Landessozialgericht Hessen 06.03.2009, L 5 R 280/06

  • Aktenzeichen: L 5 R 280/06
  • Spruchkörper: 5. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 2 RJ 2412/0
  • Instanzgericht: Sozialgericht Darmstadt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 06.03.2009

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.

Der 1961 in SL. geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er kam 1994 nach Deutschland und arbeitete hier von 1999 bis 2001 als Reinigungskraft in der POR Filiale am WER. Dort zog er sich am 5. Juli 2001 anlässlich eines Arbeitsunfalls eine Knieverletzung zu. Nachfolgend bezog der Kläger zunächst Krankengeld und dann Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe.

Am 8. August 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und legte einen Befundbericht des Arztes für Unfallchirurgie Dr. med. QAW. vom 19. August 2002 vor. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er daraufhin am 18. September 2002 durch den Arzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - Chirotherapie, Sportmedizin, Spezielle Schmerztherapie - Dr. med. FF. untersucht.

Im fachorthopädischen Rentengutachten vom 24. September 2002 diagnostizierte Dr. med. FF. bei dem Kläger einen Zustand nach offener Knochen-Knorpel-Transplantation des linken Kniegelenkes, einen Zustand nach Innenmeniskusteilresektion, einen Zustand nach Knorpelglättung, ein chronisches Reizknie links sowie einen Diabetes mellitus. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen mutete er dem Kläger noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen, ohne Knien oder dauerhaftes Stehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg Gewicht, nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne längere Anmarschwege) vollschichtig bzw. für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr zu.

Nach Auswertung dieses Gutachtens lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 8. Januar 2003 anfangs mit der Begründung ab, dass die gesetzliche Wartezeit nicht erfüllt sei.

Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren stellte die Beklagte zunächst durch in der Sache bindend gewordenen Bescheid vom 23. Juli 2003 für die beiden in Deutschland geborenen Kinder zugunsten des Klägers eine Kindererziehungszeit fest, wodurch die gesetzliche Wartezeit erfüllt wurde.

Nach Beiziehung der Unfallakten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten veranlasste die Beklagte sodann eine nochmalige Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - Chirotherapie, Sportmedizin, Spezielle Schmerztherapie - Dr. med. FF ...

Im (zweiten) fachorthopädischen Rentengutachten vom 6. Oktober 2003 diagnostizierte Dr. med. FF. im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 10. Oktober 2003 bei dem Kläger eine Gonarthrose links bei Zustand nach offener Knochen-Knorpel-Transplantation, Knorpelglättung und Innenmeniskusteilresektion, ein chronisch-rezidivierendes Reizknie, eine teilfixierte Wirbelsäulenfehlstatik sowie einen Diabetes mellitus. Zum Leistungsvermögen führte er wiederum aus, dass der Kläger noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen, ohne Knien oder dauerhaftes Stehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg Gewicht, nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne längere Anmarschwege) vollschichtig bzw. für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten könne. Die dem Kläger zumutbare Gehstrecke betrage mehr als 600 m; er könne mehr als 30 Minuten kontinuierlich gehen.

Der Widerspruch des Klägers wurde sodann seitens der Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger zumindest noch sechs Stunden arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein könne. Eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß liege deshalb nicht vor.

Der Kläger erhob daraufhin am 22. Dezember 2003 Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt und machte unter Vorlage von diversen ärztlichen Unterlagen geltend, dass er keine geregelte Erwerbstätigkeit unter den in den Betrieben üblichen Bedingungen mehr verrichten könne. Die Beklagte berief sich demgegenüber auf das Ergebnis der eingeholten Gutachten.

Das Sozialgericht holte zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Befundberichte des Chirurgen Dr. med. QAW. vom 21. Juni 2004, des Internisten Dr. med. G. vom 6. Juni 2004 sowie vom 15. Mai 2005 und des Orthopäden Dr. med. KE. vom 3. August 2005 mit weiteren Krankenunterlagen ein. Außerdem wurde von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens bei dem Arzt für Orthopädie - Rheumatologie, Sportmedizin, Chirotherapie, Spezielle Schmerztherapie, Physikalische Therapie - Dr. med. JJ ...

Im fachorthopädischen Sachverständigengutachten vom 2. Februar 2005 diagnostizierte Dr. med. JJ. im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 26. Januar 2005 bei dem Kläger einen Zustand nach Bizepsmuskelquetschung am linken Oberarm mit geringgradigem Substanzverlust und ohne funktionelle Beeinträchtigungen, eine Druckschmerzangabe über dem Rollhügel der rechten Hüfte bei klinisch und röntgenologisch im Übrigen altersentsprechend unauffälligen lokalen Verhältnissen ohne Nachweis eines funktionellen Defizits, einen Zustand nach Knorpel-Knochen-Transplantation am linken Kniegelenk mit dem Alter geringgradig vorauseilenden Aufbrauchserscheinungen und Knorpelrauhigkeit an der Entnahmestelle im innenseitigen Kniescheibengleitlager bei geringgradigem Muskelminus des gleichseitigen Oberschenkels ohne Bewegungseinschränkung und ohne aktuelle lokale Reizerscheinungen sowie einen Knick-Senk-Spreizfuß beidseits ohne funktionelle Einschränkung. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen mutete Dr. med. JJ. dem Kläger noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen, ohne überlange Fußmärsche, ohne häufiges Knien oder Hocken, ohne Besteigen von Treppen und Leitern, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Absturzgefahr, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 8 kg Gewicht sowie überwiegend in temperierten, trockenen und geschlossenen Räumen) für die Dauer von arbeitstäglich mehr als sechs Stunden zu. Die Wegefähigkeit des Klägers sei durch die geringgradigen Aufbrauchserscheinungen am linken Kniegelenk lediglich marginal eingeschränkt. Er sei durchaus imstande, viermal täglich Fußwegstrecken von mehr als 500 m Länge in jeweils weniger als 20 Minuten Dauer zurückzulegen. Diese Leistungsbeurteilung bekräftigte der Sachverständige Dr. med. JJ. nochmals in einer vom Sozialgericht eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 13. Dezember 2005.

Gestützt auf diese Ermittlungen hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 23. Mai 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der nach seinem beruflichen Werdegang auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbare Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten für die Dauer von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten könne. Es liege deshalb keine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß vor.

Der Kläger hat gegen das ihm am 9. August 2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 7. September 2006 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Rentenbegehren weiter und macht geltend, dass ihm – insbesondere wegen des bei ihm vorliegenden Analphabetismus – der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen sei. Der Kläger legt diverse ärztliche Unterlagen vor und vertritt die Auffassung, dass er gesundheitsbedingt keiner geregelten Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2003 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. September 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung,

hilfsweise,

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren,

hilfsweise,

von der Bundesagentur für Arbeit für die genannten Tätigkeiten als Warensortierer oder Warenaufmacher/Versandfertigmacher seit 2002 die entsprechenden Vermittlungsdaten beizuziehen,

hilfsweise,

für die Behauptung, dass es diese Tätigkeiten im täglichen Arbeitsleben nicht mehr isoliert gibt, und zum Beweis dafür, dass diese Tätigkeiten als Warensortierer, Warenaufmacher und Versandfertigmacher für den Kläger als Analphabet auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, Herrn TRE., leitender Oberarzt und stellvertretender ärztlicher Leiter der POR in der POR-Straße, QE., als sachverständigen Zeugen zu hören.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung sowie durch das Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt. Die Beklagte legt eine Probeberechnung vor und weist darauf hin, dass die vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung bei einem zu erwartenden Rentenzahlbetrag in Höhe von ca. 330,00 EUR netto niedriger sei, als dessen derzeit bezogene Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 750,00 EUR monatlich.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen sowie eines fachinternistisch-kardiologischen Sachverständigengutachtens.

Der Arzt für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin – Rheumatologie - Prof. Dr. med. C. diagnostiziert im Sachverständigengutachten vom 26. September 2007 im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 17. September 2007 bei dem Kläger ein innenseitiges und an der Kniescheiben-Rückfläche beginnendes Verschleißleiden des linken Kniegelenkes mit Belastungsminderung und funktionell unbedeutender endgradiger Streckhemmung ohne aktuelle Reizerscheinungen, einen Spreizfuß beidseits mit diskreter X-Stellung der Großzehe, einen muskulär vollständig kompensierten Muskelfaserriss am linken Oberarm sowie ein beginnendes Verschleißleiden im Bereich beider Rotatorenmanschetten mit endgradiger Abspreizbehinderung beider Schultergelenke. Er erachtet den Kläger unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen noch für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des gelegentlichen Wechsels der Körperhaltung) vollschichtig zu verrichten.

Der Arzt für Innere Medizin - Kardiologie - Prof. Dr. med. D. diagnostiziert im Sachverständigengutachten vom 15. Juli 2008 im Anschluss an ambulante Untersuchungen vom 16./17. April 2008 bei dem Kläger einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus sowie eine Hyperlipidämie und weist daraufhin, dass von Seiten des Herzens bei dem Kläger allesamt altersentsprechende Normalbefunde erhoben worden seien. Im Hinblick auf die unzureichende Blutzuckereinstellung sei der Kläger nicht mehr dazu in der Lage, schwere Arbeit zu verrichten. Zumindest eine leichte körperliche Tätigkeit könne dem Kläger jedoch aus internistischer Sicht ohne weitere qualitative Leistungseinschränkungen vollschichtig zugemutet werden. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens auf einem anderen medizinischen Fachgebiet wird seitens des Sachverständigen Prof. Dr. med. D. ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten.

Es ist außerdem im Erörterungstermin vom 30. Januar 2009 eine berufs- und wirtschaftskundliche Auskunft der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Hessen - eingeholt worden. Nach Angaben der Arbeitsverwaltung kommt der Kläger unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs und seines eingeschränkten Restleistungsvermögens noch für eine Tätigkeit als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer in Betracht. Derartige Tätigkeiten stehen nach Angaben der Arbeitsverwaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung und könnten vom Kläger in einer Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von längstens drei Monaten Dauer vollwertig verrichtet werden. Es ist ferner eine vom Senat in einer anderen Rentenversicherungsstreitsache (Az. L 5 R 363/07) eingeholte berufs- und wirtschaftskundliche Auskunft der Bundesagentur Arbeit vom 16. Mai 2008 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. Mai 2006 ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2003 ist zu Recht ergangen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der hier maßgeblichen – ab 1. Januar 2001 geltenden – Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie

  1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
  2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
  3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI demgegenüber Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch

  1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
  2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Erwerbsgemindert ist der Vorschrift des § 43 Abs. 3 SGB VI zufolge nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er weder teilweise erwerbsgemindert noch voll erwerbsgemindert im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen ist. Er kann unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgehen.

Die Fähigkeit des Klägers, durch erlaubte Erwerbstätigkeit ein Arbeitsentgelt in nicht ganz unerheblichem Umfang zu erzielen (Erwerbsfähigkeit), ist im vorliegenden Fall zwar durch verschiedene Gesundheitsbeeinträchtigungen beeinträchtigt. Zur Überzeugung des Gerichts steht aber fest, dass der Kläger jedenfalls noch leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des gelegentlichen Wechsels der Körperhaltung, ohne Knien oder dauerhaftes Stehen, ohne überlange Fußmärsche, ohne häufiges Knien oder Hocken, ohne Besteigen von Treppen und Leitern, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Absturzgefahr, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 8 kg Gewicht sowie überwiegend in temperierten, trockenen und geschlossenen Räumen) für die Dauer von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag verrichten kann. Diese Beurteilung des Leistungsvermögens ergibt sich unter Berücksichtigung aller Einzelumstände des vorliegenden Falles aus einer Gesamtschau der über den Gesundheitszustand des Klägers vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und medizinischen Gutachten.

Das Leistungsvermögen des inzwischen 47 Jahre alten Klägers ist durch Einholung von zahlreichen ausführlichen ärztlichen Gutachten eingehend überprüft worden. Wie das Sozialgericht insbesondere auf der Grundlage der fachorthopädischen Rentengutachten vom 24. September 2002 und vom 6. Oktober 2003, des fachorthopädischen Sachverständigengutachtens vom 2. Februar 2005 sowie unter Berücksichtigung der zahlreichen weiteren Befundunterlagen und ärztlichen Stellungnahmen bereits ausführlich dargelegt hat, ergibt sich bei dem Kläger allenfalls in qualitativer, nicht hingegen in quantitativer Hinsicht eine bedeutsame Leistungseinschränkung. Seine Erwerbsfähigkeit ist damit zwar beeinträchtigt, aber noch nicht in rentenberechtigendem Grade herabgemindert.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers so gut wie ausschließlich durch die seitens des orthopädischen Fachgebiets mehrfach beschriebenen und eingehend hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Leistungsvermögen gewürdigten Verschleißerscheinungen eingeschränkt. Es liegen mittlerweile drei ausführliche fachorthopädische Gutachten vor, in denen seitens der erfahrenen Orthopäden Dr. med. FF. (Rentengutachten vom 24. September 2002 und vom 6. Oktober 2003) und Dr. med. JJ. (Sachverständigengutachten vom 2. Februar 2005) eingehend dargelegt wird, dass bei dem Kläger abgesehen von der (unfallbedingten) Schädigung des linken Kniegelenkes lediglich ein beginnendes Verschleißleiden im Bereich beider Rotatorenmanschetten vorliegt. Er ist deshalb aus einleuchtenden Gründen nicht mehr für schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten geeignet, die mit besonderen Anforderungen an die Steh- und Gehfähigkeit verbunden sind oder mit besonderen Belastungen für die Schultergelenke einhergehen. Der in der Begutachtung von Rentenbewerbern langjährig erfahrene Sachverständige Dr. med. JJ. weist im ausführlichen Gutachten vom 2. Februar 2005 andererseits jedoch in Übereinstimmung mit dem Vorgutachter Dr. med. FF. ausdrücklich darauf hin, dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen bei Beachtung der gebotenen qualitativen Leistungseinschränkungen einer ganztägigen Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht entgegenstehen. Diese Leistungsbeurteilung ist durch das im Berufungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten des Arztes für Orthopädie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin - Rheumatologie - Prof. Dr. med. C. vom 26. September 2007 nochmals eindrucksvoll bestätigt worden.

Die vom Kläger vorgelegten zahlreichen Bescheinigungen des Internisten Dr. med. G., in denen im Hinblick auf die Kniegelenksbeschwerden des Klägers eine erhebliche, Leistungseinschränkung auch in quantitativer Hinsicht attestiert wird, gebieten schon allein deshalb keine andere Sicht der Dinge, weil in den Bescheinigungen keine (neuen) objektiven Befunde mitgeteilt werden und weil sich die Einschätzung des Restleistungsvermögens nach der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des Internisten Dr. med. G. vom 15. Mai 2005 "ausschließlich auf die Aussagen des Patienten" stützt, ohne dass von Seiten des Hausarztes objektive Befunde erhoben worden wären, die im Widerspruch zu den Untersuchungsergebnissen der vorliegenden fachorthopädischen Gutachten stünden und eine solche abweichende Leistungsbeurteilung rechtfertigen würden.

Soweit der Internist Dr. med. G. über das Vorliegen eines Diabetes mellitus sowie über weitere Leiden des internistischen Fachgebiets berichtet, sind die sich hieraus für das Leistungsvermögen des Klägers ergebenden Auswirkungen ausführlich in dem vom Senat eingeholten fachinternistisch-kardiologischen Sachverständigengutachten des Arztes für Innere Medizin Prof. Dr. med. D. vom 15. Juli 2008 gewürdigt worden. Der Sachverständige Prof. Dr. med. D. gelangt insoweit nach ausgiebigen Untersuchungen des Klägers zu dem Ergebnis, dass der beim Kläger vorliegende Diabetes mellitus aufgrund von Compliance-Problemen unzureichend eingestellt ist. In diesem Zusammenhang sind ganz offenkundig auch die vom Internisten Dr. med. G. zuletzt im Attest vom 20. Februar 2009 geschilderten "Schwindelanfälle" und "Sehstörungen" sowie die von ihm angenommene "Kollapsgefahr" zu sehen. Abgesehen davon, dass die vom Hausarzt bescheinigten Befindlichkeitsstörungen allein auf den Angaben des Patienten beruhen und nicht durch objektive Untersuchungsergebnisse verifiziert sind, kann freilich nicht übersehen werden, dass der Sachverständige Prof. Dr. med. D. den Kläger selbst unter Berücksichtigung der schlechten Blutzuckereinstellung nur für außer Stande hält, körperlich schwere Arbeiten zu verrichten, wohingegen er zumindest leichte körperliche Tätigkeiten ausdrücklich für vollschichtig zumutbar erachtet. Besondere qualitative Leistungseinschränkungen sind dabei nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. D. von Seiten des internistischen Fachgebiets bei dem Kläger nicht gegeben.

Im Ergebnis besteht damit von Seiten aller in Betracht kommender medizinischer Fachgebiete Einigkeit darin, dass das Leistungsvermögen des Klägers jedenfalls in quantitativer Hinsicht nicht wesentlich beeinträchtigt ist. Da bei dem Kläger die sog. Alttagsfunktionen nicht beeinträchtigt sind, erscheint die von allen befragten Gutachtern vertretene Einschätzung, dass bei Beachtung der gebotenen qualitativen Leistungseinschränkungen nichts gegen eine vollschichtige bzw. zumindest sechsstündige Erwerbstätigkeit des Klägers pro Arbeitstag spricht, aus der Sicht des Senats insgesamt einleuchtend und überzeugend.

Da der Kläger im Berufungsverfahren keine weiteren Unterlagen vorzulegen vermochte, aus denen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen bislang nicht berücksichtigter Gesundheitsbeeinträchtigungen von erwerbsminderndem Dauereinfluss ergeben könnten, hält der Senat das Leistungsvermögen des Klägers mit den von medizinischer Seite insgesamt getroffenen Feststellungen für ausreichend aufgeklärt und weitere Begutachtungen für nicht mehr geboten. Zweifel an der in den vorliegenden Gutachten zum Leistungsvermögen des Klägers abgegebenen Stellungnahmen ergeben sich für den Senat nicht. Die einzelnen Gutachten sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Die Leistungsbeurteilung wird darin nach eingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für das Gericht einleuchtender Begründung aus den gestellten Diagnosen abgeleitet. Die einzelnen Gutachten stützen einander hinsichtlich der Einschätzung des Restleistungsvermögens und stehen überdies auch im Einklang mit den übrigen Befundunterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte. Auch bei dem Kläger besonders wohlwollender Betrachtungsweise ergeben sich zur Überzeugung des Gerichts keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens, die über die in den vorliegenden Gutachten insgesamt genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgeht und die Annahme einer Leistungsminderung auch in quantitativer, d.h. zeitlicher Hinsicht rechtfertigen würde. Bei dieser Sachlage brauchte das Berufungsgericht sich zu weiteren Ermittlungen auf medizinischem Fachgebiet nicht gedrängt zu fühlen.

Unter Berücksichtigung seines noch vorhandenen Leistungsvermögens ist der Kläger nicht in rentenberechtigendem Grade erwerbsgemindert. Denn er kann trotz seiner – lediglich in qualitativer, nicht hingegen auch in quantitativer Hinsicht – herabgeminderten Erwerbsfähigkeit noch einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachgehen und mehr als nur geringfügige Einkünfte durch diese Erwerbstätigkeit erzielen. Ob der Kläger im Hinblick auf die bei ihm zu beachtenden qualitativen Leistungseinschränkungen noch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft in einem POR Restaurant verrichten könnte, mag dahingestellt bleiben. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Kläger jedenfalls ohne die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit noch als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer tätig sein. Das ergibt sich aus der berufs- und wirtschaftskundlichen Auskunft der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Hessen - vom 30. Januar 2009, welche der berufskundliche Sachverständige E. im Berufungsverfahren anlässlich des Erörterungstermins vom 30. Januar 2009 eingehend erläutert und überzeugend begründet hat. Es ist aus der Sicht des Senats einleuchtend, dass eine Tätigkeit als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer nicht mit besonderen Anforderungen an die kommunikativen Fähigkeiten – sei es im Gebrauch oder im Verstehen der deutschen Sprache, sei es hinsichtlich des Lesens oder Schreibens der deutschen Schriftsprache –verbunden ist, weil im Rahmen einer solchen Tätigkeit vorwiegend Verrichtungen anfallen, die durch schlichtes Vormachen demonstriert und durch schlichtes Nachmachen ausgeführt werden können. Dass der Kläger über die erforderlichen kommunikativen Fähigkeiten verfügt, um eine einfache ungelernte Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des konkurrierenden Arbeitsmarkts auszuführen, hat er im Übrigen durch die zuletzt von ihm verrichtete versicherungspflichtige Tätigkeit als Reinigungskraft hinlänglich unter Beweis gestellt. Soweit der Kläger sich unter Vorlage des ihm seitens der Arbeitsgemeinschaft für soziale Grundsicherung und Arbeitsmarktintegration A-Stadt unterbreiteten Stellenangebotes für eine Tätigkeit als "Kommissionierer (m/w) mit Staplerschein" darauf beruft, dass es zum Ausführen einer solchen Tätigkeit des Beherrschens der deutschen Sprache in Wort und Schrift bedarf, ist darauf hinzuweisen, dass eine dementsprechende Tätigkeit weder im Rahmen der seitens der Arbeitsagentur erteilten berufs- und wirtschaftskundlichen Auskunft vom 30. Januar 2009 genannt noch seitens des Senats zu irgendeinem Zeitpunkt als Verweisungstätigkeit in Betracht gezogen worden ist.

Soweit der Kläger die Richtigkeit der vorliegenden Auskunft der Arbeitsagentur vom 30. Januar 2009 pauschal in Zweifel gezogen hat, brauchte der Senat sich schon bereits deshalb nicht zu weitergehenden berufs- und wirtschaftskundlichen Ermittlungen gedrängt zu fühlen, weil zu den besonderen gesetzlichen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit unter anderem die Arbeitsmarktforschung gehört und weil sie zur Erfüllung dieses Auftrages über entsprechende personelle und sachliche Einrichtungen verfügt. Es ist angesichts dessen grundsätzlich davon auszugehen, dass Aussagen der Bundesagentur für Arbeit und ihrer Behörden zu Fragen des Arbeitsmarktes von besonderer Sachkunde gestützt werden (vgl. BSG vom 5. Juni 1984 - 4a RJ 19/85). Dies muss um so mehr gelten, als weitergehende konkrete Gesichtspunkte, unter denen die Richtigkeit der hier vorliegenden berufs- und wirtschaftskundlichen Auskünfte der Arbeitsverwaltung in Zweifel gezogen werden könnten, weder dargetan worden noch sonst erkennbar sind. Dass der berufskundliche Sachverständige E. auf die von Seiten des Klägers problematisierte Frage nach der genauen Anzahl der bezüglich der von ihm benannten Verweisungstätigkeiten durchgeführten Stellenvermittlungen keine genauen Angaben machen konnte, gebietet schon bereits deshalb keine andere Sicht der Dinge, weil es für die Frage, ob es noch für den Kläger zumutbare Verweisungstätigkeiten gibt, nicht auf die Vermittlungschancen des Klägers ankommt, sondern allein darauf, ob Arbeitsstellen für Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder für Warensortierer – seien sie frei oder besetzt – auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen. Dies jedoch hat der berufskundliche Sachverständige ausdrücklich bejaht. Ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass diese Auskunft unzutreffend sein könnte, sind weder vom Kläger aufgezeigt worden noch sonst erkennbar.

Selbst wenn man unterstellen würde, dass bei der Arbeitsagentur hinsichtlich der benannten Verweisungstätigkeiten keinerlei Vermittlungstätigkeit angefallen ist, wäre der Beweis dieser anscheinend seitens des Klägers behaupteten Hilfstatsache im Übrigen schon aus Gründen der Denkgesetze nicht geeignet, um den Nachweis der vorliegend beweisbedürftigen Haupttatsache (Verschlossenheit des Arbeitsmarkts) als erbracht anzusehen. Denn solange es – wie der berufskundliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat – hinsichtlich der für den Kläger in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten bundesweit noch Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang gibt, kommt es nicht darauf an, ob diese Stellen besetzt sind und ob deshalb keine Stellenbewerber auf einen solchen Arbeitsplatz vermittelt werden konnten. Es bestand angesichts dessen für den Senat keine Veranlassung, dem seitens des Klägers gestellten Hilfsantrag folgend von der Bundesagentur für Arbeit die Vermittlungsdaten hinsichtlich der benannten Verweisungstätigkeiten als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer beizuziehen.

Auch dem seitens des Klägers gestellten Hilfsantrag, zum Beweis für die Behauptung, dass es Tätigkeiten als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer im täglichen Arbeitsleben nicht mehr isoliert gibt, und zum Beweis dafür, dass solche Tätigkeiten für den Kläger als Analphabet auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, den Arzt für Arbeitsmedizin TRE als sachverständigen Zeugen zu hören, brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. März 2009 insoweit seitens der Prozessbevollmächtigten des Klägers zu Protokoll erklärte Hilfsantrag im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, § 160 Rdnr. 18a ff. sowie § 160a Rdnr. 16e m.w.N.) als prozessordnungsgemäß und hinreichend konkret angesehen werden kann. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Arzt für Arbeitsmedizin TRE, der ausweislich der vom Kläger vorgelegten Niederschrift über seine Anhörung in einem anderen vor dem Hessischen Landessozialgericht geführten Rechtsstreit (Az. L 4/12 RJ 1266/03 ZVW) vom 11. Oktober 2006 nach eigenen Angaben eine Tätigkeit verrichtet, die "man unter den Schlagworten «Untersuchung, Begehung, Beratung» zusammenfassen" kann, hinsichtlich der vorliegend entscheidungserheblichen berufs- und wirtschaftskundlichen Fragen über besondere Sachkunde verfügen könnte. Der Senat musste sich angesichts dessen zur Durchführung der hilfsweise beantragten Zeugenvernehmung nicht gedrängt fühlen.

In seiner Eigenschaft als Arzt für Arbeitsmedizin könnte sich der vom Kläger als sachverständiger Zeuge benannte Oberarzt TRE zu berufs- und wirtschaftskundlichen Fragen nur jenseits seines eigentlichen (medizinischen) Fachgebiets äußern. Die Arbeitsmedizin ist – ganz im Sinne der auch vom Zeugen TRE hinsichtlich der von ihm verrichteten Tätigkeit selbst gegebenen Beschreibung – nach der aktuellen Definition dieses Fachgebiets durch die Deutsche Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin "die medizinische, vorwiegend präventiv orientierte Fachdisziplin, die sich mit der Untersuchung, Bewertung, Begutachtung und Beeinflussung der Wechselbeziehungen zwischen Anforderungen, Bedingungen, Organisation der Arbeit einerseits sowie dem Menschen, seiner Gesundheit, seiner Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit und seinen Krankheiten andererseits befasst." Die eigentliche Beobachtung der Gegebenheiten des Arbeitsmarkts unter berufs- und wirtschaftskundlichen Gesichtspunkten ist demgegenüber nicht Gegenstand der Ausbildung oder beruflichen Praxis von Arbeitsmedizinern.

Wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2006 (L 5/13 RJ 1474/01) ausführlich dargelegt hat, bedarf es, um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Arbeitsmedizin tätig zu werden, einer fünfjährigen Weiterbildungszeit, wovon zwei Jahre im Bereich Allgemeinmedizin oder Innere Medizin (davon ein Jahr in einem Akutkrankenhaus), drei Jahre im Bereich Arbeitsmedizin (hierauf kann ein Jahr in einem anderen Gebiet angerechnet werden) sowie zwei bis drei Jahre praktische Tätigkeit im Bereich der Arbeitsmedizin inklusive eines dreimonatigen theoretischen Kurses von insgesamt 360 Stunden Dauer entfallen. Weiterbildungsinhalt ist dabei der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen und Berufskrankheiten, in der Gesundheitsberatung einschließlich Impfungen, in der betrieblichen Gesundheitsförderung einschließlich der individuellen und gruppenbezogenen Schulung, in der Beratung und Planung in Fragen des technischen, organisatorischen und personenbezogenen Arbeits- und Gesundheitsschutzes, in der Unfallverhütung und Arbeitssicherheit, in der Organisation und Sicherstellung der Ersten Hilfe und notfallmedizinischen Versorgung am Arbeitsplatz, in der Mitwirkung bei medizinischer, beruflicher und sozialer Rehabilitation, in der betrieblichen Wiedereingliederung und dem Einsatz chronisch Kranker und schutzbedürftiger Personen am Arbeitsplatz, in der Bewertung von Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit und Einsatzfähigkeit einschließlich der Arbeitsphysiologie, in der Arbeits- und Umwelthygiene einschließlich der arbeitsmedizinischen Toxikologie, in der Arbeits- und Betriebspsychologie einschließlich psychosozialer Aspekte, in arbeitsmedizinischen Vorsorge-, Tauglichkeits- und Eignungsuntersuchungen einschließlich verkehrsmedizinischen Fragestellungen, in den Grundlagen hereditärer Krankheitsbilder einschließlich der Indikationsstellung für eine humangenetische Beratung, in der Indikationsstellung, sachgerechten Probengewinnung und -behandlung für Laboruntersuchungen einschließlich des Biomonitorings und der arbeitsmedizinischen Bewertung der Ergebnisse, in der ärztlichen Begutachtung bei arbeitsbedingten Erkrankungen und Berufskrankheiten, der Beurteilung von Arbeits-, Berufs- und Erwerbsfähigkeit einschließlich Fragen eines Arbeitsplatzwechsels, in der arbeitsmedizinischen Erfassung von Umweltfaktoren sowie deren Bewertung hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Relevanz und in der Entwicklung betrieblicher Präventionskonzepte (vgl. z.B. Abschnitt B Ziffer 3 der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen von 2. Juli 2005, Hessisches Ärzteblatt 10/2005). Über die Beurteilung eines einzelnen konkreten Arbeitsplatzes hinausreichende Aussagen zu Fragen des (allgemeinen) Arbeitsmarkts gehören damit erkennbar nicht zum Gegenstand der Arbeitsmedizin; es fehlt dem Arzt für Arbeitsmedizin in soweit generell an der für einen sachverständigen Zeugen zu fordernden besonderen Sachkunde. Die möglicherweise seitens des Oberarztes TRE anlässlich der von ihm durchgeführten Betriebsbegehungen punktuell gewonnenen Erkenntnisse gebieten insoweit keine andere Sicht der Dinge.

Es ist im Übrigen auch nicht erkennbar, welche konkreten Wahrnehmungen der als Zeuge benannte Arzt für Arbeitsmedizin TRE hinsichtlich der im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Frage nach dem Vorliegen von Verweisungstätigkeiten speziell für den Kläger gemacht haben könnte. Der Oberarzt TRE war zu keiner Zeit mit der Beurteilung des beim Kläger vorliegenden Restleistungsvermögens und mit Fragen der Vermittelbarkeit des Klägers in bestimmte, seinem seitens des Senats festgestellten Restleistungsvermögen entsprechende Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt befasst, so dass nicht erkennbar ist, welche im konkreten Fall entscheidungserheblichen Tatsachen der benannte Oberarzt "bezeugen" können sollte. Es handelt sich angesichts dessen bei dem Arzt für Arbeitsmedizin TRE um ein hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen im vorliegenden Fall völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z. B. BSG vom 11. Oktober 2006 - B 6 KA 46/05 R), so dass für den Senat keine Veranlassung gegeben war, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag des Klägers zu folgen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegen bei dem Kläger unter Berücksichtigung des vom Senat festgestellten Leistungsvermögens auch keine besonderen Umstände vor, welche die Ausübung der genannten Tätigkeiten als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer in ungewöhnlicher Weise erschweren. Im Rahmen der – bezüglich des hier streitigen Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit allein maßgeblichen – Frage nach dem Bestehen realer Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsfeld bedarf es zwar einer besonders eingehenden Prüfung, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung festgestellt ist (vgl. BSG vom 1. März 1984 - 4 RJ 43/83 = SozR 2200 § 1246 Nr. 117 unter Hinweis auf BSG vom 30. November 1982 - 4 RJ 1/82) oder wenn der Rentenbewerber wegen eines besonders gearteten Berufslebens deutlich aus dem Kreis vergleichbarer Versicherter herausfällt (vgl. BSG vom 18. Februar 1981 - 1 RJ 124/79; BSG vom 27. April 1982 - 1 RJ 132/80). Gravierende Einschränkungen in diesem Sinne liegen bei dem Kläger aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vor.

Ob die für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsplätze als Warenaufmache/Versandfertigmacher oder als Warensortierer frei sind oder besetzt, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, denn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten, der wie der Kläger noch im zeitlichen Umfang von zumindest sechs Stunden arbeitstäglich einsatzfähig ist, hängt nicht davon ab, ob das Vorhandensein von für ihn offenen Arbeitsplätzen für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten konkret festgestellt werden kann oder nicht. Der im Sinne der sog. konkreten Betrachtungsweise auf die tatsächliche Verwertbarkeit der Resterwerbsfähigkeit abstellende Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 10. Dezember 1976 - SozR 2200 § 1246 Nr. 13) kann bei noch vollschichtig einsatzfähigen Versicherten grundsätzlich nicht herangezogen werden. Das hat der Gesetzgeber in § 43 Abs. 3 SGB VI nochmals ausdrücklich mit dem Hinweis darauf klargestellt, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer – ungeachtet der jeweiligen Arbeitsmarktlage – unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.

Ausnahmen können insoweit allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein Versicherter zwar an sich noch eine Vollzeittätigkeit ausüben kann, aber nicht unter den in den Betrieben üblichen Bedingungen (BSGE 44, 39, 40 = SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 22 – sog. Katalogfall Nr. 1), wenn der Versicherte zwar an sich noch eine Vollzeittätigkeit ausüben kann, entsprechende Arbeitsplätze aber aus gesundheitlichen Gründen nicht aufsuchen kann (BSG SozR Nr. 101 zu § 1246 RVO, BSG SozR 2200 § 1247 Nrn. 47, 50, 53, 56 – sog. Katalogfall Nr. 2), wenn die Zahl der in Betracht kommenden Arbeitsplätze deshalb nicht unerheblich reduziert ist, weil der Versicherte nur in Teilbereichen eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 101; BSGE 56, 64, 68 = BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110 – sog. Katalogfall Nr. 3), wenn für den Versicherten nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die an Berufsfremde nicht vergeben zu werden pflegen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 101; BSGE 56, 64, 69 = BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110 – sog. Katalogfall Nr. 5), oder die als Schonarbeitsplätze (BSG SozR 2600 § 46 Nr. 1; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 101 – sog. Katalogfall Nr. 4) bzw. als Aufstiegspositionen (sog. Katalogfall Nr. 6) nicht an Betriebsfremde vergeben werden, und wenn entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen (BSG SozR 2200 § 1241d Nr. 5; SozR 2200 § 1246 Nr. 82 – sog. Katalogfall Nr. 7).

Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegend jedoch nicht bejaht werden. Der Kläger kann insbesondere auch nicht damit gehört werden, dass er – obwohl er sich bereits seit 1994 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und geraume Zeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland erwerbstätig gewesen ist – nur über unzureichende Kenntnisse im Gebrauch der deutschen Sprache verfüge und deshalb die von der Arbeitsagentur benannten Verweisungstätigkeiten nicht unter den Bedingungen des konkurrierenden Arbeitsmarkts verrichten könne. Denn wie sich aus der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten berufs- und wirtschaftskundlichen Auskunft der Arbeitsagentur aus der Rentenversicherungsstreitsache L 5 R 363/07 vom 16. Mai 2008 sowie aus den Angaben des berufskundlichen Sachverständigen E. im Erörterungstermin vom 30. Januar 2009 ergibt, sind die für den Kläger in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten als Warenaufmacher/Versandfertigmacher oder als Warensortierer nicht mit besonderen Anforderungen an das Sprachvermögen verbunden, sondern sie können gegebenenfalls auch nonverbal durch schlichtes Vormachen erklärt und durch schlichtes Nachmachen erlernt werden, so dass es seitens des Klägers über das bloße Anschauen hinaus keiner besonderen Sprachfähigkeiten bedürfte. Wenn solche Tätigkeiten selbst von sog. Taubstummen unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen verrichtet werden können, dann muss dies zur Überzeugung des Senats erst recht für Versicherte gelten, die bei grundsätzlich erhaltenen kommunikativen Fähigkeiten lediglich Defizite im Gebrauch der deutschen Sprache aufweisen. Abgesehen davon kann sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Versicherter zur Begründung eines Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Übrigen ohnehin nicht darauf berufen, dass eine andere Sprache als Deutsch seine Muttersprache ist und er für eine im Übrigen zumutbare Verweisungstätigkeit keine ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache habe (vgl. BSG vom 23. April 1980 - 4 RJ 29/79 = SozR 2200 § 1246 Nr. 61 sowie BSG vom 15. Mai 1991 - 5 RJ 92/89 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 11 = BSGE 68, 288-291). Eine (behinderungsbedingte) Verschlossenheit des Arbeitsmarktes kann angesichts dessen zur Überzeugung des Senats bei dieser Sachlage im Falle des Klägers nicht als nachgewiesen angesehen werden. Wenn der Kläger gleichwohl keinen Arbeitsplatz findet, den er nach seinem Leistungsvermögen noch ausfüllen kann, so ergibt sich daraus allenfalls ein Anspruch gegen die Arbeitslosenversicherung bzw. gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nicht aber ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nach alledem ist der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI.

Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen nämlich nur Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind. Der am 18. Dezember 1961 geborene Kläger gehört damit ganz offenkundig nicht zu dem Personenkreis, welcher aus dieser Vorschrift einen Rentenanspruch herleiten kann.

Die Berufung konnte deshalb im Ergebnis insgesamt keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.

 

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