Landessozialgericht Hessen 10.03.2011, L 1 KR 24/11

Urteil über die Zusatzbeitäge der Krankenkassen.

  • Aktenzeichen: L 1 KR 24/11
  • Spruchkörper: 1. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 18 KR 211/10
  • Instanzgericht: Sozialgericht Darmstadt
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 10.03.2011

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erhebung eines Zusatzbeitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von monatlich 8,00 Euro ab dem 1. Februar 2010.

Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger bezog zunächst im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Seit dem 1. März 2011 bezieht er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) in Form von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im Februar 2010 sandte die Beklagte dem Kläger ein Informationsschreiben über die Erhebung eines Zusatzbeitrages durch die Beklagte ab dem 1. Februar 2010 zu. Mit Bescheid vom 9. Juni 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ab dem 1. Februar 2010 von ihm ein monatlicher Zusatzbeitrag in Höhe von 8,00 Euro zu zahlen sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 1. Juli 2010 Widerspruch und zeitgleich Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt und beantragte bei diesem zudem die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erhebung eines Zusatzbeitrages. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, dass er arbeitsunfähig und krank sei und den Zusatzbeitrag nicht entrichten könne.

Mit Beschluss vom 12. Juli 2010 lehnte das Sozialgericht Darmstadt den Eilantrag des Klägers ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde an das Hessische Landessozialgericht hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 16. September 2010, L 1 KR 206/10 B ER).

Den Widerspruch des Klägers vom 1. Juli 2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010 zurück.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 17. Januar 2011 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid in das anhängige Klageverfahren aufgrund Sachdienlichkeit gemäß § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzubeziehen gewesen sei. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten seien nicht zu beanstanden, da die Erhebung des Zusatzbeitrages auf § 242 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) i.V.m. § 14 der Satzung der Beklagten beruhe. Die Kammer halte die Vorschrift des § 242 SGB V auch nicht für verfassungswidrig.

Mit Beschluss vom 17. Januar 2011 hat das Sozialgericht den erneuten Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers an das Hessische Landessozialgericht hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 9. Februar 2011, L 1 KR 23/11 B ER).

Gegen den dem Kläger am 24. Januar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 25. Januar 2011 beim Sozialgericht Darmstadt Berufung zum Hessischen Landessozialgericht erhoben und sich auf die von ihm bereits in den Verfahren gestellten Anträge bezogen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. Januar 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Der Senat hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers vom 7. März 2011 mit Beschluss vom 10. März 2011 abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Beklagtenakte und der Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers bezüglich der Erhebung eines Zusatzbeitrages durch die Beklagte auf der Grundlage des § 242 SGB V teilt der Senat nicht.

Auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die ausführlich und zutreffend sind, und die Beschlüsse des Senats in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Beschlüsse vom 16. September 2010, L 1 KR 206/10 B ER und vom 9. Februar 2011, L 1 KR 23/11 B ER) wird insoweit durch den Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug genommen, § 153 Abs. 2 SGG.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Gesetz in § 242 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV – WSG vom 26. März 2007, gültig ab dem 1. Januar 2009, BGBl I, S. 378) davon ausgeht, dass jedem Versicherten - unabhängig von seinem Einkommen und damit auch dann, wenn er Empfänger von Leistungen nach dem SGB II ist - ein Zusatzbeitrag von 8,00 Euro monatlich zugemutet werden kann. Hält ein Versicherter die Zahlung des Zusatzbeitrags für sich selbst für unzumutbar, hat er die Möglichkeit, seine Mitgliedschaft in der betreffenden Krankenkasse nach § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V zu kündigen und zu einer anderen Krankenkasse zu wechseln, die keinen Zusatzbeitrag erhebt. Zudem sieht § 26 Abs. 4 SGB II die Übernahme des Zusatzbeitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 242 SGB V für Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld vor, für die der Wechsel der Krankenkasse nach § 175 SGB V eine besondere Härte bedeuten würde. Nach § 42 Nr. 4 i.V.m. § 32 Abs. 4 SGB XII ist zudem eine Übernahme des Zusatzbeitrages durch den SGB-XII-Leistungsträger vorgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 und Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

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