Landessozialgericht Hessen 31.07.2009, L 5 R 240/05
- Aktenzeichen: L 5 R 240/05
- Spruchkörper: 5. Senat
- Instanzenaktenzeichen: S 4 R 698/04
- Instanzgericht: Sozialgericht Marburg
- Gericht: Hessisches Landessozialgericht
- Entscheidungstyp: Urteil
- Entscheidungsdatum: 31.07.2009
- Normen: § 46 Abs 2a SGB 6, § 46 Abs 1 S 1 SGB 6, § 242a Abs 3 SGB 6, § 65 Abs 6 SGB 7, AVmEG
Leitsatz
- Wird das Vorliegen einer Versorgungsehe bestritten, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, welche Gesichtspunkte für bzw gegen den vom Gesetz unter Anbindung an die kurze Ehedauer vermuteten Versorgungszweck der Ehe sprechen. (Rn.29)
- Bei dieser Prüfung kommt es auf alle zur Eheschließung führenden Motive der Ehegatten an, einschließlich der Motive, die höchstpersönlicher und subjektiver Art sind (vgl auch BSG vom 5.5.2009 - B 13 R 55/08 R und LSG Essen vom 31.8.2007 - L 13 R 3/07). (Rn.29)
- Ein mit der Eheschließung eingeleitetes und erfolgreich abgeschlossenes Adoptionsverfahren kann ein Indiz, das gegen eine Versorgungsehe spricht, sein. (Rn.42)
Orientierungssatz
- Eine Pflegeehe, deren Vorliegen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geeignet ist, die Vermutung des § 46 Abs 2a SGB 6 zu widerlegen (vgl BSG vom 3.9.1986 - 9a RV 8/84 = BSGE 60, 204 = SozR 3100 § 38 Nr 5) liegt nur vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung die tödlichen Folgen der Krankheit nicht vorhersehbar waren (BSG vom 3.9.1986 aaO). (Rn.44)
- Langjähriges nichteheliches Zusammenleben spricht nicht gegen eine mit der Heirat verbundene Versorgungsabsicht, wenn aus einem solchen Verhalten geschlossen werden kann, dass beide eine Ehe vor dem Ausbruch der Erkrankung des Versicherten gerade als nicht notwendig ansahen. (Rn.45)
- Sonstige allgemeine Gesichtspunkte, die bei der Mehrzahl der Eheschließungen als Motiv eine Rolle spielen, rechtfertigen als solche noch nicht die Annahme von „besonderen Umständen" iS des § 46 Abs 2a SGB 6. Um die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe zu widerlegen, reicht es deshalb nicht aus, wenn allein der Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen, das Bedürfnis, sich zum Ehepartner zu bekennen oder vergleichbare Beweggründe ausschlaggebend für die Eheschließung gewesen sind (vgl LSG München vom 25.1.1972 - L 8 V 202/71 = ZfS 1973, 89). (Rn.48)
- Die Vorschrift des § 46 Abs 2a SGB 6 ist unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art 6 Abs 1 GG verfassungsgemäß (vgl BSG vom 5.5.2009 - B 13 R 55/08 R und vom 23.9.1997 - 2 BU 176/97 = HVBG-INFO 1998, 621). (Rn.27)
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Hinterbliebenenrente.
Der 1961 geborene Kläger ist der Witwer der 1968 geborenen und 2002 verstorbenen A. A., geb. D. (Versicherte). Der Kläger und die Versicherte lernten sich Ende März 1998 kennen. Zum Ende des Jahres 1998 zog der Kläger zu der Versicherten in deren Wohnung, wo er mit ihr und ihrem 1989 geborenen Sohn zusammenlebte und einen gemeinsamen Haushalt führte. Der Vater des Sohnes ist nicht bekannt. Die Versicherte arbeitete im damaligen Zeitpunkt versicherungspflichtig als Kraftfahrerin. Hinsichtlich der von ihr im Einzelnen zurückgelegten Versicherungszeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 15. Juni 2009, Bl. 252 bis 253 der Gerichtsakte, Bezug genommen.
Im Februar 2000 wurde bei der Versicherten ein malignes Melanom an der linken Schläfe entfernt. Danach war die Versicherte weiter berufstätig. Der Kläger war ab Januar 2002 arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 172,97 pro Woche. Die Versicherte absolvierte eine Umschulung zur Bürokauffrau und bezog von der Bundesagentur für Arbeit Übergangsgeld. Im Juni 2002 traten bei ihr multiple Knoten in der Haut auf. Am 25. Juni 2002 erlitt sie einen epileptischen Anfall. Vom 25. Juni bis zum 4. Juli 2002 befand die Versicherte sich stationär in der Klinik für Neurologie des Klinikums der TI.Universität E-Stadt. Dort diagnostizierten die Ärzte bei ihr intrakranielle, thorakale, abdominale und dermale Metastasen. Bei diesem Klinikaufenthalt sprachen die behandelnden Ärzte mit der Versicherten über die Befunde und die Schwere der Erkrankung. Am 9. Juli 2002 heirateten der Kläger und die Versicherte. Die Schwester des Klägers, die Zeugin F., fungierte als Trauzeugin. Anschließend fand bei der Zeugin F. und ihrem Ehemann, dem Zeugen F., ein gemeinsames Mittagessen statt. Eine darüber hinausgehende Hochzeitsfeier gab es nicht.
Am 11. Juli 2002 sprach der Kläger beim Jugendamt des Landkreises A-StadtO. vor und teilte mit, er wolle den Sohn seiner Ehefrau adoptieren. Die Sache sei eilig, weil seine Ehefrau an Krebs erkrankt sei und die Erkrankung bald zum Tode führen könne. Am 15. Juli 2002 wandte der Kläger sich wegen der Adoption an den Rechtsanwalt und Notar G ... Mit Vermerk vom gleichen Tage kennzeichnete der Notar die Angelegenheit als eilig und verfügte, dass ein Adoptionsantrag vorbereitet werden sollte. Ein entsprechendes Dokument wurde vorbereitet. Am 17. Juli 2002 führte der Mitarbeiter des Jugendamtes des Landkreises A-StadtO., der Zeuge H., einen Hausbesuch bei dem Kläger und der Versicherten durch. Mit Schreiben vom 22. Juli 2002 befürwortete er die Adoption. Hinsichtlich des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 2 und 3 der Adoptionsakte verwiesen. Am 8. August 2002 sprach der Kläger erneut bei Notar G. vor. Ausweislich eines Aktenvermerks des Notars vom 9. August 2002 erklärte er, aus der Adoption werde vorerst nichts, da tiefgreifende Gegensätze in der Auffassung zur Kindererziehung bestünden. Das Adoptionsverfahren wurde im Folgenden nicht weiter betrieben.
Ab August 2002 lebte die Versicherte bei ihrer Mutter, der Zeugin J. Vom 29. September bis zum 2. Oktober 2002, vom 8. Oktober bis zum 18. Oktober 2002 und vom 25. Oktober bis zum 3. November 2002 befand sie sich erneut stationär in verschiedenen Kliniken. Am 3. November 2002 verstarb die Versicherte dann im Krankenhaus. Der Kläger nahm nicht an ihrer Beerdigung teil. Nach dem Tod der Versicherten übernahm die Zeugin J. die Vormundschaft für den nunmehr bei ihr lebenden Sohn der Versicherten, ihren Enkel.
Am 12. November 2002 erschien bei der Stadt G-Stadt eine männliche Person und stellte einen Antrag auf Hinterbliebenenrente. Der Antrag wurde von dem Mitarbeiter der Stadtverwaltung G-Stadt, dem Zeugen K., aufgenommen. Die Person gab vor, der Kläger zu sein, weigerte sich jedoch, den Antrag zu unterschreiben. Am Ende des Formularantrags befindet sich ein von dem Zeugen K. unterzeichneter Bestätigungsvermerk, wonach die Angaben zur Person des Rentenbewerbers bestätigt wurden durch Vorlage eines gültigen Personalausweises.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2003 lehnte die Beklagte den Antrag mit dem Argument, die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert und die gesetzliche Vermutung, dass es sich um eine sogenannte "Versorgungsehe" handele, sei nicht widerlegt worden, ab. Der Bescheid wurde an den Kläger gesandt und ging ihm am 12. Februar 2003 zu. Am 28. Februar 2003 erhob der Bevollmächtigte des Klägers in dessen Namen Widerspruch und erklärte, der Kläger habe keinen Rentenantrag gestellt und auch keinen anderen mit der Antragstellung beauftragt. Ob der Kläger einen Rentenantrag stellen wolle, wolle er sich zunächst offenhalten. Eine Versorgungsehe liege aber nicht vor. Nachdem der Bevollmächtigte des Klägers am 31. März 2003 auf Nachfrage erklärt hatte, derzeit sei die Stellung eines Rentenantrags nicht beabsichtigt, nahm die Beklagte den Bescheid vom 15. Januar 2003 mit Bescheid vom 2. April 2003 zurück.
Am 9. April 2003 sprach der Kläger bei der Auskunfts- und Beratungsstelle A-Stadt der Beklagten vor und bat um Mitteilung der zu erwartenden Höhe der Hinterbliebenenrente.
Am 30. Oktober 2003 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Hinterbliebenenrente. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003, zugegangen am 6. Januar 2004, lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie wies wiederum darauf hin, die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert und die Vermutung, dass eine "Versorgungsehe" vorliege, sei vom Kläger nicht widerlegt worden. Mit Widerspruch vom 4. Februar 2004 trug der Bevollmächtigte des Klägers vor, eine "Versorgungsehe" habe nicht bestanden. Die Heirat sei schon seit Jahren beabsichtigt gewesen. Die Erkrankung der Versicherten habe nur dazu geführt, sie nun schnellstmöglichst zu vollziehen. Dem Kläger und der Versicherten sei es lediglich darum gegangen, den Sohn der Versicherten aufgehoben zu wissen, weswegen der Kläger ihn habe adoptieren wollen. Zur Stärkung der Bindung zwischen dem Kläger und dem Kind habe auch noch eine Heirat der "Eltern" stattfinden sollen. Dies sei, neben der bestehenden emotionalen Verbundenheit, die hauptsächliche Motivation für die Eheschließung gewesen. Dem Kläger und der Versicherten sei im damaligen Zeitpunkt gar nicht bekannt gewesen, dass es für den Kläger überhaupt eine Hinterbliebenenrente geben könne. Von dieser Möglichkeit habe der Kläger erst durch die Übersendung des Bescheides vom 15. Januar 2003 erfahren.
Mit Schreiben vom 12. März 2004 wandte sich die Zeugin J. an die Beklagte und erklärte, sie wolle nicht, dass der Kläger eine Witwerrente erhalte. Er habe ihre Tochter nur wegen dieser Rente geheiratet. Hinsichtlich des weiteren Inhaltes des Schreibens wird auf Bl. 100 der Rentenakte Bezug genommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung teilte sie mit, der Kläger habe die gesetzliche Vermutung nicht widerlegen können. Ihm sei die Erkrankung der Versicherten bekannt gewesen, und die Ärzte hätten ihnen auch mitgeteilt, dass ein tödlicher Verlauf der Erkrankung nicht auszuschließen sei. Auch sei nicht nachgewiesen, dass ein ernsthafter Wille zur Adoption bestanden habe. Die Umstände des Einzelfalls sprächen nicht gegen eine Versorgungsehe.
Der Kläger hat am 28. Juli 2004 beim Sozialgericht Marburg Klage erhoben und vorgetragen, die Vermutung der Versorgungsehe sei widerlegt. Er und seine Ehefrau hätten im Zeitpunkt der Eheschließung gar nicht gewusst, dass ihm ein Anspruch auf Hinterbliebenversorgung zustehen könne. Die Adoption sei nur aufgrund der von außen provozierten Auseinandersetzungen der Familie der Ehefrau gescheitert. Im Zeitpunkt der Eheschließung sei die Adoption fest beabsichtigt gewesen. Im Übrigen habe schon seit langem eine feste Heiratsabsicht bestanden. Mit Urteil vom 15. Juni 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, dem Kläger stehe nach § 46 SGB VI kein Anspruch auf Witwerrente zu. Die vom Kläger vorgetragenen Gründe seien nicht geeignet, die Ausschlussvermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI zu widerlegen. Nach den tatsächlichen Abläufen müsse mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Eheschließung am 9. Juli 2002 auch dem Zweck habe dienen sollen, dem Kläger eine Hinterbliebenenversorgung zu sichern. Bei der Motivforschung habe das Gericht nur beschränkte Ermittlungsmöglichkeiten. Der Kläger habe angegeben, Motiv für die Eheschließung sei gewesen, dem Sohn der Ehefrau eine möglichst sichere Zukunft bezüglich des sozialen Umfeldes als auch der rechtlichen Situation zu ermöglichen, weswegen er diesen auch habe adoptieren wollen. Fest stehe, dass die Adoption nicht stattgefunden habe; die Gründe hierfür könnten im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens nicht ermittelt werden. Fraglich sei auch, warum der Kläger und seine Ehefrau nicht bereits im Jahr 2000, beim erstmaligen Auftreten der Erkrankung, geheiratet hätten, da die jetzt genannten Motive schon damals bestanden hätten und Veranlassung für eine Eheschließung hätten geben können.
Der Kläger hat gegen das ihm am 29. Juli 2005 zugestellte Urteil am 26. August 2005 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Entscheidend sei die Motivlage im Zeitpunkt der Eheschließung. In diesem Zeitpunkt seien er und die Versicherte fest davon ausgegangen, dass die Erkrankung keinen tödlichen Verlauf nehmen werde. Insbesondere habe beiden der Gedanke, die Versicherte könne innerhalb des nächsten Jahres sterben, fern gelegen. Auch hinsichtlich der Adoption sei nur von Bedeutung, dass diese am 9. Juli 2002 ernsthaft beabsichtigt gewesen und von allen Beteiligten mit größter Eile vorangetrieben worden sei. Auf das spätere Scheitern der Adoption komme es nicht an. Die von der Zeugin J. erhobenen Vorwürfe seien im Übrigen ungerechtfertigt.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 15. Juni 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 30. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Dezember 2002 Witwerrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend. Der Kläger habe die gesetzliche Vermutung nicht widerlegen können.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die persönliche Anhörung des Klägers sowie durch Vernehmung des Verwaltungsbeamten K., der Ärztin für Allgemeinmedizin L., des Pfarrers M, der Schwester des Klägers N., des Schwagers des Klägers O., des Freundes des Klägers P., der Mutter der Versicherten J., der Schwestern der Versicherten Q. und R ... sowie des Sozialarbeiters H. als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Mai 2009 Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Rentenakten der Beklagten sowie der übrigen beigezogenen Unterlagen (Adoptionsakte – Auszug -, die die Versicherte betreffenden Krankenunterlagen der TI.Universität E-Stadt, die Akte des Jugendamtes des Landkreises A-StadtO. sowie die Rehabilitationsakte des Klägers). Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Der Senat durfte, obwohl weder der Prozessbevollmächtigte noch der Kläger selbst zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sind, entscheiden, da sie in der ihnen zugegangenen Terminsladungen darauf hingewiesen worden waren, dass auch im Falle ihres Ausbleibens entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Marburg ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht nach § 54 Abs. 1, 4 SGG kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2004 und auf Gewährung der begehrten Hinterbliebenenrente zu. Die Entscheidung der Beklagten, ihm keine Hinterbliebenenrente zu zahlen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten Anspruch auf Gewährung einer sog. kleinen bzw. großen Witwenrente, sofern der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Rentenanspruch allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 2a SGB VI kommt aufgrund der Übergangsvorschrift des § 242a Abs. 3 SGB VI allerdings nicht zur Anwendung bei Ehen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind.
Zwar hat die Versicherte ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 15. Juni 2009 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren entsprechend § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI erfüllt, so dass insoweit die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente gegeben sind. Da die Ehe zwischen dem Kläger und der Versicherten jedoch weder vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde noch mindestens 1 Jahr gedauert hat, steht dem Kläger nach § 46 Abs. 2a SGB VI eine Witwerrente nur zu, sofern er auch den weiteren Anforderungen des § 46 Abs. 2a SGB VI genügt.
§ 46 Abs. 2a SGB VI, der durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz – AVmEG) vom 21. März 2001 (BGBl. I 2001, 403) in das SGB VI eingefügt wurde, geht davon aus, dass der überlebende Ehegatte bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr in den meisten Fällen von seinen eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen vor der Eheschließung noch keinen so großen Abstand genommen hat, dass er diese nicht nach dem Tod des anderen Ehegatten fortsetzen oder wieder aufnehmen oder sich eine selbstständige Lebensführung neu erarbeiten könnte. Dementsprechend stellt die Regelung die – widerlegbare - gesetzliche Vermutung auf, dass die Heirat bei einer weniger als einjährigen Ehedauer in erster Linie der Versorgung des überlebenden Ehegatten diente, es sich also um eine sog. Versorgungsehe handelte.
Die hiermit getroffene Einschränkung des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente ist, auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), verfassungsgemäß (s. nur BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, Az. B 13 R 55/08 R; vgl. auch BSG, Beschluss vom 23. September 1997, Az. 2 BU 176/97, zum vom Wortlaut her mit § 46a Abs. 2a SGB VI vergleichbaren § 594 Reichsversicherungsordnung - RVO).
Mit der gesetzlichen Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe bei einer unter einjährigen Ehedauer legt der Gesetzgeber eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde, um zu vermeiden, dass der zuständige Leistungsträger in jedem Einzelfall eine umfassende Motivforschung betreiben muss, die mit aufwändigen Ermittlungen im Bereich der privaten Lebensführung und der allerpersönlichsten Intimsphäre des verstorbenen Ehegatten und des Hinterbliebenen verbunden sein kann (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1969, Az. II C 46.68, Rdnr. 20, zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 125 Abs. 1 S. 1 Bundesbeamtengesetz vom 20. Oktober 1965). Diese gesetzliche Vermutung kann dadurch widerlegt werden, dass besondere Umstände dargetan werden, die die Annahme einer Versorgungsehe im konkreten Fall als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Die Vermutung ist allerdings nur dann widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergibt, dass es insgesamt nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe bzw. dem Witwer eine Versorgung zu verschaffen (vgl. BSG vom 28. März 1973, Az. 5 RKnU 11/71). Dabei setzt die Widerlegung der Vermutung gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den Beweis des Gegenteils voraus. Der damit erforderliche Vollbeweis verlangt zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit; die nur denkbare Möglichkeit, dass bestimmte Tatsachen vorliegen, reicht nicht aus. Dieser Beweis ist erst erbracht, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grades an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (vgl. BSG SozR 3-3900 § 15 Nr. 3 m.w.N.).
Zwar verbleibt es auch im Anwendungsbereich des § 46a Abs. 2a SGB VI sowohl bei der Amtsermittlungspflicht der Behörde gemäß § 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) als auch bei der in § 103 SGG festgelegten Untersuchungsmaxime des Gerichts. Der Rentenantragsteller trägt jedoch das Risiko der Nichterweislichkeit, also die objektive Beweislast.
Wird vorgetragen, es habe keine Versorgungsehe vorgelegen, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, welche Gesichtspunkte für oder gegen den vom Gesetz - unter Anbindung an die kurze Ehedauer - vermuteten Versorgungszweck der Ehe sprechen, wobei es auf alle zur Eheschließung führenden Motive der Ehegatten, also auch auf solche (höchst-)persönlicher und subjektiver Art, ankommt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, Az. B 13 R 55/08 R; vorgehend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. August 2007, Az. L 13 R 3/07). Bei ihrer Entscheidungsfindung steht der Behörde, ungeachtet des von § 46 Abs. 2a SGB VI verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffs der "besonderen Umstände", kein eigenständiger Beurteilungsspielraum zu, sondern die behördliche Auslegung dieses Begriffs ist in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar (vgl. BSGE 60, 204, 206). Als besondere Umstände im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI sind daher alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, Az.: B 13 R 55/08 R m.w.N.).
Als Umstände, die grundsätzlich geeignet sind, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, weil sie auf andere Motive für die Eheschließung als eine Vorsorgungsabsicht schließen lassen, kommen insbesondere in Betracht:
- der nicht vorhersehbare Tod des Ehepartners,
- die Nachholung einer nach ausländischem Recht gültig geschlossenen Ehe, die nach deutschen Recht nicht gültig war,
- das Vorhandensein gemeinsamer leiblicher Kinder,
- das Vorliegen einer Schwangerschaft,
- die Erziehung eines minderjährigen Kindes des Verstorbenen durch den Hinterbliebenen,
- eine Heirat zur Sicherung der erforderlichen Betreuung oder Pflege des anderen Ehegatten.
(vgl. hierzu Kamprad in: Hauck/Heines, SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, Lieferung 3/09, Stand Juni 2009, § 46 Rdnr. 38).
Diese Aufzählung ist allerdings weder abschließend, noch ist bei Vorliegen einer der genannten Tatsachen eine Versorgungsehe automatisch ausgeschlossen. Notwendig ist vielmehr immer eine Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, wobei letztlich maßgeblich ist, ob bei einer Gesamtschau der zur Eheschließung führenden Motive zumindest für einen der beiden Ehegatten die vom Gesetz hinsichtlich der Eheschließung widerlegbar vermutete Versorgungsabsicht erkennbar keine bzw. jedenfalls nicht die überwiegende Rolle gespielt hat (vgl. BSGE 35, 272, 274, zu § 294 RVO).
Hiervon ausgehend ist die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe nicht widerlegt worden.
Ein wesentlicher Gesichtspunkt, der auf eine Versorgungsehe hindeutet, ist zunächst die schwere Krebserkrankung der verstorbenen Ehefrau des Klägers. Im Zeitpunkt der Hochzeit am 9. Juli 2002 wussten der Kläger und die Versicherte von der Erkrankung und deren Unheilbarkeit. Dies folgt schon aus den Bekundungen der Schwester der Versicherten, der Zeugin R., die glaubhaft dargelegt hat, dass eine Ärztin der Neurologischen Klinik der Universitätsklinik E-Stadt die Versicherte - in Anwesenheit der Zeugin - bereits vor der Hochzeit über die Ernsthaftigkeit ihrer Erkrankung und die hiermit verbundene nur noch sehr geringe Lebenserwartung informiert hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Versicherte dem Kläger nicht von dem Inhalt dieses Gesprächs berichtet hat, gibt es nicht; dies wird vom Kläger im Übrigen nicht behauptet. Auch die Zeugin L., die die Versicherte im Rahmen ihrer Tätigkeit als Ärztin für Allgemeinmedizin kennengelernt hat, hat ausgesagt, sie habe dem Kläger und der Versicherten bei den Terminen, die die Versicherte bei ihr wahrgenommen habe, immer auf die Ernsthaftigkeit der Erkrankung hingewiesen. In ihrem Schreiben vom 23. September 2005, welches der Kläger vorgelegt hat (s. Bl. 81, 82 der Gerichtsakte) hat sie insoweit ausgeführt: "Am 8.7.2002 wurde Frau C. mit der Diagnose Melanom hier vorstellig, und wusste, dass sie eine nicht heilbare Erkrankung hat."
Der Senat ist auch überzeugt, dass dem Kläger und der Versicherten bereits im Zeitpunkt der Hochzeit bewusst war, dass die Erkrankung der Versicherten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ihrem baldigen Tod führen würde. Dieses Bewusstsein ergibt sich bereits aus dem eiligen Vorantreiben der Adoption und den diesbezüglichen Äußerungen des Klägers gegenüber dem Jugendamt des Landkreises A-StadtO., dem Zeugen H., sowie dem beteiligten Notar. So hatte der Kläger ausweislich eines Aktenvermerks in der Adoptionsakte kurz nach der Hochzeit am 11. Juli 2002 gegenüber dem Jugendamt des Landkreises angegeben, die Durchführung der Adoption sei eilig, da bei seiner Frau vor ein paar Wochen Krebs, vermutlich im Endstadium, diagnostiziert worden sei. Auch bei dem Gespräch, das der Zeuge H. als Mitarbeiter des Jugendamtes mit dem Kläger und der Versicherten am 17. Juli 2002 geführt hat, haben der Kläger und seine Ehefrau, wie der Zeuge glaubhaft bekundet hat, erklärt, die Adoption sei eilig, weil die Versicherte schwer krank sei und es sein könne, dass sie bald sterben müsse.
Aus der Aussage der Zeugin L. ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Zeugin hat dargelegt, der Kläger und die Versicherte hätten sich ihr gegenüber so geäußert, dass sie der Überzeugung seien, sie würden die Erkrankung in den Griff bekommen. Nach ihrer Einschätzung sei es so, dass beide verdrängt hätten, dass die Erkrankung kurzfristig im Tod der Versicherten enden werde. Diese Äußerungen erfolgten nach Abschluss der Bestrahlung am 24. Juli 2002, wie sich aus dem Schreiben der Zeugen vom 23. September 2005 ergibt. Aus dieser menschlich verständlichen Hoffnung auf ein Wirken der medizinischen Behandlung kann freilich nicht geschlossen werden, der Kläger und die Versicherte seien, insbesondere schon im Zeitpunkt der Hochzeit, davon ausgegangen, die Versicherte werde ihre Erkrankung dauerhaft überleben. Dass der baldige Tod der Versicherten von beiden als reale und naheliegende Möglichkeit angesehen wurde, belegen bereits die Bekundungen des Klägers selbst, der im Rahmen des Erörterungs- und Beweisaufnahmetermins am 12. Mai 2009 ausdrücklich eingeräumt hat, dass er im damaligen Zeitpunkt durchaus davon ausgegangen sei, seine Ehefrau könne relativ bald an ihrer Erkrankung versterben, wenngleich er und die Versicherte natürlich auf ein längeres Überleben gehofft hätten. Hiermit in Einklang steht die Aussage der Zeugin R., ihre Schwester habe gewusst, dass sie an ihrer Erkrankung werde sterben müssen. Sie habe auf die Frage der Zeugin, warum sie gerade jetzt heiraten wolle, geantwortet, dass sie schon immer habe heiraten wollen und vor ihrem Versterben noch verheiratet sein wolle.
Soweit der Kläger weiter vorträgt, er und seine verstorbene Ehefrau hätten überhaupt nicht gewusst, dass ihm nach dem Tod der Ehefrau eine Hinterbliebenenrente zustehen könnte, so dass die Rente auch kein Motiv für die Heirat gewesen sein könne, trifft es zwar sicherlich zu, dass bei Unkenntnis beider Ehepartner vom Institut der Hinterbliebenenrente diese als Grund für die Eheschließung ausscheidet. Diese Unkenntnis ist hier freilich gerade nicht nachgewiesen worden. Denn auf Unkenntnis kann der Kläger sich allenfalls mit Erfolg berufen, wenn nicht er, sondern ein anderer den "ersten" Antrag auf Witwerrente am 12. November 2002 gestellt hat. Unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Umstände hält es der Senat aber für durchaus denkbar, dass der Kläger selbst der Antragsteller war. Hierfür spricht zunächst, dass sich der damalige Antragsteller ausweislich des am Ende des Antragsformulars befindlichen Bestätigungsvermerks durch gültigen Personalausweis ausgewiesen hatte und dass der Antrag, wie sich aus den Eintragungen unter Punkt 4 des Formulars ergibt, nicht "in Vertretung", also durch einen Dritten, gestellt wurde. Der Zeuge K., der als Mitarbeiter der Stadtverwaltung G-Stadt den Antrag aufgenommen hatte, hat bei seiner Vernehmung ausdrücklich und glaubhaft bestätigt, dass er für den Fall einer Vertretung die Vorlage einer Vollmacht gefordert und diese dann auch in die Akte geheftet, zumindest aber einen entsprechenden Vermerk in die Akte gemacht hätte. Anhaltspunkte dafür, der Zeuge könnte auf dem Formular falsche Eintragungen gemacht haben, gibt es nicht. Für ein solches Handeln des Zeugen gäbe es auch keine nachvollziehbaren Gründe. Der Senat hält es weiter für wenig wahrscheinlich, dass eine andere Person sich den Personalausweis des Klägers beschafft habe und sich als dieser ausgegeben haben könnte. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, wer ein Interesse daran haben könnte, den Rentenantrag anstelle des Klägers in dessen Namen, aber ohne Wissen des Klägers, zu stellen. Der Zeuge K. konnte auf Befragen zwar nicht den Kläger als Antragsteller identifizieren, ihn aber umgekehrt auch nicht als Antragsteller ausschließen. Auch aufgrund der Personenbeschreibung des Zeugen kommt der Kläger als möglicher Antragsteller durchaus in Betracht. Angesichts dieser Umstände ist die Behauptung des Klägers, er habe von einer möglichen Hinterbliebenenversorgung bei der Heirat mit der Versicherten nichts gewusst, in keiner Form zur Überzeugung des Senats belegt.
Schon dieser Sachverhalt reicht aus, den Erhalt der Hinterbliebenenrente als Motiv der Eheschließung nicht ausschließen zu können. Darauf, ob auch für die Versicherte nachgewiesen ist, dass sie keine Kenntnis von der Existenz der Hinterbliebenenrente hatte, kommt es insoweit nicht an. Hiervon ungeachtet steht allerdings auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Versicherte die Möglichkeit, Hinterbliebenenrente zu beziehen, nicht kannte. Zwar haben die Mutter und Schwester der Versicherten, die Zeuginnen J. und R., insoweit angegeben, ihnen gegenüber habe die Versicherte, auf die Hinterbliebenrente angesprochen, erklärt, es könne doch gar nicht sein, dass dem Kläger nach ihrem Tod eine Witwerrente zustehe. Diese Äußerung belegt aber nicht, dass die Versicherte im damaligen Zeitpunkt tatsächlich nicht wusste, dass für den Kläger nach ihrem Versterben die Möglichkeit bestand, Hinterbliebenenrente zu beantragen. Denn schon aufgrund des Umstandes, dass die Versicherte bei den Gesprächen mit den Zeuginnen bereits schwer krank war und – wie auch aus ihrer Krankenakte ersichtlich ist – zahlreiche Medikamente einnahm, erweist sich der Beweiswert ihrer Erklärungen, und damit auch der Beweiswert der Aussagen der Zeuginnen, als fraglich, so dass für den Senat jedenfalls Zweifel verbleiben, ob die Versicherte wirklich bezüglich der finanziellen Auswirkungen ihrer Heirat, wie der Kläger vorträgt, völlig unbedarft war.
Die begonnene Adoption des Sohnes der Versicherten durch den Kläger genügt ebenfalls nicht, um Versorgungsgesichtspunkte als überwiegendes Motiv für die Heirat auszuschließen. Allerdings kann ein bereits vor bzw. mit der Eheschließung eingeleitetes und erfolgreich abgeschlossenes Adoptionsverfahren durchaus ein Indiz, das gegen eine Versorgungsehe spricht, sein. Diese Anforderungen erfüllt die hier begonnene Adoption freilich gerade nicht. Denn abgesehen davon, dass im Falle des Klägers nach außen gehende Handlungen, um die Adoption einzuleiten, erst nach der Hochzeit – erstmals am 11. Juli 2002 – stattfanden und das Verfahren zudem gerade nicht mit Erfolg beendet wurde, ist noch nicht einmal nachgewiesen, dass die Adoption von beiden Ehepartnern ernsthaft betrieben wurde. Gegen ein ernsthaftes Betreiben spricht jedenfalls, dass der Kläger dem Notar bereits am 8. August 2002, also weniger als einen Monat nach dem Anstoß des Adoptionsverfahrens, mitgeteilt hat, dass aus der Adoption - zumindest vorerst – nichts werde, weil tiefgreifende Gegensätze hinsichtlich der Kindererziehung bestünden (vgl. den Aktenvermerk des Notars G. vom 9. August 2002, Bl. 84 der Gerichtsakte). Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass - wie der Kläger wiederholt vorgetragen hat - sowohl er als auch die Versicherte die Adoption im Zeitpunkt der Eheschließung noch ernsthaft beabsichtigten. Hierfür spricht neben der Stellung des Adoptionsantrages, dass beide die Adoption auch Dritten gegenüber erwähnt haben, wie sich insbesondere aus den Bekundungen der Ärztin L. und des Ehepaars O. als Zeugen ergibt. In Anbetracht der späteren Ereignisse, d.h. der baldigen Beendigung des Adoptionsvorgangs, bleiben aber dennoch Zweifel, die einer entsprechenden Überzeugung des Senats entgegenstehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass weder aufgrund der eigenen Angaben des Klägers noch aufgrund der Zeugenaussagen ein konkretes Ereignis ersichtlich ist, das einen nachvollziehbaren Sinneswandel bei dem Kläger und der Versicherten hinsichtlich der Adoption ausgelöst haben und den plötzlichen und schnellen Abbruch des Adoptionsverfahrens erklären könnte. Ganz im Gegenteil hat der Kläger selbst eingeräumt, dass sich die Differenzen in der Kindererziehung, die jedenfalls mitursächlich für den Abbruch der begonnenen Adoption waren, nicht erst nach der Einleitung des Verfahrens ergaben, sondern schon während des gesamten Zeitraums der Beziehung bestanden und nach seiner eigenen Aussage so schwerwiegend waren, dass sie sogar den Grund für die Abtreibung eines gemeinsamen Kindes darstellten.
Sonstige Umstände, die geeignet wären, die finanzielle Versorgung als Motiv für die Eheschließung auszuräumen, sind ebenfalls nicht zu erkennen.
Insbesondere sind nicht die Voraussetzungen für eine sog. Pflegeehe erfüllt, d.h. einer Ehe, die dazu dient, die erforderliche Betreuung oder Pflege eines der Ehegatten sicherzustellen, und deren Vorliegen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geeignet ist, die Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI zu widerlegen (vgl. hierzu BSG vom 3. September 1986, Az. 9a RV 8/84, Rdnr. 14 ff., zum mit § 46 Abs. 2a SGB VI vergleichbaren § 38 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz). Denn ungeachtet dessen, dass die Versicherte zumindest kurzfristig nach der Hochzeit aufgrund ihrer schweren Erkrankung pflegebedürftig geworden ist und auch schon im Zeitpunkt der Eheschließung absehbar war, dass die Pflegebedürftigkeit bald eintreten würde, liegt eine Pflegeehe nur vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung die tödlichen Folgen der Krankheit nicht vorhersehbar waren (BSG vom 3. September 1986, Az. 9a RV 8/84, Rdnr. 16). An dieser Bedingung fehlt es hier gerade, wie bereits im Einzelnen dargelegt wurde.
Auch das langjährige Zusammenleben des Klägers mit der Versicherten spricht jedenfalls nicht gegen eine mit der Heirat verbundene Versorgungsabsicht, da aus einem solchen Verhalten geschlossen werden muss, dass beide eine Ehe vor dem Ausbruch der Erkrankung der Versicherten gerade als nicht notwendig ansahen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass bereits vor dem Ausbrechen der Krankheit die feste Absicht, die Ehe einzugehen, bestand, gibt es nicht, zumal der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung selbst angegeben hat, er und die Versicherte hätten sich erst aufgrund der Erkrankung der Ehefrau zur Heirat entschlossen.
Die finanziellen Verhältnisse des Klägers im Zeitpunkt der Eheschließung eignen sich ebenfalls nicht, um die Versorgung als Heiratsmotiv auszuschließen oder wenigstens zu entkräften. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Einkommen der Versicherten im Juli 2002 niedriger oder höher war als das des Klägers. Denn es steht jedenfalls fest, dass der Kläger im damaligen Zeitpunkt lediglich über eigene Einkünfte aus Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 172,97 wöchentlich verfügte, also finanziell keineswegs so gut situiert war, dass für ihn eine Witwerrente, selbst bei nur geringer Höhe, keine merkliche finanzielle Besserstellung gebracht hätte. Ob die Einkommens- und Vermögenssituation eines Anspruchstellers überhaupt als Gesichtspunkt, der für bzw. gegen das Vorliegen einer Versorgungsehe spricht, herangezogen werden kann (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 30. November 2007, Az. L 5 R 251/05, S. 9 f.), braucht unter diesen Umständen nicht entschieden zu werden, denn einer Versorgungsabsicht widersprächen allenfalls gute finanzielle Verhältnisse des Anspruchstellers. An diesen fehlte es aber beim Kläger im damaligen Zeitpunkt ersichtlich.
Im Übrigen kann, auch angesichts des Verhaltens des Klägers am Todestag der Versicherten, als er, wie die Zeuginnen J. und Q. glaubhaft angegeben haben – und was der Kläger selbst auch nicht bestritten hat - jedenfalls einen Teil des Krankengeldes vom Konto der Versicherten abhob, der Nachweis, dass mit der Eheschließung keine wesentlichen finanziellen Interessen verbunden gewesen seien, nicht als erbracht angesehen werden.
Sonstige allgemeine Gesichtspunkte, die bei der Mehrzahl der Eheschließungen als Motiv eine Rolle spielen, rechtfertigen als solche noch nicht die Annahme von "besonderen Umständen" im Sinne des § 46 Abs. 2a SGB VI. Um die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe zu widerlegen, reicht es deshalb nicht aus, wenn allein der Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen, das Bedürfnis, sich zum Ehepartner zu bekennen oder vergleichbare Beweggründe ausschlaggebend für die Eheschließung gewesen sind (vgl. Bayerisches Landessozialgericht vom 25. Januar 1972, Az. L 8 V 202/71). Auch die vom Kläger geltend gemachten "tiefen Gefühle" für die Versicherte, die nach seinen Angaben (auch) der Grund für die damalige Heirat waren, genügen daher zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht, denn ihr Vorhandensein schließt eine Eheschließung, die in erster Linie dazu dient, den überlebenden Partner zu versorgen, gerade nicht aus. Einer weiteren Prüfung, inwiefern bei dem Kläger durch die Krankheit und den Tod der Versicherten eine depressive Erkrankung ausgelöst worden ist, wie die Zeugin L. angegeben hat und worauf auch die Aussagen der beiden Zeugen O. sowie der Zeugen P. und M.– die übereinstimmend bekundet haben, der Kläger habe im damaligen Zeitraum sehr mitgenommen bzw. depressiv gewirkt - hindeuten, bedarf es insofern nicht.
Der Senat ist, auch unter Berücksichtigung aller weiteren, vom Kläger vorgetragenen Umstände sowie unter Einbeziehung der weiteren Aussagen der Zeugen nicht überzeugt, dass die Ehe zwischen dem Kläger und der Versicherten aus überwiegend anderen als Versorgungsgründen geschlossen wurde. Diese Zweifel gehen hier zu Lasten des Klägers, der das Risiko der Nichterweislichkeit trägt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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