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Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. September 2012 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Mai 2010. Gegen die in diesem Bescheid enthaltenen Verfügungen, den Bescheid über die Zuschussgewährung zum freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag vom 21. Juni 2000 für die Zeit ab dem 1. April 2002 aufzuheben und die für den Zeitraum vom 1. April 2002 bis zum 31. August 2008 erbrachten Leistungen in Höhe von 5.530,32 EUR zurückzufordern, wendet sich die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG). Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin in ihren Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Zu Recht hat ihn das Sozialgericht daher aufgehoben. Die Tatsache, dass das Sozialgericht in seiner Entscheidung den aufgehobenen Bescheid statt mit "20. Januar 2009" mit "20. Januar 2010" bezeichnet hat, ist dabei unschädlich. Bei der fehlerhaften Datumsangabe handelt es sich - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt - um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne eines Schreibfehlers, der jederzeit von Amts wegen zu berichtigen ist (§ 138 Satz 1 SGG). Eine Auslegung der Urteilsformel aus der Zusammenschau von Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründen (vgl. hierzu BSG vom 8. Februar 2007 – B 9b SO 5/05 R) ergibt, dass nicht - wie tenoriert - der Bescheid vom 20. Januar 2010, sondern der vom 20. Januar 2009 aufgehoben werden sollte. Im Tatbestand führt das Sozialgericht insoweit nämlich das zutreffende Bescheiddatum an (Seite 3, 1. Satz).

Die Voraussetzungen für eine Erstattung des überzahlten Zuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin liegen nicht vor. Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die Aufhebungsentscheidung ist rechtswidrig, da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des hier alleinig in Betracht kommenden § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht gegeben sind.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

Sofern der ursprüngliche Verwaltungsakt rechtmäßig ergangen ist, ist eine Änderung regelmäßig dann "wesentlich" im Sinne dieser Vorschrift, wenn durch sie dem ursprünglich erlassenen Verwaltungsakt nachträglich die Rechtsgrundlage entzogen wird. Daher sind in der Regel alle Änderungen wesentlich, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen (vgl. BSG vom 19. Februar 1986 - 7 RAr 55/84). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich anhand des materiellen Rechts.

Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, für ihre Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Dies gilt nicht, wenn sie gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind (§ 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 106a Abs. 1 SGB VI, der mit Wirkung zum 1. April 2004 durch Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 3013) aufgehoben wurde, erhalten Rentenbezieher, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert oder nach den Vorschriften des Elften Buches verpflichtet sind, bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit abzuschließen und aufrechtzuerhalten, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Pflegeversicherung.

Endet die freiwillige Versicherung, beispielsweise weil Versicherungspflicht eintritt (§ 191 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -), endet als Folge auch der Zuschussanspruch.

Ausgehend hiervon ist nach Erlass des Bescheides vom 21. Juni 2000 eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass die Klägerin ab dem 1. April 2002 durch die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig geworden ist. Ihre freiwillige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen endete zu diesem Zeitpunkt, so dass die Voraussetzungen für die Weitergewährung der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß §§ 106, 106a SGB VI über den 1. April 2002 hinaus nicht mehr erfüllt waren. Als Folge war der die Zuschüsse bewilligende ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2000 gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X von ihr mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (Bescheid vom 25. Juli 2008).

Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X darüber hinaus zudem mit Wirkung bereits vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an, d.h. rückwirkend, aufgehoben werden, soweit

  1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
  2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
  3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
  4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

Hierzu war die Beklagte indes nicht berechtigt. Eine rückwirkende Aufhebung lässt sich vorliegend nicht auf die alleinig in Betracht kommenden tatbestandlichen Alternativen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (Verletzung der Mitteilungspflicht) oder § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X (Bösgläubigkeit des Betroffenen) stützen.

Zwar hat die Klägerin eine ihr obliegende Mitwirkungspflicht verletzt. Denn Rentenbezieher, die einen Zuschuss zu den Aufwendungen für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung erhalten, sind gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und damit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X aufgrund einer Rechtsvorschrift verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger Änderungen in den Verhältnissen, die für diese Sozialleistung (§ 11 Satz 1 SGB I) erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen.

In ihrem Antrag auf die Beitragszuschüsse vom 25. Mai 2000 hat die Klägerin, vertreten durch ihren auch jetzigen Verfahrensbevollmächtigten, bestätigt, dass sie von der gesetzlichen Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung jeder Änderung in ihrem Krankenversicherungsverhältnis an die Beklagte Kenntnis genommen hat. Zudem ist die Klägerin im Bescheid über die Zuschussbewilligung vom 21. Juni 2000 sowie in den Rentenanpassungsmitteilungen deutlich und in verständlicher Form darauf hingewiesen worden, dass der Beitragszuschuss unter bestimmten Voraussetzungen entfällt und sie verpflichtet ist, solche für den Empfang des Zuschusses wesentlichen Umstände (wie beispielsweise den Eintritt von Versicherungspflicht in der Krankenversicherung) der Beklagten mitzuteilen. Diesen Pflichten ist die Klägerin nicht nachgekommen. Die Beklagte wurde erst durch eine maschinelle Meldung im Juli 2008 davon informiert, dass ab 1. April 2002 eine Pflichtversicherung vorliegt.

Der Senat teilt nach persönlicher Anhörung der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung insoweit allerdings die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht nicht grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Eine subjektive Vorwerfbarkeit der Verletzung ihrer Mitteilungsverpflichtung ist nicht gegeben.

Grob fahrlässig handelt nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbs. SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene bereits einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSG vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R, vom 11. Juni 1987 – 7 Rar 105/85 und vom 31. August 1976 - 7 RAr 112/74). Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit ist nicht von einem objektiven, sondern von einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab auszugehen (vgl. BSG vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 58/05 R m.w.N.), wobei sich das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie dem Einsichtsvermögen des Beteiligten richtet (vgl. BSG vom 20. September 1977 - 8/12 RKg 8/76 und vom 13. Dezember 1972 - 7 RKg 9/69). Grobe Fahrlässigkeit liegt nur im Falle einer Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Ausmaßes vor, das heißt, es bedarf hierfür einer besonders groben und auch subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung. Die so umschriebene Sorgfaltspflichtverletzung muss sich sowohl auf das Bestehen der Mitteilungspflicht beziehen als auch auf das sie auslösende Ereignis (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X Rdnr. 43). Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt sich die unterbliebene Mitteilung der Klägerin hinsichtlich der Veränderung in ihrem Krankenversicherungsverhältnis zum 1. April 2002 nicht als grob fahrlässig dar. Wesentlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist zum einen, dass nicht belegt ist, dass die Klägerin von der Beigeladenen überhaupt eindeutig und unmissverständlich sowie in einer hinreichend verständlichen Form darüber informiert worden ist, dass sie zum 1. April 2002 durch Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig wird und aus diesem Grund ihre freiwillige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen endet.

Dass die Beigeladene der Klägerin das gerichtsbekannt von den Krankenkassen seinerzeit in diesen Fällen generell verschickte Informationsschreibens zugesandt hat, behauptet sie selbst nicht. Die Klägerin ihrerseits trägt vor, keine schriftliche Benachrichtigung über den Wechsel des Versichertenstatus, sondern lediglich in unregelmäßigen Abständen immer wieder neue Versicherungskarten von ihr erhalten zu haben.

Nach dem Schreiben der Beigeladenen vom 17. August 2011 "überließ sie der Klägerin am 06.02.02 eine neue Krankenversichertenkarte für pflichtversicherte Rentner". Unter dem 14. November 2013 behauptet sie unter Beifügung eines Musteranschreibens, welches im Wesentlichen seit Jahren unverändert sei und per Zentralversand ohne Durchschrift verschickt werde, der Klägerin am 6. Februar 2002 mit der Karte auch ein Anschreiben dieser Art übersandt zu haben. In diesem sei sie "ausdrücklich auf den Wechsel in der Krankenversicherung der Rentner hingewiesen" worden.

Zwischen den Beteiligten unstreitig und auch im Aktenvorgang der Beigeladenen dokumentiert steht danach zunächst nur fest, dass die Beigeladene der Klägerin Anfang Februar 2002 eine neue Versichertenkarte übersandt hat. Ein dazugehöriges Anschreiben mit Informationen zum Versicherungsverhältnis ist der Klägerin nicht (mehr) erinnerlich.

Dass der Versichertenkarte seinerzeit ein Anschreiben beigefügt war, liegt auf der Hand und entspricht der üblichen Versendepraxis. Indes steht nicht fest und ist heute auch nicht mehr eruierbar, welchen genauen Inhalt dieses Schreiben hatte. Geht man - wie die Beigeladene vorträgt - davon aus, dass das Anschreiben aus dem Jahre 2002 dem in diesem Verfahren vorgelegten Musteranschreiben aus 2009 entsprach, ergibt sich hieraus kein Hinweis auf den Versicherungsstatus einer Pflichtmitgliedschaft.

In dem (Muster -) Schreiben heißt es:

"aufgrund Ihres Wechsels in die Krankenversicherung der Rentner benötigen Sie eine neue persönliche BARMER-Versicherungskarte, die Sie beigefügt erhalten. Mit dieser Karte können Sie überall und zu jeder Zeit Ihre Mitgliedschaft bei der BARMER nachweisen."

Das Anschreiben informiert weder darüber, dass ein Wechsel des Krankenversicherungsverhältnisses stattgefunden hat, noch weist es in eindeutiger und unmissverständlicher Form auf das nunmehrige Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft hin. Ein in der Terminologie des Krankenversicherungsrechts nicht geschulter Laie vermag aus dem Begriff "Krankenversicherung der Rentner" keinesfalls abzuleiten, dass sich dahinter eine Pflichtversicherung verbirgt. Dem Wortlaut nach ist der Versicherte in einer speziell für Rentner vorgesehenen Krankenversicherung versichert. Ob diese Versicherung verpflichtend oder freiwilliger Art ist, ergibt sich indessen nicht. Auch gibt das Schreiben keine Auskunft darüber, wie die Beitragszahlung in der Krankenversicherung der Rentner von statten geht. Schließlich enthält auch die Krankenversichertenkarte selbst keinen offenkundigen und für jedermann ohne weiteres verständlichen Hinweis darauf, ob der Versicherte pflicht- oder freiwillig versichert ist. Die Klägerin hat glaubhaft dargetan, sich weder in ihrer Ehe noch nach dem Tod ihres Mannes mit ihrer Krankenversicherung auseinandergesetzt und um ihren Versicherungsschutzstatus nicht gewusst zu haben. Ausgehend von diesem Laienverständnis und der dargetanen generellen Unbedarftheit Versicherungsangelegenheiten gegenüber bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass die Klägerin von dem die Mitteilungspflicht auslösenden Ereignis - die Änderung in ihrem Krankenversicherungsverhältnis zum 1. April 2002 - keine positive Kenntnis hatte. Für ein grob fahrlässiges Verhalten ergeben sich daher keine Anhaltspunkte.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X liegen ebenfalls nicht vor. Die Klägerin war nicht bösgläubig im Sinne dieser Vorschrift. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie bereits ab dem 1. April 2002 nicht wusste, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat und ihr insoweit grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, dass die sich aus dem Bescheid vom 21. Juni 2000 ergebenden Ansprüche auf Beitragszuschüsse zum freiwilligen Kranken- und auch Pflegeversicherungsbeitrag kraft Gesetzes weggefallen waren. Allenfalls kann der Klägerin insoweit eine im Rahmen der Vorschrift jedoch unbeachtliche einfache Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Wie bereits ausgeführt, hatte die Klägerin keine positive Kenntnis von dem Eintritt der Pflichtversicherung zum 1. April 2002 und dem mit diesem zwangsläufig einhergehenden Wegfall der Zuschussansprüche. Das einzige, was die Klägerin hätte bemerken können und sicher auch sollen - ist, dass zum Ablauf des Monats März 2002 die Abbuchung von Beiträgen von der Beigeladenen von ihrem Konto im Lastschriftverfahren geendet hatte. Wäre ihr dies aufgefallen, hätte sie sich zu einer Nachfrage bei der Beigeladenen veranlasst sehen müssen.

Die Klägerin hat jedoch ebenfalls glaubhaft vorgetragen, dass ihr das Ende des Beitragseinzuges durch die Beigeladene nicht aufgefallen sei. Um finanzielle Angelegenheiten habe sie sich schon während ihrer Ehe nicht gekümmert, die Bankkonten seien von ihrem Mann geführt worden. Zu keinem Zeitpunkt habe sie monatlich oder in regelmäßigen Abständen die Kontoauszüge geprüft. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und überzeugend dargelegt, dass ihr verstorbener Ehemann eigentlich alles erledigt habe. Um Versicherungsangelegenheiten und auch Gelddinge habe sie sich selbst nicht gekümmert. Nach seinem Tod habe sie sich an Herrn Rentenberater B. gewandt, der ihr für Rentendinge empfohlen worden und sich ihrer Angelegenheiten dann angenommen habe. Ihre Kontoauszüge habe sie zwar bei der Bank abgeholt, jedoch nur abgeheftet, nicht gelesen. Mit Gelddingen habe sie sich im Grunde nicht befasst, das Geld habe gereicht, allein dies sei für sie wichtig gewesen. Wieviel Geld ihr 2002 zur Verfügung gestanden habe oder wie hoch ihre Witwenrente damals gewesen sei, wisse sie nicht. Mit dem vorhandenen Geld habe sie auskommen müssen, es sei immer genug gewesen. Auch habe sie sich keine Gedanken über ihre Krankenversicherung gemacht. Dass es eine Veränderung gegeben habe, habe sie zu keinem Zeitpunkt bemerkt, auch bei Arztbesuchen sei sie nicht informiert worden.

Dass die nicht erfolgte Durchsicht der Kontoauszüge eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellt, ist der Beklagten wie auch der Beigeladenen ohne weiteres zuzugeben. Indes vermag der Senat auch hier den vom Gesetz vorgegebenen Verschuldensmaßstab, mithin eine besondere Schwere der Pflichtverletzung, nicht festzustellen. Das in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vorausgesetzte Verschulden entspricht dem der groben Fahrlässigkeit. Ausgehend von der einfachen Persönlichkeit der Klägerin, der jedenfalls während mehr als sechsundzwanzigjähriger Ehe fehlenden Befassung mit persönlichen Finanz- und Verwaltungsangelegenheiten, ihrem generellen Desinteresse und fehlendem Zugang zu diesen Dingen und den geschilderten Lebensumstände nach dem Tod des Mannes vermag der Senat auch bezogen auf das nicht Bemerken der nicht mehr erfolgten Beitragsabbuchungen der Klägerin nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Gestützt wird diese Bewertung letztlich auch dadurch, dass die Klägerin im Zeitpunkt der erstmaligen Befassung mit der Überzahlung offenbar (noch) davon ausging, stets Beiträge gezahlt zu haben. Im Rahmen der Anhörung hatte sie nämlich mit Schreiben vom 4. September 2008 darum gebeten "die ausstehende Nachzahlung. direkt mit den an die BEK gezahlten Beiträgen zu verrechnen".

Nach alledem liegen die Voraussetzungen für eine auch rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 21. Juni 2000 ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht vor. Die Beklagte war daher zu einer Aufhebung der Zuschussbewilligung ab dem 1. April 2002 nicht berechtigt. Der dies regelnde Bescheid vom 20. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2010 war daher vom Sozialgericht Frankfurt am Main richtigerweise aufzuheben.

Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlagen. Dieses Urteil weicht nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ab (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG) und hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dazu muss dem Urteil eine Rechtsfrage zugrunde liegen, die noch nicht geklärt ist und deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist. Es bedarf einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Rechtsfrage, also einer Breitenwirkung (ständige Rspr. des BSG, vgl. z.B. BSG vom 8. August 2013 – B 10 EG 16/13 B). Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben. Die Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gründet in tatsächlichen Erwägungen.

Die Veröffentlichung des Urteils erfolgt nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Eine Nutzung dieses Urteils von Sozialversicherung-kompetent.de zur gewerblichen Nutzung ist untersagt.

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