Landessozialgericht Hessen 25.10.2016, L 1 KR 201/15

  • Spruchkörper: 1. Senat
  • Aktenzeichen: L 1 KR 201/15
  • Instanzenaktenzeichen: S 7 KR 528/12
  • Instanzgericht: Sozialgericht Gießen
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 25.10.2016

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe hat.

Die 1982 geborene, bei der Beklagten versicherte Klägerin war im streitigen Zeitraum schwanger und lebte mit ihren sieben Kindern (geboren in den Jahren 2001, 2003, 2004, 2005, 2008, 2009 und 2011) sowie ihrem in Vollzeit berufstätigen Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt. Das achte Kind wurde am xx. xxx 2012 geboren. Die Nachbarinnen der Klägerin - C. und D. - leisteten u.a. in der Zeit vom dem 20. Februar 2012 bis zum 26. Juli 2012 abwechselnd bei der Klägerin Haushaltshilfe an durchschnittlich 6 Tagen in der Woche à 5 bis 7 Stunden für 6,50 EUR pro Stunde.

Unter dem 17. Januar 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Haushaltshilfe. Später legte sie eine ärztliche Bescheinigung ihres Hausarztes Dr. E. vom 8. Februar 2012 vor, in welcher er ausführte, dass die Klägerin unter einer akuten schweren Nierenbeckenentzündung leide. Sie müsse unbedingt liegen. Als Therapie seien Ruhe und Schonung erforderlich. Die Klägerin könne den Haushalt nicht weiterführen und benötige Haushaltshilfe für 3 Wochen und 8 Stunden täglich. Unter dem 10. Februar 2012 beschrieb Dr. E., dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert habe. Aufgrund der Schwangerschaft könne man medikamentös "nicht so schnell vorankommen, wie sonst". In die Klinik könne er die Klägerin wegen der 7 Kinder auch nicht einweisen. Sie könne daher nur zu Hause therapiert werden. Haushaltshilfe sei dringend nötig. In der Folgezeit fragte die Klägerin wiederholt bei der Beklagten wegen der beantragten Haushaltshilfe nach.

Wegen der schweren Nierenbeckenentzündung bewilligte die Beklagte der Klägerin Haushaltshilfe für die Zeit vom 19. Januar bis 18. Februar 2012.

Die Klägerin legte der Beklagten eine weitere Bescheinigung von Dr. E. vom 1. März 2012 vor. Dieser bestätigte, dass die Klägerin den Haushalt nicht mehr weiterführen könne. Haushaltshilfe sei erforderlich wegen schwangerschaftsbedingter starker Wirbelsäulenschmerzen mit ständiger täglicher Behandlung in Form von Krankengymnastik, Massagen und Schonung. Es handele sich um eine akute schwere Erkrankung. Die Klägerin könne deswegen die sieben kleinen Kinder und den Haushalt nicht alleine versorgen. Ein Klinikaufenthalt solle vermieden werden. Die Haushaltshilfe werde benötigt für 23 Tage oder 3 1/2 Wochen und 8 Stunden täglich. Unter dem 29. März 2012 bescheinigte Dr. E., dass die Haushaltshilfe bis zum 21. April 2012 benötigt werde.

Der von der Beklagten zur Stellungnahme aufgeforderte Medizinische Dienst der Krankenkassen in Hessen (MDK) stellt unter dem 2. April 2012 fest, dass eine Haushaltshilfe nicht befürwortet werde. Die Schwangerschaft sei intakt, es lägen keine Beschwerden vor.

Mit Bescheid vom 5. April 2012 lehnte die Beklagte daraufhin die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe ab. Eine Bezugnahme auf einen näher bezeichneten Antrag oder eine beantragte Leistungszeit enthält der Bescheid nicht.

Gegen den Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Ihre Erschöpfung, Schmerzen und Probleme mit den Händen seien nicht berücksichtigt worden. Ihre Hebamme habe ihr sehr deutlich gemacht, dass sie sie in das Krankenhaus einweisen müsse, wenn nicht baldige Abhilfe im Haushalt erfolge. Bei einer Mehrgebärenden sei immer mit einer Frühgeburt zu rechnen und somit auch mit einer Gefährdung ihres noch ungeborenen Kindes. Auch in ihrem Mutterpass stehe, dass sie aufgrund von Fehlgeburten in den Jahren 2007 und 2009 ein erhöhtes Risiko habe. Wegen der hohen Anzahl der Kinder und der raschen Schwangerschaftsfolge bestehe eine Risikoschwangerschaft. Zu ihrer Erschöpfung kämen noch die Schmerzen und die Fehlfunktion ihrer Hände hinzu, die aufgrund der Schwangerschaftschaft lediglich mit Krankengymnastik behandelt werden könnten. Schwangerschaftsbedingt könnten auch kein MRT oder Röntgenaufnahmen ihrer Halswirbelsäule gemacht werden, so dass sie auch keine hundertprozentige Diagnose von einem Facharzt erhalten könne. Ferner führte sie an, dass sie ihre sieben kleinen Kinder zwischen sieben Monaten und 10 Jahren selbst betreuen und pflegen müsse, da sie keinerlei andere Hilfe im Haushalt habe. Ihr Mann arbeite monatlich 210 Stunden und könne sie daheim nicht unterstützen. Sie legte die Verordnung über Krankengymnastik durch Dr. E. vom 12. März 2012, eine Aufstellung von Behandlungsterminen sowie den Befundbericht von Dr. F. (Facharzt für Orthopädie) vom 17. April 2012 vor. Aus der ebenfalls am 26. April 2012 der Beklagten vorgelegten Bescheinigung ihrer Hebamme G. vom 12. April 2012 geht hervor, dass diese die Schwangerschaft der Klägerin als Risikoschwangerschaft bewerte. Die Klägerin dürfe keine schweren Hausarbeiten mehr tätigen. Die Haushaltshilfe werde benötigt für mindestens 8 bis 10 Stunden pro Tag und 5 bis 6 Tage wöchentlich bis zur Geburt des Kindes.

Der MDK führte unter dem 2. Mai 2012 aus: "Keine neuen Aspekte. Zur WS-Begutachtung wird Kopie Mutterpass benötigt ( ). Wenn Schwangerschaft unauffällig ist: Gelenkbeschwerden, Fehlfunktionen der Hände sind chronische Krankheiten diesbezüglich Anspruchsvoraussetzungen Haushaltshilfe nicht erfüllt! Unterstützung durch Familienhilfe kann empfohlen werden."

Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin mit, dass die Voraussetzungen für die Leistung der Haushaltshilfe nicht erfüllt seien. Der MDK habe die Schwangerschaft als unauffällig eingeschätzt und die Gelenkbeschwerden bzw. Funktionseinschränkungen der Hände als chronische Erkrankungen angesehen, welche nicht als Voraussetzung für die Gewährung von Haushaltshilfeleistungen gelten würden. Aufgrund der persönlichen Situation empfehle die begutachtende Ärztin, Leistungen der Familienhilfe in Erwägung zu ziehen. Wegen der fehlenden medizinischen Voraussetzungen sei eine Kostenübernahme der Haushaltshilfeleistungen nicht möglich.

Die Klägerin verwies unter dem 14. Mai 2012 darauf, dass sie auf ärztliches Anraten keine Wäsche und keine Kinder heben dürfe. Bei der besonderen Einzelfallkonstellation sei davon auszugehen, dass eine Gesundheitsgefährdung so konkret gegeben sei, dass bei entsprechendem Ermessen die Hilfe gewährt werden könne. Ein Anspruch auf Familienhilfe durch das Jugendamt sei nicht gegeben, da die Familienverhältnisse intakt seien. Die Klägerin habe auch konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen, weil ihr regelmäßig die Hände "einschlafen, absterben". Es habe ein Verdacht auf Karpaltunnelerkrankung vorgelegen, der jedoch nicht habe bestätigt werden können. Für weitere Diagnostik müssten ein MRT sowie eine Röntgenaufnahme durchgeführt werden. Dies sei jedoch aufgrund der Schwangerschaft nicht möglich. Deshalb könne jedoch nicht davon ausgegangen werde, dass keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorläge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung stellte sie die Voraussetzungen eines Anspruchs aus Haushaltshilfe gemäß § 38 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sowie ihrer Satzung dar und führte aus, dass es sich bei der Erkrankung der Klägerin um einen Dauerzustand handele und der Widerspruch daher zurückgewiesen werden müsse. Liege kein akutes Krankheitsgeschehen vor und werde eine Hilfe auf Dauer benötigt, entspreche es nicht mehr der Aufgabenstellung der Krankenkasse mit Haushaltshilfeleistungen einzutreten. Könne ein Versicherter die Führung seines Haushalts nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen, so sei ein Anspruch auf Sozialhilfe zu prüfen.

Am 28. Juni 2012 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zur Bewilligung von Haushaltshilfe für die Zeit ab dem 2. Februar 2012 (richtig wohl 20. Februar 2012) zu verurteilen. Sie könne wegen Krankheit die Weiterführung ihres Haushalts nicht bewältigen. Ergänzend zu den bereits vorliegenden Unterlagen hat sie die ärztliche Bescheinigung ihres Frauenarztes Dr. H. vom 6. Juni 2012 vorgelegt. Darin hat dieser bescheinigt, dass die Klägerin unter starken schmerzhaften Schwangerschaftsbeschwerden sowie unter Kreislaufproblemen und Erschöpfungszuständen leide und nicht in der Lage sei, den Haushalt mit mehreren Kleinkindern weiterzuführen.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte hinsichtlich der Zeit vom 1. März 2012 bis 31. August 2012 eingeholt.

Unter dem 16. November 2012 hat Dr. H. mitgeteilt, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. März bis 11. Juli 2012 an über das gewöhnliche Maß gehende Unterbauchschmerzen sowie Erschöpfungszuständen bedingt durch die vorausgegangenen Schwangerschaften und die Betreuung der Kinder gelitten habe. Eine gezielte Behandlung der Beschwerden sei nicht möglich gewesen. Angeordnet worden seien längere Ruhepausen, soweit es die häusliche Situation zugelassen habe. Die Klägerin sei in dem genannten Zeitraum nicht in der Lage gewesen, den Haushalt in erforderlicher Art und Weise zu führen. Wegen der Unterbauchschmerzen habe sie die kleinen Kinder nicht heben können, ohne dass sich die Schmerzen dabei verschlimmerten. Trotz des Erschöpfungszustandes sei es ihr wegen der erforderlichen Betreuung der Kinder nicht möglich gewesen, die angeratenen Erholungspausen einzuhalten. Über die Zeit nach dem 11. Juli 2012 könne er keine Aussagen machen, da er die Klägerin danach nicht mehr behandelt habe.

Dr. F. hat unter dem 23. November 2012 diagnostiziert: akutes Zervikal-Syndrom bei segm. Funktionsstörung, Trapezius-, Semispinalis- und Speleniusmyalgie, Schwangerschaft, BWS-LWS-Syndrom mit segmentalen Funktionsstörungen, Iliosakralgelenkssyndrom, sonstige biomechanische Funktionsstörungen: Beckenbereich, mehrsegmentale thorakolumbale Myalgie. Die Klägerin habe am 29. März 2012 berichtet, dass ihr seit etwa vier Monaten morgens die Hände einschliefen und sie Beschwerden in den Unterarmen habe. Es sei von einem subakuten Geschehen mit drohender Chronifizierung auszugehen. Eine hoch akute Erkrankung habe nicht vorgelegen. Die Beschwerden seien nicht ausschließlich durch die Schwangerschaft bedingt. Die Funktionsstörungen seien auch ohne Bestehen einer Schwangerschaft möglich. Inwieweit die Schwangerschaft eine Rolle gespielt habe, könne er nicht abschließend abschätzen. Der Befund vom 29. März 2012 habe durchaus Funktionsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule mit muskulären Verspannungen gezeigt. Diese seien geeignet gewesen, Beschwerden auch bei einfachen Tätigkeiten im Haushalt auszulösen. Allerdings seien Alltagsverrichtungen und somit auch die Haushaltsführung an den erfolgten Untersuchungstagen augenscheinlich nicht grundsätzlich unmöglich gewesen.

Dr. J. (Chefärztin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe der Main-Kinzig-Kliniken) hat unter dem 8. Januar 2013 ausgeführt, dass sich die Klägerin im Rahmen ihrer achten Schwangerschaft wiederholt in der Klinik zur Kontrolle vorgestellt habe. Eine akute Erkrankung habe nicht vorgelegen. Gesundheitliche Probleme durch die Schwangerschaft hätten ebenfalls nicht bestanden. Aufgrund der schnellen Verläufe der vorausgegangenen Schwangerschaften sei der Klägerin eine körperliche und häusliche Schonung empfohlen worden sowie die zügige Vorstellung in der Klinik bei vorzeitigen Wehen, um eine mögliche Frühgeburt zu vermeiden. Aufgrund der schwierigen häuslichen Situation mit der Betreuung der sieben Kinder sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, ihren Haushalt in der Zeit vom 1. März bis 31. August 2012 regelrecht zu führen. Während der Schwangerschaft habe sie regelmäßig vorzeitige Kontraktionen gehabt, weshalb ihr körperliche Schonung angeraten worden sei. Dieser Empfehlung habe sie nicht nachkommen können.

Der MDK hat in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 7. Februar 2013 durch die Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dr. K., ausgeführt, dass die vom Orthopäden bescheinigte gesundheitliche Problematik ein relativ typisches Beschwerdebild während der Schwangerschaft sei. Die eingeleitete Physiotherapie erscheine ausreichend. Das Vorliegen von Bewegungseinschränkungen, unspezifischen Funktionsstörungen sowie neurologischen Ausfällen sei nicht angegeben worden. Hätte aus orthopädischer Sicht ein Anhalt für ein akutes Krankengeschehen wie z.B. einen Bandscheibenprolaps bestanden, so wäre mit Sicherheit auch die Möglichkeit einer bildgebenden Diagnostik wahrgenommen worden. Laut dem Bericht der Main-Kinzig-Kliniken habe kein akutes Risiko für eine Frühgeburt vorgelegen. Die Geburt sei zeitgerecht gewesen. Außerdem werde über keine peri- oder postpartalen Komplikationen berichtet. Das Wohl des ungeborenen Kindes sei demnach zu keinem Zeitpunkt der Schwangerschaft gefährdet gewesen. Der vorliegende Umstand einer fehlenden familiären Unterstützung durch die Berufstätigkeit des Ehemannes sowie das Vorhandensein von sieben Kindern im Alter von fünf Monaten bis 11 Jahren könne nicht für die Notwendigkeit der Anstellung einer Haushaltshilfe auf Kosten der Krankenversicherung begründend sein. Auch das Vorliegen einer Risikoschwangerschaft bei Zustand nach mehr als vier Spontangeburten, Zustand nach zwei Aborten und rascher Schwangerschaftsfolge erfülle nicht die Kriterien einer akuten Erkrankung oder der akuten Verschlechterung einer Erkrankung als Voraussetzung für die Kostenübernahme einer Haushaltshilfe durch die Krankenversicherung. Die mit der Multiparität verbundenen Risiken einer mütterlichen Erschöpfung, vorzeitiger Wehen mit Gefahr einer Frühgeburtlichkeit sowie einer verstärkten Anfälligkeit für weitere Schwangerschaftsbeschwerden bedingten aus fachärztlicher Sicht eine engmaschigere Betreuung und eine umsichtige Anleitung der Schwangeren zu erforderlichen Verhaltensweisen. Die Organisation und Gestaltung der notwendigerweise angepassten Lebensumstände liege im Verantwortungsbereich der betroffenen Familie, sofern wie im vorliegenden Fall keine weiteren akuten Erkrankungen oder gar eine Gefährdung von Mutter und ungeborenem Kind vorlägen.

Mit Schreiben vom 23. September 2013 hat die Klägerin die ärztliche Bescheinigung von Dr. E. vom April 2012 ("erneut nachgetragen und gezeichnet" am 18. September 2013) vorgelegt. Darin hat der Arzt bescheinigt, dass die Haushaltshilfe bis zur Geburt im Umfang von 8 Stunden täglich erforderlich (gewesen) sei. Die Klägerin könne sich aufgrund ständiger starker Schmerzen in der Schwangerschaft besonders an der Wirbelsäule kaum noch bewegen und müsse überwiegend liegen. Es lägen Funktionseinschränkungen in den Bereichen Zubereiten der Mahlzeiten, Reinigen der Wohnung, Beaufsichtigung und Betreuung der Kinder, Einkaufen und sonstiges (z.B. Wäsche) vor.

Auf gerichtliche Anforderung hat die Klägerin ferner Quittungen der Nachbarinnen D. und C. für den Zeitraum 20. Februar bis 26. Juli 2012 vorgelegt.

Mit Urteil vom 26. Mai 2015 hat das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Für die Zeit ab dem 22. April 2012 fehle es bereits an der Einhaltung des Beschaffungsweges gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V. Ab dieser Zeit habe die Klägerin keine vorherigen Anträge auf Haushaltshilfe gestellt, obgleich es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, einen solchen Antrag zu stellen und die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Für die Zeit vom 1. März bis 21. April 2012 lägen zwar Anträge vor, der Kostenerstattungsanspruch sei jedoch für diese Zeit in der Sache unbegründet. Als Anspruchsgrundlage für eine Haushaltshilfe kämen grundsätzlich § 38 SGB V (Haushaltshilfe wegen Krankheit) und § 24h SGB V (Haushaltshilfe wegen Schwangerschaft und Entbindung, vormals § 199 RVO) in Betracht. Diese beiden Normen stünden in einem Konkurrenzverhältnis. Die Leistungstatbestände in §§ 24d ff. SGB V (zuvor: §§ 196 ff. RVO) enthielten privilegierende Sonderregelungen für die besonderen Versicherungs- und Leistungsfälle Schwangerschaft bzw. Entbindung und gingen den §§ 27 ff. SGB V insoweit vor. Der Anspruch aus § 24h SGB V bestehe jedenfalls so lange, wie der Anlass der Haushaltshilfe in schwangerschaftstypischen Beschwerdebildern bestehe. Seien Schwangerschaft oder Entbindung unmittelbare und wesentliche Ursache der Erkrankung, benötige die Versicherte Haushaltshilfe "wegen Schwangerschaft und Entbindung" im Sinne des § 24h SGB V/§ 199 RVO.

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Haushaltshilfe in der Zeit vom 1. März bis 21. April 2012 nach § 38 SGB V zu. Die Voraussetzungen gemäß § 38 Abs. 1 SGB V lägen nicht vor. Aber auch nach der Satzung der Beklagten gemäß § 38 Abs. 2 SGB V bestehe kein Anspruch auf Haushaltshilfe. Nach der Satzung werde Haushaltshilfe dann zur Verfügung gestellt, wenn nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen einer akuten schweren Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich sei. Soweit in den Befundberichten von Dr. H. und Dr. J. schwangerschaftsbedingte Beschwerden attestiert würden, hätten diese keinen (schwangerschaftsunabhängigen) Krankheitswert. Der Anwendungsbereich gemäß § 38 SGB V sei nicht eröffnet, da dieser durch die speziellere Regelung des § 24h SGB V verdrängt werde. Allein wegen der orthopädischen Beschwerden käme eine Anwendung von § 38 SGB V in Betracht. Insoweit läge aber eine akute schwere Erkrankung oder eine akute Verschlimmerung einer Krankheit, aufgrund der eine Haushaltsführung nicht möglich gewesen sei, nicht vor. Dr. F. habe ausgeführt, dass die Funktionsstörungen sicherlich geeignet gewesen seien, auch bei einfachen Haushaltstätigkeiten Beschwerden auszulösen. Eine Haushaltsführung hätten sie aber ersichtlich nicht unmöglich gemacht. Dem würden zwar die Bescheinigungen des Hausarztes Dr. E. widersprechen. Dieser habe aber kein konkretes Beschwerdebild dargelegt, das eine abweichende Beurteilung rechtfertige. Zudem habe er wiederholt auf die Schwierigkeit der Versorgung von sieben Kindern bei Schmerzen und Schwangerschaft hingewiesen. Dies betreffe indes die besonderen familiären Umstände und sei nicht in einer akuten schweren Krankheit begründet. Die am 18. September 2013 "nachgezeichnete" Bescheinigung von Dr. E., die auf eine zunehmende Bewegungsunfähigkeit der Klägerin ab dem 21. April 2012 abstelle, sei erst im gerichtlichen Verfahren eingereicht worden. Zum fraglichen Zeitpunkt sei dagegen keine weitere Antragstellung erfolgt, wie sie zur Einhaltung des Beschaffungsweges nötig gewesen wäre.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Haushaltshilfe für die Zeit vom 1. März bis 21. April 2012 nach den Vorschriften über Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gemäß § 199 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) zu. Es fehle am erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen der Schwangerschaft und der Unmöglichkeit der Weiterführung des Haushalts. § 199 RVO solle gewährleisten, dass die Versicherte die Schwangerschaft durchlaufen könne, ohne dass es infolge der Haushaltsführung zu Komplikationen im regulären Schwangerschaftsablauf komme. Normale Schwangerschaftsbeschwerden wie gelegentliche Übelkeit, Erbrechen, Rückenschmerzen usw. reichten hierfür regelmäßig nicht aus, da sie die Weiterführung des Haushalts noch nicht unmöglich machten. Vielmehr komme die Gewährung einer Haushaltshilfe nur dann in Betracht, wenn die Schwangerschaftsbeschwerden so intensiv seien, dass die Weiterführung des Haushalts nur unter konkreter Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren bzw. ihres Kindes möglich sei. Soweit die Wirbelsäulenbeschwerden als schwangerschaftsbedingt aufzufassen seien, wie dies Dr. E. bescheinigt habe, und somit dem Anwendungsbereich des § 199 RVO unterfallen würden, fehle es an jeglichen Hinweis auf eine konkrete Gefährdung von werdender Mutter und ungeborenem Kind. Nach den Befundberichten von Dr. H. und Dr. J. sei der Klägerin zwar wegen schwangerschaftsbedingter Erschöpfung und vorzeitigen Kontraktionen Schonung angeraten worden. Ein konkretes Risiko einer Frühgeburt, der Gefährdung des Kindes oder der Mutter habe jedoch nicht bestanden. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass bei der Klägerin mehrere Faktoren vorgelegen hätten, die eine sogenannte Risikoschwangerschaft begründeten. Dies bedeute aber an sich noch keine konkrete Gefährdung der Schwangeren oder des ungeborenen Kindes, sondern lediglich eine abstrakte höhere Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Komplikationen, als dies bei einer "normalen" Schwangerschaft der Fall sei. Demnach könnten auch sogenannte Risikoschwangerschaften völlig komplikationslos verlaufen. Es bedürfe folglich des Hinzutretens einer konkreten Gefahr zu dem abstrakten Risiko. Nach dem Befundbericht von Dr. J. hätten indessen ausdrücklich keine schwangerschaftsbedingten gesundheitlichen Probleme bestanden. Eine konkrete Gefährdung von Mutter oder Kind hätte sich damit nicht abgezeichnet, wie dies etwa bei einer Cervixverkürzung oder vaginalen Blutungen der Fall wäre. Auch aus den von der Klägerin beklagten häufigen Kontraktionen habe die Ärztin keine konkrete Gefährdung hergeleitet, sondern vielmehr eine zügige Vorstellung im Falle vorzeitiger Wehentätigkeit empfohlen. Aus dem Befundbericht von Dr. H. sei kein konkretes Risiko abzuleiten. Zwar habe dieser über das übliche Maß hinausgehende Unterbauchschmerzen und Fatigue bescheinigt, jedoch kein konkretes Risiko für Mutter bzw. Kind beschrieben. Im Ergebnis hätten beide Ärzte vor allem auch auf die schwierige häusliche Situation mit sieben Kindern abgestellt. Diese sei allerdings gerade nicht kausal in der Schwangerschaft der Klägerin begründet, sondern in deren besonderen familiären Situation. Zudem bestehe auch in diesem Kontext das Erfordernis einer vorherigen Antragstellung. Dies folge aus dem Verweis in § 199 Satz 2 RVO auf § 38 Abs. 4 SGB V. Dr. J. habe Beschwerden mit Schonungsbedarf erst ab der 30. Schwangerschaftswoche attestiert. Das vorgelegte Attest von Dr. H. datiere vom 6. Juni 2012. Wegen der dort attestierten Beschwerden sei kein vorheriger Antrag der Klägerin bei der Beklagten aus deren Verwaltungsakte ersichtlich. Auch hieran scheitere ein möglicher Anspruch nach § 199 RVO.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 1. Juni 2015 zugestellte Urteil am 1. Juli 2015 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und vorgetragen, dass das Attest von Dr. E. vom 19. April 2012 mit einem Antrag auf Bewilligung von Haushaltshilfe ab dem 22. April 2012 noch am 19. April 2012 per Post an die Beklagte übersandt worden sei. Der Anspruch gemäß § 38 SGB V sei gegeben. Dr. F. habe bestätigt, dass die Klägerin unter Funktionsstörungen im Bereich der Halswirbelsäule und Beschwerden in den Unterarmen mit Einschlafen der Hände leide, welche nicht ausschließlich von der Schwangerschaft herrührten und bereits bei einfachen Arbeiten im Haushalt ausgelöst würden. Aus der Angabe des Arztes, dass die Haushaltsführung nicht grundsätzlich unmöglich gewesen sei, habe das Sozialgericht falsche Schlussfolgerungen gezogen. Aus den Angaben von Dr. F. folge, dass die Klägerin ihren Haushalt nicht beschwerdefrei habe führen können und ihr allenfalls leichte Tätigkeiten zuzumuten gewesen seien, die jedoch unmittelbar zu Schmerzen und Beschwerden geführt hätten. Zudem sei das Attest von Dr. E. vom 19. April 2012 zu berücksichtigen, nach welchem die Klägerin sich aufgrund von Wirbelsäulenschmerzen kaum noch habe bewegen können und überwiegend habe liegen müssen. Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Haushaltshilfe gemäß § 24h SGB V zu. Die Auffassung des Gerichts, dass die Beschwerden der Klägerin durch ihre häusliche Situation mit den zu diesem Zeitpunkt bereits sieben Kindern und nicht durch die Schwangerschaft bedingt seien, stimme nicht überein mit den ärztlichen Attesten. Der Bericht der Main-Kinzig-Kliniken vom 8. Januar 2013 bringe klar zum Ausdruck, dass bei der Klägerin die Gefahr einer Frühgeburt bestanden habe und es bereits zu vorzeitiger Wehentätigkeit gekommen sei. Um eine Frühgeburt zu vermeiden, sei ihr körperliche und häusliche Schonung empfohlen worden. Diese Empfehlung habe nur durch den Einsatz einer Haushaltshilfe befolgt werden können. Zudem seien die von Dr. H. attestierten schwangerschaftbedingten Unterbauchschmerzen sowie der Erschöpfungszustand nicht bedingt durch die Betreuung der anderen Kinder. Vielmehr habe sie aufgrund der bestehenden Schmerzen ihre Kinder nicht hochheben können. Ferner habe Dr. E. mit Attest vom 19. April 2012 schwangerschaftsbedingte Beschwerden, die über das übliche Maß hinausgingen, beschrieben. Soweit der MDK gegenteilige Ausführungen mache, sei zu beachten, dass dieser die Klägerin nie persönlich untersucht und vielmehr nur nach Aktenlage entschieden habe. Ferner verweist die Klägerin darauf, dass bereits bei der ersten Antragstellung auf Kostenübernahme für eine Haushaltshilfe Dr. H. die Erforderlichkeit der Haushaltshilfe vom 3. Februar 2015 (richtig wohl 2012) bis zum Ende der Schwangerschaft bescheinigt habe. Da die Beklagte im Verlauf des Verfahrens behauptet habe, das Attest läge ihr nicht vor, habe die Klägerin dieses nochmals per 10. September 2013 ausstellen lassen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. Mai 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Kosten für die Haushaltshilfe in der Zeit vom 20. Februar 2012 bis 21. April 2012 und 26. April 2012 bis 26. Juli 2012 in Höhe von 6.342,50 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. In den Bescheinigungen von Dr. E. vom 8. Februar 2012, 1. März 2012 und 29. März 2012 sei eine akute schwere Erkrankung nur bis 21. April 2012 bescheinigt worden. Danach seien Anträge auf Kostenerstattung für Haushaltshilfe immer erst nachträglich und ohne Vorlage weiterer ärztlicher Notwendigkeitsbescheinigungen vorgelegt worden. Daher könne schon aus formalen Gründen über den 21. April 2012 kein weiterer Anspruch hergeleitet werden. Das im Berufungsverfahren vorgelegte Attest von Dr. H. vom 6. September 2013 gebe keinen Nachweis darüber, dass es der Beklagten tatsächlich vorgelegen habe. Darüber hinaus werde dort lediglich eine akute Erkrankung und keine akute schwere Erkrankung bescheinigt. Für die Inanspruchnahme von Haushaltshilfe als Satzungsleistung der Beklagten sei dieses Attest somit ohnehin nicht ausreichend gewesen. Auch schwangerschaftsbedingte gesundheitliche Probleme seien nicht angegeben worden. Im Übrigen dürften Schwangere zwar nicht schlechter gestellt werden, als andere Personenkreise, aber eben auch nicht besser, andernfalls werde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats sowie ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.

Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, §§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat gemäß § 199 RVO in Verbindung mit § 13 Abs. 3 SGB V einen Anspruch auf Erstattung der ihr in der Zeit vom 20. Februar 2012 bis zum 21. April 2012 sowie vom 26. April 2012 bis 26. Juli 2012 entstandenen Kosten für eine Haushaltshilfe (bei Schwangerschaft oder Entbildung) in Höhe von 6.342,50 EUR. Der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2012 ist rechtswidrig und daher aufzuheben.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Klägerin den Beschaffungsweg eingehalten. Bereits unter dem 17. Januar 2012 hat sie gegenüber der Beklagten die Gewährung von Haushaltshilfe beantragt. Dieser Antrag war nicht auf eine bestimmte Zeit befristet. Soweit Dr. E. in der Folgezeit in seinen Bescheinigungen teilweise eine bestimmte Dauer angegeben hat, steht dies der Auslegung des Antrages auf Haushaltshilfe auf unbestimmte Dauer vorliegend nicht entgegen. Insoweit ist zu beachten, dass der Anspruch auf Haushaltshilfe wegen Schwangerschaft oder Entbindung nach § 199 RVO (nunmehr: § 24h SGB V) weder hinsichtlich des Zeitaufwands pro Tag noch hinsichtlich der Gesamtdauer eine Begrenzung enthält. Dies unterscheidet diese Vorschrift maßgeblich von § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V, wonach die Anspruchsdauer auf lediglich vier Wochen begrenzt ist, soweit nicht die Voraussetzungen gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V vorliegen. § 199 RVO ist weder von den Ärzten noch von der Beklagten im Verwaltungsverfahren berücksichtigt worden.

Es ist auch davon auszugehen, dass es sich (zunächst) um eine unaufschiebbare Leistung gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. SGB V handelte, da wegen der ärztlich bescheinigten Schonungs- und Ruhebedürftigkeit der schwangeren Klägerin und der 7 im Haushalt lebenden Kinder sofort eine Entlastung der Klägerin in Form von Haushaltshilfe erforderlich gewesen ist. Es war der Klägerin nicht zumutbar, zunächst eine Bescheidung durch die Beklagte abzuwarten. Darüber hinaus ist mit dem streitigen Bescheid die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt worden (§ 13 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB V).

Anspruchsgrundlage ist vorliegend § 199 Satz 1 RVO. Hiernach erhielt eine Versicherte Haushaltshilfe, soweit ihr wegen Schwangerschaft oder Entbindung die Weiterführung des Haushalts nicht möglich war und eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen konnte. Diese Vorschrift ist inzwischen durch die gleichlautende Vorschrift in § 24h SGB V ersetzt worden, welche jedoch erst nach der hier streitigen Zeit in Kraft getreten ist (Gesetz vom 23. Oktober 2012, BGBl. I S. 2246).

§ 199 Satz 1 RVO verlangt einen inneren Zusammenhang zwischen der Schwangerschaft bzw. der stattgefundenen Entbindung und der Notwendigkeit der Haushaltshilfe. Zwar sind Leistungen der Krankenversicherung grundsätzlich unabhängig von der Krankheitsursache zu gewähren (BSG, Urteil vom 12. November 1985, 3 RK 48/83), dies gilt jedoch nicht, wenn das Gesetz selbst - wie hier - einen Ursachenzusammenhang voraussetzt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Mai 2014, L 5 KR 898/13).

Der Klägerin war in der streitigen Zeit (auch) wegen der Schwangerschaft die Fortführung des Haushalts nicht möglich. Sie litt unter Erschöpfungszuständen, hatte Unterbauchschmerzen und benötigte – von ihrem Arzt und der Hebamme bescheinigt - längere Ruhepausen. Auch wegen regelmäßiger vorzeitiger Kontraktionen war ihr körperliche Schonung angeraten worden. Aufgrund der vielen vorherigen Schwangerschaften und Geburten in rascher Abfolge bestand zudem eine Risikoschwangerschaft, aufgrund derer die Klägerin keine schweren Hausarbeiten tätigen durfte. Hiervon ist das Gericht aufgrund der vorliegenden Bescheinigungen der Ärzte und der Hebamme überzeugt.

§ 199 RVO wird vorliegend auch nicht durch § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 12 der Satzung der Beklagten verdrängt. Der Gesetzgeber hat die Haushaltshilfe wegen Schwangerschaft und Entbindung gegenüber der Haushaltshilfe wegen Krankheit als den weiteren Leistungsanspruch ausgestaltet. Der Anspruch auf Haushaltshilfe wegen Schwangerschaft oder Entbindung nach § 199 RVO (nunmehr: § 24h SGB V) enthält wie bereits ausgeführt – weder hinsichtlich des Zeitaufwands pro Tag noch hinsichtlich der Gesamtdauer eine Begrenzung und unterscheidet sich dadurch entscheidend von § 38 Abs. 1 SGB V. Maßgeblich sind allein medizinische Erforderlichkeit und der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (Pitz, juris-PK, § 24h SGB V, Rn 7; Nolte in: KassKomm, § 24h SGB V, Rn 7). Haushaltshilfe gemäß § 199 RVO/§ 24h SGB V ist daher solange zu gewähren, wie sie von einem Arzt oder einer Hebamme für notwendig und begründet erachtet wird (Wagner in: Krauskopf § 24h SGB V, Rn. 8). Häusliche Pflege und Haushaltshilfe dienen während der Schwangerschaft der Schonung der werdenden Mutter. Es soll gewährleistet sein, dass die Schwangerschaft durchlaufen werden kann, ohne dass es infolge der Haushaltsführung zu Komplikationen im regulären Schwangerschaftsablauf kommt (Lode in: Düwell/Göhle-Sander/Koht, jurisPK-Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kap. 23.6 - § 199 RVO, Rn. 3). Darüber hinaus soll eine stationäre Aufnahme vermieden oder möglichst weitgehend begrenzt werden (vgl. Kruse in: LPK-SGB V, Anhang §§ 24a, 24b – § 199 RVO, Rn. 4). Die Leistungstatbestände in §§ 196 ff. RVO (nunmehr §§ 24d bis 24i SGB V) enthalten privilegierende Sonderregelungen für die besonderen Versicherungs- und Leistungsfälle Schwangerschaft und Mutterschaft bzw. Entbindung. Sie verdrängen die allgemeinen Regelungen für Leistungen bei Krankheit nach den §§ 27 ff. SGB V, soweit diese für die Versicherten nachteilig sind und gehen diesen in vollem Umfang vor. Die Privilegierung von Schwangerschaft und Mutterschaft entfällt insbesondere nicht, sobald eine "echte" Krankheit auftritt (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Mai 2014, L 5 KR 898/13; a.A. Pitz, juris-PK, § 24h SGB V, Rn. 5; Ihle in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 24h Rn. 6; Wagner in: Krauskopf § 24h SGB V, Rn. 7; Gemeinsames Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vom 21. März 2014, Anm. 6.2.1). Es ist zudem nicht sachgerecht, zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschriften über Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft nach den §§ 24c ff. SGB V von denen bei Krankheit nach § 27 SGB V zwischen üblichen Schwangerschaftsbeschwerden und darüber hinausgehenden pathologischen Beschwerden zu unterscheiden. In tatsächlicher Hinsicht dürfte schon kaum möglich sein, zuverlässig zwischen üblichen Schwangerschaftsbeschwerden ohne eigentlichen Krankheitswert und Schwangerschaftsbeschwerden mit Krankheitswert zu unterscheiden. Vor allem aber wären die rechtlichen Ergebnisse nicht nachvollziehbar. Bei einer Schwangeren, der lediglich übel wird und die sich unwohl fühlt, sonst aber keine ärztlichen Behandlungsmaßnahmen benötigt, wäre der Anspruch auf Haushaltshilfe unter Umständen in unbegrenzter Dauer gegeben. Einer Schwangeren, bei der hingegen auch pathologische Befunde hinzutreten und eventuell sogar konkrete Besorgnis um die Gesundheit von Mutter und Kind besteht, würde der Anspruch hingegen gekürzt und auf den Umfang der bei Krankheit nach § 38 Abs. 1 SGB V zustehenden Leistungen reduziert werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. Mai 2014, L 5 KR 898/13). Dies ist nicht sachgerecht und widerspricht dem gesetzgeberischen Ziel von § 199 RVO bzw. § 24h SGB V einer privilegierenden Sonderregelung für Versicherte während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Gemäß § 199 RVO bzw. § 24h SGB V soll nicht erst bei Komplikationen im regulären Schwangerschaftsablauf Hilfe geleistet werden. Vielmehr sollen diese Komplikationen gerade durch die Gewährung von Haushaltshilfe verhindert werden. Diese privilegierende Sonderregelung verstößt entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Vielmehr wird damit der besonderen Situation von Versicherten während der Schwangerschaft und nach der Entbindung Rechnung getragen.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch begründet. Der Klägerin war die Weiterführung des Haushalts im streitigen Zeitraum nicht möglich. Dr. E., Dr. H. sowie die Hebamme G. haben der Klägerin bescheinigt, dass sie eine Haushaltshilfe benötigt, um einen stationären Aufenthalt zu vermeiden. Auch Dr. J. hat ausgeführt, dass der Klägerin körperliche Schonung angeraten worden ist und sie aufgrund der 7 Kinder in der streitigen Zeit nicht in der Lage war, den Haushalt regelrecht zu führen. Hinsichtlich der Bescheinigung der Hebamme G. wird ergänzend darauf hingewiesen, dass diese rechtlich ebenso maßgeblich ist, da keineswegs ausschließlich ärztliche Bescheinigungen zum Nachweis geeignet sind (s. auch Gemeinsames Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vom 21. März 2014, Anm. 6.5; Wagner in: Krauskopf, SGB V, § 24h, Rn. 8).

Anspruchsvoraussetzung ist auch nicht, dass ein akutes Risiko einer Frühgeburt besteht. Ebenso wenig muss eine akute Erkrankung vorliegen. Vielmehr können Schwangerschaftsbeschwerden genügen, zu welchen die schwangerschaftstypischen Beschwerdebilder wie z.B. Morgenübelkeit, Schlaflosigkeit, Obstipationen, Wadenkrämpfe oder Müdigkeit gehören (vgl. Pitz, juris-PK, § 24h SGB V, Rn. 5; Ihle in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 24h Rn. 6). Insoweit unterscheidet sich § 199 RVO (bzw. § 24h SGB V) maßgeblich von § 38 Abs. 1 SGB V, der eine Krankenhausbehandlung, eine schwere Erkrankung oder eine akute Verschlimmerung einer Krankheit insbesondere nach Krankenhausbehandlung oder ambulanter Operation ausdrücklich als Voraussetzung für einen Anspruch auf Haushaltshilfe vorsieht.

Allerdings müssen die schwangerschaftstypischen Beschwerden derart gestaltet sein, dass sie der Fortführung des Haushalts entgegenstehen. Dabei müssen sie jedoch keine derartige Intensität aufweisen, dass die Weiterführung des Haushalts nur unter konkreter Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren oder des ungeborenen Kindes möglich ist (so aber Lode in: Düwell/Göhle-Sander/Koht, jurisPK-Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Kap. 23.6 - § 199 RVO, Rn. 9). Eine solch hohe Anforderung würde dem Gesetzeszweck von § 199 RVO bzw. § 24h SGB V entgegenstehen. Jedenfalls stehen schwangerschaftstypischen Beschwerden der Fortführung des Haushalts entgegen, wenn der Versicherten aufgrund einer Risikoschwangerschaft Schonung und Ruhe ärztlich verordnet worden sind (vgl. die Gemeinsamen Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vom 12. Januar 1989 zu § 199 RVO, Anm. 1. Abs. 2 sowie vom 21. März 2014, Anm. 6.2.1; Kruse in: LPK-SGB V, Anhang §§ 24a, 24b – § 199 RVO, Rn. 9) oder eine Hebamme dies als erforderlich bescheinigt hat und diese "Therapie" der Durchführung der erforderlichen Haushaltstätigkeiten entgegensteht. Dabei ist auf die Gegebenheiten des konkreten Haushalts abzustellen.

Der Klägerin ist Schonung und Ruhe ärztlich verordnet worden. Auch die Hebamme hat dies zur Abwendung einer stationären Behandlung als erforderlich bescheinigt. Dies ist bereits aufgrund der (unstreitigen) Risikoschwangerschaft der Klägerin, die sich in der maßgeblichen Zeit in der 10. Schwangerschaft befand, zuvor bereits 7 Kinder geboren und 2 Fehlgeburten hatte, überzeugend. Hinzu kommt, dass der konkrete Haushalt der Klägerin im Hinblick auf die 7 Kinder ein besonders hohes Maß an schweren, körperlich anstrengenden Tätigkeiten erfordert. Schonung und Ruhe der schwangeren Mutter sind bei so vielen kleinen Kindern ohne fremde Hilfe nicht realistisch.

Die Haushaltshilfe umfasst schließlich alle für die Weiterführung eines privaten Haushalts notwendigen Dienstleistungen insbesondere hauswirtschaftlicher Art. Dazu gehören vor allem Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und Waschen der Wäsche. Die Haushaltshilfe erstreckt sich zudem auf die Betreuung und Beaufsichtigung der Kinder, soweit das in Anbetracht des Alters und des Gesundheitszustandes der Kinder erforderlich ist (s. Ihle in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 24h Rn. 4). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die geleistete Haushaltshilfe vorliegend auf andere Tätigkeiten erstreckte.

Die Haushaltshilfe war auch in dem in Anspruch genommenen Umfang erforderlich. Gemäß der vorgelegten Bescheinigungen hat die Klägerin jeweils morgens und nachmittags/abends für einige Stunden Hilfe im Haushalt erhalten. Der zeitliche Umfang lag zwischen 5 und 7 Stunden täglich. Dies erscheint angesichts eines Haushalts mit 7 Kindern im Alter zwischen wenigen Monaten und 10 Jahren angemessen.

Dem Kostenerstattungsanspruch steht auch nicht § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V (der gemäß § 199 Satz 2 RVO bzw. § 24h Satz 2 SGB V entsprechend gilt) entgegen, da die Haushaltshilfe von Nachbarinnen der Klägerin erbracht wurde, die nicht mit dieser verwandt sind.

Die Anwendbarkeit von § 38 Abs. 3 SGB V ist in § 199 Satz 2 RVO bzw. § 24h Satz 2 SGB V nicht geregelt. Ob diese Vorschrift dennoch anzuwenden ist, kann hier dahinstehen. Denn die Haushaltshilfe konnte im streitigen Zeitraum ohnehin nicht vom Ehemann der Klägerin erbracht werden, da dieser in der streitigen Zeit in Vollzeit berufstätig war und für seine arbeitsfreien Tage (insb. Sonntage und Feiertage) Haushaltshilfe nicht geltend gemacht worden ist.

Bedenken gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten sind von der Beklagten nicht vorgetragen worden und für den Senat nicht ersichtlich. Die Beklagte war daher zur Erstattung in beantragter Höhe zu verurteilen.

Da der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 199 RVO begründet ist, kann hier dahinstehen, ob die Klägerin zudem einen Anspruch gemäß § 38 Abs. 1 oder 2 SGB V in Verbindung mit § 12 der Satzung der Beklagten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen

 

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