Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf die von ihr geltend gemachte Kostenerstattung.
Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Behandlung ist § 13 Abs. 3 Alt. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Eine Krankenkasse ist danach zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht dabei nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Die Krankenkasse ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V zur ärztlichen Behandlung der bei ihr Versicherten einschließlich der Versorgung mit den für eine Krankenbehandlung notwendigen Arzneimitteln verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Es kann daher nicht schon zur Leistungspflicht der Krankenkasse führen, dass eine Therapie nach Einschätzung der behandelnden Ärzte positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte sie befürwortet haben (st. Rspr., vgl. BSG Urteil vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R).
Voraussetzung für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung hinsichtlich der Versorgung mit einem Medikament ist ferner grundsätzlich die arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland. Ausnahmsweise besteht aber auch dann ein Anspruch auf Versorgung, wenn eine sehr seltene Krankheit vorliegt, die sich wegen ihrer Seltenheit der systematischen wissenschaftlichen Untersuchung entzieht und für die deshalb keine wissenschaftlich auf ihre Wirkung überprüfte Behandlungsmethode zur Verfügung stehen kann. Dabei ist weitere Voraussetzung, dass eine notstandsähnliche Situation vorliegt, d.h. eine schwerwiegende (lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung behandelt werden soll, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht und die streitige Behandlung nicht lediglich ungenügende Erfolgsaussichten bietet. Dabei kommt es nicht auf eine ex-post-Betrachtung des tatsächlichen Erfolgs an. Um eine Mindestqualität zu gewährleisten, müssen vielmehr die im Zeitpunkt der Behandlung verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme rechtfertigen, dass der voraussichtliche Nutzen der Maßnahme die möglichen Risiken überwiegen wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R).
Nach diesen Grundsätzen ist von einer Versorgungspflicht der Beklagten auszugehen. Das streitige Medikament war in der fraglichen Zeit nicht in Deutschland, aber in Großbritannien, Australien, den USA und in weiteren europäischen Ländern zugelassen. Bei den oromandibulären Dyskinesien und Dystonien - auch im Hinblick auf das zusätzlich bestehende Parkinson-Syndrom - ist von einer sehr seltenen, einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglichen Erkrankung auszugehen. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. D. vom 7. Juni 2012, der nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, dass zu der sehr seltenen Erkrankung der Klägerin keine größeren Therapiestudien möglich seien und entsprechend auch nicht vorlägen. Diese Einschätzung wird von Dr. RR. (Stellungnahme vom 22. Juni 2010) und Prof. Dr. EE. (Gutachten vom 7. Dezember 2008) geteilt. Zudem ist den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Dystonie unter Punkt 4.4 "Spezielle Therapie" zu entnehmen, dass die Mehrzahl der klinisch anerkannten Therapieverfahren bei dystonen Bewegungsstörungen nicht oder nur unzureichend durch kontrollierte klinische Studien belegt sind. Die Heterogenität dystoner Bewegungsstörungen und die häufig nur kleinen Fallzahlen bei einzelnen dystonen Syndromen trügen hierzu ungünstig bei (http://www.awmf.org/uploads/tx szleitlinien/030-039 S1 Dystonie 10-2008 10-2013.pdf). Diese Leitlinien befinden sich lediglich in der Entwicklungsstufe S1. Sie sind von einer Expertengruppe im informellen Konsens erarbeitet und bisher ohne geschlossen dokumentierte Beleglage zur möglichen Evidenz. Sie stehen daher der Annahme einer sehr seltenen, einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglichen Erkrankung nicht entgegen.
Darüber hinaus liegt auch eine schwerwiegende (lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung vor, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Ferner bietet die streitige Behandlung nicht lediglich ungenügende Erfolgsaussichten. Die Erkrankung der Klägerin geht mit einer Aspirationsgefahr und der Gefährdung der Fähigkeit zur Nahrungsaufnahme infolge der Schluckstörungen einher. Ob dabei bereits eine unmittelbare Lebensgefahr zu bejahen ist, kann dahinstehen, da es sich jedenfalls um eine die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung handelt. Der Senat folgt insoweit den Einschätzungen von Prof. Dr. EE. in seinem Gutachten vom 9. Januar 2009 sowie von Prof. Dr. D., der in seinem Gutachten vom 7. Juni 2012 betont hat, dass eine Zunahme der Symptomatik zu einer schweren Beeinträchtigung der Atem- und Schluckfunktionen führen könne. Diese Beeinträchtigung führe dann zu einem potentiell lebensbedrohlichen Krankheitsbild, das in einer solchen akuten Zuspitzungssituation extrem schwierig zu behandeln sei. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass das Absetzen einer langjährig bestehenden stabilen medikamentösen Therapie eine solche rasche Verschlechterung begünstige. Eine andere Behandlungsmöglichkeit stand im streitigen Zeitraum nicht zur Verfügung. Die Klägerin ist mit anderen Medikamenten (insb. Biperiden seit 1996 und Tiaprid seit 1997) behandelt worden. Biperiden ist für die Behandlung medikamentös induzierter und sonstiger extrapyramidaler Störungen zugelassen. Die Zulassung von Tiaprid bezieht sich auf die Behandlung von neuroleptika-induzierten Spätdyskinesien. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. EE. entspricht dies in dem hier maßgeblichen Kontext dem Zulassungsbereich von Tetrabenazin. Zudem hat die Behandlung mit Biperiden und Tiaprid nicht zu einem spürbaren positiven Effekt geführt. Auch insoweit kann auf die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. D. und Prof. Dr. EE. verwiesen werden, die mit den Ausführungen von Prof. Dr. WW. vom 15. Dezember 2005 übereinstimmen. Im Zeitpunkt der Behandlung rechtfertigten schließlich auch die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme, dass der voraussichtliche Nutzen der Maßnahme die möglichen Risiken überwiegen werde. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. D. ist aus kleineren Fallstudien und klinischen Erfahrungen bekannt, dass Nitoman wirksam sein könne. Ferner hat Prof. Dr. EE. ausgeführt, dass es gerechtfertigt gewesen sei, die Indikation zur Therapie der oromanibulären Dyskinesien mit Tetrabenazin bezüglich der Phänomentologie und nicht der Ätiologie zu stellen. Die Einordnung erfolge daher auf der Ebene der tartiven Dyskinesien. Nach Expertenmeinungen habe zudem bereits 2007 von dem Nutzen der Behandlung mit Tetrabenazin ausgegangen werden können (Verweis auf die Veröffentlichungen von Jankovic sowie das Therapiebuch für Neurologie von Brandt/Dichgans/Diener). Dem entspricht auch, dass - wie von Dr. RR. in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 2010 angeführt - nach den o.g. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Dystonie unter Punkt 4.4 "Spezielle Therapie" Tetrabenazin für die Therapie der oromanidibulären Dystonie empfohlen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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