Die Witwen- und Witwerrente der Gesetzlichen Unfallversicherung

Verstirbt ein Versicherter der Gesetzlichen Unfallversicherung, können die Witwen bzw. Witwer und auch die eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartner eine Hinterbliebenenrente erhalten. Der grundsätzliche Anspruch hierfür ist in § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt. Bei der Hinterbliebenenrente handelt es sich um eine Witwen- bzw. Witwerrente; die spezielle Rechtsgrundlage hierfür ist in § 65 SGB VII beschrieben. Bei den Witwen-/Witwerrenten wird – wie auch in der Rentenversicherung – zwischen einer kleinen und der großen Rente unterschieden.

Wer als Witwe bzw. Witwer gilt

Damit ein Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung realisiert werden kann, muss die/der Hinterbliebene als Witwe bzw. Witwer gelten. Dies ist dann der Fall, wenn eine standesamtliche Trauung erfolgt ist. Seit dem 01.01.2005 können auch Lebenspartner als Witwen bzw. Witwer gelten, wenn die Lebenspartnerschaft im Lebenspartnerschaftsregister eingetragen wurde.

Handelt es sich hingegen um eine rein kirchliche Eheschließung – wie dies seit dem Jahr 2009 ohne vorherige standesamtliche Eheschließung möglich ist – kann hieraus kein Anspruch auf die Hinterbliebenenrente realisiert werden.

Die kleine und große Witwen-/Witwerrente

Grundsätzlich haben Witwen und Witwer einen Anspruch auf die Witwen-/Witwerrente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung. Der Anspruch ist in § 65 Abs. 1 SGB VII geregelt, wonach dann ein Rentenanspruch besteht, wenn die Witwe/der Witwer nicht wieder geheiratet hat.

Grundsätzlich besteht der Anspruch auf die kleine Witwen-/Witwerrente für eine Dauer von längstens 24 Kalendermonaten nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte bzw. Lebenspartner verstorben ist. Hierbei handelt es sich um die kleine Witwen-/Witwerrente.

Eine große Witwen-/Witwerrente wird hingegen zeitlich nicht befristet. Auf diese große Rente besteht dann ein Anspruch (vgl. § 65 Abs. 2 Nr. 3 Buchstaben a bis c SGB VII), wenn:

  • ein waisenrentenberechtigtes Kind erzogen wird oder für ein Kind gesorgt werden muss, das wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung Anspruch auf Waisenrente hat oder nur deswegen nicht hat, weil das 27. Lebensjahr vollendet ist,
  • die Witwe/der Witwer das 47. Lebensjahr vollendet hat oder
  • die Witwe/der Witwer erwerbsgemindert, berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI – hier ist das Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung geregelt) ist. Dabei gilt, dass die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers in diesem Punkt für den zuständigen Unfallversicherungsträger bindend ist.

Altersgrenze

Grundsätzlich gilt für Hinterbliebene, dass ein Anspruch auf die große Witwen-/Witwerrente ab dem vollendeten 47. Lebensjahr besteht. Diese Altersgrenze gilt auch für die große Witwen-/Witwerrente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Bis zum Jahr 2011 lag die Altersgrenze für die große Rente noch beim vollendeten 45. Lebensjahr. Die Erhöhung der Altersgrenze erfolgt allerdings schrittweise und wird seit dem Jahr 2012 umgesetzt. § 218a Abs. 2 SGB VII verweist auf die Erhöhung der Altersgrenzen in der Gesetzlichen Rentenversicherung (dort in § 242a Abs. 5 SGB VI geregelt). Danach wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

Todesjahr des Versicherten Anhebung um Monate auf Alter
im Kalenderjahr   Jahr    Monat   
2012 1 45 1
2013 2 45 2
2014 3 45 3
2015 4 45 4
2016 5 45 5
2017 6 45 6
2018 7 45 7
2019 8 45 8
2020 9 45 9
2021 10 45 10
2022 11 45 11
2023 12 46 0
2024 14 46 2
2025 16 46 4
2026 18 46 6
2027 20 46 8
2028 22 46 10
ab 2029 24 47 0

Höhe der Witwen-/Witwerrente

Die Höhe der Witwen-/Witwerrente ist in § 65 Abs. 2 SGB VII definiert.

Sterbevierteljahr

Nach § 65 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI wird die Rente ab dem Todestag bis zum Monatsende und für weitere drei Kalendermonate in Höhe von zwei Dritteln des Jahresarbeitsverdienstes gewährt. Bei diesen drei Monaten spricht man vom sogenannten Sterbevierteljahr. Bei der Rente in Höhe von zwei Dritteln des Jahresarbeitsverdienstes handelt es sich um eine relativ hohe Rentenzahlung, die deswegen gewährt wird, damit sich die/der Hinterbliebene auf den fehlenden Unterhalt ein- und umstellen kann.

Hat beispielsweise der durch einen Versicherungsfall der Gesetzlichen Unfallversicherung am 05. April verstorbene Versicherte einen Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 40.000 Euro erzielt, wird vom 05. April bis 31. Juli die Witwenrente in Höhe von (40.000 Euro x 2 / 3 = 26.666,67 Euro / 12 Monate =) 2.222,22 Euro monatlich geleistet.

Im Sterbevierteljahr wird die Rente grundsätzlich in Höhe von zwei Dritteln des Jahresarbeitsverdienstes ausgezahlt. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang, ob nach dem Sterbevierteljahr die Rente als kleine oder große Witwen-/Witwerrente geleistet wird.

Kleine Witwen-/Witwerrente

Sofern ein Anspruch auf die kleine Witwen-/Witwerrente besteht, wird diese nach § 65 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nach Ablauf des Sterbevierteljahres in Höhe von 30 vom Hundert (Prozent) des Jahresarbeitsverdienstes geleistet.

Verstarb beispielsweise ein Versicherter aufgrund eines Versicherungsfalles der Gesetzlichen Unfallversicherung am 05. April und hat zuvor einen Jahresverdienst von 36.000 Euro erzielt, beträgt die kleine Witwen-/Witwerrente (36.000 Euro x 30 Prozent / 12 Monate =) 900,00 Euro (ab 01. August) monatlich.

Große Witwen-/Witwerrente

Besteht ein Anspruch auf die große Witwen-/Witwerrente, wird diese nach § 65 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI nach Ablauf des Sterbevierteljahres in Höhe von 40 vom Hundert (Prozent) geleistet.

Ist beispielsweise ein Versicherter am 05. April aufgrund eines Versicherungsfalles der Gesetzlichen Unfallversicherung verstorben und hat zuvor einen Jahresverdienst von 36.000 Euro erzielt, beträgt die große Witwen-/Witwerrente (36.000 Euro x 40 Prozent / 12 Monate =) 1.200,00 Euro (ab 01. August) monatlich.

Jahresarbeitsverdienst in Sonderfällen

Die gesetzlichen Vorschriften schreiben für Kinder und Jugendliche die Bemessungsgrundlage (zu berücksichtigender Jahresarbeitsverdienst) vor. Da allerdings ein Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente für Kinder und Jugendliche in der Praxis nicht vorkommen dürfte, wird an dieser Stelle auf die Ausführungen unter Verletztenrente (s. Abschnitt „Jahresarbeitsverdienst) hingewiesen.

Versicherte haben also grundsätzlich im Zeitpunkt des Versicherungsfalls, welcher einen Anspruch auf die Witwen-/Witwerrente auslöst, das 18. Lebensjahr vollendet. § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VII schreibt hier einen sogenannten Mindest-Jahresarbeitsverdienst vor, welcher zum Ansatz kommen muss. Dies sind 60 Prozent der maßgebenden Bezugsgröße (Bezugsgröße, welche im Jahre des Versicherungsfalls gilt).

Neben einem Mindest-Jahresarbeitsverdienst schreibt § 85 Abs. 2 SGB VII auch einen Höchst-Jahresarbeitsverdienst vor. Danach darf als Jahresarbeitsverdienst maximal das Doppelte der Bezugsgröße zur Berechnung der Witwen-/Witwerrente berücksichtigt werden. Bezüglich des Höchst-Jahresarbeitsverdienstes haben die einzelnen Unfallversicherungsträger allerdings die Möglichkeit per Satzung auch eine höhere Grenze zu bestimmen.

Anpassung der Witwenrente/Witwerrente

Dass auch die Witwen- und Witwerrenten, welche von der Gesetzlichen Unfallversicherung gewährt werden, der Einkommensentwicklung angepasst werden, wird in § 95 SGB VII geregelt. Danach werden die Renten der Unfallversicherung zum gleichen Zeitpunkt wie die Renten der Gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. Das bedeutet, dass es jährlich zum 01.07. zu einer Dynamisierung kommt.

Die Witwen-/Witwerrenten der Gesetzlichen Unfallversicherung werden in der Art und Weise dynamisiert, indem der Jahresarbeitsverdienst, welcher der Rentenberechnung zugrunde liegt, mit dem Anpassungsfaktor multipliziert wird. Aus diesem angepassten Jahresarbeitsverdienst wird dann mit der jeweiligen Berechnungsformel (s. oben: Höhe der Witwen-/Witwerrente) die angepasste bzw. dynamisierte Rentenhöhe berechnet.

Zum 01.07.2022 werden die Renten beispielsweise um 5,35 Prozent dynamisiert. Das bedeutet, dass bei der Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes der Faktor 1,0535 zur Anwendung kommt.

Einkommensanrechnung

Sofern die/der Anspruchsberechtigte auf eine Witwen-/Witwerrente noch ein eigenes Einkommen hat, wird dieses auf die Rente angerechnet (§ 65 Abs. 3 SGB VII). Zu der Einkommensanrechnung kommt es allerdings während des Sterbevierteljahres nicht.

Auf die Witwen-/Witwerrente ist das Einkommen anzurechnen, wenn dieses das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt. Sofern waisenrentenberechtigte Kinder von Witwen/Witwern erzogen werden, erhöht sich das nicht anrechenbare Einkommen um je das 5,6fache des aktuellen Rentenwerts. Die aktuellen Rentenwerte können unter Der aktuelle Rentenwert im Rentenrecht nachgelesen werden. Von dem danach verbleibenden Einkommen (also das Einkommen, das den Freibetrag vom 26,4fachen des aktuellen Rentenwerts, ggf. auch den erhöhten Freibetrag aufgrund der Kinderziehung überschreitet), werden auf die Witwen-/Witwerrente 40 vom Hundert (Prozent) auf die Rente angerechnet.

Ausgeschlossener Rentenanspruch

§ 65 Abs. 6 SGB VII schließt einen Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente aus, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen wurde und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist. Ausnahme hiervon ist, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu erreichen. Mit dieser Rechtsvorschrift möchte der Gesetzgeber einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente ausschließen, wenn es sich um eine Versorgungsehe handelt. Allerdings bleibt hier festzuhalten, dass die Annahme einer Versorgungsehe – also wenn der Tod innerhalb des ersten Ehejahres eingetreten ist – auch widerlegt werden kann.

Abfindung einer Witwen-/Witwerrente

Eine Witwen-/Witwerrente kann auch abgefunden werden. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 80 SGB VII. Danach kann bei der ersten Wiederheirat die Rente mit dem 24fachen Monatsbetrag abgefunden – also als Einmalzahlung – geleistet werden. Sollte es sich um eine kleine Witwen-/Witwerrente handeln, wird die Rentenabfindung um die Anzahl an Kalendermonaten reduziert, für die die Hinterbliebenenrente bereits geleistet wurde.

Eine Rentenabfindung kann nicht geleistet werden, es sich um eine rein kirchliche Trauung handelt. Bei einer Trauung ohne standesamtliche Eheschließung gilt die Witwe bzw. Witwer nicht als wiederverheiratet und kann damit die Rente nicht abgefunden bekommen. Dies bedeutet allerdings auch, dass bei einer rein kirchlichen Trauung auch weiterhin der Anspruch auf die Witwen-/Witwerrente bestehen bleibt.

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