Zeitraum vom 22. April 2002 bis zum 30. Juli 2002 und auf einem neuroradiologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. F. vom 28. Juni 2002, einem augenärztlichen Zusatzgutachten von Privatdozenten Dr. G. vom 18. Juni 2002, einem internistischen Zusatzgutachten von Prof. A. vom 22. Juli 2002 sowie einem dermatologischen Zusatzgutachten von Oberarzt Dr. H. vom 27. März 2003 beruhte. In seinem internistischen Zusatzgutachten führte Prof. Dr. A. aus, dass zusammenfassend aufgrund der negativen serologischen Befunde das Vorliegen einer Lyme-Borreliose bei der Klägerin äußerst unwahrscheinlich sei. Differenzialdiagnostisch sollten verschiedene andere Diagnosen erwogen werden wie ein sogenanntes "Fibromyalgie-Syndrom" sowie das "chronische Müdigkeitssyndrom". Dr. E. kam in Auswertung aller eingeholten Zusatzgutachten zu dem Ergebnis, es sei keine Berufskrankheit anzuerkennen. Es gebe nämlich für die von der Klägerin geäußerten Beschwerden kein organisches Korrelat. Das Vorliegen einer Borreliose bzw. Neuroborreliose sei ausgeschlossen, da der Verdacht auf eine Erkrankung aus dem psychosomatischen Formenkreis bestehe, weshalb weitere psychosomatische Betreuungsmaßnahmen angezeigt seien. Der Landesgewerbearzt schloss sich mit Schriftsatz vom 17. Juni 2003 dem Gutachten von Dr. E. an.
Durch Bescheid vom 8. August 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit unter Bezugnahme auf die eingeholten Gutachten ab. Der hiergegen am 12. September 2003 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19. März 2003, der am 22. März 2004 zur Post gegeben wurde, zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die Klage vom 26. April 2004, in der die Klägerin die Ansicht vertrat, die Tatsache, dass schwankende Borreliosewerte festgestellt worden seien und von Prof. A. keine Nachweise hätten geführt werden können, sei durchaus typisch für die Erkrankung und spreche gerade nicht gegen das Vorliegen einer Borreliose. Tatsächlich seien bei ihr in der Vergangenheit teilweise hochspezifische Werte und teilweise negative Ergebnisse diagnostiziert worden.
Durch Urteil vom 30. Mai 2006 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. Diese sei zulässig, weil sie noch fristgemäß erhoben worden sei, da der 26. April 2004 ein Montag gewesen sei. Darüber hinaus bestünden im Fall der Klägerin jedoch nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit. Dies folge aus den äußerst umfangreichen und sorgfältigen Gutachten, die die Beklagte im Verwaltungsverfahren veranlasst habe. So könne auch laut des äußerst erfahrenen Gutachters Prof. A. auf internistischem Fachgebiet nicht der Nachweis einer abgelaufenen Borreliose geführt werden. Dieser könne sich vielmehr die von der Klägerin vorgebrachten Symptome als ein sogenanntes "Fibromyalgie-Syndrom" oder chronisches Müdigkeitssyndrom erklären. Hierbei handele es sich nach allgemeinmedizinischen Erkenntnissen, die die Kammer aufgrund vieler Verfahren gewonnen habe, um keine Erkrankungen mit organischem Korrelat, sondern im Allgemeinen um Sammelbegriffe für Syndrome, die ihre Grundlage auf psychischem Sektor hätten. Dies habe eindeutig zusammengefasst auch der neurologische Gutachter Dr. E. in seinem Gutachten bestätigt. Zwar habe die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt mit dem Erreger Borrelia burgdorferi gehabt, aber keine Borreliose erlitten. Eine neurologische Manifestation der Borreloise habe nicht diagnostiziert werden können. Insgesamt sei daher bei der Klägerin weder eine krankheitsbeweisende klinische Symptomatik diagnostiziert worden, noch habe die Analyse der serologischen Untersuchung einen Krankheitsbeweis zwischen der Infektion und den zu begutachtenden Symptomen erbringen können. Eine weitere Begutachtung sei nicht angezeigt. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass spätere positive Nachweise einer Borreliose nach Abschluss der beruflichen Tätigkeit im Jahre 1998 auch nicht zur Anerkennung einer Berufskrankheit führen könnten.
Gegen das am 31. August 2006 der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 28. September 2006.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen bei Prof. Dr. A. vom 12. April 2007. Hierbei wurde dieser ausdrücklich beauftragt, in Ergänzung zu seinem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erstellten Gutachten zu beantworten, ob zwischenzeitlich vorliegende medizinisch wissenschaftliche Erkenntnisse eine Borrelieninfektion sowie die Erkrankung an Borreliose als Ursache für die multiplen Beschwerden der Klägerin noch während der am 29. Juli 1998 endenden Berufstätigkeit belegen. In seinem Gutachten vom 12. April 2007 hat der Sachverständige Prof. Dr. A. ausgeführt, dass bei negativen oder niedrig tittrigen Antikörpertitern gegen Borrelia burgdorferi das Vorliegen einer chronischen Lyme-Borreliose mit großer Sicherheit ausgeschlossen sei. Angesichts der hohen Prävalenz von positiven Tittern gegen Borrelia-Erregern dürfe nicht jeder Antikörpernachweis als Beweis für eine klinisch manifeste Lyme-Borreliose gewertet werden. Der alleinige Nachweis von IGG Antikörpern gelte lediglich als Hinweis auf eine durchgemachte Infektion, die meist asympotmatisch verlaufen sei. Bei der Klägerin sei mit hoher Sicherheit das Vorliegen einer Lyme-Borreliose auszuschließen. Im neurologischen Gutachten vom 17. April 2003 sei zusammenfassend festgestellt worden, dass die labordiagnostisch erhobenen Befunde keinen Hinweis auf eine noch aktuell oder länger zurückliegende Borrelieninfektion ergeben hätten. Bei negativer Liquorserologie sei eine Neuroborreliose ebenfalls ausgeschlossen. Im neurologischen Gutachten werde aufgrund des niedrig-titrigen Antikörpernachweises im September 1999 lediglich geschlossen, dass die Klägerin irgendwann mit dem Erreger Borrelia burgdorferi in Kontakt gekommen sei und gegen diesen Erreger Antikörper gebildet habe. Es liege also eine asymptomatische Borrelieninfektion vor. Insgesamt habe bei der Klägerin weder eine krankheitsbeweisende klinische Symptomatik sich aufweisen lassen, noch durch Analyse der serologischen Untersuchung ein Krankheitsbeweis zwischen einer Infektion und den zu begutachtenden Symptomen nicht finden lassen. Des Weiteren sei die Behauptung der Klägerin, dass die bei ihr erhobenen Befunde in ihrer Gesamtheit nach den zwischenzeitlich vorliegenden medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen durchaus sowohl eine Borrelieninfektion als auch die Erkrankung als Borreliose als Ursache ihrer multiplen Beschwerden noch während der am 29. Juni 1998 endenden Berufsfähigkeit belegten, nicht stichhaltig.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass laut Urteilsbegründung des Sozialgerichts die anlässlich der Verhandlung vom 30. Mai 2006 vorgelegten Laborergebnisse als Nachweis einer Borrelioseerkrankung anerkannt worden seien, wenn sie vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses zustande gekommen wären, sie jedoch bereits im Jahre 2001 richtiggestellt habe, dass sie seit Sommer 1998 aufgrund der immer wieder gleichen und sich zunehmend verschlimmernden Symptomatik neu habe krankgeschrieben werden müssen und es seit Herbst 1998 zu mehreren gescheiterten Arbeitsversuchen gekommen sei. Außerdem hätten sich seit Herbst 1994 die Symptomentwicklung und die Dauer des gesamten Krankheitsgeschehens auffällig wiederholt, weshalb bereits im November 1998 neurologischerseits erstmals der Verdacht auf Borreliose geäußert worden sei. Seit die Krankheitsentwicklung aus Sicht des Neurologen besonders typisch für einen schweren Verlauf einer Borreliose zu werten gewesen sei, habe er trotz des negativen Laborbefundes dringend zu einer Hochdosis Antibiotikabehandlung geraten. Des Weiteren sei im Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht dargelegt worden, dass bei akuten Infektionserkrankungen der Körper grundsätzlich als erste spezifische Immunreaktion sogenannte IGM`s bilde. Erst später würden zur Vorbeugung einer späteren Infektion durch denselben Erreger IGG`s gebildet. Dem Gutachter sei mangelnde Sorgfalt im Umgang mit Fakten vorzuwerfen, wenn er dies für sie in negativer Weise werte, obwohl der Nachweis gelungen sei, dass eine Lernfähigkeit des Immunsystems deutlich werde, weil im Verlauf der Jahre immer wieder wechselnde aber auch neu spezifische und hochspezifische Banden im Westernblott (Immunblott) aufträten. Die besonders typische Antikörperentwicklung belege, dass die Krankheit bei der Klägerin immer wieder neu ausbreche, d.h. chronisch akut sei und die nachgewiesenen IGM`s jeweils neu gebildet wurden bzw. ihre Anzahl in der Regel nicht ausreiche, um auch als Basis einer ausreichenden Bildung von IGG`s zu dienen. Das Gutachten von Prof. A., in welchem dieser behaupte, IGM Antikörper seien nie nachgewiesen worden, könne nur als bewusste Täuschungsabsicht gewertet werden. Das Gutachten von Privatdozent Dr. E. leide bereits an einem Widerspruch, weil er zum einen eine stattgehabte Borrelieninfektion bestätige, jedoch auf Seite 38 ausführe, dass die labordiagnostischen Befunde keine Hinweise für eine noch aktuelle oder länger zurückliegende Borrelieninfektion ergäben. Gerade bei ihr handele es sich um eine chronisch akute Form der Borreliose, bei der die Krankheit immer wieder neu ausbreche, weshalb es nicht zu einer Antikörperbildung von IGG`s auf hohem Niveau kommen könne. Prof. A. folge hierbei einer längst veralteten Ansicht der Fachliteratur, die nicht mehr aktuell sei. Des Weiteren handele es sich um ein bewusstes Vorgehen angesichts des erheblichen sprachlichen Aufwandes des Gutachters, wenn man ihr unterstelle, dass ihr Krankheitsbild nicht organischer, sondern psychischer Natur sei. Des Weiteren sei die konsequente Gleichsetzung von Borreliose mit Neuroborreliose durch die Beklagte und Privatdozent Dr. E. medizinisch falsch und erfülle nur einen Zweck, nämlich mit dieser Beweisführung in bewusst irreführender Weise die tatsächliche Erkrankung der Klägerin zu bestreiten, um damit ihren Antrag formell ablehnen zu können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 30. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV anzuerkennen sowie ihr gesetzliche Entschädigungsleistungen in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf das Ergebnis der Beweisaufnahme sowie die Begründung des angegriffenen Sozialgerichtsurteils sowie ihrer Bescheide.
In einem Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht vom 28. Januar 2011 hat die die Klägerin vorgetragen, dass bereits der Tatbestand des angefochtenen Urteils unrichtig sei, wenn dort angenommen werde, dass sie seit 1988 unter rezidivierender Migräne mit Erschöpfungszuständen leide. Richtig sei vielmehr, dass sie bereits seit dem 9. Lebensjahr unter Migräne gelitten habe, die jedoch seit 1988 bei ihr nicht mehr aufgetreten sei. Anlass für den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit bei der Beklagten sei ein schwerer grippeähnlicher Zustand, der seit Herbst 1994 eingetreten sei und immer wieder in kurzen Abständen aufgetreten sei. Erst eine Antibiotika-Behandlung im Zeitraum von November 1998 bis April 1999 hätte dazu geführt, dass die Symptome aufhörten. Im Jahre 2001 seien dann starke Herzprobleme hinzugetreten.
Der Senat veranlasste daraufhin eine ergänzende Stellungnahme beim Sachverständigen Prof. Dr. A. vom 10. April 2011, in welcher dieser ausführte, dass ausweislich der Dokumentation der Krankengeschichte und des Akteninhaltes die Klägerin auch nach 1988 an Migräne gelitten habe und in der Zeit von 1988 bis 1992 allein deswegen 120 Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen sei und zwar 1988 26 Tage und 1989 59 Tage und 1990 30 Tage sowie 1992 5 Tage. Des Weiteren seien ebenso ausweislich der Dokumentation bereits vor 1994 häufig Erkrankungen mit grippalen Symptomen aktenmäßig dokumentiert worden, nämlich seit 1986. Von 1986 bis 1992 sei die Klägerin insgesamt 128 Tage lang wegen Bronchitis, Sinusitis, Pharyngitis sowie einem grippalen Infekt oder Erkältung arbeitsunfähig krankgeschrieben. Von 1994 bis 1997 sei sie wegen diverser Gesundheitsstörungen insgesamt 257 Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben worden, bis sie dann seit 29. Juni 1998 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Die Diagnose einer Lyme-Borreliose sei erstmals von Dr. E. im Juli 1999 gestellt worden. Die daraufhin erfolgte Antibiotika-Behandlung habe zu einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden geführt. Die bei der Klägerin aufgeführten multiplen klinischen Beschwerden seien für eine Lyme-Borreliose jedoch nicht beweisend. Sie würden aber eine Borreliosemanifestation auch nicht ausschließen. Daher sei insgesamt davon auszugehen, dass die aktenmäßig dokumentierten serologischen Borreliosebefunde der Klägerin für eine klinisch manifeste Borrelioseinfektion nicht beweisend seien, weil diese lediglich beweisen würden, dass bei ihr irgendwann vor 1999 es zu einer Immukulation von Borrelioseerregern gekommen sei. Die Mehrzahl derartiger Infektionen mit Borrelia burgdorferi nähmen jedoch klinisch einen asympotmatischen Verlauf, die Prävalenz von Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi betrage in der Bevölkerung auch bei klinisch gesunden 5 bis 25 Prozent. Die von der Klägerin angegebenen uncharakteristischen Allgemeinsymptome wie Grippegefühl, Müdigkeit, Erschöpfung, depressive Stimmungslage und die diffusen Schmerzsyndrome könnten in allen Stadien der Borreliose vorhanden sein. Die bei der Klägerin seit 1999 bekannte niedrigtittrige IGG Borreliensereologie bei positivem Immunoblott sage lediglich aus, dass die Klägerin vor 1999 zu irgendeinem Zeitpunkt eine Borrelieninfektion erworben habe. Bei der anlässlich der gutachterlichen Untersuchung im Verwaltungsverfahren am 15. Juli 2002 bei der Klägerin entnommenen Seroprobe hätten in dem als Referenzlabor für die Borrelioseserologie geltenden XY-Institut in HO. keine positiven serologischen Anhaltspunkte für eine Lyme-Borreliose und keine signifikante Titteränderung zu einem Vorbefund gefunden werden können. Sowohl im Enzym Immunoassay (ELISA) als auch im Immunfluroszenstest (IFT) und im Immunublot bzw. Westernblot (RecombBlot) hätten sich spezifische IGG oder IGM Antikörper gegen Borrelienantigene finden lassen. Bei Patienten mit einer chronischen Lyme-Borreliose würden aber normalerweise hochtitrige IGG Antikörper gegen die Borrelienantigene gefunden. Nur in sehr seltenen Fällen, meist wenn die Patienten unmittelbar nach der Infektion mit Borrelia burgdorferi antibiotisch oder immunsubressiv behandelt würden, fänden sich bei einer manifesten Borreliose keine oder nur niedrig titrige Antikörperkonzentrationen. Der alleinige Nachweis von niedrigtitrigen Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi dürfe lediglich als Hinweis auf eine durchgemachte oft asymptomatische Infektion gewertet werden und nicht als Beweis für eine klinisch manifeste Infektion. Zusammenfassend lasse sich sagen, dass angesichts des Fehlens einer typisch klinischen Borreliosesymptomatik und angesichts der fehlenden serologischen Befunde für das Vorliegen einer klinisch manifesten Borreliainfektion bei der Klägerin das Vorliegen einer klinisch manifesten Lyme-Borreliose mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Das Ansprechen der klinischen Beschwerden auf Antibiotika gelte jedenfalls nicht als Beweis für das Vorliegen einer manifesten Borrelieninfektion. Aktenmäßig seien zudem keine Belege für starke Herzprobleme dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung im Jahre 2002 habe sich klinisch, elektrokardiographisch und ekokardiographisch kein Anhalt für das Vorliegen einer kardialen Borreliose finden lassen.
Durch Schriftsatz vom 5. Juli 2011 hat die Klägerin ihre Argumente, warum dem Sachverständigen nicht zu folgen, sondern bei ihr eine Borrelioseerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen sei, umfangreich dargelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), sie ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts vom 30. Mai 2006 und die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Nach Auffassung des Senates sind die Voraussetzungen für die Anerkennung einer von Tieren auf Menschen übertragbaren Krankheit als Berufskrankheit (BK) nach § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) in Verbindung mit Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) nicht nachgewiesen, weshalb der Klägerin kein Anspruch auf Feststellung dieser Berufskrankheit bzw. deren Entschädigung zusteht.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 2, 3 und 6 SGB VII) erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV sind von Tieren auf Menschen übertragene Krankheiten als BKen anerkannt.
Voraussetzung für die Feststellung jeder Erkrankung als BK ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, für die Entschädigungsleistungen beansprucht werden, i. S. des Vollbeweises nachgewiesen sind. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (s. BSGE 45, 1, 9 sowie BSGE 19, 52, 53 und BSGE 7, 103, 106). Erforderlich ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, nach der kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen vorgenannter Tatbestandsmerkmale zweifelt (BSGE 6, 144 vgl. auch Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, § 118, Rdnr. 5). Darüber hinaus muss die sog. haftungsbegründende Kausalität zwischen den berufsbedingten Einwirkungen und der erforderlichen Erkrankung zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bejaht werden. Dies ist dann der Fall, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (s. BSG vom 2. Juni 1959, SozR Nr. 20 zu § 542 RVO). Jedoch ist der ursächliche Zusammenhang nicht bereits dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).
Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im BK-Recht gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung, die als Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie hat, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (sog. condicio sine qua non, s. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 = BSGE 96, 196 ff.). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie der gesamten Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Letzterer bestimmt sich unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde (s. BSG, Urteile vom 27. Juni 2006, Az.: B 2 U 7/05 R sowie B 2 U 20/04 R).
Der Senat konnte sich gemessen an diesen Kriterien nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen einer BK 3102 der Anlage zur BKV überzeugen. Zwar liegen bei der Klägerin die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen vor. Die Klägerin begehrt die Feststellung einer durch einen Zeckenbiss übertragenen Lyme-Borreliose und damit einer von Tieren auf Menschen übertragbaren Krankheit im Sinne von Nr. 3102 der Anlage zur BKV. Es muss kein Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle erfolgen, wenn die Gefahr einer Infektion durch die beruflichen Verhältnisse deutlich größer ist, als das Risiko im privaten Bereich zu erkranken bzw. die Klägerin bei der Tätigkeit einer besonderen über das normale Maß hinausgehenden Erkrankungsgefahr ausgesetzt war (siehe BSG, Beschluss vom 25. Oktober 1989 - 2 BU 82/89 – juris). Dies ist bei Personen, die in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, grundsätzlich zu bejahen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. September 1997 - Az. L 7 U 199/95 - juris; siehe auch BayLSG, Urteil vom 11. Mai 2005, Az.: L 2 U 298/03 - juris) und ist auch im Falle der Klägerin, die seit 1988 bis 1998 beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft in C-Stadt als Dezernentin und später ab 1993 als Dezernatsleiterin Versuchswesen im Außendienst beschäftigt war sowie im Rahmen dieser Tätigkeit häufig in der freien Natur zu tun hatte. Das Risiko bemisst sich nach dem Umfang der entsprechenden Tätigkeit. Da die Klägerin jahrelang im erheblichen Umfang Tätigkeiten im Freien und hierbei insbesondere im Wald oder Waldrandgebieten verrichtet hat, war ein erhöhtes Risiko, während der versicherten Tätigkeit zu erkranken, gegeben.
Jedoch ist im Falle der Klägerin bereits nicht nachgewiesen, dass eine Infektionskrankheit vorliegt. Insbesondere ist nicht mit dem notwendigen Vollbeweis erwiesen, dass bei der Klägerin eine klinisch manifeste Lyme-Borreliose-Erkrankung besteht. Sofern ein im Verordnungstext vorausgesetztes Erkrankungsbild nicht vorliegt, bedarf es keiner weiteren Kausalitätserwägungen. Das gilt auch in Fällen wie der BK 3102, in denen zwar kein konkretes Krankheitsbild im Sinne der ICD als Anerkennungsvoraussetzung genannt wird, wohl aber ein bestimmter Erkrankungstyp, nämlich in diesem Fall eine Infektionskrankheit, und zwar eine solche, die von Tieren auf Menschen übertragbar ist, notwendigerweise verlangt wird (Bieresborn, NZS 2008, 354, 359).
Zwar ist im Falle der Klägerin davon auszugehen, wie nicht zuletzt aus den im Laufe des Berufungsverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten des Herrn Prof. Dr. A. folgt, dass deutliche Hinweise dafür bestehen, dass es bei der Klägerin immunvirulogisch die Infektion mit Borrelien nachgewiesen ist. So lässt sich aus den aktenmäßig dokumentierten serologischen Borreliosebefunden ableiten, dass bei ihr irgendwann vor 1999 zu einer Immukulation von Borrelioseerregern gekommen ist. Insbesondere der Nachweis von IGG Antikörper gegen Borrelia burgdorferi kann hierbei als Hinweis auf eine durchgemachte Infektion gewertet werden. Allerdings kann nicht jeder Antikörpernachweis als Beweis für klinisch manifeste Lyme-Borreliose gewertet werden, wie nicht zuletzt aus dem Gutachten von Prof. Dr. A. folgt. Dieser Arzt legt überzeugend unter Hinweis auf die einschlägige Fachliteratur dar, dass der alleinige Nachweis von IGG Antikörpern lediglich als Hinweis auf eine durchgemachte Infektion gewertet werden kann, die aber meist asymptomatisch verlaufen. Ein rein serologischer Befund - wie er bei der Klägerin -, ist aber keine Krankheit im Sinne der BKV. Auch im Bereich der Berufskrankheiten gilt für die Definition des Krankheitsbegriffs diejenige des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, demzufolge jeder regelwidrige Körper- oder Geisteszustand als Krankheit angesehen wird, der von der durch das Leitbild des gesunden Menschen geprägten Norm abweicht (vgl. BSGE 93, 252, 253; 85, 36, 38; 39, 167, 168; 35, 10, 12). Wenn auch im Unterschied zur Krankenversicherung keine Behandlungsbedürfigkeit oder Arbeitsunfähigkeit damit verbunden sein muss, muss die körperliche oder Leistungsfähigkeit gemindert sein (BSG vom 11. Januar 1989 - SozR 2200 § 551 Nr. 34: leichtgradige silikotische Veränderungen bei BK Nr. 4101). Klinische Befunde, die zum Krankheitsbild der Lyme-Borreliose gehören, sind bei der Klägerin nicht gegeben, denn die von ihr geschilderten vielfältigen Beschwerden sind nicht durch eine Lyme-Borreliose verursacht. Zwar passen zahlreiche der von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen zum Symptombild einer Borrelioseerkrankung. Jedoch hat Prof. Dr. A. im Einklang mit den bereits im Verwaltungsverfahren gehörten Sachverständigen überzeugend ausgeführt, dass es unwahrscheinlich sei, dass diese Krankheitserscheinungen auf die Borreliose zu beziehen sind. So handelt es sich nach seiner Darlegung hierbei um allgemeine Beschwerden und Kreislaufsymptome, wie sie auch bei vielen anderen Infekten vorkommen. Die Lyme-Brorelliose ist eine klinische Diagnose, das heißt, dass die klinischen Kriterien Anamnese, Symptomatik und Befund für die Diagnosestellung in der Interpretation serologischer Befunde entscheidend sind. Grundsätzlich unterscheidet man bei der Borreliose, die durch eine Vielzahl von unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Fieber Nackensteifigkeit, Sehbeschwerden, Schwindelübelkeit und Erbrechen sowie psychische Veränderungen gekennzeichnet ist, bis zu drei Stadien, wobei das erste Stadium die Lokalinfektion, das zweite Stadium die Streuung des Erregers nach etwa vier bis sechs Wochen ist und das dritte Stadium die chronische Infektion umfasst, die bedeutet, dass die Krankheit immer wieder ausbricht oder sich verschlechtert mit zum Teil symptomfreien Latenzzeiten. Nach einer Infektion kann es zur Bildung von Antikörpern gegen Borrelien kommen, ohne dass es gleichzeitig zu Krankheitssymptomen kommt. So kann die Serologie noch Jahre nach einer ausgeheilten Borreliose positiv sein. Eine sichere Diagnose kann oft anhand der Krankheitssymptome des Krankheitsverlaufs der Krankengeschichte und der serologischen Befunde gestellt werden. Das Ansprechen auf die Antibiotikagaben reicht jedoch nicht für den Nachweis einer aktiven Borreliose, wie umgekehrt das Nichtansprechen nicht besagt, dass die Krankheit ausgeheilt ist.
Die klinischen Befunde einer Gelenkborreliose, sogenannte Lyme-Arthritis, liegen bei der Klägerin indes nicht vor. Eine Neuroborreliose kann angesichts der negativen Liposereologie ebenfalls ausgeschlossen werden und für das Vorliegen einer Lyme-Karditis ergibt sich entgegen der Behauptung der Klägerin kein Anhalt anhand der dokumentierten Befunde. Bei der im Rahmen bereits im Verwaltungsverfahren durchgeführten Untersuchung des Gerichtssachverständigen entnommenen Seroprobe konnten in dem Referenzlabor keine positiven serologischen Anhaltspunkte für eine Lyme-Borreliose und eine signifikante Titteränderung eines Vorbefundes gefunden werden. Sowohl dem Enzym Immunoassay (Elisa) als auch in Immuninfloriszenstest (IFT) in Immunoblot bzw. Westernblot (Rekomp-Blot) fanden sich keine spezifischen IGG- oder IGM-Antikörper gegen Borrelienantigene. Prof. Dr. A. führt überzeugend hierzu aus, dass bei einem Patienten mit einer chronischen Lyme-Borreliose normalerweise hochtitrige IGG-Antikörper gegen die Borrelienantigene gefunden werden. Nur in sehr seltenen Fällen, meist wenn die Patienten unmittelbar nach der Infektion mit Borrelia burgdorferi antibiotisch oder immunsupressiv behandelt werden, fänden sich bei einer manifesten Borreliose keine oder nur niedrigtitrige Antikörperkonzentrationen. Die Behauptung der Klägerin, dass gerade in ihrem Fall durch eine immer wieder auftretende Neuinfektion dieser Befund charakteristisch für eine Lyme-Borrelioseninfektion sei, findet damit keinerlei Stütze im eingeholten Sachverständigengutachten. Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine Ansicht handelt, die dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht. Vielmehr wurde Prof. Dr. A. ausdrücklich dazu gefragt, ob seiner Ansicht und Kausalitätsbewertung dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht, was dieser unter Bezugnahme auf einschlägige Fachliteratur bestätigte. Auch aus der für den Senat zugänglichen Fachliteratur ergibt sich kein Hinweis, dass die Ansicht des Sachverständigen falsch und die der Klägerin im Sinne des allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes richtig wäre.
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass die zahlreichen von der Klägerin beklagten Symptome, die auch seitens der Beklagten nicht bestritten wurden, als für die Borreliose uncharakteristische Allgemeinsymptome zwar in allen Stadien der Borrelioseerkrankung auftreten können, jedoch auch auf andere Krankheiten hinweisen, die jedenfalls keine Infektionskrankheiten im Sinne der BKV 3102 sind. In diesem Zusammenhang ist die Krankheits- und allgemeine Lebensvorgeschichte der Klägerin zu würdigen. So sind bei ihr bereits seit 1988 zahlreiche Fehltage aufgrund von Migräne nachgewiesen. Im Zeitraum von 1988 bis 1992 war die Klägerin alleine 120 Tage wegen Migräne arbeitsunfähig krankgeschrieben. Wie auch aus dem im Laufe des Verwaltungsverfahrens eingeholten neurologischen Gutachtens Dr. E. vom 17. April 2003 folgt, wäre ein Zusammenhang zwischen den bei der Arbeit erlittenen Zeckenstichen und den seit Herbst 1994 auftretenden Symptomen ein Zusammenhang theoretisch möglich, dieser jedoch nicht hinreichend beweisbar, um eine Anerkennung als Berufskrankheit bejahen zu können. Es besteht vielmehr im Falle der Klägerin differenzialdiagnostisch der Verdacht auf eine psychosomatische Erkrankung bzw. auf eine Somatisierungsstörung. Bereits vor 1994 sind bei der Klägerin häufige Erkrankungen mit grippalen Symptomen aktenmäßig dokumentiert. Von 1986 bis 1992 war die Klägerin insgesamt 128 Tage lang wegen Bronchitis, Sinusitis, Pharyngitis und grippalem Infekt oder Erkältung arbeitsunfähig krankgeschrieben. Überzeugend führt Prof. Dr. A. des Weiteren aus, dass die bei der Klägerin aufgeführten multiplen klinischen Beschwerden für eine Lyme-Borreliose nicht beweisend sind, wenn sie diese auch nicht ausschließen. Diese Unsicherheit kann jedoch nicht dazu führen, dass bei der Klägerin eine entsprechende Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen wäre, weil die bloße Möglichkeit nicht ausreicht.
Darüber hinaus war die Klägerin laut ihrer eigenen gegenüber ihrem behandelnden Arzt getätigten Aussagen erst seit 1988 regelmäßig ganztags im Außendienst tätig und erfüllte erst seitdem die arbeitstechnischen Voraussetzungen in Form eines besonders erhöhten Infektionsrisikos. Der Umstand, dass die umfangreichen Arbeitsunfähigkeitszeiten bereits im Jahre 1986 begonnen haben, würde somit bereits unter Beachtung des zeitlichen Verlaufs der Annahme der Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und Erkrankung widersprechen.
Insgesamt ist Prof. Dr. A. zuzustimmen, wenn er betont, dass eine Lyme-Borrelioseerkrankung im klinischen Sinne mit Krankheitserscheinungen nicht gesichert ist. Für den Beweis des Vorliegens des klinischen Bildes dieser Erkrankung gibt es weder aus den Angaben der Klägerin noch aus den umfangreichen medizinischen Dokumentationen genügend Tatsachen, die dafür sprechen, dass die Beschwerden auf die Infektion zurückzuführen sind. Das Gutachten des Prof. Dr. A. ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und steht im Einklang mit den sonstigen Befundunterlagen, insbesondere den seitens der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten. Einzig die Stellungnahme des die Klägerin behandelnden Arztes Dr. E. spricht vorliegend für eine Anerkennung einer Berufskrankheit. Jedoch erkennt der Senat den Gutachten des Prof. Dr. A. einen erhöhten Beweiswert als unabhängigen Sachverständigen und besonderen Experten auf diesem Gebiet zu. Der Beweiswert des Gutachtens von Prof. Dr. A. ist auch deshalb nicht geringer, weil dieser sich bereits in dem Verwaltungsverfahren geäußert hat. Diesbezügliche Bedenken wurden seitens der Klägerin bzw. ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten auch nicht geäußert. Prof. Dr. A. ist dem Senat als besonderer Experte auf dem Gebiet der Toxikologie und Borrelioseerkrankungen bekannt. Schließlich hat selbst der die Klägerin behandelnde Nervenarzt Dr. E. in seinem Arztbrief vom 12. Juli 1998 die starke physische und psychische Belastung der Klägerin an ihrem Arbeitsplatz als Ursache für die Erkrankungssymptome beschrieben.
Der Senat sah auch keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt zwar von Amts wegen, es ist jedoch an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Insbesondere muss das Gericht nicht nach Tatsachen forschen, für deren Bestehen die Umstände des Einzelfalls keine Anhaltspunkte bieten (s. BSGE 87, 132, 138; 36, 107, 110). Besonders für die Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es weiterer Anknüpfungstatsachen, die die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines mit besonderem Fachwissen ausgestatteten Sachverständigen zur Beurteilung dieser Tatsachen nahelegen. Solche liegen jedoch erkennbar nicht vor.
Insgesamt konnte daher die Berufung keinen Erfolg haben und war im Ergebnis zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Gründe des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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