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Landessozialgericht Hessen 17.12.2009, L 1 KR 290/09 B ER

  • Aktenzeichen: L 1 KR 290/09 B ER
  • Spruchkörper: 1. Senat
  • Instanzenaktenzeichen: S 15 KR 320/09 ER
  • Instanzgericht: Sozialgericht Gießen
  • Gericht: Hessisches Landessozialgericht
  • Entscheidungstyp: Urteil
  • Entscheidungsdatum: 17.12.2009
  • Normen: SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 13

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Antragstellerin als Pflichtversicherte einen Anspruch auf vorläufige Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch die Antragsgegnerin hat.

Die 1952 geborene Antragstellerin war bis zum 13. Mai 1982 bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Anschließend war sie bis zum 31. März 1988 als mitversicherte Ehefrau bei der C. versichert. Vom 1. April 1988 bis 31. März 1995 bestand Pflichtmitgliedschaft als Studentin bei der Antragsgegnerin. Vom 1. April 1995 bis zur Scheidung am 6. April 2009 war sie erneut als mitversicherte Ehefrau bei der C. versichert. Seit dem 22. Mai 2009 ist die Antragstellerin abhängig beschäftigt und erhält einen monatlichen Bruttolohn von 737,00 EUR. Das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 31. Januar 2009 gekündigt. Die Antragstellerin erhält von ihrem geschiedenen Ehemann monatlich 900,- EUR Unterhalt.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2009 beantragte die Antragstellerin die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Sie verwies darauf, dass derzeit keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Mit Schreiben vom 8. September 2009 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Antragstellerin nach § 6 Abs. 3a SGB V krankenversicherungsfrei sei. Eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V könne nicht eingerichtet werden, weil die Antragstellerin zuletzt bei der C. versichert gewesen sei. Die C. sei zwar nicht als ordentliches Mitglied den privaten Krankenversicherungsunternehmen zuzuordnen. Sie gehöre jedoch als "Verbundpartner" im engeren Sinne dazu. Sie könne als Private Krankenversicherung (PKV) und somit als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall angesehen werden. Seit dem 1. Januar 2009 müssten ehemalige Versicherte zum Basistarif in der PKV versichert werden. Die Antragsgegnerin räumte der Antragstellerin vor abschließender Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung bis zum 30. September 2009 ein.

Am 16. September 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Gießen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie hat im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt festzustellen, dass sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren entsprechenden Antrag bei der Antragsgegnerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB pflichtversichert und die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet sei, ihr entsprechenden Versicherungsschutz zu gewähren. Die C. sei keine private Krankenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB. Dies ergebe sich insbesondere aus § 291a Abs. 1a Satz 6 SGB V. Schließlich sei § 5 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB so auszulegen, dass er alle erfasse, die nicht zuletzt gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien.

Von Seiten der C. sei ihr mit Schreiben vom 30. April 2009 mitgeteilt worden, dass eine Fortführung des bisherigen Versicherungsschutzes nur möglich sei, wenn kein anderweitiger Krankenversicherungsschutz in einer gesetzlichen Krankenkasse oder bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zu zumutbaren Bedingungen erlangt werden könne. Diese Voraussetzung liege nicht vor, da die Antragstellerin seit dem 1. Januar 2009 ein Beitrittsrecht in den Basistarif einer privaten Krankenversicherung habe.

Die Antragstellerin habe sich auch bereits an eine private Krankenversicherung (D.) gewandt. Diese habe jedoch mit Schreiben vom 27. Mai 2009 eine Versicherung der Antragstellerin wegen deren psychotherapeutischen Behandlung abgelehnt.

Zu dem Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2009 hat sich die Antragstellerin nicht geäußert. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 hat die Antragsgegnerin bei ihr angefragt, ob im Hinblick auf ein am Hessischen Landessozialgericht anhängiges Verfahren mit vergleichbarem Sachverhalt (L 1 KR 46/08) Einverständnis damit bestehe, die Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin bis zum Abschluss des Gerichtsverfahren zurückzustellen. Hierauf hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 mitgeteilt, dass sie damit einverstanden sei, das Widerspruchsverfahren (richtig: das Verwaltungsverfahren) bis zur Entscheidung über das Beschwerdeverfahren ruhen zu lassen.

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 hat das Sozialgericht Gießen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch liege nicht vor, da eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB nicht bestehe.

Die Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB scheitere nicht bereits an deren Subsidiarität. Denn die Antragstellerin sei nicht anderweitig - insbesondere nicht aufgrund ihrer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung - abgesichert. Gemäß § 6 Abs. 3a SGB V sei sie versicherungsfrei, weil sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert gewesen sei.

Eine Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei jedoch ausgeschlossen, weil sie zuletzt privat krankenversichert gewesen sei. Die C. unterscheide sich zwar deutlich von sonstigen privaten Krankenversicherungen insbesondere durch den inzwischen geschlossenen Bestand und den Beihilfecharakter der Leistungen. Der Gesetzgeber unterscheide jedoch nur zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung und kenne eine Versicherung dritter Art nicht. Mit § 291a Abs. 1a Satz 6 SGB V habe der Gesetzgeber der C. Verpflichtungen übertragen, die er ansonsten nur der privaten Krankenversicherung auferlegt habe. Dies zeige, dass die C. zwar nicht von vornherein als Unternehmen der privaten Krankenversicherung anzusehen, aber dem privatrechtlichen Bereich in diesem Sinne zuzuordnen sei.

Aber selbst wenn die C. keine private Krankenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V darstelle, folge hieraus keine Versicherungspflicht der Antragstellerin. § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V sei nicht anwendbar, da die Antragstellerin zuletzt jedenfalls nicht gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Eine Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB V scheide ebenfalls aus, da hiernach nur die Personen in die Versicherungspflicht einbezogen würden, die bisher zu keinem Zeitpunkt in der gesetzlichen Krankenversicherung oder der privaten Krankenversicherung versichert gewesen seien. Die Antragstellerin sei jedoch bereits gesetzlich krankenversichert gewesen.

Sofern in der Begründung zum Gesetzentwurf formuliert sei, dass ebenfalls die Personen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen würden, die nicht zuletzt gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien, gehe dies über den Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB V hinaus. Offenbar würden in der Gesetzesbegründung die beiden Varianten des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vermischt. Jedenfalls sei der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 13 b) SGB V eindeutig und keiner erweiternden Auslegung zugänglich.

Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 14. Oktober 2009 zugestellten Beschluss hat diese am 20. Oktober 2009 Beschwerde eingelegt. Sie hat zur Begründung insbesondere angeführt, dass § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu ihren Gunsten auszulegen sei.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Gießen vom 13. Oktober 2009 im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass sie ab Antragseingang bei der Antragsgegnerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den entsprechenden Antrag nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V pflichtversichert ist und dass die Antragsgegnerin vorläufig so lange verpflichtet ist, ihr entsprechenden Versicherungsschutz zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Beschluss für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, Bezug genommen.

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