Landessozialgericht Hessen 24.11.2015, L 2 R 293/12

  • Aktenzeichen: L 2 R 293/12
  • Spruchkörper: 2. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 4 R 179/10
  • Instanzgericht: Sozialgericht Frankfurt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 24.11.2015

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der den sogenannten Vertragspreis der Beigeladenen übersteigenden Kosten der Versorgung der Klägerin mit Hörgeräten, konkret um einen Betrag von 3.547,00 Euro.

Die 1956 geborene Klägerin ist – als Verwaltungsangestellte – Leiterin des Standesamtes und stellvertretende Amtsleiterin des Ordnungsamtes der Stadt A-Stadt, außerdem ist sie dort in der Friedhofsverwaltung tätig.

Am 28. Mai 2009 verordnete der Ohrenarzt der Klägerin, Dr. C., ihr beidseits Hörhilfen wegen einer Hochtonschwerhörigkeit. Auf Grund dieser Verordnung schlug der Hörgeräteakustiker D. D., "D.’s Hörgeräte", AX-Stadt, der Klägerin die Versorgung mit Hörgeräten vom Typ "xxxxx" vor. Wegen der Einzelheiten der Verordnung wie der Dokumentation zur Hörgeräteanpassung wird auf Bl. 1 ff. der Leistungsakte der Beigeladenen (im Folgenden: DAK-A) Bezug genommen.

Die Beigeladene, bei der die Klägerin gesetzlich krankenversichert war (und, soweit ersichtlich, ist), erklärte – offenbar nach Eingang der Versorgungsanzeige seitens des Hörgeräteakustikers – mit einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 9. Juni 2009 (auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, DAK-A Bl. 5), sie, die Beigeladene, übernehme für die Hörgeräteversorgung Kosten in Höhe einer Pauschale von 1.192,80 Euro, und zwar – unter Berücksichtigung einer von der Klägerin zu übernehmenden Zuzahlung in Höhe von 20,00 Euro – 823,00 Euro für die Hörgeräte einschließlich Ohrplastik und 389,80 Euro für eine Servicepauschale. Dies ließ die Klägerin zunächst unbeanstandet. Mit Schreiben ebenfalls vom 9. Juni 2009 beauftragte die Beigeladene den Hörgeräteakustiker mit einer entsprechenden Versorgung der Klägerin (DAK-A Bl. 30).

Mit einem auf den 15. August 2009 datierten und am 26. August 2009 bei der Beklagten, dem für die Klägerin zuständigen Rentenversicherungsträger, eingegangenen Antrag (Akte der Beklagte – im Folgenden: DRV-A – Bl. 1) machte die Klägerin die Übernahme der (über den von der Beigeladenen zugesicherten Betrag hinausgehenden) Kosten der Hörgeräteversorgung als Leistungen zur Teilhabe (am Arbeitsleben) geltend. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, die Kostenübernahme würde es ihr ermöglichen, ihre standesamtlichen Aufgaben und die Aufgaben in der Friedhofsverwaltung weiter auszuüben, da dies nur kommunikativ möglich sei. Die Beklagte holte daraufhin einen Befundbericht bei Dr. C. ein, der unter dem 2. September 2009 über eine seit Jahren bestehende und zunehmende Innenohrschwerhörigkeit auf beiden Seiten berichtete (DRV-A Bl. 13). Die Klägerin übersandte nach entsprechender Aufforderung eine Tätigkeitsbeschreibung, in der sie ihre Aufgaben und die damit verbundenen kommunikativen Anforderungen näher darlegte; diesbezüglich wird auf das entsprechende Schreiben vom 17. September 2009 (DAK-A Bl. 7) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 25. September 2009 leitete die Beklagte daraufhin den bei ihr gestellten Antrag der Klägerin an die Beigeladene weiter und führte dazu aus, dass im Tätigkeitsbereich des ausgeübten Berufs keine Höranforderungen bestünden, die nicht in jedem Beruf vorkämen, so dass die Ausstattung mit Hörgeräten in den Entscheidungsbereich der Krankenversicherung falle. Die Beigeladene gab die Unterlagen jedoch mit Schreiben vom 7. Oktober 2009 an die Beklagte zurück, da diese die vierzehntägige Frist zur Weiterleitung des Antrags aus § 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB X) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – versäumt habe.

Am 8. Oktober 2009 erhielt die Klägerin die streitigen Hörgeräte vom Typ "xxxxx" von ihrem Hörgeräteakustiker. Dabei erklärte sie auf einem ihr, soweit ersichtlich, von diesem vorgelegten Formular, sie habe sich für eine Versorgung mit Eigenanteil entschieden und kein eigenanteilsfreies Versorgungsangebot gewünscht. Mit der Zahlung der Mehrkosten und den damit verbundenen Folgekosten sei sie einverstanden. Auf DAK A Bl. 36 wird Bezug genommen. Der Hörgeräteakustiker stellte der Beigeladenen daraufhin einen Betrag von 1.192,80 Euro und den darüber hinausgehenden Betrag von insgesamt 3.547,00 Euro der Klägerin in Rechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf DAK-A Bl. 37 und Bl. 84 der Gerichtsakte (im Folgenden: GA) verwiesen.

Durch den angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 2009 lehnte sodann die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit der Begründung ab, grundsätzlich seien Hörgeräte von der Krankenkasse nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung – als Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Hilfsmittel zur Berufsausübung, für die sie, die Rentenversicherung, Kosten übernehmen könne, müssten ausschließlich für die Berufsausübung oder die Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sein. Sie müssten die Folgeerscheinungen einer Behinderung bei einer bestimmten beruflichen Verrichtung ausgleichen. Diese Voraussetzungen lägen bei der Klägerin nicht vor, da bei ihr keine besonderen Höranforderungen bestünden. Die Kommunikation mit anderen Arbeitnehmern, das Telefonieren, der Kundenkontakt sowie eine Geräuschkulisse am Arbeitsplatz seien Anforderungen, die in jeder Berufstätigkeit und auch sonst im täglichen Leben bestünden.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 13. November 2009 Widerspruch ein. Zur Unterstützung ihres Widerspruchs reichte sie eine Stellungnahme ihrer Arbeitgeberin vom 17. Dezember 2009 (DRV-A Bl. 30) zu den Akten, wonach sie zur Ausübung ihrer Tätigkeit auf höherwertige Hörgeräte angewiesen sei.

Während des laufenden Widerspruchsverfahrens wandte sich die Klägerin zudem mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 (DAK-A Bl. 28), dort eingegangen am 17. Dezember 2009, an die Beigeladene und bat diese um Übernahme der vollen Kosten, da diese medizinisch notwendig seien, um ihre Schwerhörigkeit auszugleichen. Die Beigeladene erläuterte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 die aus ihrer Sicht bestehende Rechtslage und verwies sie wegen der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten an die Beklagte; auf DAK-A Bl. 33 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Nachdem die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 9. März 2010 (DRV-A Bl. 34), der sich im Wesentlichen auf die gleichen Argumente stützte wie der Ausgangsbescheid, den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen hatte, hat diese mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 24. März 2010, eingegangen am 25. März 2010, Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhoben.

Während des laufenden Klageverfahrens hat sie zudem die Beigeladene mit Schreiben vom 23. Juli 2010 aufgefordert, ihr einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu ihrem "Widerspruch" vom 14. Dezember 2009 zu erteilen. Die Beigeladene hat daraufhin durch Bescheid vom 2. August 2010 die Übernahme der über den Vertragspreis hinausgehenden Kosten abgelehnt, da mit diesem sämtliche Kosten für eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und qualitätsorientierte Versorgung abgegolten seien.

Dagegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 16. August 2010 Widerspruch eingelegt. Sie bestreite, dass das von ihr gewählte Hilfsmittel über das Maß des Notwendigen hinausgehe. Sie habe hierzu von der Beigeladenen auch keinerlei konkrete Auskünfte erhalten.

Nachdem das SG die Beigeladene bereits mit Beschluss vom 2. November 2010 (GA Bl. 56) zu dem Rechtsstreit der Klägerin gegen die Beklagte beigeladen hatte, hat jene den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 24. März 2011 (DAK-A Bl. 45) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, Versicherte hätten Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen (§ 33 Abs. 1 SGB V). Die Leistungen der Krankenkassen müssten ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürften das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sei für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt worden, erfülle sie ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag (§ 12 SGB V). Für die Komplettversorgung mit Hörsystemen habe der Verband der Ersatzkassen, dem sie angehöre, einen Vertrag mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker abgeschlossen. Gegenstand dieses Vertrages sei unter anderem die Regelung der Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit neuen Hörsystemen und der anschließenden Serviceleistungen durch den Leistungserbringer sowie der Abrechnung der auf den Festbeträgen basierenden Pauschalpreise. Danach erhalte der Versicherte mindestens zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote (d.h. ohne Zuzahlung, ausgenommen der gesetzlichen Zuzahlung) mit analogen oder digitalen Hörgeräten einschließlich der erforderlichen Otoplastik. Die Versorgungspauschale betrage 648,40 Euro für das erste Hörgerät und 564,40 Euro für das zweite Hörgerät. Die Kasse habe daher mit der Zusicherung der Versorgung in Höhe von insgesamt 1.192,80 Euro (1.212,80 Euro abzüglich einer Eigenbeteiligung von 20,00 Euro) den vertraglich vereinbarten Preis bewilligt. Wähle der Versicherte ein nicht eigenanteilsfreies Versorgungsangebot, habe er eine Erklärung abzugeben, mit der er sich mit der Zahlung der Mehrkosten für das von ihm ausgewählte Hörgerät einverstanden erkläre. Eine entsprechende Erklärung habe die Klägerin am 8. Oktober 2009 unterzeichnet. Schon aus diesem Grund sei ihr, der Beigeladenen, eine höhere Beteiligung an den Kosten der Hörgeräte nicht möglich.

Die Klägerin hat nach Erteilung des Widerspruchsbescheides auch gegen die Beigeladene Klage zum SG erhoben (Az.: S 25 KR 220/11). Dieses Verfahren hat das SG durch Beschluss vom 9. August 2011 im Hinblick auf das hiesige Verfahren zum Ruhen gebracht.

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Begehrens ihre Argumentation aus den Ausgangs- und Widerspruchsverfahren mit der Beklagten wie mit der Beigeladenen wiederholt und vertieft. Die Behauptung des vom SG befragten Hörgeräteakustikers D., sie habe sich aus kosmetischen Gründen für die gewählten Geräte entschieden, treffe nicht zu. Es seien ihr zwar zuzahlungsfreie Angebote bzw. Angebote mit geringeren Zuzahlungsbeträgen unterbreitet worden, nach einer längeren Testphase habe sie sich aber für die gewählte Versorgung entschieden, weil sie ihr wieder die uneingeschränkte Ausübung ihres Berufs ermöglicht habe. Sie habe den von ihr verlangten Betrag über 3.547,00 Euro für die Hörgeräte "xxxxx" am 16. Oktober 2009 bezahlt.

Das SG hat zur Aufklärung des Sachverhalts die Unterlagen des Hörgeräteakustikers beigezogen, auf die (GA Bl. 48 ff.) Bezug genommen wird, und ergänzend bei diesem angefragt, ob eigenanteilsfreie Hörgeräte getestet worden seien. Der Hörgeräteakustiker hat daraufhin mitgeteilt, dass die Klägerin sich in der Zeit vom 6. Juni 2009 bis 8. Oktober 2009 in Ausprobe mit verschiedenen Hörsystemen befunden habe. Hierbei seien mit ihr in gewohnter und in objektiver Umgebung technisch unterschiedlichste Hörsysteme getestet worden, wobei die Hörgeräte "xxxxx" für die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Standesbeamtin die bestmögliche Versorgung dargestellt hätten. Auch hätten der kosmetische Aspekt und der Tragekomfort bei der Hörsystemauswahl mitberücksichtigt werden sollen. Es sei ihr ein Angebot über zuzahlungsfreie Geräte unterbreitet worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 31. März 2011 (GA Bl. 94) und 26. Mai 2011 (GA Bl. 105) verwiesen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 4. Juni 2012 abgewiesen. Die Klägerin habe weder gegen die Beklagte und noch gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Kostenersatz in Höhe des Eigenanteils von 3.547,00 Euro für die selbst beschafften Hörgeräte. Das System der gesetzlichen Krankenversicherung und die Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung seien vom Sachleistungsprinzip geprägt und erlaubten eine Kostenerstattung nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB IX sei der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, die einem Versicherten dadurch entstünden, dass er sich eine erforderliche Leistung selbst beschaffe, wenn der Rehabilitationsträger über den Leistungsantrag nicht oder nicht fristgerecht entschieden habe, eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringe oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Nach § 13 Abs. 3 SGB V seien Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung der Krankenversicherung, soweit die Leistung notwendig gewesen sei, in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden seien. Nachdem die Hörgeräte bereits angeschafft worden seien, könne sich das Begehren der Klägerin nicht mehr auf die Übernahme der Kosten als Sachleistung, sondern nur noch auf Kostenerstattung richten. Die formelle Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich aus § 14 SGB IX. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IX stelle der Rehabilitationsträger, wenn Leistungen zur Teilhabe beantragt würden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig sei. Stelle er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig sei, leite er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Werde der Antrag nicht weitergeleitet, stelle der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Im Falle der Nichtweiterleitung des Antrags sei danach der erstangegangene Rehabilitationsträger, im konkreten Fall die Beklagte, zuständig, da die Klägerin dort am 26. August 2009 einen Antrag auf Übernahme des Eigenanteils der Kosten für die Hörgeräte gestellt und sich erst am 14. Dezember 2009 an die Beigeladene gewandt habe. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Beigeladene bereits mit Datum vom 9. Juni 2009 die Zustimmung zur Hörgeräteversorgung erteilt und die Kostenübernahme in Höhe einer Pauschale von 1.192,80 Euro zugesichert habe. In der Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers sei kein Antrag auf Übernahme der Mehrkosten der Hörgeräteversorgung durch die Krankenkasse zu sehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass dieser der Krankenkasse die tatsächlichen Kosten für die gewählten Hörgeräte gar nicht dargelegt habe. Die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX seien nicht erfüllt, denn die Beklagte habe die Erstattung im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder der medizinischen Rehabilitation nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Abgrenzung zwischen der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung im Bereich von Teilhabeleistungen richte sich danach, ob das begehrte Hilfsmittel – hier das Hilfsmittel Hörhilfe – dem unmittelbaren Behinderungsausgleich diene – dann Leistungspflicht der Krankenversicherung – oder ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile biete – dann Leistungspflicht der Rentenversicherung (Hinweis auf Sächsisches LSG, Urteil vom 5. April 2011 – L 5 R 28/08). Die Beklagte sei vorliegend nicht zur Übernahme der Kosten für das Hörgerät bzw. der von der Klägerin geltend gemachten Mehrkosten nach dem SGB VI verpflichtet, denn ein ausschließlich berufsbedingter Mehrbedarf sei vorliegend für die Kammer nicht erkennbar. Aus der Tätigkeitsbeschreibung der Klägerin vom 17. September 2009 und der Stellungnahme des Arbeitgebers vom 17. Dezember 2009 gehe hervor, dass sie als Leiterin des Standesamtes, Sachbearbeiterin Friedhofsverwaltung, stellvertretende Amtsleiterin Ordnungsamt (Bürgerbüro, Kindergärten, Sozial- und Seniorenarbeit, Hilfspolizei, Gewerbeamt, Friedhofsverwaltung, Standesamt, Kinder- und Jungendarbeit) tätig sei. Es sei, wie das SG im Einzelnen erläutert hat, nicht ersichtlich, dass die Klägerin ausschließlich in ihrer konkreten beruflichen Tätigkeit auf eine besondere bzw. spezielle Hörfähigkeit – wie etwa bei akustischen Kontroll- oder Überwachungsarbeiten oder beim feinsinnigen Unterscheiden zwischen bestimmten Tönen und Klängen – angewiesen wäre. Die Beklagte sei jedoch auch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nicht verpflichtet, der Klägerin die Mehrkosten für die von ihr selbst beschafften Hörgeräte zu erstatten, denn es fehle an der notwendigen Kausalität zwischen der Ablehnung der Leistung durch den Leistungsträger und der Kostenentstehung durch die höherwertige Hörgeräteversorgung. Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V – ebenso wie nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX – seien nur gegeben, wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dem Versicherten "dadurch" Kosten für die selbst beschaffte Leistung entstanden seien. Dazu müsse die Kostenbelastung des Versicherten der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Krankenversicherungsrecht zufolge wesentlich auf der Leistungsversagung der Krankenkasse beruhen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 5/05 R – BSGE 96, 161). Hieran fehle es, wenn diese vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst worden sei, obwohl dies möglich gewesen wäre (Hinweis auf BSG, Urteile vom 15. April 1997 – 1 BK 31/96, SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 und vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26), wenn die Beschaffung bereits vor der ablehnenden Entscheidung des Leistungserbringers erfolgt sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 3. August 2006 B 3 KR 24/05 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 10) oder wenn der Versicherte auf eine bestimmte Versorgung von vornherein festgelegt gewesen sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 20). Die beiden letztgenannten Fallvarianten träfen hier zu. Es fehle vorliegend an der erforderlichen Kausalität zwischen Ablehnung des Antrags und der Entstehung der Kosten, weil die Klägerin, wie das SG sodann näher ausgeführt hat, den Kaufvertrag über die Hörgeräte bereits abgeschlossen gehabt habe, bevor die Beklagte ihre ablehnende Entscheidung getroffen habe. Darüber hinaus sei die Klägerin auf eine bestimmte Versorgung mit Eigenanteil von vorneherein festgelegt gewesen. Sie habe sich, wie das SG unter Auswertung der Schreiben des Hörgeräteakustikers vom 31. März 2011 und 26. Mai 2011 und den Einwendungen der Klägerin hierzu näher ausgeführt hat, aufgrund der Beratung durch ihren Hörgeräteakustiker auf die Versorgung mit zuzahlungspflichtigen Hörgeräten festgelegt. Die Kostenerstattung eines selbstbeschafften Hörgeräts sei aber letztlich davon abhängig, dass der Versicherte das ihm Zumutbare getan hat, um die notwendige Leistung zur Vermeidung unnötiger Kosten zu ermitteln. Dies sei hier nicht geschehen. Inwieweit sich der Hörgeräteakustiker gegebenenfalls vertragswidrig verhalten haben könnte, indem er die Klägerin nicht sachgemäß beraten habe, könne dahinstehen. Jedenfalls habe die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass eine eigenanteilsfreie Versorgung nicht gewünscht werde. Aus der Formulierung könne auch der Laie erkennen, dass eine eigenanteilsfreie Versorgung grundsätzlich der "Normalfall" sei. Wenn die Klägerin noch nicht einmal "eigenanteilsfreie Versorgungsvorschläge" des Hörgeräteakustikers teste, sondern – möglicherweise auf dessen Rat hin – die eigenanteilsfreie Versorgung von vorneherein ausschließe, gehe dies zu ihren Lasten.

Die Klägerin hat – nach Zustellung des Urteils bei ihrem Prozessbevollmächtigten am 2. Juli 2012 – durch diesen am 2. August 2012 Berufung eingelegt. Dabei wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, sie müsse in ihrem Beruf als Standesbeamtin die gleichen Höranforderungen bewältigen wie ein nichtbehinderter Mensch, wobei sie unter besonderen akustischen Bedingungen tätig werde. Anders als das SG meine, habe sie durchaus zuzahlungsfreie Angebote getestet, eine Vorfestlegung habe es nicht gegeben. Auch könne ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe den Beschaffungsweg nicht eingehalten; vielmehr habe die Beigeladene gegen das SGB IX verstoßen, weil sie ohne weitere Beratung nur die Pauschale bewilligt habe. Die vom Hörgeräteakustiker vorgelegte Dokumentation zur Hörgeräteanpassung schließlich spiegele nicht das Ergebnis der von ihr durchgeführten Erprobung wieder. Die von ihr getesteten, aber nicht ausgewählten Hörgeräte hätten sich als ungeeignet erwiesen, weil die Hintergrundgeräusche zu stark und die Rückkoppelung zu hoch gewesen sei. Die Töne seien zu schrill und hart verstärkt worden und das Gehäuse habe gedrückt.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juni 2012 insoweit aufzuheben, als es einen Anspruch gegen die Beklagte verneint hat, und die Beklagte unter Aufhebung von deren Bescheid vom 28. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2010 zu verurteilen, ihr einen Betrag von 3.547,00 Euro als Kostenerstattung für die von ihr erworbenen Hörgeräte zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juni 2012 insoweit aufzuheben, als es einen Anspruch gegen die Beigeladene verneint hat, und die Beigeladene unter Aufhebung von deren Bescheid vom 2. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2011 zu verurteilen, ihr über die bisher bewilligten 1.192,80 Euro hinaus einen Betrag von weiteren 3.547,00 Euro als Kostenerstattung für die von ihr erworbenen Hörgeräte zu gewähren,

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und ihre jeweiligen Bescheide. Die Beklagte hält überdiese die Beigeladene für allein zuständig. Die Beigeladene hat auf Anforderung des Gerichts den 2009 maßgeblichen Versorgungsvertrag der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und dem AEV – Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. zu den Akten gereicht; wegen der Einzelheiten wird auf GA Bl. 373 ff. verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch eine erneute Anfrage bei dem Hörgeräteakustiker D.; auf dessen Antwortschreiben vom 11. Juni 2014 (GA Bl. 261) wird Bezug genommen.

Zudem hat das Gericht bei der Sachverständigen für das Hörgeräteakustikerhandwerk E. ein Gutachten in Auftrag gegeben, das diese unter dem 30. März 2015 erstattet hat. Die Sachverständige hat nach Untersuchung der Klägerin am 19. Dezember 2014 und 6. Februar 2015 und nach Auswertung der in den streitigen Hörgeräten gespeicherten Programmdaten insbesondere ausgeführt, im Ergebnis habe bei normaler Sprachlautstärke (65 dB, in einem Meter Abstand) die ohne Hörgerät mögliche Sprachverständlichkeit von 65 % mit der Vertragspreistechnik der Beigeladenen (Gerätepaar 2 in der Testung der Sachverständigen) und eine über den Vertragspreis hinausgehende, aber im Verhältnis zu den streitigen Geräten ebenfalls noch kostengünstigere Technik (Gerätepaar) jeweils um 35 % auf 100 % verbessert werden können. Eine bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder hätten bei der gutachterlichen Untersuchung Hörgeräte erbracht, die wie das Gerätepaar 3 mit einem Direktmikrofon (Mikrofon, das primär den von vorne auftretenden Schall aufnehme) ausgestattet seien. Andere, technisch hochwertigere Ausstattungen wie in den streitigen Hörgeräten, hätten keine Verbesserung erbracht. Auch hätten sich durch die Nutzung der streitgegenständlichen Hörgeräte keine funktionalen Vorteile gegenüber Hörgeräten zum Festbetrag oder zum Vertragspreis ergeben. Die Verständlichkeit in geräuschvoller Umgebung habe mit den streitgegenständlichen Hörgeräten im Programm 1 (ruhige Umgebung) 50 % erbracht. Wenn sich die Hörgeräte automatisch in das Spezialprogramm 2 für gutes Verstehen in geräuschvoller Umgebung umgestellt hätten, habe sich die Verständlichkeit nicht signifikant erhöht, sondern nur um 5 %. Während der Testung habe sich gezeigt, dass bei der Nutzung des manuell einzuschaltenden Programms (Verstehen im Störgeräusch) das Ergebnis um 20 % von 50 % auf 70 % Einsilberverständlichkeit gesteigert werden könne. Eine signifikante Nutzung dieses Programms sei im Nutzungsverhalten der Klägerin anhand der Dataloggingdaten jedoch nicht zu finden. Die Vertragspreistechnik (Gerätepaar 2) habe ohne Umschaltung auf ein Spezialprogramm 80 % Verständlichkeit in geräuschvoller Umgebung erbracht, also 25 % mehr als mit den streitgegenständlichen Hörgeräten im Automatikprogramm. Bestmöglich werde die Klägerin aus Sicht der Sachverständigen mit einem Hörgerät mit Direktmikrofon versorgt, auch hier müsse eine manuelle Umschaltung wie bei [der effektiven Nutzung der] streitgegenständlichen Hörgeräte erfolgen. Bei den Vergleichsmessungen habe das mit Direktmikrofon ausgestattete Gerätepaar 3 objektiv ein um 15 % besseres Sprachverstehen als mit der Vertragspreistechnik der Beigeladenen (Gerätepaar 2), [aber sogar] ein um 25 % besseres Sprachverstehen als mit den streitgegenständlichen Hörgeräten im manuellen Programm und ein um 40 % besseres Sprachverstehen als mit den streitgegenständlichen Hörgeräten bei Nutzung des am meisten aktivierten Programmes erbracht. Bei der Testung habe die Klägerin angegeben, dass sie subjektiv mit den streitgegenständlichen Hörgeräten und den Vertragspreisgeräten der Beigeladenen eine geringere Höranstrengung empfunden habe. Mit den Hörgeräten zum Vertragspreis der Beigeladenen habe ein Sprachverstehen in Ruhe von 100 % und im Störlärm von 80 % erreicht werden können. Dies sei zwar nicht optimal, aber ausreichend und zweckmäßig. Um ein einhundertprozentiges Satzverstehen zu erreichen, sei mindestens ein Einsilberverstehen von 50 % notwendig. Das von der Klägern gewählte Hörgerät sei daher für eine ausreichende Versorgung nicht notwendig, umso mehr als mit dem Automatikprogramm "Gesellschaft" des Hörgeräts keine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Sprachverstehen in Ruhe habe erreicht werden können und die Klägerin das – bessere – manuelle Gesellschaftsprogramm nur zu 1 % rechts und 2 % links genutzt habe.

Auf die Einwände der Klägerin aus dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. April 2015 (GA Bl. 336) hat die Sachverständige in einer ergänzenden Stellungnahme u.a. erläutert, dass die zum Vergleich herangezogenen Geräte auch im Jahr 2009 lieferbar gewesen seien; auch hätten entsprechende Geräte anderer Konzerne zur Verfügung gestanden. Für die Untersuchung sei, um reproduzierbare und interindividuell vergleichbare Ergebnisse zu erreichen, die für eine gutachterliche Bewertung unverzichtbar seien, eine gewisse Normung unvermeidlich; sie habe den genormten und validierten Freiburger Sprachtest unter schweren Bedingungen im Störgeräusch verwendet, die dabei zu bewältigenden Höranforderungen seien schwieriger als die Hörbedingungen im Alltag bzw. im Berufsleben.

Auf das Gutachten (GA Bl. 313 ff.) wie auf die ergänzende Stellungnahme vom 15. September 2015 (GA Bl. 350 ff.) wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- wie der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat weder gegen die Beklagte noch gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Versorgung mit Hörgeräten, die über den von der Beigeladenen bereits übernommenen Betrag hinausgehen. Das SG hat die Klage daher mit dem angegriffenen Urteil vom 4. Juni 2012 zur Recht abgewiesen.

I. Gegenstand des Verfahrens ist dabei zunächst der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2010, mit dem diese den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch abgelehnt hat. Dabei hat sie zwar in den Bescheiden nur die die entsprechende Sachleistung regelnden Vorschriften aufgeführt; das SG ist dennoch zu Recht davon ausgegangen, dass auch der Kostenerstattungsanspruch, der – nachdem die Klägerin die Hörgeräte bereits erworben (und bezahlt) hat – allein noch in Betracht kommt, von der Beklagten beschieden worden ist: So hat sich die Beklagte insbesondere im Widerspruchsbescheid ausdrücklich auf die Übernahme von Kosten bezogen (und diese abgelehnt); die nicht ganz präzise Begründung ändert nichts am Inhalt des Bescheides. Auch hat die Klägerin schon bei erstinstanzlichem Klageeingang die Kostenübernahme geltend gemacht. Damit war der Kostenerstattungsanspruch Gegenstand der Verwaltungsentscheidung und des erstinstanzlichen Verfahrens, so dass eine Entscheidung des Berufungsgerichts über diesen unproblematisch möglich ist. Eine nachträgliche Umstellung des Klageantrags bzw. eine Änderung des Streitgegenstandes (vom Sachleistungs- auf den Kostenerstattungsanspruch) wäre daher zwar – wohl – möglich gewesen (vgl. LSG BW, Urt. v. 19. März 2009 – L 10 R 2684/07), ist hier aber gar nicht notwendig.

Gegenstand des Verfahrens, konkret des Hilfsantrags, ist darüber hinaus der Bescheid der Beigeladenen vom 2. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2011. Das SG ist zu Recht davon ausgegangen, dass hier eine Verurteilung des beigeladenen Krankenversicherungsträgers auf der Grundlage von § 75 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ernsthaft in Betracht kommt und hat diesen dementsprechend nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG notwendig beigeladen. In der Konsequenz sind allerdings zwingend auch die von diesem erlassenen Bescheide, die den streitigen Anspruch regeln, Gegenstand des Verfahrens geworden, da sie sonst einer Verurteilung der Beigeladenen entgegenstehen würden (vgl. ebs. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40). Vor diesem Hintergrund ist unschädlich, dass diese Bescheide weder im Berufungs- noch im erstinstanzlich zur Entscheidung des SG gestellten Antrag ausdrücklich aufgeführt sind: Der Senat (und auch bereits das SG) entscheidet über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 SGG, für das LSG i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG). Es kann (und konnte) keinem Zweifel unterliegen, dass die Klägerin schon erstinstanzlich und jetzt im Berufungsverfahren – zumindest hilfsweise – die Verurteilung der Beigeladenen erstrebt hat und das daher bei der gebotenen, an ihren Interessen orientierten Auslegung des Klagebegehrens auch die dem entgegenstehenden Bescheide der Beigeladenen Gegenstand des Verfahrens sein sollten und sollen.

Über den Bescheid der Beigeladenen vom 9. Juni 2009 hat der Senat dagegen nicht zu befinden: Es kann dabei – zumindest im hiesigen Zusammenhang – offenbleiben, ob dem Schreiben vom 9. Juni 2009, mit dem sich die Beigeladene der Klägerin gegenüber zur Übernahme von Kosten in Höhe des Vertragspreises bereiterklärte und insoweit zweifelsfrei einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – erließ, (konkludent auch) die Ablehnung darüber hinausgehender Ansprüche zu entnehmen war. Wenn dies der Fall gewesen sein sollte, müsste man davon ausgehen, dass diese Verfügung durch den Bescheid vom 2. August 2010, der die streitige Frage ausdrücklich regelt, ersetzt worden ist, nachdem die Beigeladene vor dem Hintergrund der Aufforderung der Klägerin, über ihren "Widerspruch" vom 14. Dezember 2009 zu entscheiden, mit dem Bescheid vom 2. August 2010 (erst- oder nochmals) einen (Ausgangs-)Bescheid (hinsichtlich des streitigen Kostenerstattungsanspruchs) erteilt und erst nach Einlegung eines Widerspruchs gegen diesen das Vorverfahren durchgeführt hat. Eine Anfechtung des Bescheides vom 9. Juni 2009 wäre daher selbst dann entbehrlich, wenn man davon ausgeht, dass dieser ursprünglich eine Regelung des hier streitigen Anspruchs enthielt.

Streitig sind nur die über den von der Beigeladenen übernommenen Vertragspreis hinausgehenden Aufwendungen der Klägerin. Insoweit ist zwar aus den Akten nicht eindeutig ersichtlich (allerdings sehr wahrscheinlich), dass eine Zahlung des Vertragspreises (von der Beigeladenen an den Hörgeräteakustiker) erfolgt ist; die Beigeladene hat sich zur Gewährung entsprechender Leistungen aber ohne Vorbehalt verpflichtet und stellt dies auch nicht in Frage, so dass die Klägerin – zu Recht, da ein Rechtsschutzbedürfnis insoweit nicht ersichtlich ist – diesbezüglich keine Entscheidung verlangt. Eine derartige Begrenzung des Streitgegenstandes begegnet auch inhaltlich keinen Bedenken (vgl. die entspr. Formulierung des Streitgegenstandes in dem Urteil des BSG vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40: "Anspruch auf Erstattung der den Festbetrag übersteigenden Kosten entweder durch die Beklagte oder die Beigeladene").

II. Mit diesem Gegenstand, den die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) geltend macht, ist die Berufung angesichts der streitigen Summe statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig, namentlich form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG).

III. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den geltend gemachten Anspruch zu Recht sowohl im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten als auch zur Beigeladenen verneint.

1. Es ist dabei zutreffend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Namentlich steht das (ruhende) Klageverfahren vor dem SG zum Aktenzeichen S 25 KR 220/11 dieser auch hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag verfolgten Begehrens nicht entgegen. Der gegen die Beigeladene gerichtete Anspruch (und in der Konsequenz auch die diesen regelnden Bescheide) sind nämlich spätestens mit deren Beiladung durch Beschluss vom 2. November 2010 (und damit vor Einleitung des unmittelbar gegen diese gerichteten Klageverfahrens S 25 KR 220/11) Gegenstand des hiesigen Verfahrens geworden. Damit dürfte die ruhende Klage vor dem SG unter dem Gesichtspunkt doppelter Rechtshängigkeit unzulässig sein; einer Entscheidung des Senats in der Sache auch gegen die Beigeladene steht sie nicht entgegen.

Auch sonst war die Klage zulässig, namentlich angesichts der Versendung des Widerspruchsbescheides am 9. März 2010 und des Klageeingangs am 25. März 2010 frist- und formgerecht erhoben.

2. In der Sache kann die Klägerin jedoch keinen Erfolg haben.

a) Allerdings steht dem Begehren nicht bereits ein bindender Ablehnungsbescheid entgegen, und zwar auch dann, wenn man davon ausgeht, dass das Schreiben der Beigeladenen vom 9. Juni 2009 einen (konkludenten) Bescheid (auch) hinsichtlich der hier streitigen, über den Vertragspreis hinausgehenden Ansprüche wegen der Hörgeräteversorgung darstellt: Zum einen hat die Beklagte, wie bereits dargelegt, diese Entscheidung (wenn es sich um eine solche gehandelt haben sollte) durch den Bescheid vom 2. August 2010 ersetzt. Selbst wenn man aber diese Auffassung nicht teilen wollte, wäre der Bescheid nicht bindend geworden, da das Schreiben vom 9. Juni 2009 nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, so dass die Widerspruchsfrist ein Jahr nach Bekanntgabe betrug (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG); nachdem sich die Klägerin bereits mit Schreiben vom 14. Dezember 2009, eingegangen bei der Beigeladenen am 17. Dezember 2009, mit dem Ansinnen, die streitigen Kosten zu übernehmen, an diese gewandt hatte, wäre dies bei einer an den Interessen der Klägerin ausgerichteten Auslegung als – dann rechtzeitiger – Widerspruch zu verstehen gewesen. Auf die Frage, ob § 14 SGB IX dazu führen muss, dass bereits die Einforderung entsprechender Leistungen bei der Beklagten als Widerspruch zu gelten hätte (in diesem Sinne BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40), kommt es daher nicht einmal an.

b) Weiter ist die Beigeladene auf der Grundlage von § 14 SGB IX im Außenverhältnis zur Klägerin umfassend für die Leistungsgewährung zuständig geworden. Dabei kommt es auf die materiell-rechtliche Zuständigkeit und eine unterschiedliche Qualifikation der Hörgeräteversorgung (Bereitstellung von Hilfsmitteln nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits, Gewährung einer Leistung zur Teilhabe nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits) nicht an. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verliert vielmehr der materiell-rechtlich – eigentlich – zuständige Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger eine im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Wird der Antrag nicht (rechtzeitig) weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne von § 14 SGB IX ist dabei derjenige Träger, der von dem Versicherten erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist.

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die Beigeladene als erstangegangener Rehabilitationsträger anzusehen und – mangels rechtzeitiger Weiterleitung – im Außenverhältnis zur Klägerin umfassend zuständig geworden. Jedenfalls durch den Zugang der Versorgungsanzeige bei der Beigeladenen muss ein (umfassender) Antrag auf Versorgung mit Hörgeräten als gestellt gelten, so dass die Beigeladene im hiesigen Fall vor der Abfassung des Schreibens vom 9. Juni 2009 als mit dem Anliegen befasst gelten muss. Entscheidender Gesichtspunkt ist dabei, dass ein direkter Kontakt der Versicherten mit ihrer Krankennkasse nach dem von den Krankenversicherungsträgern mit den Hörgeräteakustikern verabredeten Procedere gar nicht mehr vorgesehen ist, sondern regelmäßig über die Hörgeräteakustiker vermittelt wird; vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem Empfängerhorizont der Krankenkasse aus der Übermittlung der Versorgungsanzeige ein Antrag auf entsprechende Leistungen – was sich im Übrigen auch daran zeigt, dass die Beigeladene bloß auf deren Grundlage im Schreiben vom 9. Juni 2009 die Übernahme des Vertragspreises zugesichert hat (vgl. ausfl. hierzu – und sehr krit. zur Vorgehensweise der Krankenkassen – BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40). Der damit (spätestens) mit der Übersendung der Versorgungsanzeige anzunehmende Antrag der Klägerin richtete sich auf die Versorgung mit einem Hörgerät insgesamt und ist als solcher (ggf. auch) als Antrag auf Teilhabeleistungen im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX zu verstehen (vgl. nochmals auch zum Folgenden – BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40; außerdem BSG, Urteil vom 21. August 2008 – B 13 R 33/07 R, BSGE 101, 2078): Nach der Auslegungsregel des § 2 Abs. 2 SGB I ist damit eine umfassende Versorgung mit einem neuen und von der Betroffenen für (best-)geeignet gehaltenen Hörgerät beantragt. Dieses Leistungsbegehrens lässt sich nicht in zwei separate Leistungsanträge, nämlich in einen Antrag auf Bewilligung eines Festbetrages ("Normalversorgung", § 12 Abs. 2 SGB V) und einen weiteren Antrag auf Bewilligung einer über den Festbetrag hinausgehenden, technisch anspruchsvolleren und teureren Versorgung ("Premiumversorgung"), aufspalten.

c) Die inhaltlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs liegen jedoch nicht vor: Nach (dem für den rentenrechtlichen Anspruch maßgeblichen) § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (nur) zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, die einem Versicherten dadurch entstehen, dass dieser sich eine erforderliche Leistung selbst beschafft, wenn der Rehabilitationsträger – nachdem der Leistungsberechtigte ihm eine angemessene Frist gesetzt hatte – über den Leistungsantrag nicht oder nicht fristgerecht entschieden, eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Weitgehend ähnlich sind nach (dem für den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch maßgeblichen) § 13 Abs. 3 SGB V Kosten für eine selbstbeschaffte notwendige Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn der zuständige Leistungsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch einer Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Ohne dass es hier entscheidend darauf ankäme, ob die spezifischen Voraussetzungen für die Kostenerstattung vorliegen, scheitert der geltend gemachte Anspruch jedenfalls daran, dass schon die Voraussetzungen des jeweiligen Naturalleistungsanspruchs nicht erfüllt sind und der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V bzw. nach § 15 SGB IX nicht weitergeht als der Sachleistungsanspruch (vgl. neben der bereits mehrfach zitierten Entscheidung des BSG vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 noch – für viele – BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 2/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 20).

Hier steht aber auf Grund des nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachtens der gerichtlich bestellten Sachverständigen E. fest, dass die Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hörgerät gar nicht zu einer Verbesserung der Hörfähigkeit im Vergleich zur Versorgung mit einem Hörgerät zum Vertragspreis der Beigeladenen, der sich auf Grund des Vertrages mit der Hörgeräteakustikerinnung ergibt und den diese übernommen hat, geführt hat. Im Gegenteil hat die Sachverständige sogar eine Überlegenheit der günstigeren Hörgeräte festgestellt. Insoweit kann wegen der Einzelheiten auf das überzeugende und schlüssige Gutachten sowie die ergänzende Stellungnahme hierzu (und namentlich die im Tatbestand wiedergegebenen zusammenfassenden Ausführungen der Gutachterin) Bezug genommen werden. Soweit die Klägerin zuletzt das Ergebnis der Gutachterin unter Verweis auf § 30 der Richtlinie über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-RL) und die dort angesprochene Nutzung von Befragungsinstrumenten bei der Beurteilung von Hörgeräten in Zweifel gezogen hat, ist dem zum einen entgegenzuhalten, dass dieser nur für die Auswahl der Hörgeräte, nicht aber für die Erstellung gerichtlicher Sachverständigengutachten von Bedeutung ist: Eine derartige Unterscheidung ist im Übrigen auch inhaltlich gerechtfertigt, da ein Befragungsinstrument wie der in § 30 angesprochene APHAB-Fragebogen (Abbreviated Profile of Hearing Aid Benefit), das in der Behandlungssituation valide ist, in der Gutachtenssituation u.U. unbrauchbar, weil zur Objektivierung ungeeignet, sein kann. Zum anderen verlangt § 30 der Hilfsmittel-RL entgegen der Ausführungen der Klägerin auch gar nicht, dass entsprechende Befragungsinstrumente regelhaft und zwingend einzusetzen sind; vielmehr ist in § 30 Satz 4 Hilfsmittel-RL nur vorgesehen, dass ergänzend zur audiometrischen Untersuchung der APHAB-Fragebogen (Abbreviated Profile of Hearing Aid Benefit) verwendet werden kann.

Jedenfalls im Rechtsstreit um die Erstattung bereits aufgewendeter Kosten für ein bestimmtes Hörgerät kommt es auch nicht darauf an, dass nach den Feststellungen der Sachverständigen die beste Versorgung nicht mit dem zum Vertragspreis angebotenen Hörgerätepaar zu erzielen war, sondern mit einem dritten, von der Sachverständigen in die Vergleichstestung einbezogenen (das aber immer noch günstiger war, als das von der Klägerin erworbene). Denn die Klägerin streitet um die Erstattung der Aufwendungen für die Hörgeräte vom Typ "xxxxx", deren Erwerb angesichts der schlüssigen Feststellungen der Sachverständigen gerade nicht gerechtfertigt war. Entscheidend ist insofern, dass zu einem geringeren Preis und auch zum Vertragspreis eine nicht nur gleich gute, sondern sogar bessere Versorgung der Klägerin möglich gewesen wäre.

d) Nur ergänzend ist vor diesem Hintergrund darauf hinzuweisen, dass die Klage selbst dann, wenn die streitgegenständlichen Hörgeräte sich nicht als weniger leistungsfähig erwiesen hätten als die Geräte zum Vertragspreis, keinen Erfolg hätte haben können: Ein Anspruch nach §§ 13 Abs. 3 SGB V in Verbindung mit dem materiellen Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung käme nur in Betracht, wenn die Beigeladene ihre Leistungspflicht nach dem Leistungsrecht des SGB V zu Unrecht auf den Festbetrag begrenzt und die vollständige Erfüllung des gegebenen Leistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Klägerin selbst dann kein krankenversicherungsrechtlicher Anspruch auf die Versorgung mit den streitgegenständlichen Hörgeräten zugestanden hätte, wenn diese sich – entgegen der tatsächlichen Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen – im Verhältnis zu den Geräten zu Vertragspreisen als überlegen erwiesen hätten.

Rechtsgrundlage des krankenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, wenn sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind. Demgemäß besteht nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf Hörhilfen nur, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen (§ 12 Abs. 1 SGB V) für den von der Krankenkasse geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind (vgl. dazu näher die Erwägungen des BSG in der mehrfach zitierten Entscheidung vom 24. Januar 2013 B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 – auch anhand der Differenzierung von unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich; zu der Schwierigkeit bei einem unmittelbaren Behinderungsausgleich noch einen über den privaten hinausgehenden beruflichen Nutzen zu formulieren: Spiolek, SGb 2014, 36/38).

Begrenzt ist der Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V also durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Dabei stellt die hier geltende und auf § 36 SGB V beruhende Festbetragsregelung – die nach § 127 Abs. 4 SGB V die maßgebliche Vorgabe für den vom Verband der Beigeladenen mit der Hörgeräteakustikerinnung geschlossenen und durch § 127 SGB V zugelassenen Versorgungsvertrag darstellt – eine besondere und zulässige Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots dar, das eine entsprechende Begrenzung des Leistungsumfangs rechtfertigt, sofern eine ausreichende Versorgung zum Festbetrag nicht unmöglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R; Hessisches LSG, Urteil vom 24. Juli 2014 – L 8 KR 352/11; Thüringer LSG, Urteil vom 25. März 2014 – L 6 KR 1802/11).

Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist (vgl. wiederum BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 m.w.N. aus der st. Rspr.); Mehrkosten sind andernfalls von dem jeweiligen Versicherten selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwändigere Versorgung (nur) dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht.

Nach diesen Grundsätzen zur Versorgung Versicherter mit Hilfsmitteln zum Ausgleich von Behinderungen und vor dem Hintergrund der Feststellungen der Sachverständigen, dass zum Vertragspreis eine geeignete Versorgungsmöglichkeit zur Verfügung stand, kann die Klägerin Kostenerstattung nicht verlangen, weil es schon an dem hierfür nötigen Sachleistungsanspruch auf Ausstattung mit dem von der Klägerin ausgewählten Hörgerät (§ 33 SGB V) fehlt. Eine höherwertigere als die zum Vertragspreis der Beigeladenen erhältliche Versorgung wäre danach bei der Klägerin, wenn überhaupt, nur mit Rücksicht auf berufliche Anforderungen notwendig gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die (von der Klägerin angenommenen, nach dem Gutachten der Sachverständigen E. aber gar nicht feststellbaren) zusätzlichen Nutzungsvorteile der gewählten Hörgeräte außerhalb der beruflichen Verwendung Auswirkungen der Hörbehinderung der Klägerin im gesamten Alltagsleben minderten, hat die Klägerin nämlich weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. So stellte insbesondere der Antrag der Klägerin bei der Beklagten vom 26. August 2009, aber auch ihr zentrales Vorbringen im hiesigen Verfahren darauf ab, dass die erworbenen, streitigen Hörgeräte zur Berufsausübung nötig seien. Danach bleibt festzuhalten, dass der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestehende krankenversicherungsrechtliche Versorgungsanspruch durch die Übernahme des Vertragspreises erfüllt ist, weil für den Alltagsgebrauch ein zu diesem Betrag erhältliches Hörgerät ausgereicht hätte. Für weitergehende Primäransprüche der Klägerin nach dem SGB V bestehen keine Anhaltspunkte.

Hinsichtlich eines Anspruchs nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung auch insoweit ist die Beigeladene, wie bereits ausgeführt, im Außenverhältnis der richtige Anspruchsgegner – kann letztlich offenbleiben, ob sich aus der Tätigkeit der Klägerin besondere Anforderungen an das Hörvermögen ergeben; auf die nachvollziehbaren Zweifel des SG sei aber immerhin verwiesen. Jedenfalls aber scheitert ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung unter Anknüpfung an die rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften – wobei insoweit über § 33 Abs. 3 Nr. 6 und Abs. 8 Nr. 4 SGB IX hinaus auch §§ 26 Abs. 1 Nr. 2, 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX (jeweils i.V.m. §§ 9 ff., 15 f. SGB VI) in Betracht zu ziehen sind (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40) – an den spezifischen Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 SGB IX. Regelmäßig ist dieser, wenn es sich – wie hier – nicht um unaufschiebbare Leistungen handelt, nur nach einer der Selbstbeschaffung vorhergehenden Fristsetzung gegenüber dem Leistungsträger gegeben, an der es hier fehlt. Entbehrlich wäre diese nur, wenn vor der Selbstbeschaffung bereits eine rechtswidrige Ablehnung erfolgt wäre, wenn – konkret – also bereits dem Schreiben der Beigeladenen vom 9. Juni 2009 auch eine (ablehnende) Entscheidung über die über den Vertragspreis hinausgehenden Aufwendungen zu entnehmen wäre. Das ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht der Fall (vgl. in diesem Sinne allerdings das Urteil des BSG vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40): Das vom BSG – zu Recht – kritisierte Procedere bei der Hilfsmittelversorgung durch die Träger der Krankenversicherung rechtfertigt nach Auffassung des Senats (nur) eine weite Auslegung bei der Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf Hörgeräteversorgung vorliegt und welchen Inhalt dieser ggf. hat. Dagegen können die von den Krankenversicherungsträgern initiierten Verfahrensbesonderheiten bei der Versorgung mit Hörgeräten nicht die Auslegung der von diesen erlassenen Bescheide leiten, schon weil diese – anders als beim Verständnis des Antrags – nicht den Empfängerhorizont bestimmen können, da der einzelne Versicherte um diese Besonderheiten regelmäßig nicht weiß: Dementsprechend ist auch im konkreten Fall das Schreiben vom 9. Juni 2009 bei unbefangener Lektüre nur auf die Hilfsmittelversorgung und die in diesem Rahmen aufzubringenden Beträge bezogen; zu möglichen weitergehenden Ansprüchen unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsrechts verhält sich das Schreiben jedenfalls seinem Wortlaut nach nicht. Dementsprechend hat auch die Klägerin offenbar das Schreiben auf derartige Leistungen nicht bezogen (und hatte aus ihrem Verständnishorizont auch keinen Anlass hierzu); jedenfalls ist weder ihrem Antrag an die Beklagte noch dem Widerspruchsschreiben vom 13. November 2009 zu entnehmen, dass sie das Vorgehen der Beigeladenen so verstanden hätte, als läge schon eine Entscheidung über Rehaleistungen vor; dafür spricht zudem, dass sie sich gegen die Mitteilung der Beigeladenen vom 9. Juni 2009 zunächst nicht gewehrt und zudem unter dem 14. Dezember 2009 die Übernahme der Gesamtkosten für die Hörgeräte bei der Beigeladenen beantragt hat, ohne dabei im Geringsten zu erkennen zu geben, dass aus ihrer Sicht mit dem Schreiben vom 9. Juni 2009 schon eine Entscheidung hierzu vorliegen könnte. Nachdem auch die Beigeladene dem Schreiben ersichtlich nicht diesen Gehalt zumessen wollte, haben Klägerin und Beigeladene das Schreiben vom 9. Juni 2009 übereinstimmend dahin verstanden, dass damit nur der ausgeworfene Betrag für die Versorgung mit den Hörgeräten (als Hilfsmittel) bewilligt werden, nicht aber eine darüber hinausgehende Leistung (zur Teilhabe) abgelehnt werden sollte. Im Übrigen könnte sich in diesem Zusammenhang ein weites Verständnis – durch das das BSG erkennbar die Versicherten schützen will – auch gegen diese kehren, wenn sie, die stillschweigende Ablehnung verkennend, häufig (und so ja auch die Klägerin – jedenfalls zunächst – im hiesigen Fall) gar keinen Anlass sehen werden, gegen Bescheide wie den vom 9. Juni 2009 vorzugehen.

Lag aber eine ablehnende Entscheidung noch gar nicht vor – der Bescheid der Beklagten erging erst am 28. Oktober 2009 –, hätte die Klägerin es vor der Selbstbeschaffung Anfang Oktober 2009 einer Fristsetzung gegenüber dem Leistungsträger bedurft, so dass es im Ergebnis an den prozeduralen Voraussetzungen fehlt, unter denen ein Kostenerstattungsanspruch nach § 15 SGB IX in Betracht kommt. Nach Auffassung des Senats kann sich die Klägerin demgegenüber im konkreten Fall auch nicht auf das von ihr behauptete Beratungsverschulden des Hörgeräteakustikers berufen, nachdem sie im Rahmen des Erwerbs – wenn auch durch Ankreuzen entsprechender Felder auf einem Formular – erklärte hat, sie habe sich für eine Versorgung mit Eigenanteil entschieden und kein eigenanteilsfreies Versorgungsangebot gewünscht; mit der Zahlung der Mehrkosten und den damit verbundenen Folgekosten sei sie einverstanden. Zudem enthielt auch das Schreiben der Beigeladenen vom 9. Juni 2009 entsprechende Hinweise, so dass die Klägerin hinreichend gewarnt war.

Vor diesem Hintergrund spricht im Übrigen auch viel dafür, von einer Vorfestlegung der Klägerin auf eine Versorgung mit Eigenanteil auszugehen – insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen des SG Bezug genommen werden –; da es hierauf aber nicht entscheidend ankommt, bestand kein Grund, dies durch eine persönliche Anhörung der Klägerin im Detail zu ermitteln.

e) Schließlich ist noch festzuhalten, dass der Senat keinen Anlass gesehen hat, den Bescheid der Beklagten wegen deren sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben, da nicht zu erkennen ist, dass es die Rechte der Klägerin – die ja nur im Verhältnis zur Beigeladenen bestehen – beeinträchtigen würde, wenn der einen Anspruch gegen die Beklagte ablehnende Bescheid nicht aufgehoben wird.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

V. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich, nachdem die Berufung schon deswegen zurückzuweisen war, weil die streitgegenständlichen Hörgeräte nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen gar keine höherwertige Versorgung der Klägerin ermöglichten als Geräte zum Vertragspreis. Die mögliche Abweichung bei der Auslegung und Bewertung des Bescheides vom 9. Juni 2009 – soweit diese nicht ohnehin dem Tatsachengericht vorbehalten ist – von der Beurteilung eines vergleichbaren Schreibens durch das BSG im Urteil vom 24. Januar 2013 (B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40) ist daher nicht entscheidungstragend.

 

Die Veröffentlichung des Urteils erfolgt nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Eine Nutzung dieses Urteils von Sozialversicherung-kompetent.de zur gewerblichen Nutzung ist untersagt.

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