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Landessozialgericht Hessen 18.11.2011, L 9 U 226/06

  • Aktenzeichen: L 9 U 226/06
  • Spruchkörper: 9. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 1 U 87/04
  • Instanzgericht: Sozialgericht Gießen
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 18.11.2011

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Borreliose als Berufskrankheit gem. Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und entsprechender Gewährung von Entschädigungsleistungen streitig.

Die Klägerin ist 1952 geboren und war seit 1985 beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft und zuletzt seit 1988 zunächst als Dezernentin im Bereich Biologischer Pflanzenschutzdienst sowie ab 1993 im Bereich Koordination Versuchswesen beim Hessischen Landesamt für Regionalentwicklung und Landwirtschaft in C-Stadt als Dezernatsleiterin beschäftigt. In dieser Tätigkeit war sie, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Seit 1988 war sie nach ihren Angaben beim behandelnden Arzt Dr. E. regelmäßig ganztags im Außendienst tätig.

Der Hausarzt der Klägerin Dr. E. zeigte bei der Beklagten unter dem 21. April 1999 den Verdacht auf Bestehen einer Berufskrankheit an, wobei er ausführte, dass bei der Klägerin wahrscheinlich eine Borreliose bestehe. Der Infektionszeitpunkt liege mehr als fünf Jahre zurück. Laut beigezogenem Vorerkrankungsverzeichnis der gesetzlichen Krankenkasse war die Klägerin von 1986 bis 1992 insgesamt 128 Tage lang wegen Bronchitis, Sinusitis, Pharyngitis sowie einem grippalen Infekt oder Erkältung arbeitsunfähig krankgeschrieben und zwar 1986 36 Tage, 1987 11 Tage und 1988 24 Tage, 1989 12 Tage, 1990 30 Tage sowie 1991 15 Tage. Laut Auskunft der privaten Krankenversicherung, bei der die Klägerin seit 1992 versichert war, war sie seit dem 29. Juni 1998 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt wegen.

Die Beklagte zog umfangreiche Krankenunterlagen und Vorerkrankungsverzeichnisse der Krankenkasse der Klägerin bei, aus denen hervorgeht, dass diese seit 1988 spätestens an einer rezidivierenden Migräne mit Erschöpfungszuständen leide. Ein Arztbrief von Dr. E. vom 12. Juli 1998 hatte zum Inhalt, dass die Klägerin seit Herbst 1994 unter einer chronisch rezidivierenden Immunschwäche leide, deren Ursache in der extremen beruflichen Belastung sowie einem personenbezogenen psychischen Druck seitens des Arbeitgebers zu suchen sei. Aus einem Bericht des BAD-Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH-Zentrum A-Stadt vom 3. Februar 2000 ergibt sich, dass die Klägerin Mattigkeit, Drehschwindel, Kopfschmerz und eine depressive Verstimmung als Leiden anführte. Daraufhin holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Hausarztes der Klägerin Dr. E. ein, der die Symptome auf die Immunschwäche infolge der erlittenen Borreliose zurückführte. Auf Anregung des Landesgewerbearztes holte die Beklagte bei dem Privatdozenten Dr. E. von der IE.Universität A-Stadt ein neurologisches Zusammenhangsgutachten vom 17. April 2003 ein, das auf einer stationären Untersuchung der Klägerin im Zeitraum vom 22. April 2002 bis zum 30. Juli 2002 und auf einem neuroradiologischen Zusatzgutachten von Prof. Dr. F. vom 28. Juni 2002, einem augenärztlichen Zusatzgutachten von Privatdozenten Dr. G. vom 18. Juni 2002, einem internistischen Zusatzgutachten von Prof. A. vom 22. Juli 2002 sowie einem dermatologischen Zusatzgutachten von Oberarzt Dr. H. vom 27. März 2003 beruhte. In seinem internistischen Zusatzgutachten führte Prof. Dr. A. aus, dass zusammenfassend aufgrund der negativen serologischen Befunde das Vorliegen einer Lyme-Borreliose bei der Klägerin äußerst unwahrscheinlich sei. Differenzialdiagnostisch sollten verschiedene andere Diagnosen erwogen werden wie ein sogenanntes "Fibromyalgie-Syndrom" sowie das "chronische Müdigkeitssyndrom". Dr. E. kam in Auswertung aller eingeholten Zusatzgutachten zu dem Ergebnis, es sei keine Berufskrankheit anzuerkennen. Es gebe nämlich für die von der Klägerin geäußerten Beschwerden kein organisches Korrelat. Das Vorliegen einer Borreliose bzw. Neuroborreliose sei ausgeschlossen, da der Verdacht auf eine Erkrankung aus dem psychosomatischen Formenkreis bestehe, weshalb weitere psychosomatische Betreuungsmaßnahmen angezeigt seien. Der Landesgewerbearzt schloss sich mit Schriftsatz vom 17. Juni 2003 dem Gutachten von Dr. E. an.

Durch Bescheid vom 8. August 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit unter Bezugnahme auf die eingeholten Gutachten ab. Der hiergegen am 12. September 2003 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19. März 2003, der am 22. März 2004 zur Post gegeben wurde, zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich die Klage vom 26. April 2004, in der die Klägerin die Ansicht vertrat, die Tatsache, dass schwankende Borreliosewerte festgestellt worden seien und von Prof. A. keine Nachweise hätten geführt werden können, sei durchaus typisch für die Erkrankung und spreche gerade nicht gegen das Vorliegen einer Borreliose. Tatsächlich seien bei ihr in der Vergangenheit teilweise hochspezifische Werte und teilweise negative Ergebnisse diagnostiziert worden.

Durch Urteil vom 30. Mai 2006 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. Diese sei zulässig, weil sie noch fristgemäß erhoben worden sei, da der 26. April 2004 ein Montag gewesen sei. Darüber hinaus bestünden im Fall der Klägerin jedoch nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit. Dies folge aus den äußerst umfangreichen und sorgfältigen Gutachten, die die Beklagte im Verwaltungsverfahren veranlasst habe. So könne auch laut des äußerst erfahrenen Gutachters Prof. A. auf internistischem Fachgebiet nicht der Nachweis einer abgelaufenen Borreliose geführt werden. Dieser könne sich vielmehr die von der Klägerin vorgebrachten Symptome als ein sogenanntes "Fibromyalgie-Syndrom" oder chronisches Müdigkeitssyndrom erklären. Hierbei handele es sich nach allgemeinmedizinischen Erkenntnissen, die die Kammer aufgrund vieler Verfahren gewonnen habe, um keine Erkrankungen mit organischem Korrelat, sondern im Allgemeinen um Sammelbegriffe für Syndrome, die ihre Grundlage auf psychischem Sektor hätten. Dies habe eindeutig zusammengefasst auch der neurologische Gutachter Dr. E. in seinem Gutachten bestätigt. Zwar habe die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt Kontakt mit dem Erreger Borrelia burgdorferi gehabt, aber keine Borreliose erlitten. Eine neurologische Manifestation der Borreloise habe nicht diagnostiziert werden können. Insgesamt sei daher bei der Klägerin weder eine krankheitsbeweisende klinische Symptomatik diagnostiziert worden, noch habe die Analyse der serologischen Untersuchung einen Krankheitsbeweis zwischen der Infektion und den zu begutachtenden Symptomen erbringen können. Eine weitere Begutachtung sei nicht angezeigt. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass spätere positive Nachweise einer Borreliose nach Abschluss der beruflichen Tätigkeit im Jahre 1998 auch nicht zur Anerkennung einer Berufskrankheit führen könnten.

Gegen das am 31. August 2006 der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 28. September 2006.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen bei Prof. Dr. A. vom 12. April 2007. Hierbei wurde dieser ausdrücklich beauftragt, in Ergänzung zu seinem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erstellten Gutachten zu beantworten, ob zwischenzeitlich vorliegende medizinisch wissenschaftliche Erkenntnisse eine Borrelieninfektion sowie die Erkrankung an Borreliose als Ursache für die multiplen Beschwerden der Klägerin noch während der am 29. Juli 1998 endenden Berufstätigkeit belegen. In seinem Gutachten vom 12. April 2007 hat der Sachverständige Prof. Dr. A. ausgeführt, dass bei negativen oder niedrig tittrigen Antikörpertitern gegen Borrelia burgdorferi das Vorliegen einer chronischen Lyme-Borreliose mit großer Sicherheit ausgeschlossen sei. Angesichts der hohen Prävalenz von positiven Tittern gegen Borrelia-Erregern dürfe nicht jeder Antikörpernachweis als Beweis für eine klinisch manifeste Lyme-Borreliose gewertet werden. Der alleinige Nachweis von IGG Antikörpern gelte lediglich als Hinweis auf eine durchgemachte Infektion, die meist asympotmatisch verlaufen sei. Bei der Klägerin sei mit hoher Sicherheit das Vorliegen einer Lyme-Borreliose auszuschließen. Im neurologischen Gutachten vom 17. April 2003 sei zusammenfassend festgestellt worden, dass die labordiagnostisch erhobenen Befunde keinen Hinweis auf eine noch aktuell oder länger zurückliegende Borrelieninfektion ergeben hätten. Bei negativer Liquorserologie sei eine Neuroborreliose ebenfalls ausgeschlossen. Im neurologischen Gutachten werde aufgrund des niedrig-titrigen Antikörpernachweises im September 1999 lediglich geschlossen, dass die Klägerin irgendwann mit dem Erreger Borrelia burgdorferi in Kontakt gekommen sei und gegen diesen Erreger Antikörper gebildet habe. Es liege also eine asymptomatische Borrelieninfektion vor. Insgesamt habe bei der Klägerin weder eine krankheitsbeweisende klinische Symptomatik sich aufweisen lassen, noch durch Analyse der serologischen Untersuchung ein Krankheitsbeweis zwischen einer Infektion und den zu begutachtenden Symptomen nicht finden lassen. Des Weiteren sei die Behauptung der Klägerin, dass die bei ihr erhobenen Befunde in ihrer Gesamtheit nach den zwischenzeitlich vorliegenden medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen durchaus sowohl eine Borrelieninfektion als auch die Erkrankung als Borreliose als Ursache ihrer multiplen Beschwerden noch während der am 29. Juni 1998 endenden Berufsfähigkeit belegten, nicht stichhaltig.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass laut Urteilsbegründung des Sozialgerichts die anlässlich der Verhandlung vom 30. Mai 2006 vorgelegten Laborergebnisse als Nachweis einer Borrelioseerkrankung anerkannt worden seien, wenn sie vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses zustande gekommen wären, sie jedoch bereits im Jahre 2001 richtiggestellt habe, dass sie seit Sommer 1998 aufgrund der immer wieder gleichen und sich zunehmend verschlimmernden Symptomatik neu habe krankgeschrieben werden müssen und es seit Herbst 1998 zu mehreren gescheiterten Arbeitsversuchen gekommen sei. Außerdem hätten sich seit Herbst 1994 die Symptomentwicklung und die Dauer des gesamten Krankheitsgeschehens auffällig wiederholt, weshalb bereits im November 1998 neurologischerseits erstmals der Verdacht auf Borreliose geäußert worden sei. Seit die Krankheitsentwicklung aus Sicht des Neurologen besonders typisch für einen schweren Verlauf einer Borreliose zu werten gewesen sei, habe er trotz des negativen Laborbefundes dringend zu einer Hochdosis Antibiotikabehandlung geraten. Des Weiteren sei im Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht dargelegt worden, dass bei akuten Infektionserkrankungen der Körper grundsätzlich als erste spezifische Immunreaktion sogenannte IGM`s bilde. Erst später würden zur Vorbeugung einer späteren Infektion durch denselben Erreger IGG`s gebildet. Dem Gutachter sei mangelnde Sorgfalt im Umgang mit Fakten vorzuwerfen, wenn er dies für sie in negativer Weise werte, obwohl der Nachweis gelungen sei, dass eine Lernfähigkeit des Immunsystems deutlich werde, weil im Verlauf der Jahre immer wieder wechselnde aber auch neu spezifische und hochspezifische Banden im Westernblott (Immunblott) aufträten. Die besonders typische Antikörperentwicklung belege, dass die Krankheit bei der Klägerin immer wieder neu ausbreche, d.h. chronisch akut sei und die nachgewiesenen IGM`s jeweils neu gebildet wurden bzw. ihre Anzahl in der Regel nicht ausreiche, um auch als Basis einer ausreichenden Bildung von IGG`s zu dienen. Das Gutachten von Prof. A., in welchem dieser behaupte, IGM Antikörper seien nie nachgewiesen worden, könne nur als bewusste Täuschungsabsicht gewertet werden. Das Gutachten von Privatdozent Dr. E. leide bereits an einem Widerspruch, weil er zum einen eine stattgehabte Borrelieninfektion bestätige, jedoch auf Seite 38 ausführe, dass die labordiagnostischen Befunde keine Hinweise für eine noch aktuelle oder länger zurückliegende Borrelieninfektion ergäben. Gerade bei ihr handele es sich um eine chronisch akute Form der Borreliose, bei der die Krankheit immer wieder neu ausbreche, weshalb es nicht zu einer Antikörperbildung von IGG`s auf hohem Niveau kommen könne. Prof. A. folge hierbei einer längst veralteten Ansicht der Fachliteratur, die nicht mehr aktuell sei. Des Weiteren handele es sich um ein bewusstes Vorgehen angesichts des erheblichen sprachlichen Aufwandes des Gutachters, wenn man ihr unterstelle, dass ihr Krankheitsbild nicht organischer, sondern psychischer Natur sei. Des Weiteren sei die konsequente Gleichsetzung von Borreliose mit Neuroborreliose durch die Beklagte und Privatdozent Dr. E. medizinisch falsch und erfülle nur einen Zweck, nämlich mit dieser Beweisführung in bewusst irreführender Weise die tatsächliche Erkrankung der Klägerin zu bestreiten, um damit ihren Antrag formell ablehnen zu können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 30. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV anzuerkennen sowie ihr gesetzliche Entschädigungsleistungen in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf das Ergebnis der Beweisaufnahme sowie die Begründung des angegriffenen Sozialgerichtsurteils sowie ihrer Bescheide.

In einem Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht vom 28. Januar 2011 hat die die Klägerin vorgetragen, dass bereits der Tatbestand des angefochtenen Urteils unrichtig sei, wenn dort angenommen werde, dass sie seit 1988 unter rezidivierender Migräne mit Erschöpfungszuständen leide. Richtig sei vielmehr, dass sie bereits seit dem 9. Lebensjahr unter Migräne gelitten habe, die jedoch seit 1988 bei ihr nicht mehr aufgetreten sei. Anlass für den Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit bei der Beklagten sei ein schwerer grippeähnlicher Zustand, der seit Herbst 1994 eingetreten sei und immer wieder in kurzen Abständen aufgetreten sei. Erst eine Antibiotika-Behandlung im Zeitraum von November 1998 bis April 1999 hätte dazu geführt, dass die Symptome aufhörten. Im Jahre 2001 seien dann starke Herzprobleme hinzugetreten.

Der Senat veranlasste daraufhin eine ergänzende Stellungnahme beim Sachverständigen Prof. Dr. A. vom 10. April 2011, in welcher dieser ausführte, dass ausweislich der Dokumentation der Krankengeschichte und des Akteninhaltes die Klägerin auch nach 1988 an Migräne gelitten habe und in der Zeit von 1988 bis 1992 allein deswegen 120 Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen sei und zwar 1988 26 Tage und 1989 59 Tage und 1990 30 Tage sowie 1992 5 Tage. Des Weiteren seien ebenso ausweislich der Dokumentation bereits vor 1994 häufig Erkrankungen mit grippalen Symptomen aktenmäßig dokumentiert worden, nämlich seit 1986. Von 1986 bis 1992 sei die Klägerin insgesamt 128 Tage lang wegen Bronchitis, Sinusitis, Pharyngitis sowie einem grippalen Infekt oder Erkältung arbeitsunfähig krankgeschrieben. Von 1994 bis 1997 sei sie wegen diverser Gesundheitsstörungen insgesamt 257 Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben worden, bis sie dann seit 29. Juni 1998 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Die Diagnose einer Lyme-Borreliose sei erstmals von Dr. E. im Juli 1999 gestellt worden. Die daraufhin erfolgte Antibiotika-Behandlung habe zu einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden geführt. Die bei der Klägerin aufgeführten multiplen klinischen Beschwerden seien für eine Lyme-Borreliose jedoch nicht beweisend. Sie würden aber eine Borreliosemanifestation auch nicht ausschließen. Daher sei insgesamt davon auszugehen, dass die aktenmäßig dokumentierten serologischen Borreliosebefunde der Klägerin für eine klinisch manifeste Borrelioseinfektion nicht beweisend seien, weil diese lediglich beweisen würden, dass bei ihr irgendwann vor 1999 es zu einer Immukulation von Borrelioseerregern gekommen sei. Die Mehrzahl derartiger Infektionen mit Borrelia burgdorferi nähmen jedoch klinisch einen asympotmatischen Verlauf, die Prävalenz von Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi betrage in der Bevölkerung auch bei klinisch gesunden 5 bis 25 Prozent. Die von der Klägerin angegebenen uncharakteristischen Allgemeinsymptome wie Grippegefühl, Müdigkeit, Erschöpfung, depressive Stimmungslage und die diffusen Schmerzsyndrome könnten in allen Stadien der Borreliose vorhanden sein. Die bei der Klägerin seit 1999 bekannte niedrigtittrige IGG Borreliensereologie bei positivem Immunoblott sage lediglich aus, dass die Klägerin vor 1999 zu irgendeinem Zeitpunkt eine Borrelieninfektion erworben habe. Bei der anlässlich der gutachterlichen Untersuchung im Verwaltungsverfahren am 15. Juli 2002 bei der Klägerin entnommenen Seroprobe hätten in dem als Referenzlabor für die Borrelioseserologie geltenden XY-Institut in HO. keine positiven serologischen Anhaltspunkte für eine Lyme-Borreliose und keine signifikante Titteränderung zu einem Vorbefund gefunden werden können. Sowohl im Enzym Immunoassay (ELISA) als auch im Immunfluroszenstest (IFT) und im Immunublot bzw. Westernblot (RecombBlot) hätten sich spezifische IGG oder IGM Antikörper gegen Borrelienantigene finden lassen. Bei Patienten mit einer chronischen Lyme-Borreliose würden aber normalerweise hochtitrige IGG Antikörper gegen die Borrelienantigene gefunden. Nur in sehr seltenen Fällen, meist wenn die Patienten unmittelbar nach der Infektion mit Borrelia burgdorferi antibiotisch oder immunsubressiv behandelt würden, fänden sich bei einer manifesten Borreliose keine oder nur niedrig titrige Antikörperkonzentrationen. Der alleinige Nachweis von niedrigtitrigen Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi dürfe lediglich als Hinweis auf eine durchgemachte oft asymptomatische Infektion gewertet werden und nicht als Beweis für eine klinisch manifeste Infektion. Zusammenfassend lasse sich sagen, dass angesichts des Fehlens einer typisch klinischen Borreliosesymptomatik und angesichts der fehlenden serologischen Befunde für das Vorliegen einer klinisch manifesten Borreliainfektion bei der Klägerin das Vorliegen einer klinisch manifesten Lyme-Borreliose mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Das Ansprechen der klinischen Beschwerden auf Antibiotika gelte jedenfalls nicht als Beweis für das Vorliegen einer manifesten Borrelieninfektion. Aktenmäßig seien zudem keine Belege für starke Herzprobleme dokumentiert. Bei der gutachterlichen Untersuchung im Jahre 2002 habe sich klinisch, elektrokardiographisch und ekokardiographisch kein Anhalt für das Vorliegen einer kardialen Borreliose finden lassen.

Durch Schriftsatz vom 5. Juli 2011 hat die Klägerin ihre Argumente, warum dem Sachverständigen nicht zu folgen, sondern bei ihr eine Borrelioseerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen sei, umfangreich dargelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

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