Bayerisches Landessozialgericht 11.07.2018, L 4 KR 488/17

Urteil über die vollständige Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

  • Spruchkörper: 4. Senat
  • Aktenzeichen: L 4 KR 488/17
  • Instanzenaktenzeichen: S 29 KR 170/15
  • Instanzgericht: Sozialgericht München
  • Gericht: Bayerisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 11.07.2018
  • Rechtskraft: rechtskräftig 

Tatbestand:

Die Klägerin und Berufungsbeklagte, Trägerin der S-Klinik N., begehrt die Zahlung der restlichen Vergütung in Höhe von 820,14 EUR - nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 3. September 2014 - durch die Beklagte und Berufungsklägerin. Es handelt sich hierbei um offene Behandlungskosten aus der Behandlung der Versicherten der Beklagten, D., geboren 1982, für die Zeit vom 28. März bis 1. April 2014. Hauptdiagnose war eine Analfistel (K60.3). Die Klägerin stellte mit Rechnung vom 3. April 2014 einen Gesamtbetrag von 2.608,88 EUR in Rechnung. Die Beklagte zahlte zunächst den geforderten Betrag vollständig, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung.

Der MDK gelangte in einer Stellungnahme vom 29. Juli 2014 unter Einbezug der Behandlungsunterlagen zu der Frage, ob die Kodierung der OPS (hier aus 2014) zutreffend erfolgt sei, zu dem Ergebnis, dass der OPS 5-496.3 ("Rekonstruktion des Anus und des Sphinkterapparates: Sphinkterplastik") nicht gesondert zu kodieren sei, während der OPS 5-491.12 (Operative Behandlung von Analfisteln: Exzision: Transsphinktär) medizinisch nachvollzogen werden könne. Während die Klägerin den DRG-Code G11B (Pyloromyotomie oder Anoproktoplastik und Rekonstruktion von Anus und Sphinkter, Alter über 9 Jahre) abrechnete, sah der MDK G26Z (Andere Eingriffe am Anus) einschlägig. Aufgrund des unterschiedlichen Kostengewichts ergab sich nach Berechnung der Beklagten hieraus eine Verrechnungssumme von 820,14 EUR. Die Beklagte rechnete am 3. September 2014 mit dem strittigen Differenzbetrag zwischen DRG G11B und DRG G26Z in Höhe der Klageforderung auf. Die Klägerin wandte sich gegen diese Stellungnahme des MDK. In einer weiteren Stellungnahme vom 21. Oktober 2014 legte der MDK nochmals dar, dass die Prozedur 5-496.3 nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) nicht nachvollziehbar sei. Der Verschluss des nach Fistelexzision verbliebenen Defekts sei Teil des Eingriffs 5-491.12 und nicht gesondert zu kodieren.

Die Klägerin hat am 6. Februar 2015 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Arztes für Chirurgie und Sportmedizin, Dr. E., vom 13. April 2017 eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die von der Klägerin angesetzte DRG G11B vorlägen. Unter der Hauptdiagnose K60.3 sei die Exzision plus Sphinkterversorgung jeweils anzugeben. Da im Allgemeinen bereits die alleinige Sphinkterplastik aufwändig sei, ergebe diese für sich genommen bereits die von der Klägerin geforderte DRG G11B. Das Kapitel 5-491 umfasse definitiv keine Sphinkterrekonstruktion. Diese sei das eigentlich entscheidende Merkmal. Die Rekonstruktion bzw. Wiederherstellung der Kontinuität/Kontinenz sei der entscheidende und selbstständig zu betrachtende Anteil der Operation, der auch höhere Ressourcen verbrauche. Eine Sphinkterplastik gehöre nicht regelhaft zur Exzision.

Mit Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2017 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 820,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 3. September 2014 zu bezahlen. Der Zahlungsanspruch bestehe, die Aufrechnung durch die Beklagte sei unwirksam. Der Beklagten habe als Grundlage für ihre zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe der Klageforderung zugestanden. Die ursprüngliche Zahlung der Beklagten an die Klägerin sei mit Rechtsgrund erfolgt. Die Klägerin habe deshalb einen fälligen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte in voller Rechnungshöhe und damit in Höhe des durch Aufrechnung unrechtmäßig zurückgeholten Teilbetrags (Klageforderung). Die Kammer ist hierbei dem Gutachten des Dr. E. gefolgt. Die pauschalen und deshalb im Einzelnen nicht nachvollziehbaren Vorwürfe der Beklagten gegen den Sachverständigen gingen ins Leere. Inhaltlich habe die Beklagte im Wesentlichen nur die MDK-Begutachtung zu bieten, die aber letztlich durch den Gerichtssachverständigen ausreichend mitverarbeitet worden sei. Gegen die am 13. Juli 2017 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 1. August 2017 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Klägerin habe eine zusätzliche Verschlüsselung vorgenommen, die explizit im OPS 2014 nicht vorgesehen sei. Sie hat auf den unstreitigen OPS 5-491.12 und die 2014 geltende Fassung des Kapitels 5-496 verwiesen. Wie dem Wortlaut zu entnehmen sei, sehe das Kapitel keine zusätzliche Verschlüsselung einer intraoperativen Naht vor. Ferner hat sie auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. v. 18. September 2008, B 3 KR 15/07 R - juris) verwiesen. Nach der Rechtsprechung seien Abrechnungsbestimmungen des Krankenhausvergütungsrechts streng wortlautbezogen auszulegen (s.a. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22. März 2017, L 5 KR 4740/15). Die medizinische Beurteilung trete in den Hintergrund. In diesem Zusammenhang hat sie sich gegen die Feststellung des Gutachters gewandt. Ab dem Kalenderjahr 2016 befinde sich im Kapitel 5-491 der Hinweis: "Eine gleichzeitige Rekonstruktion (5-496.3) oder Naht (5-496.0) des Sphinkters ist gesondert zu kodieren." Ab 2016 sei damit geregelt, dass eine entsprechende Naht, wie sie die Klägerin hier beanspruche, mit dem OPS 5-496.0 zu kodieren sei - nicht aber nach 5-496.3, da eine Sphinkterplastik nicht stattgefunden habe. Diese Regelung sei aber 2014 noch nicht vorgesehen gewesen.

Die Klägerin hat erwidert, es gehe nicht um die bloße "Ausführung einer Naht", sondern - gemäß dem OP-Bericht - um die Rekonstruktion des Schließmuskels mit einer Sphinkterplastik. Zu codieren seien OPS 5-491.12 (Exzision der Analfistel) und OPS 5-496.3 (Sphinkterplastik). Eine Sphinkterplastik sei kein methodisch notwendiger Bestandteil einer Exzision der Analfistel - dies wäre z.B. ein normaler Wundverschluss. Es handele sich um eine eigenständige zusätzliche Leistung. Gemäß den DKR (P001f) sei jede signifikante Prozedur zu verschlüsseln. Es liege hierin kein Verstoß gegen eine monokausale Kodierung. Es liege im Übrigen auch kein Verstoß gegen den Wortlaut der OPS vor: Nach dem Wortlaut der Kodiervorschriften seien alle signifikanten Prozeduren, die vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Zeitpunkt der Entlassung vorgenommen werden und im OPS abbildbar sind, zu codieren. Eine Exklusivum sei nicht formuliert, so dass die Kombination von OPS 5-491.12 und 5-496.3 auch im Jahre 2014 zulässig gewesen sei. Die medizinischen Voraussetzungen hierfür lägen vor. Die Änderung im OPS (2016) habe nur eine klarstellende Funktion. Im Übrigen hat sich die Klägerin auf das Sachverständigengutachten bezogen. Das Gericht dürfe sich bei seiner Beurteilung sachverständlich beraten lassen.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. E. vom 6. November 2017 eingeholt, der an seinem Gutachten festgehalten hat. Einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag gemäß Beschluss vom 6. März 2018 hat die Klägerin nicht zugestimmt. Die Rekonstruktion des Schließmuskels mit der Sphinkterplastik sei im OP-Bericht klar beschrieben und medizinisch notwendig gewesen. Sie sei anstelle eines bloßen Wundverschlusses erfolgt; dies stelle einen gehörigen Mehraufwand für die Klinik bzw. den Operateur dar. Die "Schnitt-Naht-Zeit" habe vorliegend 41 Minuten betragen; üblicherweise sei eine solche Operation (ohne Sphinkterplastik) deutlich kürzer.

Die Beklagte hat nochmals ausgeführt, dass eine vom Sozialgericht vorgenommene "künstliche Spaltung" der monokausalen Kodierung widerspreche. Auf diese Weise lasse sich nahezu jede Operation in mehrere Teile spalten. Zur ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen hat sie dargelegt, dass eine Naht regelmäßig in den operativen OPS-Kodes abgedeckt werde. In den DKR (P001f) heiße es: "Normalerweise ist eine Prozedur vollständig mit all ihren Komponenten, wie z.B. Vorbereitung, Lagerung, Anästhesie, Naht, usw. in einem Kode abgebildet ( ...). Abweichungen davon sind in den Hinweisen beschrieben." Da eine Naht regelmäßig zu einem operativen Eingriff gehöre, gehöre diese auch zu dem OPS, der den Eingriff selbst abbilde. Vorliegend sei eine Exzision vorgenommen worden. Dass diese Ausschneidung im Falle einer Analfistel so belassen werde, sei wohl nicht zu erwarten. Dies habe auch der Sachverständige bestätigt. Daher gehe mit einer Exzision einer Analfistel nach dem OPS 5-491.1 automatisch und damit eingriffsimmanent auch die anschließende Versorgung einher.

Die Beklagte hat ferner mit Schriftsatz vom 3. Juli 2018 nochmals darauf hingewiesen, dass es allein Aufgabe des Gerichts sei, über die Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zu entscheiden. Dies falle nicht in den Kompetenzbereich eines ärztlichen Sachverständigen. Im Übrigen gehe der Sachverständige fehl. Eine zusätzliche Verschlüsselung komme nur im Falle einer Atypik in Betracht.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. Juli 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie die Klage- und Berufungsakte hingewiesen.

Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist begründet. Die Beklagte kann gegen den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht mit einem öffentlich-recht-lichen Erstattungsanspruch aufrechnen (§ 387 BGB analog). Gemäß § 153 Abs. 2 SGG wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts verwiesen. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Der Erstattungsanspruch setzt u.a. voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht hat. Die Vergütung für Krankenhausbehandlungen des Versicherten bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für die Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 S. 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17 b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Fallpauschalenvereinbarungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zu Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG. Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert. Die Anwendung der zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene beschlossenen DKR (hier Version 2014) und der Fallpauschalenabrechnungsbestimmungen einschließlich der OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Nur dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, ihren Zweck erfüllen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit lernendes System angelegt ist, sind bei zu Tage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (st. Rspr. des BSG, vgl. Urteil vom 17.11.2015, B 1 KR 41/14 R). Nach Ansicht des BSG handelt es sich bei der konkreten Auslegung der DKR und Abrechnungsbestimmungen um eine rechtliche Prüfung (BSG, B 1 KR 97/15 B - juris Rn. 8).

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob vor diesem Hintergrund die DRG-Nummer G11B oder nur G26Z zutreffend anzusetzen sind.

1) Nach dem OP-Bericht vom 28. März 2014, wie er auch in den MDK-Gutachten sowie dem Sachverständigengutachten dargelegt wurde, erfolgte eine Exzision einer Analfistel. Es waren eine Rekonstruktion des Anus und des Sphinkterapparates notwendig, die mittels Sphinkterplastik erfolgte. Zur Vorbereitung der Rekonstruktion des Sphinkterdefekts wurden mehrere Vicrylfäden vorgelegt. Die Stichrichtung erfolgte radiär zum Faserverlauf mit Ein- und Ausstich in gleichem Abstand zum Wundrand. Es sollten jeweils die Nähte gleichmäßig verteilt werden in einem Abstand von 3-5 mm. Außerdem sollte die Naht an der Spitze des rinneförmigen Defekts tief im Gewebe verankert sein und nicht sichtbar werden. Die Fäden wurden einzeln geknüpft, nach Abschluss der Rekonstruktion tastete sich der Sphinkter kräftig und geschlossen. Der Senat sieht es daher als erwiesen an, dass nicht nur ein Wundverschluss erfolgte, sondern eine Sphinkterplastik.

2) Die Ausführung der Beklagten, dass eine Naht regelmäßig in den operativen OPS-Kodes abgedeckt werde, ist zutreffend und entspricht den DKR (P001f); danach ist normalerweise eine Prozedur vollständig mit all ihren Komponenten, wie z.B. Vorbereitung, Lagerung, Anästhesie, Naht usw., in einem Kode abgebildet. Da eine Naht regelmäßig zu einem operativen Eingriff gehört, gehört diese auch zu dem OPS, der den Eingriff selbst abbildet. Insoweit gilt der Grundsatz der monokausalen Kodierung. Dies spricht für eine Anwendung allein des OPS 5-491.12.

3) Allerdings verkennt die Beklagte, dass nicht nur eine Naht gelegt wurde, sondern zur Rekonstruktion des Anus und des Sphinkterapparates eine Sphinkterplastik. Dabei erfolgt die Wiederherstellung der Schließmuskelfunktion bzw. der Ersatz von nicht mehr funktionsfähigem Schließmuskel durch Skelett- oder Darmmuskulatur.

4) Unstreitig ist die Hauptdiagnose K60.3 (Analfistel). Unstreitig ist ferner die Prozedur 5-491.12. Streitig ist jedoch, ob die Fallpauschalen G11B oder G26Z abzurechnen sind. Anders als die Klägerin, die im Rahmen des Grouping-Ergebnisses den DRG-Code G11B (Pyloromyotomie oder Anoproktoplastik und Rekonstruk-tion von Anus und Sphinkter, Alter über 9 Jahre) angenommen hat, geht der MDK in seiner Stellungnahme vom 21. Oktober 2014 von G26Z - andere Eingriffe am Anus - aus. Da jedoch tatsächlich operativ eine Sphinkterplastik erfolgt ist, wie durch das Gutachten des Dr. E. belegt ist, ist zusätzlich die Prozedur 5-496.3 - Rekonstruktion des Anus und des Sphinkterapparates: Sphinkterplastik - und somit der DRG-Code G11B anzusetzen. Eine andere Ansicht begründet der MDK in seinen Stellungnahmen nicht bzw. nicht schlüssig. Es ist zwar zutreffend, dass der Verschluss des nach Fistelexzision verbliebenen Defekts Teil des Eingriffs nach der Prozedur 5-491.12 ist. Dies wird jedoch, wie dargelegt, nicht der tatsächlichen Operation gerecht mit einer Sphinkterplastik. Der Sachverständige Dr. E. hat dargelegt, dass es sich bei der Exzision um eine andere Prozedur als eine "sekundäre Sphinkterplastik" handelt. Da es verschiedene Gründe gibt, nicht im Rahmen derselben Operation eine derartige Sphinkterplastik vorzunehmen, z.B. um das Abklingen der lokalen Wunde oder des lokalen Infekts abzuwarten, hat nach Darstellung des Sachverständigen die Gesellschaft für Koloproktologie empfohlen, die beiden Ziffern gleichermaßen zu verwenden. Eine Sphinkterplastik gehört nicht regelhaft zur Exzision dazu. Nach der Kodierempfehlung 361 (A6) sind auch zwei Codes zugelassen, sofern sich der Eingriff nicht ausreichend abbilden lässt. Dies stellt eine Ausnahme zum Grundsatz der monokausalen OPS-Vorgaben dar.

Bei Analfisteln gibt es - gemäß Sachverständigengutachten - zahlreiche Varianten und auch dadurch technisch verschieden aufwändige Verfahren, nach einer Exzision oder ggf. Inzision regelmäßig notwendigerweise die Kontinenz wieder herzustellen bzw. eine Gefährdung derselben zu verhindern. Die "Schnitt-Naht-Zeit" betrug bei der Versicherten 41 Minuten. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass die alleinige Sphinkterplastik aufwändig ist und diese für sich genommen bereits auch den von der Klägerin geforderten DRG-Code G11B bedingt. Diese Kodierung ist zutreffend, da die Sphinkterrekonstruktion das eigentlich entscheidende Merkmal der Gesamtoperation darstellt. Der Senat teilt hierzu die dargestellten medizinischen Ausführungen des Sachverständigen.

5) Die Beklagte beruft sich auf die Grundsätze der DKR P001 f. Aus P001f ergibt sich, dass alle signifikanten Prozeduren, die vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Zeitpunkt der Entlassung vorgenommen wurden und im OPS abbildbar sind, zu kodieren sind. Es gilt das allgemeine Prinzip der monokausalen Kodierung von Prozeduren (vgl. P003d). Mehrfachkodierungen sind der Abrechnung komplexer Eingriffe vorbehalten und ausdrücklich mit entsprechenden Hinweisen zu versehen. Wie dargelegt erfolgten aber tatsächlich sowohl die Exzision der Analfistel sowie gleichzeitig die Rekonstruktion mittels einer Sphinkterplastik, was als getrennte Vorgänge anzusehen ist, wobei der letztere Vorgang sogar den aufwändigeren und wesentlichen darstellt. Das Gebot der monokausalen Kodierung der Prozeduren ist damit von der Klägerin nicht verletzt worden.

6) Die OPS 2016 erfassen diesen Sachverhalt und regeln diesen im Sinne der Klägerin mit Hinweis als Doppelcodierung. Er enthält zu 5-496.3 nun den Hinweis: "Die gleichzeitige Exzision einer Analfistel ist gesondert zu kodieren (5-491 ff.)". Aus dem Kommentar hierzu ergibt sich gerade kein Hinweis, dass dies eine inhaltliche Änderung darstellt (OPS 2016 Kommentar, Kapitel 5, zu "Operationen am Verdauungstrakt"). Vielmehr enthalten die Nutzungshinweise zur Mehrfachkodierung den Hinweis: "In einigen Bereichen ist eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen. Dies ist insbesondere für die Abbildung komplexer Eingriffe erforderlich. In diesen Fällen gibt es oft, aber nicht in jedem Fall einen Hinweis beim Kode des leitenden Eingriffs, der auf die gesonderte Kodierung von durchgeführten Teilmaßnahmen eines komplexen Eingriffes verweist." (OPS 2016 Nutzungshinweise, "Mehrfachkodierung"). Aufgrund des im OPS 2016 neu angebrachten Hinweises zu 5-496.3 ist daher abzuleiten, dass es sich, wie auch im Gutachten dargelegt, bei einer Exzision einer Analfistel mit Sphinkterplastik um einen komplexen Eingriff handelt, dass die Sphinkterplastik sogar der leitende Eingriff ist, und dass grundsätzlich eine Mehrfachkodierung angebracht ist. Insgesamt stellt dieser Hinweis keine Neuregelung oder eine Korrektur einer zu Tage getretenen Unrichtigkeit oder Fehlsteuerung im Sinne der o.g. Rechtsprechung des BSG (st. Rspr. des BSG, vgl. Urt. vom 17. November 2015, B 1 KR 41/14 R) dar. Vielmehr ist der Hinweis nur eine Klarstellung zur Auslegung der bislang schon bestehenden Regelung, so dass nach Ansicht des Senats eine entsprechende Kodierung wie von der Klägerin vorgenommen auch gemäß dem OPS 2014 zulässig war.

7) Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwieweit hier ein Widerspruch zum Wortlaut des Code 5-491.12 gegeben ist, wie von der Beklagten angenommen. Insbesondere nahm auch der OPS 2016 hier keine Änderung im Wortlaut der Codes vor.

8) Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 6. April 2018 eingeräumt, dass es sicherlich auch Fälle gibt, in denen ausschließlich eine Sphinkterrekonstruktion vorgenommen werden muss. Diese sei dann auch entsprechend zu kodieren. Gemäß dem überzeugenden Gutachten des Dr. E. ist in den Fällen, in denen der Verschluss aufgrund der unmittelbar vorangegangenen Exzision einer Analfistel erfolgt, jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten bei einer Sphinkterplastik nicht der Exzision immanent und damit auch nicht bereits vom OPS 5-491-12 erfasst. Der Senat vermag hierin auch keine "künstliche Spaltung" zu sehen.

9) Der Senat hat auch im Hinblick auf die Rechtsprechung insbesondere des BSG - und auch das zuletzt noch von der Beklagten zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg (a.a.O., juris Rn. 25) - keine Bedenken, zur Klärung medizinischer Fragen, wie insbesondere hier des Operationsgeschehens, der üblichen OP-Praxis und der Feststellung von Besonderheiten des Einzelfalls bzw. des Aufwandes vorliegend ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Maßgeblich ist in Übereinstimmung mit der o.g. BSG-Rechtsprechung nämlich, dass letztendlich eine juristische Entscheidung über die Kodierung getroffen wird. Im Rahmen der gebotenen Amtsermittlung nach § 103 SGG kann hierfür aber auch eine umfassende medizinische Aufklärung geboten sein; dies gilt z.B. für die Feststellung des Umfangs der Operation, des Operationsgeschehens oder des Vorliegens einer "Atypik". Im Übrigen bediente sich auch die Beklagte vorliegend mehrmals der Unterstützung des MDK, um genau diese Fragen aus ihrer Sicht beantworten zu können. Nur insoweit sind das vorliegende Gutachten sowie die ergänzende Stellungnahme des Dr. E. zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat damit zutreffend unter zusätzlichem Einbezug des OPS 5-496.3 den DRG-Code G11B statt G26Z abgerechnet. Die Berufung ist somit zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Zinsanspruchs verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist bezifferbar im Sinne des § 52 Abs. 3 S. 1 GKG und mit 820,14 EUR festzusetzen.

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