Kein Unfallversicherungsschutz für große Umwege
Mit Urteil vom 26.02.2008 (Az. L 17 U 305/04) entschied das Landessozialgericht Bayern, dass große Umwege einen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ausschließen.
Mit dem Urteil mussten die Richter über einen Fall entscheiden, in dem ein Arbeitnehmer von seiner Arbeitsstätte in Nürnberg nach Hause am 11.05.2001 einen Unfall erlitten hatte. Der Arbeitnehmer war mit dem Motorrad unterwegs und zog sich bei dem Unfall eine Sprungbeinfraktur, eine Außenbandruptur, eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde zu. Aufgrund der Schwere der Verletzung wurde sogar ein stationärer Aufenthalt vom 11.05. bis zum 13.05.2001 erforderlich.
Berufsgenossenschaft lehnte ab
Die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) lehnte es ab, den Unfall vom 11.05.2001 als Wegeunfall im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung zu qualifizieren. Die BG begründete ihre Entscheidung damit, dass sich der Unfall an einem Ort ereignete, der fernab des kürzesten Nachhauseweges lag. Untermauert wurde die Auffassung der BG dadurch, dass der Versicherte am Abend des Unfalls gegenüber einem Polizeibeamten, der eine Vernehmung im Krankenhaus durchführte, mitteilte, dass er sich auf dem Weg zu einen anderen Ort befunden habe.
Die eingelegte Klage vor dem Sozialgericht Nürnberg blieb ohne Erfolg. Mit Urteil vom 15.07.2004 (Az. S 2 U 87/02) gab das Sozialgericht Nürnberg der Berufsgenossenschaft Recht.
Der Versicherte vertrat jedoch weiterhin die Auffassung, dass ein Wegeunfall im Sinne des Siebten Buch Sozialgesetzbuch – SGB VII – vorliegt. Er wählte am 11.05.2001 aus verkehrstechnischen Gründen einen längeren Weg, um Stauungen auf dem kürzesten Weg von seiner Arbeitsstätte nach Hause zu umfahren. Die Aussage gegenüber dem Polizeibeamten revidierte er und begründete diese damit, dass er am Abend des Unfalls noch unter einem Schockzustand stand.
Urteil vom 26.02.2008, Az. L 17 U 305/04
Die Berufung zum Landessozialgericht Bayern blieb für den Kläger auch in der zweiten sozialgerichtlichen Instanz ohne Erfolg. Mit Urteil vom 26.02.2008, Az. L 17 U 305/04 wiesen die Richter die Berufung zurück.
Die Richter führten aus, dass das Zurücklegen des Weges von und nach dem Ort der versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz steht. In dem Urteil wurde zusätzlich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwiesen. Das höchste Sozialgericht entschied mit Urteil vom 10.10.2006, Az. B 2 U 20/05, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem generell versicherten Tätigkeitsbereich und dem konkreten unfallbringenden Verhalten wertend zu ermitteln ist. Das bedeutet, dass untersucht werden muss, ob die jeweilige Verrichtung des Versicherten noch innerhalb der Grenze liegt, bis zu der der gesetzliche Unfallversicherungsschutz reicht. Dabei ist maßgebend, ob noch eine dem Unternehmen, in dem der Versicherte beschäftigt ist, dienende Tätigkeit ausgeübt wird und dies auch durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird.
Zu beachten ist bei der Entscheidungsfindung auch, dass nicht nur der entfernungsmäßig kürzeste Weg gewählt werden muss. So kann auch ein nicht nur unbedeutend längerer Weg gesetzlich unfallversichert sein, wenn der weitere Weg durch objektive Gegebenheiten durch den Versicherten erklärbar ist. So steht auch ein längerer Weg unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, wenn dieser sicherer, besser ausgebaut, weniger zeitaufwändig oder kostengünstiger ist als der (entfernungsmäßig) kürzeste Weg.
Wie das Bayerische Landessozialgericht ermittelte, gab es für den Kläger keinen objektiven Grund, den Umweg zu nehmen, den der tatsächlich gewählt hatte. Auch wenn auf dem kürzesten Weg eine Staugefahr bestand bzw. schon ein Stau vorhanden war, musste er nicht den gewählten Weg nehmen. Hinzu kam, dass er mit dem Motorrad unterwegs war und damit noch leichter einen möglichen Stau überwinden konnte.
Auf den Punkt eines möglichen Schockzustandes mit der Aussage, dass er gar nicht auf dem Weg direkt nach Hause, sondern zu einen anderen Ort unterwegs war, gingen die Richter gar nicht näher ein. Denn es ergibt sich schon alleine aus den Feststellungen der polizeilichen Ermittlungen zur Fahrtrichtung zum Unfallzeitpunkt und zum Unfallort, dass der Kläger aus privatwirtschaftlichen Gründen seinen versicherten Nachhauseweg verlassen hat.
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