Das Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV
Mit § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) wird das Arbeitseinkommen gesetzlich geregelt. Nach dieser Rechtsvorschrift ist das Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht bewertet ist.
Historie
Die Rechtsvorschrift des § 15 SGB IV trat am 01.07.1977 – und damit mit Inkrafttreten des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – in Kraft. Mit dieser Rechtsvorschrift wurde erstmalig das Arbeitseinkommen einheitlich für die Zweige der Sozialversicherung definiert. Bis zum 01.07.1977 gab es keine einheitliche Definition des Arbeitseinkommens für die verschiedenen Sozialversicherungszweige.
Ab dem 01.01.1991 gelten die Vorschriften des § 15 SGB IV auch für die neuen Bundesländer (Rechtskreis Ost).
Für die Zeit bis zum 31.12.1994 wurde das Arbeitseinkommen definiert, dass dieses der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit ist. Ab dem 01.01.1995 wurde § 15 SGB IV durch das „Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung“ (ASRG) dahingehend geändert, dass sich das Arbeitseinkommen vollständig auf den Begriff des Gewinns im steuerrechtlichen Sinne bezieht. Hierdurch wurde eine vollständige Parallelität des Sozialversicherungsrechts mit dem Einkommensteuerrecht hinsichtlich Höhe und Zuordnung des Arbeitseinkommens geschaffen.
Das Arbeitseinkommen
Das Arbeitseinkommen ist der steuerrechtliche Gewinn, welcher aus dem Steuerbescheid entnommen werden kann. Das Einkommensteuerrecht regelt, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu klassifizieren ist. Danach gehören zum Arbeitseinkommen:
- die Einkünfte aus einer selbstständigen Arbeit,
- die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft und
- die Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb.
Für den Bereich der Sozialversicherung ist ein Einkommen dann als Arbeitseinkommen zu werten, wenn dieses als solches nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts bewertet wird.
Die Regelung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, führt dazu, dass manche Einkünfte ggf. als Arbeitseinkommen angesehen werden, obwohl diese zivilrechtlich z. B. durch Vermietung und Verpachtung erzielt werden. Sofern diese Einnahmen im Recht der Einkommensteuer als Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus einem Gewerbebetrieb gewertet werden und damit so auch im Einkommensteuerbescheid erscheinen, handelt es sich auch sozialversicherungsrechtlich um Arbeitseinkommen.
Beispiele
Exemplarisch kann hier das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20.04.2018, Az. L 5 R 256/16 angeführt werden. In diesem Rechtstreit hatte ein Bezieher einer Erwerbsminderungsrente Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Die Einkünfte hieraus führten nicht zu einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen.
Als ein Rinderstall aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt wurde, erschienen die Einnahmen hieraus als Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. In der Folge kam es zu einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen und der Rentenversicherungsträger nahm eine Kürzung der Erwerbsminderungsrente vor.
Das Hessische Landessozialgericht bestätigte, dass als Arbeitseinkommen grundsätzlich der nach dem Einkommensteuerrecht ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit gilt. In diesem Zusammenhang ist auch ohne Bedeutung, ob der Versicherte zur Erzielung der Einkünfte seine eigene Arbeitskraft eingesetzt hat.
In der Praxis kommt die Thematik oftmals auch im Zusammenhang mit Einnahmen aus einer Photovoltaikanlage vor. Diese werden im Regelfall steuerrechtlich als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen, was zu einer Rentenkürzung – z. B. bei einer Altersfrührente – führen kann. In bestimmten Fallkonstellationen können die Photovoltaik-Einnahmen auch als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesehen werden. Betroffene sollten sich diesbezüglich von einem Steuerberater oder dem Finanzamt beraten lassen. Der Rentenversicherungsträger greift hier ausschließlich auf die Feststellungen im Einkommensteuerbescheid zurück, um die Beurteilung der rentenrechtlichen Auswirkungen vorzunehmen.
Maßgebend ist Steuerbescheid
Die Höhe des Arbeitseinkommens wird von den Sozialversicherungsträgern dem Einkommensteuerbescheid entnommen. Das heißt, es findet seitens der Sozialversicherungsträger keine anderslautende Beurteilung statt bzw. wird das im Steuerbescheid ausgewiesene Arbeitseinkommen nicht angezweifelt.
Bedeutung des Arbeitseinkommens
Das Arbeitseinkommen hat in vielen Bereichen der Sozialversicherung Bedeutung. Unter anderem spielt das Arbeitskommen in folgenden Bereichen eine bedeutende Rolle:
- Zur Berechnung der Beitragszahlung für freiwillig Krankenversicherte.
- Zur Berechnung der Beitragszahlung für rentenversicherungspflichtig Selbstständige.
- Für die Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes im Bereich der Gesetzlichen Unfallversicherung (Berechnung der Verletztenrente).
- Für die Prüfung, ob die Hinzuverdienstgrenze bei Altersfrührentner (Altersrentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze) überschritten wird.
- Für die Prüfung, ob die Hinzuverdienstgrenze von Beziehern einer Rente wegen Erwerbsminderung überschritten wird.
Anzumerken ist, dass das Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV keine Bedeutung für die Beurteilung der Einkommensanrechnung bei Hinterbliebenenrenten und der Erziehungsrente hat. Hierfür ist die Rechtsvorschrift des § 97 SGB VI maßgebend!
Rechtsprechung
Bei der Festsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ändern sich nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.12.2014, Az. B 5 RE 12/14 R die Einkommensverhältnisse im Sinne des § 49 SGB X erst mit Erlass des nächsten Einkommensteuerbescheides.