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Entscheidungsgründe:

Die statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2006 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13. November 2006 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente für Bergleute bei verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau nach § 45 Abs. 1 SGB VI. Dies hat das Sozialgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend und ausführlich begründet, weshalb der Senat in vollem Umfang hierauf Bezug nimmt und von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit absieht (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Grundsätzlich ist bei der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erforderlichen Prüfung der Gleichwertigkeit von Hauptberuf und der zumutbaren Verweisungstätigkeit die tarifliche Vergütung der Tätigkeit entscheidend. Die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten waren wirtschaftlich gleichwertig, wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes rechtfertigt eine Differenz zwischen der tariflichen Einstufung des Hauptberufes und der tariflichen Einstufung der in Betracht zu ziehenden Verweisungstätigkeit von etwa 12,5 % noch die Annahme einer im Wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Verweisungstätigkeit mit der zu vergleichenden Tätigkeit (Bundessozialgericht, Urteil vom 30. März 1977, 5 RKn 13/76). Maßgeblich ist demnach die Einstufung des Grundlohns nach dem Lohn-Tarifvertrag für den Kali- und Steinsalzbergbau in Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 4. Januar 2005 bzw. in den fortgeschriebenen Lohntabellen. Hiernach hatte der Kläger im früheren Hauptberuf in der Lohngruppe 04 einen Anspruch auf Grundlohn von 2.084,91 EUR monatlich bis zum Zeitpunkt Mai 2005. Hingegen ergab sich für den seit dem 1. Juni 2005 ausgeübten Beruf des Anlagenbedieners über Tage eine Vergütung aus der Lohngruppe 06 mit 1.912,40 EUR. Die maßgebliche Lohndifferenz betrug somit zum 1. Juni 2005 172,51 EUR brutto monatlich, was einen Prozentsatz von lediglich 8,27 EUR monatlicher Differenz der Bruttoentgelte ergibt. Es ergibt sich auch keine wesentliche Veränderung während der Tätigkeitsdauer des Klägers in dem von ihm ausgeübten Verweisungsberuf des Anlagenbedieners über Tage, denn unter Berücksichtigung der Tariferhöhungen betrug die Differenz der Löhne im letzten Arbeitsmonat des Klägers im November 2008 nach dem fortgeschriebenen Lohn-Tarifvertrag vom 1. Januar 2008 185,15 EUR brutto monatlich (Lohngruppe 04: 2.247,31 EUR, Lohngruppe 06: 2.062,16 EUR), mithin 8,24 %.

Der Kläger kann nicht damit gehört werden, bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit seien die von ihm erzielten Nachtschichtzulagen für seine bis zum 31. Mai 2005 ausgeübte Tätigkeit als Gerätewart der Grubenwehr unter Tage einzubeziehen. Maßgebend ist nämlich nur diejenige tariflich vorgeschriebene Vergütung, die der Arbeitnehmer auf jeden Fall beanspruchen kann, und zwar gilt dies für die Bewertung sowohl des Hauptberufes als auch der Verweisungstätigkeit (Landessozialgericht Saarland, Urteil vom 24. Juni 2004, L 4 KN 43/03, juris, Rndr. 16; Gemeinschaftskommentar zum SGB VI-GK-SGB VI, § 45, Rndr. 80). Die Nachtschichtzulagen hatte der Kläger bei seiner bis zum 31. Mai 2005 ausgeübten Haupttätigkeit als Gerätewart der Grubenwehr unter Tage aber nicht auf jeden Fall zu beanspruchen, sondern ausschließlich, wenn er tatsächlich Nachtschichten geleistet hatte, da er nur dann entsprechend der Ziffer 7 seiner ergänzenden Regelungen zur Lohnordnung des Lohn-Tarifvertrages eine Schichtzulage von 19,83 EUR erhielt. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für den klägerischen Vortrag, die Nachtschichtzulagen seien Bestandteil der tariflichen Grundvergütung, weil sie regelmäßig einer solch großen Anzahl von Arbeitnehmern gewährt würden, dass sie damit als Bestandteil des tarifvertraglich garantierten Monatslohnes anzusehen wären. Denn auch wenn Nachtschichten tatsächlich vom Kläger regelmäßig verrichtet worden sind, ändert dies nichts an ihrem Charakter als reine Erschwerniszulagen. Der zuvor ausgeübte Hauptberuf als Gerätewart unter Tage war nicht schlechterdings in seiner Qualität davon abhängig, dass Nachtschichten gearbeitet werden. Nachtschichten stellten ein zusätzliches, aber nicht unabdingbares Element der Arbeitsleistung dar. An dieser Einschätzung ändert sich auch dann nichts, wenn die Arbeitgeberin selbst die Ableistung solcher Nachtschichten erwartet hätte. Nur dann, wenn die Verrichtung von Nachtschichten für die Ausübung der Tätigkeit unabdingbar ist, sie somit der Tätigkeit ihr entscheidendes Gepräge geben, und die Qualität der Arbeitsausübung entscheidend von der Ableistung von Nachtschichten abhängt, kann davon ausgegangen werden, dass Nachtschichtzulagen als immanenter Bestandteil der jeden Monat garantierten Vergütung anzusehen sind.

Auch den Regelungen des Tarifvertrages lässt sich nicht entnehmen, das es sich bei den vom Kläger erzielten Nachtschichtzulagen um einen für jeden Monat garantierten Lohnbestandteil gehandelt hat. Bei der Ermittlung des Tariflohnes oder -gehaltes des Hauptberufes einerseits und der als Verweisungstätigkeiten in Betracht gezogenen Arbeiten bzw. die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit andererseits ist von der Lohnordnung (Lohn- oder Gehaltstarifvertrag) auszugehen, die im Zeitpunkt des Eintritts der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit maßgebend ist, wobei Veränderungen der tariflichen Einordnung Rechnung zu tragen ist (Pott in Gemeinschaftskommentar zum SGB VI, § 45, Rdnr. 87). Wird neben dem tariflichen Grundlohn bzw. -gehalt eine Zulage oder Prämie gezahlt, so ist diese bei der Gleichwertigkeitsprüfung anzurechnen, wenn zum einen die Zulage oder Prämie im Tarifvertrag vereinbart ist und mit der Zahlung der Zulage oder Prämie eine höhere wirtschaftliche Bewertung der Tätigkeit als solche zum Ausdruck kommen soll (Pott in GK-SGB VI, a.a.O., Rdnr. 95). Zwar ist die Nachtschichtzulage in dem maßgeblichen Lohn-Tarifvertrag vereinbart, mit ihr wird jedoch nicht eine höhere wirtschaftliche Bewertung eines Gerätewartes der Grubenwehr unter Tage vorgenommen. Denn es handelte sich lediglich um eine Erschwerniszulage, die den wirtschaftlichen Wert der Tätigkeit nicht bestimmt, sondern die alleine deswegen – wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt – gewährt wird, weil eine besondere persönliche Leistung, im vorliegenden Fall die Ableistung von Nachtschicht, vergütet werden soll. Dies ergibt sich aus dem Zulagengefüge des Lohn-Tarifvertrages. Die ergänzenden Regelungen enthalten unter anderem Zulagen für bestimmte Arbeiter des Untertagebetriebes, für bestimmte Handwerker des Untertagebetriebes, für Arbeiten unter sehr starker Staubentwicklung, für Arbeiten in der Bromfabrik, für den Umgang mit bestimmten Gefahrstoffen und für nachhaltige Einwirkungen entweder durch besonders schmutzige oder durch außergewöhnlich lästige Arbeiten sowie für die in Rede stehende Nachtarbeit. Damit ergibt sich bereits aus dem Zuschlagsystem des Tarifvertrages, dass die Zuschläge als Ausdruck einer besonderen Erschwernis für bestimmte Arten von Tätigkeiten gezahlt werden sollen. Sie bestimmen nicht den objektiven Wert der tatsächlich verrichteten Arbeit, sondern tragen einer subjektiven Erschwernis der Arbeitsausübung Rechnung. Entfallen die erschwerenden Umstände, die zur Zulage berechtigen, entfällt gleichfalls der Anspruch auf die Zulage (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 30. März 2009, 5 Sa 1289/08, juris, Rdnr. 29). Nachtschichten sind mit einer besonderen Erschwernis verbunden. Die von Schichtdienstleistenden geforderte ständige Umstellung des Arbeits- und Lebensrhythmusses sowie die damit verbundenen gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen finden ihre Anerkennung durch Erschwerniszulagen, wobei andauernde Nachtarbeit die ausreichende Regeneration durch Schlaf am Tag mindern, die Funktion des Verdauungstraktes beeinträchtigen und Erkrankungen des Magen-Darmtraktes, vegetative Störungen, Krankheiten der Kreislauforgane sowie Schlafstörung begünstigen kann (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25. Januar 2007, 2 C 28/05, juris, Rdnr. 39, zu Erschwerniszulagen im Bundesbesoldungsrecht mit Hinweis auf die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage, Bundestagsdrucksache 8/4415, Seite 4).

Dementsprechend sind auch Nachtschichtzulagen bei der Feststellung der Gleichwertigkeit unberücksichtigt zu lassen (Pott in GK-SGB VI, am angegebenen Ort, Rdnr. 106).

Schließlich war der Kläger in der seit dem 1. Juni 2005 ausgeübten Tätigkeit als Anlagenbediener über Tage auch in einer qualitativ gleichwertigen Tätigkeit im Vergleich zu der zuvor ausgeübten Tätigkeit als Gerätewart der Grubenwehr unter Tage tätig. Dies ist bereits aus der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Tätigkeiten indiziert, da die maßgebliche tarifliche Einstufung lediglich um rund 8,2 % divergierte. Bei tarifvertraglich wirtschaftlich im Wesentlichen gleichwertig eingestuften Tätigkeiten kann davon ausgegangen werden, dass es sich um solche von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten handelt, weil die Qualität der Kenntnisse und Fähigkeiten für die Tarifpartner Hauptmerkmal für die tarifliche Einstufung ist (Pott in GK-SGB VI, a.a.O., Rdnrn. 116, 118, m.w.N.). Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Anlagenbediener über Tage aufgrund der dem Kläger zuzurechnenden Kenntnisse und Eignungen im Verhältnis zum früheren Hauptberuf unter Tage eine wesentlich geringer qualifizierte Tätigkeit dargestellt hätte. Damit konnte der Kläger auf die im Wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Beschäftigung des Anlagenbedieners über Tage verwiesen werden.

Letztlich ergibt sich eine günstigere Beurteilung für den Kläger auch nicht aus einer Anwendung der Vorschrift des § 45 Abs. 3 SGB VI, da der Kläger die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI i.V.m. § 50 Abs. 3 Nr. 2, § 51 Abs. 2 SGB VI nicht erfüllt. Denn sein zwischen den Beteiligten unstreitiger Versicherungsverlauf weist nicht die erforderliche Wartezeit von 25 Jahren (300 Kalendermonate) mit Arbeiten unter Tage, sondern lediglich 282 Kalendermonate mit diesen Arbeiten auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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