Landessozialgericht Hessen 21.03.2014, L 5 R 543/11

  • Aktenzeichen: L 5 R 543/11
  • Spruchkörper: 5. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 6 R 618/09
  • Instanzgericht: Sozialgericht Gießen
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 21.03.2014

Tatbestand:

Die Klägerin begehrte höhere Regelaltersrente ab dem 1. Januar 2003 unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. Juni 1954.

Die Klägerin wurde 1939 in CX. im Gebiet Donezk (Ukraine) geboren. Nach der Archivbescheinigung der Verwaltung des Innenministeriums - Exekutivkomitee - des Sowjets der Volksdeputierten Gebiet Donezk vom 27. September 1993 wurde die Klägerin gemäß Erlass des Verteidigungskomitees der UdSSR vom 22. September 1941 als Familienmitglied der deutschen Nationalität im Jahr 1941 aus dem Gebiet Stalinsk in das Gebiet XY. (das heutige Astana, Hauptstadt Kasachstans) ausgesiedelt und in der Sondersiedlung ohne Recht auf Bewegungsfreiheit vom 6. Oktober 1953 bis zum 17. Januar 1956 registriert und später auf der Grundlage von Art. 2 des Gesetzes der Republik Kasachstan "Rehabilitation der Opfer politischer Massenrepressalien" vom 14. April 1993 rehabilitiert. Die Klägerin besuchte bis zum 23. Juni 1954 die siebenjährige Schule.

Laut Arbeitsbuch wurde sie ab 24. Juni 1954 in Backwarenkombinat ‚C.‘ in der Backhalle Nr. 3 als ‚Kringelbäckerin‘ eingestellt und wechselte am 25. August 1954 in das Kohlenkombinat ‚E.‘ als Telefonistin. Sie war bis zu ihrer Ausreise aus Kasachstan in die Bundesrepublik Deutschland in verschiedenen Kohlengruben als Installateurin, Schlosserin und dergleichen bis zum 31. Dezember 1992 tätig. Dann erhielt sie Altersrente. Wegen ihrer Ausreise ließ die Klägerin sich ihre Altersrente bis zum 30. April 1996 ausrechnen und dann auszahlen. Sie ist laut Aufnahmeschein aus XX. (C.) am 10. Oktober 1995 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt.

Die Klägerin ist gemäß § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) als Spätaussiedlerin anerkannt und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.

Am 24. Juni 1997 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente und gab in dem Fragebogen für Ersatzzeiten unter 2.1. an, dass sie von Oktober 1941 bis Januar 1956 als deutsche Volkszugehörige interniert gewesen sei, unter 3.5. gab die Klägerin an, im Jahre 1976 den Willen zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland gehabt zu haben.

Mit Rentenbescheid vom 8. September 1997 bewilligte die Beklagte ab 1. Oktober 1997 Altersrente für Frauen, wobei der Versicherungsverlauf mit Pflichtbeitragszeiten ab 24. Juni 1954 belegt ist. Mit Bescheid vom 10. Juli 1998 wurde der Bescheid vom 8. September 1997 bezüglich der Bewertung der Zeiten der Kindererziehung aufgehoben und die Rente neu berechnet. Für die Zeit ab 1. Oktober 2002 wandelte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 25. September 2002 die Altersrente der Klägerin in eine Regelaltersrente um.

Am 31. Mai 2007 beantragte die Klägerin eine Überprüfung und Neuberechnung ihrer Rente. Sie trug vor, dass sie keine Anerkennung von Ersatzzeiten wegen der Zeiten der Kommandanturaufsicht erkennen könne, ferner begehrte sie die Einstufung in günstigere Qualifikationsgruppen nach dem Fremdrentengesetz (FRG).

Mit Rentenbescheid vom 17. Dezember 2008 wurde unter Rücknahme des Rentenbescheides vom 25 September 2002 für die Zeit ab 1. März 2003 die Rente neu berechnet, die Anerkennung der Zeit vom 3. September 1951 bis zum 17. Januar 1956 wurde abgelehnt, weil die Klägerin erst im Jahr 1976 den Willen gehabt habe, ihren ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, sie habe Anspruch auf Berücksichtigung einer Ersatzzeit, da sie an der Rückkehr in ihr Heimatland gehindert worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Klägerin bisher keinen Nachweis über die Abstammung aus einem deutschen Siedlungsgebiet vorgelegt habe.

Am 3. Dezember 2009 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Gießen und legte weitere Unterlagen vor. Die Klägerin legte schriftliche Aussagen über den Rückkehrwillen ihrer Familie, und zwar von ihrer Tochter F. A. vom 26. September 2010, ihrer Schwester D. vom 25. September 2010 und deren Sohn G. D. vom 25. September 2010 vor. Der Beklage vertrat die Ansicht, dass der Rückkehrwille der Eltern der Klägerin nicht glaubhaft gemacht sei. Das Sozialgericht hörte die Klägerin im Erörterungstermin vom 17. Mai 2010 an. Hinsichtlich ihrer Angaben wird auf die Protokollniederschrift vom 17. Mai 2010 verwiesen.

Mit Urteil vom 28. Oktober 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 17. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2008 geändert und die Beklagte verurteilt, die Altersrente der Klägerin ab 1. März 2003 unter Berücksichtigung der Ersatzzeit vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. Juni 1954 neu zu berechnen und auszuzahlen soweit sich hierdurch eine Rentenerhöhung ergebe. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Versicherte nach Vollendung des 14. Lebensjahres (nach dem 4. September 1951) sowie nach dem Ende des Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen nach dem 30. Juni 1945 an der Rückkehr aus Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs der Reichversicherungsgesetze, soweit es sich nicht um das Beitrittsgebiet handele, verhindert gewesen und dort festgehalten worden zu sei. Die Eltern, auf deren Willen wegen der Minderjährigkeit der Klägerin abzustellen sei, hätten zur Überzeugung des Gerichtes während der gesamten Kommandanturaufsicht einen Rückkehrwillen gehabt, auch wenn sie diesen aus Angst vor Sanktionen möglicherweise nicht laut geäußert hätten. Angesichts der schikanösen Behandlung von ehemaligen Spätaussiedlern in der Sowjetunion sei es kaum vorstellbar, dass man keinen Willen zur Rückkehr nach Deutschland gehabt haben könne.

Gegen das am 29. November 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. Dezember 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Rückkehrwille der Eltern, die bereits 1986 und 1987 verstorben seien, nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei. Bei den vorgelegten Aussagen handle es sich um abgesprochene Aussagen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 28. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung der Klägerin und Vernehmung der Schwester der Klägerin D. als Zeugin sowie deren Sohn G. D. als Zeugen im Erörterungstermin vom 30. Juli 2013. Bezüglich deren Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 30. Juli 2013 verwiesen (vgl. Bl. 216 ff der Gerichtsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Rentenakte der Klägerin und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung der Beklagten ist jedoch sachlich unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 28. Oktober 2011 den Bescheid vom 17. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2009 geändert und die Zeit vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. Juni 1954 als Ersatzzeit anerkannt.

Streitgegenstand ist nur die Anerkennung der Zeit vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. Juni 1954 als Ersatzzeit, denn dies entspricht dem Klageantrag, und nur die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt (vgl. §§ 95, 125 SGG).

Gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, zu ändern, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt wurde und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Mit dem Neufeststellungsbescheid vom 17. Dezember 2008 wurde eine Überprüfung des Rentenbescheides vom 25. September 2002 vorgenommen und dieser gemäß § 44 Abs. 1 SGB X zurückgenommen. Zu Unrecht wurde die Zeit vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. Juni 1954 im Feststellungsbescheid vom 17. Dezember 2008 nicht als Ersatzzeit im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) anerkannt.

Der Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung dieser Zeit als Ersatzzeit ergibt sich aus § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI. Nach dieser Vorschrift sind Ersatzzeiten solche Zeiten vor dem 1. Januar 1992, in denen Versicherungspflicht nicht bestanden hat und der Versicherte nach Vollendung des 14. Lebensjahres (hier dem 4. September 1951) nach dem Ende eines Krieges, ohne Kriegsteilnehmer zu sein, durch feindliche Maßnahmen nach dem 30. Juni 1945 an einer Rückkehr aus Gebieten außerhalb des Geltungsbereichs des Reichsversicherungsgesetzes, soweit es sich nicht um das Beitrittsgebiet handelt, verhindert gewesen oder dort festgehalten worden ist.

Bei der Zeit vom 6. Oktober 1953 bis zum 23. Juli 1954 handelt es sich um eine Zeit vor dem 1. Januar 1992, aber auch um eine Zeit nach dem 30. Juni 1945. Es lag die Vollendung des 14. Lebensjahres der Klägerin (Versicherte) vor und es sind keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden. Ebenso liegt eine Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor. Zu dieser Zeit hat sich die Klägerin im Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs des Reichsversicherungsgesetzes, nämlich in Kasachstan und zwar auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, aufgehalten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klägerin im fraglichen Zeitraum aufgrund der Kommandanturaufsicht und damit aufgrund einer feindlichen Maßnahmen im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI festgehalten worden. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 17. Februar 2005 - B 13 RJ 25/04 R; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. April 2011 - L 8 R 191/08; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. September 2009 - L 3 R 52/05; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Februar 2004 - L3 RJ 17/03). Die Klägerin ist mit ihren Eltern und Geschwistern im Jahre 1941 gemäß Erlass des Verteidigungskomitees der UdSSR vom 22. Mai 1941 als Familie der deutschen Nationalität aus dem Gebiet Donezk in der Ukraine in das Gebiet XY. in Kasachstan zwangsumgesiedelt worden und in einer Sondersiedlung ohne Recht auf Bewegungsfreiheit vom 6. Oktober 1953 bis zum 17. Januar 1956 registriert und festgehalten worden, wie sich aus der Archivbescheinigung der Verwaltung des Innenministeriums - Exekutivkomitee - des Sowjets der Volksdeputierten Gebiete Donezk vom 27. Februar 1993 unstreitig ergibt. Es lag ein Zwangssituation für Deutsche in Sondersiedlungen vor. Jederzeit mussten sie mit willkürlichen Sanktionen rechnen. Für den Senat ist damit nachgewiesen, dass die Klägerin durch feindliche Maßnahmen festgehalten worden ist.

Die weitere Voraussetzung, und zwar der subjektive Aspekt des Tatbestandsmerkmales des "Festgehaltenwerden", das heißt der Rückkehrwille während der Kommandanturaufsicht, ist auch gegeben. Da die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt minderjährig war, ist auf den Willen ihrer Eltern abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2005, a.a.O.). Der ernsthafte Rückkehrwille, d.h. der Ausreisewille ist grundsätzlich nachzuweisen, bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) - wie im vorliegenden Fall bei der Klägerin - reicht jedoch gemäß § 4 Abs. 2 FRG die Glaubhaftmachung (vgl. Fichte in Hauck: SGB VI § 250 Rn. 191). Der Rückkehrwille muss nicht von Anfang an bestanden haben, er kann sich im Laufe der Zeit später entwickelt haben. Nicht erforderlich ist, dass ein tatsächlicher Zuzug im Inland sofort erfolgte (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar: SGB VI § 250 Rn. 77 ff mit weiteren Nachweisen).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Voraussetzung ‚Rückkehrwille‘ bzw. ‚Ausreisewille‘ von der Klägerin für den Senat glaubhaft gemacht worden. Es kommt auf den Ausreisewillen der Eltern der Klägerin an, da diese im streitigen Zeitraum noch minderjährig war. Die Eltern sind bereits 1986 und 1987 verstorben, so dass nur noch die Verwandten als Zeugen vernommen werden konnten, um den Ausreisewillen der Eltern glaubhaft zu machen. Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der Klägerin, ihrer Schwester und dem Sohn der Schwester wurde in der Familie der Klägerin immer wieder über eine Ausreise nach Deutschland gesprochen. Dies hat sich für den Senat überzeugend aus den Aussagen der Klägerin, ihrer Schwester und deren Sohn ergeben.

Die Klägerin selbst hat bei ihrer Anhörung am 30. Juli 2013 vor dem 5. Senat glaubhaft angegeben, dass die gesamte Familie bis 1956 festgehalten wurde, erst dann durften sie überhaupt an einen anderen Ort ohne Einholung einer Genehmigung fahren. Ihre Eltern wollten nicht mehr in die Ukraine zurück, sondern immer nur nach Deutschland ausreisen. Diesen Ausreisewillen hatten die Eltern nach ihrer Übersiedlung nach Kasachstan. Die Klägerin kann sich zwar nicht mehr an konkrete Daten erinnern, aber es kann als glaubhaft gemacht angesehen werden, dass der Ausreisewille über die gesamte Zeit mehr oder weniger vorhanden war. Gerade in der Zeit des Festgehaltenwerdens, in der Zeit, in der die Familie Angst vor Sanktionen hatte, war der Wille zur Ausreise schon vorhanden, das heißt in den Jahren 1953 und 1954. Sie wollten ausreisen, nicht in die Ukraine, sondern nach Deutschland, denn aufgrund ihrer Sprache fühlten sie sich zu Deutschland gehörig. Für eine Umsiedlung nach Deutschland existierten keine konkreten Pläne, da sie nicht wussten, ob und wie man nach Deutschland gelangen konnte. Dies hätten sie dann erst im Jahr 1990 erfahren, als die Schwester des Vaters mit ihrer Familie nach Deutschland umgesiedelt sei. Die Klägerin selbst wollte nach ihrer Scheidung 1976 sofort nach Deutschland ausreisen und hat darüber auch direkt mit ihren Eltern gesprochen. Aber erst nach Kenntnis über die Formalitäten, die sie im Jahr 1990 erfahren habe und die Voraussetzungen, die sie dann erfüllt habe, ist die Klägerin dem Beispiel ihrer Verwandten gefolgt und nach Deutschland ausgereist. Dies war dann erst im Oktober 1995.

Auch die Schwester der Klägerin, die Zeugin D., hat ausgesagt, dass die Eltern sowie die ganze Familie zusammen nach Deutschland ausreisen wollten. Hierüber hätte man immer wieder Gespräche geführt. Den genauen Zeitpunkt der Gespräche kann sie zwar auch nicht mehr angeben, aber es ist zumindest glaubhaft, dass diese Gespräche während der gesamten Zeit des Festgehaltenwerdens statt gefunden haben und damit auch schon in den Jahren 1953 und 1954. Da der Vater krank geworden sei, seien die Aktivitäten hierfür jedoch immer weniger geworden. Die Eltern hätten damals untereinander immer deutsch gesprochen und die Kinder auf Deutsch angesprochen. Da sie damals Zwangsinternierte gewesen wären, hätten sie unter einem ständischen Ausreiseverbot gestanden und nur der Wunsch nach Deutschland ausreisen zu wollen, sei letztlich verblieben. Die Eltern hätten in der fraglichen Zeit ohne Erlaubnis nirgendwohin gehen dürfen.

Letztlich hat auch der Sohn der Zeugin D., und zwar der Zeuge G. D., überzeugend ausgesagt, dass er seine Großeltern wiederholt besucht habe und auch teilweise bei ihnen gelebt habe. Die Eltern hätten ihm immer wieder über die Zeit in Kasachstan erzählt. Sie hätten ihm auch erzählt, dass es immer ihr Wunsch gewesen wäre, nach Deutschland als gesamte Familie zu gehen. Insbesondere die Großmutter des Zeugen habe nach Deutschland ausreisen wollen. Da der "Chef damals die Oma" gewesen sei, hätte auch der Opa auch Deutschland gewollt. Man habe immer als Familie zusammen bleiben wollen. Durch die Kompliziertheit des Antragsverfahrens, um nach Deutschland zu gelangen, sei es zu einer tatsächlichen Ausreise nicht gekommen. Dieses Verfahren hätte die Großeltern abgeschreckt, und erst nachdem eine Verwandte mitgeteilt habe, wie eine Ausreise möglich sei, habe man sich wieder konkret damit beschäftigt.

Für den Senat bestehen keine Zweifel, dass die Eltern der Klägerin in der fraglichen Zeit einen ernsthaften Rückkehrwillen hatten. Damit sind alle Voraussetzungen für die Anerkennung einer Ersatzzeit für den streitigen Zeitraum im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI erfüllt.

Die Berufung der Beklagten konnte keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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