Landessozialgericht Hessen 25.02.2010, L 8 KR 81/08

Urteil über gesamtsozialversicherungspflichtige Tätigkeeit.

  • Aktenzeichen: L 8 KR 81/08
  • Spruchkörper: 8. Senat
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 25.02.2010
  • Instanzgericht: Sozialgericht Darmstadt

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin seit 01.01.1988 gesamtsozialversicherungspflichtig in dem von ihrem Ehemann geführten Unternehmen, der Beigeladenen zu 1) (künftig: GmbH), tätig ist.

Die 1963 geborene Klägerin hatte eine Lehre als Einzelhandelskauffrau absolviert und war von 1981 bis Ende 1987 in dieser Funktion als Angestellte sozialversicherungspflichtig tätig. Sie war zunächst bei der Beigeladenen zu 2) auch gesetzlich krankenversichert gewesen. Unter dem 30.12.1987 schloss die Klägerin mit der GmbH einen Anstellungsvertrag ab, in dem es heißt, sie werde als Kaufmännische Angestellte ab 01.01.1988 und für unbestimmte Zeit beschäftigt. Ihr Aufgabengebiet beinhalte die Erledigung von Büro- und Verwaltungsarbeiten sowie alle sonstigen zumutbaren Tätigkeiten. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage 36 Stunden. Die Klägerin erhalte ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von DM 2.500,-, weiter Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen und Zukunftssicherungsleistungen in Form einer Direktversicherung. Für den Fall, dass ein firmeneigener Pkw auch zur privaten Nutzung zur Verfügung stehe, werde der steuerlich festgesetzte Wert ebenfalls zusätzlich gewährt. In der Folgezeit wurden wiederholt schriftliche Zusatzvereinbarungen zu diesem Anstellungsvertrag geschlossen, die die Erhöhung des festen Monatsgehaltes zum Gegenstand hatten. Entsprechend dem Anstellungsvertrag wurde die Klägerin seitens der GmbH als abhängig Beschäftigte zu allen Zweigen der Sozialversicherung angemeldet und die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Wegen Überschreitens der gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenze wurde die Krankenversicherung der Klägerin ab dem 01.01.1993 zu nächst in Form der freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2) fortgeführt und dann ab 01.06.1994 eine private Krankenversicherung bei der NN. Krankenversicherung eingegangen.

Die bis dahin als Arbeitgeberin der Klägerin nach außen auftretende GmbH war ursprünglich 1984 von den Brüdern IA. und RA. gegründet worden. Mit notariellem Vertrag vom 29.09.1988 wurden von diesen alle Gesellschaftsanteile mit Wirkung ab 19.12.1988 auf den Ehemann der Klägerin, der zugleich alleiniger Geschäftsführer ist, übertragen. Gegenstand des Unternehmens ist laut Gewerberegistereintrag der Transport mit Kraftfahrzeugen jedweder Art sowie Erdaushub an Baustellen. Die GmbH nutzt Gebäude und Grundstücke, die sie seit den Jahren 1993, 1995 und 1998 von der Klägerin angemietet hat. Weiter hat sie von den Eheleuten A. – die Heirat war nach Angaben der Klägerin im Sommer 1988 – seit 1992 Büroräume angemietet. Mit notariellen Verträgen vom 25.03.1994 und 10.01.1996 wurde das Stammkapital der GmbH auf letztlich 110.000,- DM erhöht und es wurden die gemeinsamen Kinder der Eheleute A. (S., L. und T.) mit einem Eigenkapitalanteil von je 10.000,-DM Mitgesellschafter der GmbH, so dass der Ehemann der Klägerin an dem Gesellschaftskapital noch 80.000,- DM hält. Die Klägerin selbst ist weder Gesellschafterin der GmbH noch zu deren (Mit-) Geschäftsführerin bestellt. Im Jahre 2004 wurde der Klägerin seitens der GmbH Prokura erteilt.

Im Rahmen einer den Zeitraum 01.01.2001 bis 30.11.2005 umfassenden Betriebsprüfung stellte die Beklagte fest, dass von der Klägerin seit Januar 2001 kein firmeneigenes Fahrzeug mehr benutzt worden war und sie deshalb mit ihrem Endgehalt unterhalb der Grenze der Beitragsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung lag. Deswegen sowie wegen anderer Beanstandungen in drei Fällen forderte die Beklagte – nach Anhörung der GmbH und Beteiligung der ursprünglichen Krankenkasse – mit Bescheid vom 27.02.2006 von der GmbH Sozialversicherungsbeiträge für den geprüften Zeitraum in Höhe von 31.048,06 EUR nach, wovon 30.285,52 EUR auf nachzuleistende Beiträge zur Krankenversicherung der Klägerin entfielen. Seit Januar 2006 erhält die Klägerin wieder Entgelt von der GmbH, das über der Beitragsgrenze zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung liegt.

Den Antrag der Klägerin auf (rückwirkende) Befreiung von der Krankenversicherungspflicht lehnte die ursprüngliche gesetzliche Krankenkasse der Klägerin, die Beigeladene zu 2), mit Bescheid vom 02.02.2006 ab. Über den Widerspruch der Klägerin ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren noch nicht entschieden.

Den weiteren Antrag der Klägerin vom 30.03.2006 auf versicherungsrechtliche Beurteilung ihrer Tätigkeit bei der GmbH leitete die Beigeladene zu 2) an die Clearing-Stelle der Beklagten weiter. Im Verwaltungsverfahren meldete sich die Gesellschaft für Consulting pro votum für die Klägerin, der von der Klägerin Vollmacht erteilt worden war. Im Verwaltungsverfahren wurden die von der Klägerin mit der GmbH und die von den Eheleuten mit der GmbH abgeschlossenen Mietverträge, ein Schreiben der Volksbank eG vom 03.02.2004, aus dem sich ergibt, dass die Klägerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft für die GmbH in Höhe von Euro 588.100 übernommen hatte sowie Grundbuchauszüge und Notarsurkunden betreffend die GmbH vorgelegt. Weiter wurden zur Akte gereicht ein Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen - ausgefüllt unter dem 09.02.2006 von der Klägerin und ihrem Ehemann als Geschäftsführer der GmbH - sowie Lohnkonten der GmbH bezogen auf die Klägerin für die Jahre 1999 bis 2002 und Meldungen zur Sozialversicherung. Weiter erstellte die Beklagte einen Rentenversicherungsverlauf zur Klägerin.

Mit Bescheid vom 16.10.2006, gerichtet an die GmbH, stellte die Beklagte fest, die durch die Betriebsprüfung eingeleitete sozialversicherungsrechtliche Feststellung habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Klägerin in der ausgeübten Tätigkeit als Kaufmännische Angestellte und Prokuristin seit dem 01.01.1988 wegen einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zeigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterliege. Auf den Widerspruch des Bevollmächtigten der Klägerin und der GmbH erließ die Beklagte unter dem Datum von 14.03.2007 einen gleichfalls an die GmbH gerichteten Widerspruchsbescheid. Dessen Tenor lautet: Der Widerspruch wird zurückgewiesen. Die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung in Höhe von insgesamt 31.048,06 EUR bleibt bestehen. Die Feststellung, dass für Frau A. in der ausgeübten Tätigkeit als kaufmännische Angestellte und Prokuristin seit dem 01.01.1988 ein dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht, bleibt bestehen. Sowohl der Bescheid vom 16.10.2006 als auch der Widerspruchsbescheid vom 14.03.2007 wurden nachrichtlich an die Klägerin gesandt.

Die Klägerin erhob hiergegen zum Sozialgericht Darmstadt am 13.04.2007 Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 16.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2007 insoweit aufzuheben als darin Feststellungen bezüglich einer versicherungspflichtigen Tätigkeit ihrerseits getroffen wurden und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Fa. A. GmbH seit dem 01.01.1988 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. Das Sozialgericht nahm die Beiladungen vor. Es hörte im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klägerin und deren Ehemann persönlich informatorisch an.

Mit Urteil vom 13. Februar 2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht in dem angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid festgestellt, dass die Klägerin seit 01.01.1988 bis heute bei der Beigeladenen zu 1) in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Auch habe die Beklagte für die Beschäftigung der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 30.11.2005 Beiträge zur (gesetzlichen) Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 30.285,52 zu Recht nacherhoben, da die Klägerin aufgrund der Herabsetzung ihres Einkommens ab dem 01.02.2001 wegen Wegfalls der Bereitstellung eines Firmen Pkw´s auch zur privaten Nutzung und eines dementsprechenden geldwerten lohnerhöhend wirkenden Vorteils der Versicherungspflicht – auch – zur gesetzlichen Krankenversicherung unterliege. Die Beklagte sei für die Feststellung einer Versicherungspflicht und deren Höhe im Rahmen einer Betriebsprüfung bei den Arbeitgebern nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) zuständig. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe diese während ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht nur vom 01.02.2001 bis 30.11.2005 auch der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung unterlegen, sondern sei bereits seit dem 01.01.1988 sozialversicherungspflichtig bei der Beigeladenen zu 1) tätig. Anknüpfungspunkt für die hier strittige Frage der Versicherungspflicht sei für alle Zweige der Sozialversicherung zunächst § 7 Abs. 1 SGB IV, der die für das Beitragsrecht maßgebliche Beschäftigung als nichtselbständige Arbeit definiere, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Für die Abgrenzung zwischen versicherungspflichtiger Beschäftigung und selbständiger (nicht versicherungspflichtiger) Erwerbstätigkeit sei zunächst darauf abzustellen, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis des betroffenen Mitarbeiters gegenüber einem Arbeitgeber infolge der Eingliederung in eine für ihn fremde Arbeitsorganisation bestehe. Demgegenüber sei eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.08.2003 – B 2 U 38/02 R m.w.N.). Zu den typischen Merkmalen unternehmerischen Handelns gehöre u.a., dass Leistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung statt im Namen und auf Rechnung eines Auftraggebers erbracht würden. Maßgebend für die Beurteilung sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Regelungen. In Anwendung dieser Grundsätze stelle sich die Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängige Beschäftigung im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses dar.

Zunächst sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin überhaupt keine Beteiligung an der GmbH besitze, mittels derer sie Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen konnte oder nehmen könne. Sie habe weder bei der Gründung der GmbH noch im Rahmen der Änderungen bezüglich der Gesellschafter durch (Mit-) Aufnahme der gemeinsamen minderjährigen Kinder in den Jahren 1994 und 1996 als Mitgesellschafter irgendwelche Anteile an der GmbH übernommen. Des Weiteren sei sie auch bis zum heutigen Tage nicht zur (weiteren) Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden. Insoweit sei auch zu beachten, dass selbst bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine sog. Sperrminorität verfügen, für den Regelfall von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden müsse (Hinweis auf BSG, Urteil vom 06.03.2003 – B 11 AL 25/02 R). Demzufolge sei die Klägerin – jedenfalls bis zur Einräumung der Prokura im Jahre 2004 – schon aus rechtlichen Gesichtspunkten heraus gar nicht berechtigt gewesen, nach außen hin für die Gesellschaft tätig zu sein. Durch die Erteilung der Prokura habe sie zwar eine Handlungsvollmacht erhalten, die sie in bestimmten Bereichen berechtige für die Firma zu handeln, jedoch immer unter der Maßgabe des Geschäftsführers. Auch sei sie sowohl in Bezug auf das bezogene Gehalt, dessen Verbuchung in der GmbH als Betriebsausgabe erfolge, wie auch im Hinblick auf die Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung durchgängig als Arbeitnehmerin geführt worden. Gleichermaßen lasse sich aufgrund des geschlossenen Anstellungsvertrages vom 30.12.1987 nur auf ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis schließen. Dafür sprächen die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ein regelmäßig zu zahlendes monatliches Bruttogehalt, ein Urlaubsanspruch von 6 Wochen pro Kalenderjahr sowie die Vereinbarung der gesetzlichen Kündigungsfristen, ferner die Gewährung von vermögenswirksamen Leistungen und Zukunftssicherungsleistungen in Form einer Direktversicherung.

Soweit die Klägerin gestützt auf die Angaben in dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 09.02.2006 geltend mache, der Arbeitsvertrag sei in der Praxis nicht gelebt worden, treffe dies nicht zu. Dass ihre Arbeitszeit nach diesen Angaben regelmäßig über den festgelegten 36 Stunden pro Woche lag, ohne dass Vergütung für angefallene Überstunden geleistet wurde, sei im Zusammenhang mit der familiären Bindung zu dem Betriebsinhaber und allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer, ihrem Ehemann, zu sehen. Ebenso wenig spreche gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, dass die Klägerin ihren Urlaub nur in geringem Umfange nehme und sich dabei an die Betriebs-Urlaubszeit der Beigeladenen zu 1) orientiere. Im Übrigen sei der Anstellungsvertrag bis zum heutigen Tag entsprechend den dort getroffenen Regelungen durchgeführt worden. So sei das durch schriftliche Zusatzvereinbarungen im Laufe der Zeit veränderte Arbeitsentgelt zusammen mit den vermögenswirksamen Leistungen regelmäßig monatlich auf ein der Klägerin gehörendes Konto überwiesen worden, zuzüglich anfallenden Urlaubs- und Weihnachtsgeldes. Es sei auch der Lohnsteuerpflicht unterworfen worden und es seien die entsprechenden Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung einbehalten und an die entsprechenden Sozialleistungsträger überwiesen worden. Die Tatsache, dass die Klägerin sich privat krankenversicherte, hätte allein auf der Tatsache beruht, dass sie unter Berücksichtigung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung eines firmeneigenen Kraftfahrzeuges mit ihrem Arbeitseinkommen über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung gelegen habe. Dass die Klägerin bewusst ein abhängiges Angestelltenverhältnis eingehen wollte, zeige auch die Kontenübersicht der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 04.08.2006, wonach nicht nur Zeiten einer abhängigen Beschäftigung erfasst, sondern mit Bescheid vom 12.01.2005 ausdrücklich auch Kindererziehungszeiten anerkannt wurden. Deren Berücksichtigung setze gerade ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis voraus. Den auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin ergangenen Bescheid habe diese auch niemals mit Rechtsmitteln angefochten.

Weder aufgrund des beruflichen Werdegangs der Klägerin noch aus den Umständen im Zusammenhang mit der Gründung bzw. Übernahme der Fa. A. GmbH in 1988 lasse sich auf eine Tätigkeit der Klägerin schließen, welche über die Erledigung der im Anstellungsvertrag vereinbarten Büro- und Verwaltungsarbeiten hinausginge. Ihr Ausbildungsgang und ihre ausgeübten beruflichen Tätigkeiten vor Eintritt in die GmbH sprächen nicht dafür, dass sie für Tätigkeiten im Rahmen der GmbH besonders hoch qualifiziert gewesen sei. Die Klägerin erledige nach ihren eigenen Angaben die Lohnabrechnung sowie Buchhaltung, jedoch nur dergestalt, dass sie die entsprechenden Daten für das von der Firma beauftragte Lohnbüro bzw. den Steuerberater vorbereite. Im Wesentlichen handele es sich also um die Erfassung der von den im Außendienst tätigen Mitarbeitern erbrachten Arbeitsstunden. Des Weiteren habe die Klägerin zusammen mit dem für die Beigeladenen zu 1) erschienenen Ehemann dargelegt, dass in dem Büro auch ein Mitarbeiter als Disponent beschäftigt gewesen sei. Besondere Kenntnisse, die die Klägerin für eine Führungsverantwortung bei der Beigeladenen zu 1) qualifizieren hätten können, habe die Klägerin auch nicht im Zusammenhang mit der Gründung bzw. Übernahme der GmbH erworben. Die GmbH sei ursprünglich vom Vater und dem Onkel ihres Ehemannes über viele Jahre hinaus betrieben und schließlich 1988 von ihrem Ehemann allein übernommen worden. Die Angabe der Klägerin, man habe die Übernahme der Firma gemeinsam besprochen, reiche schon deshalb nicht zur Begründung einer faktischen Mitinhaberschaft aus, weil eine derartige Abstimmung zwischen Eheleuten üblich sei. Letztlich habe die Klägerin nicht die Stellung einer (Mit )Gesellschafterin einer GmbH erreicht und damit keine mit dieser Stellung verbundene Rechtsmacht. Auch aus der Tatsache, dass die Klägerin in erheblichem Maße selbstschuldnerische Bürgschaften zugunsten der Beigeladenen zu 1) gegenüber den Banken übernommen habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausführte, der Erwerb der von ihr an die Beigeladene zu 1) vermieteten Grundstücke und Gebäude aus dem Gewinn der GmbH resultierte und lediglich – wohl aus steuerlichen Gründen – diese Liegenschaften auf ihren Namen eingetragen wurden. Damit hafte die Klägerin für die selbstschuldnerische Bürgschaft letztlich mit Vermögen in Form von Gewerbegrundstücken, das ursprünglich aus dem Gewinn der GmbH stamme. Ein eigenes Unternehmerrisiko in Bezug auf die Beigeladene zu 1) lasse sich damit jedenfalls nicht begründen. Bedeutsam sei, dass durch den zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Anstellungsvertrag bewusst eine abhängige Beschäftigung begründet worden und im weiteren Verlauf auch als solche tatsächlich durchgeführt worden sei. Eine abweichende tatsächliche Ausübung lasse sich – bis auf die Inanspruchnahme von Urlaub und möglicherweise den Umfang der tatsächlichen Büro- und Verwaltungsarbeiten – nicht begründen. Gemäß § 7 des Vertrages hätten auch Nebenabreden und Änderungen zu ihrer Rechtswirksamkeit ausdrücklich der Schriftform bedurft, was in der Folgezeit durch die die Einkommenshöhe betreffenden Zusatzvereinbarungen auch tatsächlich so gelebt worden sei. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides steht auch insoweit im Einklang mit der Sach- und Rechtslage als in ihm die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung von der Beigeladenen zu 1) in der geltend gemachten Höhe verlangt werde. Grund für diese Beitragsnacherhebung sei, dass das tatsächliche Arbeitseinkommen der Klägerin seit Februar 2001 wegen Wegfalls der privaten Nutzung eines von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellten Kraftfahrzeuges wieder in den Bereich der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung abgesunken sei.

Gegen das ihr am 28.02.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.03.2008 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor, das Sozialgericht habe zu Unrecht vorrangig auf die sog. "Rechtsmacht" abgestellt. Maßgeblich seien jedoch die faktischen Verhältnisse. Dafür, dass sie einen bestimmenden Einfluss und damit unternehmerische Gestaltungsmacht in Bezug auf die GmbH gehabt habe und habe, spreche, dass der gemeinsame Entschluss von ihr und ihrem Ehemann zum Kauf der GmbH Anteile vom Vater und Onkel des Ehemanns gegen ihren Willen nicht möglich gewesen wäre. Ihr sofortiger Eintritt in den kaufmännischen Bereich der Klägerin sei notwendig gewesen zur vollständigen Erfassung der kaufmännischen Seite des Betriebes, der damals im Jahre 1988 zwei Mitarbeiter beschäftigt habe. Für ihre Einflussmöglichkeiten in Bezug auf die GmbH spreche auch die stetige Bestimmung des eigenen Entgeltes ohne Einfluss durch den Ehemann. Selbst dessen Geschäftsführergehalt habe sie bestimmt. Auch obliege ihr auch die alleinige Entscheidung über das "ob" und den Inhalt jeweils anstehender Verhandlungen mit Banken und Steuerberatern. Sie habe entscheidenden Einfluss auf die Entscheidung über die jeweilige Gewinnverwendung. Dass sie rechtlich und förmlich nicht Mitinhaberin der GmbH sei und auch die erfolgten Beitragsabführungen sowie Meldungen zur Sozialversicherung seien den steuerlichen Vorgaben geschuldet. Auch sei die laufende Sicherheitengestellung durch sie über Jahre hinweg von insgesamt ca. 500.000,- EUR zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Fa. A. GmbH seit dem 1. Januar 1988 nicht der Versicherungs- und Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen zu 2) und 3) halten das angegriffene Urteil ebenfalls für zutreffend. Sie stellen keine Anträge.

Die Beigeladene zu 1) hat sich am Verfahren nicht beteiligt und keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge Bezug genommen.

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch zulässig. Der Senat erachtet die letztlich auf eine Feststellung zielende Klage gemäß § 55 SGG als zulässig, ohne dass zu entscheiden war, ob und für welche Zeit in der Vergangenheit eine Beitragserstattung in Betracht kommen könnte.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das auf die entsprechende Anfrage der Klägerin vom 30.03.2006 eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht nach § 7 a SGB IV unterfällt dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Unerheblich ist insoweit, dass Auslöser für die Antragsstellung die gegenüber der Beigeladenen zu 1. gerichtete Beitragsnachforderung der Beklagten nach durchgeführter Betriebsprüfung war.

Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.01.1988 mit ihrer im Betrieb der Beigeladenen zu 1. ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt. Dabei ist entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Urteil nur diese Feststellung mit der Klage angegangen und damit Gegenstand des Rechtsstreits, nicht hingegen die gegen die Beigeladene zu 1. gerichtete Beitragsnachforderung.

Materiellrechtlich ist von folgenden Vorgaben auszugehen: Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung der Beitrags- bzw. Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sowie § 168 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz bis 31.12.1997 und ab 1.1.1998 § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III ). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV bzw. seit 1.1.1999 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (eingefügt erst mit Wirkung vom 1.1.1999 durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999, BGBl. I 2000 S. 2) sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. Urteile des BSG vom 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr. 8, vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13, vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3 2400 § 7 Nr. 20, vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5, vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 vom 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 und vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine in Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr. 4; SozR 3-4100, § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Dabei ist die praktizierte Beziehung aber nur insoweit maßgeblich, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu: BSG, SozR 4-2400, § 7 Nr. 7).

Die Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt oder ggf. eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt – beurteilt sich nach den gleichen Grundsätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen kann nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen angenommen werden, wenn der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt, der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form – unterliegt, der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, ein der Arbeitsleistung angemessenes (d. h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird, von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird. Beim Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung eines Familienangehörigen ist in der Regel von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Familienangehöriger, obwohl er nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt ist – aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.1987 – B 7 RAr 25/86). Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgeltes lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2002 – B 11 AL 34/02 R). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht es grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist als zwischen nicht verwandten Personen und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (vgl. BSGE 34, 207, 210; BSG, SozR 3-2400, § 7 Nr. 1; SozR 3-4100, § 168 Nr. 11).

Nach diesen Grundsätzen, die auch der Senat seiner Beurteilung zugrunde legt, kann nicht bezweifelt werden, dass die von der Beklagten getroffene Feststellung, die Klägerin stehe seit dem Beginn ihrer Tätigkeit am 01.01.1988 für die Beigeladene zu 1. in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, rechtlich zutreffend ist. Die Tätigkeit der Klägerin wurde und wird seit dem 01.01.1988 in Ausführung des am 30.12.1987 geschlossenen und nur in Hinblick auf die Vergütungshöhe durch schriftliche Zusatzvereinbarungen abgeänderten Anstellungsvertrag wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis abgewickelt. Alle Abreden in dem Anstellungsvertrag sprechen dafür, diesen, wie das Sozialgericht ausführlich und überzeugend dargetan hat, als klassischen Arbeitsvertrag einzustufen. Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. erlaubt unter Zugrundelegung des Anstellungsvertrages vom 30.12.1987 eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Einer wirksamen formlosen Abbedingung der entsprechenden Abreden des schriftlichen Arbeitsvertrags durch schlüssiges Verhalten steht bereits entgegen, dass laut § 7 des Vertragstextes Nebenabreden und Änderungen des Vertrages zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform bedürfen. Es kommt hinzu, dass die Vertragsparteien dem Rechnung getragen haben, indem sie die Entgeltabänderungen jeweils durch schriftlich fixierte Zusatzvereinbarungen trafen. Überzeugend ist angesichts dessen auch nicht der Vortrag der Klägerin, der Vertrag sei nicht gelebt worden. Soweit die Klägerin vorbringt, der Vertrag sei allein aus steuerrechtlichen Gründen abgeschlossen worden, geht sie unzutreffend davon aus, es unterliege ihrer Disposition, die Wirkungen eines wirksamen Vertrages nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 20). Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG, a.a.O.). Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Urlaubsregelung des Arbeitsvertrags nicht praktiziert worden sei und sie auch deutlich mehr als arbeitsvertraglich geschuldet arbeite, weist der Senat darauf hin, dass es nicht unüblich ist, dass Familienangehörige - insbesondere Ehegatten - ihren meist gemeinsamen Urlaub miteinander abstimmen und sie in der Regel ein gesteigertes Interesse am Erhalt des Familienbetriebs haben, sodass sie regelmäßig bereit sind, auch überdurchschnittlich Leistungen zu erbringen und auf Urlaub zu verzichten. Letzteres gilt aber auch für leitende Angestellte, die es ebenfalls in der Regel auf sich nehmen, überdurchschnittlich Leistungen (auch in zeitlicher Hinsicht) zu erbringen.

Nach den Regelungen des Anstellungsvertrages vom 30.12.1987 verbleibt der Klägerin kein Raum für eine im Wesentlichen freie und im wirtschaftlichen Ergebnis unmittelbar sie selbst treffende Gestaltung ihrer Tätigkeit. Ist nach den äußeren Erscheinungsformen von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, so lässt sich dies auch nicht mehr durch Aussagen der Beteiligten über das angebliche Fehlen der Weisungsgebundenheit des mitarbeitenden Angehörigen ausräumen. Weisungsgebundenheit kann bei Beschäftigungen von Verwandten naturgemäß in sehr abgeschwächter Form auftreten und ist wegen der Undurchsichtigkeit der familiären Beziehungen ohnehin kaum messbar.

Die vereinbarte Vergütung wurde auch auf ein auf die Klägerin lautendes Privatkonto überwiesen. Von den als Arbeitsentgelt deklarierten Beträgen wurden unstreitig durchgängig Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Für ein Beschäftigungsverhältnis und damit für eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass die Gehaltsabrechnungen keine Bestandteile enthalten, die auch nur ansatzweise auf eine Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung schließen lassen. Weiter wurde das gezahlte Entgelt als betriebsbedingter Aufwand im Rahmen der Firma des Ehemannes der Klägerin erfasst. Gerade die Verbuchung der Vergütung an Ehegatten als Betriebsausgaben und die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer ist ein starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Lohnsteuerpflicht und Beitragspflicht in der Sozialversicherung beruhen auf dem gleichen Rechtsbegriff des "entgeltlichen" Beschäftigungsverhältnisses. Wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist deshalb die Art der Verbuchung und Versteuerung der Bezüge der Verwandten. Werden die Bezüge nicht als Privatentnahmen, sondern als Betriebsausgaben verbucht und lohnversteuert, so haben die Beteiligten damit für den Bereich des Steuerrechts eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Beziehungen auf die Grundlage eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses gestellt haben. Wird steuerrechtlich von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen, so wird regelmäßig auch für den Bereich der Sozialversicherung von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 21.04.1993 – B 11 RAr 67/92 – USK 9335).

Schließlich ist die Klägerin, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, auch nicht am Unternehmensrisiko der Einzelfirma ihres Ehemannes beteiligt. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. 05. 2008 – B 12 KR 13/07 R). Die Klägerin ist nicht rechtsförmlich am Unternehmen ihres Ehemannes beteiligt. Sie ist eindeutig nicht Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1. Auch reicht allein die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft unter Eheleuten nicht aus, um eine nach außen hin durchweg als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis dokumentierte Tätigkeit eines Ehegatten im Betriebe des anderen Ehegatten als unternehmerische Tätigkeit einzustufen. Durch die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft enthält der Darlehensgeber keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entsteht auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken findet ihre Rechtfertigung in den zugrundeliegenden ehelichen Beziehungen. Eheleute haben in der Regel ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens eines der Ehegatten. Zudem werden selbstschuldnerische Bürgschaften üblicherweise von Kreditinstituten bei der Kreditgewährung an verheiratete Schuldner verlangt. Auch hat die Vorinstanz zutreffend aus den Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes, die Übernahme der GmbH durch den Ehemann sei von den Eheleuten gemeinsam entschieden worden einschließlich der damit verbundenen finanziellen Konsequenzen, keine Schlussfolgerungen hergeleitet, die gegen die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In bestehenden Ehen ist es üblich, Entscheidungen in wichtigen finanziellen Angelegenheiten gemeinsam zu treffen. Aus einer solchen Handhabung lassen sich keine gewichtigen Schlüsse auf eine unternehmerische Stellung der Ehegatten ziehen.

Zusammenfassend überwiegen somit die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen bei Weitem. Auch der Senat ist, wie das Bayrische Landessozialgericht in seinen Urteilen vom 11.12.2008 (L 4 KR 97/08 und L 4 KR 55/07) der Auffassung, dass nur in extremen Fällen rückwirkend in ein jahrelang von den Beteiligten gewolltes und gelebtes Sozialversicherungsverhältnis eingegriffen werden und dieses rückabgewickelt werden kann. Solche Extremfälle wären gegeben im Falle der Praktizierung eines Sozialversicherungsverhältnisses trotz offensichtlicher schwerwiegender Fehler, Umgereimtheiten oder im Falle der Erschleichung eines Versicherungsschutzes. Danach müssen klare Beweise vorliegen, um ein Sozialversicherungsverhältnis bei der Beschäftigung unter Angehörigen rückabzuwickeln. Dies gilt vor allem dann, wenn die Beschäftigung von allen Beteiligten gebilligt und diese auch steuerlich und in sonstiger Weise als Arbeitsverhältnis behandelt wurde. Der Eintritt eines "Sinneswandels", weil nunmehr für in der Vergangenheit liegende Zeiten die familienhafte Mithilfe oder eine Mitunternehmerschaft mit der Folge der Beitragserstattung attraktiver zu sein scheint, vermag eine Rückabwicklung nicht zu rechtfertigen. Auch der Gesetzgeber hat dem Rechnung getragen indem er § 26 Abs. 1 SGB IV einen neuen Satz 3 anfügte (geschehen durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und andere Gesetze vom 19.12.2007, BGBl. I, 2007, 3024) und damit generell die Rückerstattung zu Unrecht entrichteter Rentenversicherungsbeiträge einschränkte. Die Neuregelung besagt, dass zu Unrecht entrichtete Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung nach Ablauf der Verjährungsfrist nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten. Diese bleiben damit erhalten und können nicht erstattet werden (vgl. Juris PK SGB IV, § 7 Rdziff. 162.1, Stand 12.10.2009). Die Neuregelung gilt ab dem 01.01.2008.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des Unterliegens der Klägerin sind dieser keine Kosten zu erstatten.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

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