Morgendliches Salzstreuen auf dem Weg zur Arbeit unter Versicherungsschutz

Das Bayerische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 11.12.2007 (Az. L 3 U 189/07) entschieden, dass ein Arbeitsunfall auch dann vorliegt, wenn eine Arbeitnehmerin auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle Salz streut.

Klagegegenstand

Eine Sachbearbeiterin begab sich am 03.02.2005 auf den Weg in ihre Arbeit. Jedoch stürzte sie auf dem Teilweg zwischen ihrem Wohnhaus und der Garage, da sie auf einer Eisplatte ausrutschte. Bei dem Sturz auf den Rücken zog sie sich Wirbelkörperbrüche sowohl an der Brustwirbelsäule wie auch an der Lendenwirbelsäule zu.

Der behandelnde Arzt in einer Klinik, in das sie sich in Behandlung begab, vermerkte auf dem Aufnahmebericht, dass die Verletzte auf ihrem eigenen Grundstück beim Salzstreuen ausgerutscht sei und es sich um einen privaten Unfall handelt.

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte aufgrund der Aussage, dass es sich um einen privaten Unfall handelt, die Leistungspflicht ab. Von dieser Meinung war die Berufsgenossenschaft auch nicht mehr abzubringen, als die Verletzte mitteilte, dass der Weg bereits von ihrem Mann gestreut wurde und sie zum Unfallzeitpunkt nicht die Absicht zum Salzstreuen hatte.

Klageverfahren

Aufgrund der ablehnenden Haltung der Berufsgenossenschaft erhob die Verletzte Klage beim Sozialgericht. Dieses ermittelte zusätzlich den Sachverhalt. Neben schriftlichen Zeugenaussagen wurde auch der Ehemann der Verletzten vernommen.

Mit Urteil vom 11.04.2007 (Az. S 8 U 249/05) hat auch das zuständige Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen und sich damit der Auffassung der Berufsgenossenschaft angeschlossen. Nach Ansicht der Richter der ersten sozialgerichtlichen Instanz zeigt sowohl der Aufnahmebericht des erstbehandelnden Arztes wie auch der Durchgangsarztbericht, der einen Tag nach dem Unfall erstellt wurde, also am 04.02.2005, die Glaubwürdigkeit der darin enthaltenen Aussagen, dass es sich um einen privaten Unfall handelt.

Gegen das Sozialgerichtsurteil vom 11.04.2007 legte die Verletzte Berufung beim Landessozialgericht Bayern ein.

Berufungsverfahren

Das Bayerische Landessozialgericht hatte eine andere Auffassung wie die Berufsgenossenschaft und das Sozialgericht Augsburg und bestätigte mit Urteil vom 11.12.2007 (Az. L 3 U 189/07) das Vorliegen eines Wegeunfalles im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Anfechtungs- und Feststellungsklage der Verletzten sahen die Richter als begründet an. Dazu führten sie aus, dass es sich bei Arbeitsunfällen um Unfälle handelt, die sich infolge einer den Versicherungsschutz nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit ereignen. Hierzu ist es im Regelfall erforderlich, dass das Verhalten der Versicherten der versicherten Tätigkeit zugerechnet werden muss. Jedoch merkten die Richter in ihrer Urteilsbegründung auch an, dass die versicherte Tätigkeit mit Gewissheit bewiesen werden muss, damit ein Arbeitsunfall anerkannt werden kann.

Da die Verletzte gegen 07:20 Uhr ihr Haus verlassen hat, spricht bereits der zeitliche Zusammenhang dafür, dass sie sich auf ihren Arbeitsweg begeben hat. Denn sie beginnt gewöhnlich Ihre Arbeitszeit zwischen 07:45 und 08:00 Uhr. Zudem hat der zuständige Senat des LSG Bayern es für glaubhaft gehalten, dass der Ehemann bereits um 06:45 Uhr den Weg mit Streusalz gesalzt hat.

Die Richter konnten sich auch nicht der Auffassung anschließen, dass die Klägerin zuerst in die Garage ging, um das dort gelagerte Streusalz zu holen. Denn sie trug stets ein Speisesalz bei sich, nachdem sie bereits im Dezember 2004 in der Stadt aufgrund eines vereisten Bodens ausgerutscht war.

Auch wenn im Aufnahmebericht des Krankenhauses vom 03.02.2005 und im tags darauf ausgestellten Durchgangsarztbericht vermerkt war, dass es sich bei dem Unfall um einen privaten Unfall handelt, hat das LSG diesen Dokumentationen keinen Beweiswert zugerechnet.

In der Urteilsbegründung merkten die Richter zusätzlich noch an, dass – auch wenn die Klägerin zusätzlich auf dem Arbeitsweg Salz gestreut hätte – ein Wegeunfall anzuerkennen ist. Denn bei solchen gemischten Tätigkeiten, also Verrichtungen die sowohl dem privaten und unversicherten als auch dem betrieblichen und somit versicherten Tätigkeiten zuzurechnen sind, ist ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz dann gegeben, wenn die Verrichtung wesentlich betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt war. In diesem Fall hätte eine gemischte Tätigkeit im Wesentlichen den betrieblichen Interessen gedient. Denn die Verletzte hätte sich auch dann auf dem Arbeitsweg befunden, wenn sie noch Salz gestreut hätte.

Fazit

Sofern sich ein Unfall während einer so genannten gemischten Tätigkeit, also einer Tätigkeit die den privaten als auch den betrieblichen Interessen zuzuordnen ist, kann ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nach dem SGB VII bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn die Verrichtung im Einzelfall im Wesentlichen den betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt ist.

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