Sind die Sozialversicherungszweige zukunftssicher?

Sicherheit bei Krankheit, Arbeitsunfällen oder wenn eine Stelle gestrichen wird – dank der deutschen Sozialversicherung fallen Menschen in Deutschland nicht ohne Weiteres durchs Raster. Die Idee: Über die verschiedenen Zweige der Sozialversicherung werden Menschen in Notsituationen aufgefangen. Für die Nachkriegsgeneration sind die Sicherungssysteme selbstverständlich geworden. Verlieren Beschäftigte ihren Job, greift ihnen finanziell die Arbeitslosenversicherung unter die Arme. Und wer krank wird, kann einfach zum Arzt gehen. Die Kosten für den Besuch in der Arztpraxis tragen die gesetzlichen Krankenkassen.

Selbst für den Fall der Pflege ist in der Sozialversicherung Platz. Von der Wiege bis zur Bahre sind – so zumindest der erste Eindruck – Menschen in Deutschland abgesichert. In den letzten Jahren hat das Bild von der Sozialversicherung allerdings Risse bekommen. Altersarmut durch eine zu niedrige Rente, Pflegenotstand oder Zuzahlungen für Arzneimittel sorgen für Verunsicherung. Eine Frage taucht immer wieder auf: Sind die einzelnen Zweige der Sozialversicherung überhaupt noch zukunftssicher? Besonders belastend sind die Aussichten, zumindest in den Augen vieler Mitglieder der Sozialversicherung, in der Pflegeversicherung und bei der Rente. Sind die Ängste nachvollziehbar?

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Von der Entstehung der Sozialversicherung

Die Sozialversicherung ist in Deutschland keine moderne Erfindung des späten 20. Jahrhunderts, sondern reicht in ihren Wurzeln sehr weit zurück. Wird die Auslegung sehr eng gefasst, entwickelt sich die Sozialversicherung nach heutigem Verständnis in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Vorsorgesysteme, die einen ähnlichen Charakter haben, gab es allerdings schon wesentlich früher. In Zünften und Gilden – etwa jenen des Bergbaus – war der Fürsorgegedanken bereits verankert.

Erste konkrete Ansätze zur Umsetzung einer allgemeinen Sozialversicherung waren Mitte des 19. Jahrhunderts zu erkennen. Angetrieben von der Industrialisierung entstand eine neue Bevölkerungsschicht – jene der Industriearbeiter. So ermöglichte Preußen 1845 mit einem Gesetz die Gründung von Arbeiter-Krankenkassen. Kommunen konnten zum Beitritt in die Kassen zwingen. Damit wurde bereits der Grundstein für die Versicherungspflicht gelegt.

Als eigentliche Geburtsstunde der Sozialversicherung gilt 1883. Unter Reichskanzler Otto von Bismarck wird als erster Zweig der gesetzlichen Sozialversicherung die Krankenversicherung eingeführt. Später kommen dann:

  • 1884 die Unfallversicherung
  • 1889 die Rentenversicherung

zu den im 19. Jahrhundert eingeführten Sozialversicherungszweigen hinzu. Arbeitslosen- und Pflegeversicherung werden erst im 20. Jahrhundert in das soziale Absicherungsnetz aufgenommen. Die Arbeitslosenversicherung als Teil der Sozialversicherung ist ein Produkt der Weimarer Republik. Als eigenständiger Zweig komplettierte die gesetzliche Pflegeversicherung/Pflegepflichtversicherung 1995 die in Deutschland bereits mehr als 100 Jahre existierende Sozialversicherung.

Sozialversicherung: Immer wieder reformiert

Zwischen den ursprünglichen Rahmenbedingungen der Sozialversicherung und dem heutigen Erscheinungsbild sind erhebliche Unterschiede zu erkennen. Jeder der einzelnen Zweige hat in den zurückliegenden Jahren Reformen und Veränderungen erfahren. So sind beispielsweise Berufskrankheiten erst seit 1925 Gegenstand der Unfallversicherung. Aber auch in der Krankenversicherung hat sich seit deren Entstehung viel geändert – sei es im Leistungsumfang als auch bezüglich des Personenkreises, der sich hier absichern kann.

Reformbedarf entsteht bei den Zweigen der Sozialversicherung immer dann, wenn sich der Rahmen verändert. Beispiel Renteneintrittsalter: Dessen Anhebung auf 67 Jahre ist Ausdruck demografischer Veränderungen. Während die Bevölkerung zunehmend älter wird, sind in der Vergangenheit die Geburtenzahlen zurückgegangen. Diese Entwicklung hat auf ein solidarisch organisiertes Versicherungssystem Auswirkungen.

Beiträge zahlen zwar:

  • Arbeitnehmer
  • Arbeitgeber

gemeinsam. Die Prämien fließen aber nicht auf ein arbeitnehmereigenes Konto, sondern in einen Topf, aus dem sich laufende Leistungen speisen. Weniger Arbeitnehmer heißt, dass höhere Prämien notwendig werden oder Beschäftigte später in Rente gehen können. Und – dies belegen Medienberichte etwa der Tagesschau – die Debatte geht weiter. Das Beispiel zeigt eines sehr deutlich: Soziale Sicherungssysteme, die heute oder gestern dem Zeitgeist entsprachen und ausreichend waren, können bereits morgen überholt sein.

Gute Beispiele sind hier auch weitere staatliche Förder- und Unterstützungsleistungen wie die Wohnungsbauprämie, die Sozialhilfe oder das Wohngeld, auf die unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch besteht. Sie wurden teilweise schon mehrfach reformiert. Trifft dies aktuell auf die Sozialversicherung zu?

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Rentenversicherung - eine Bestandsaufnahme

Finanziell im Alter gut dastehen und sich keine Sorgen mehr machen müssen – die Rente hat genau diese Aufgabe. Seit Beschäftigte immer länger arbeiten müssen und das Rentenniveau gesunken ist, werden die Sorgenfalten tiefer. Generell ist das gesetzliche Rentensystem ein Generationenvertrag. Senioren, welche nach dem 2. Weltkrieg Deutschlands Infrastruktur und Industrie aufgebaut haben, genießen die Früchte ihrer Arbeit – auf Kosten heutiger Arbeitnehmer.

Letztere erwarten das Gleiche von ihren Kindern. Dieses System bringt letztlich die gegenseitige Verantwortung der Generationen füreinander zum Ausdruck. Das Problem: Annahmen, die 1990 oder 2000 für das Verhältnis Beitragszahler und Leistungsempfänger galten, sind inzwischen überholt.

Eckdaten zur Rentenversicherung (Rentenversicherungsbericht 2017):

  • Zahl der Versicherten (insgesamt): 53,8 Millionen
  • Zahl der aktiv Versicherten: 37 Millionen
  • Zahl der Altersrenten: 18,1 Millionen.

Aktiv Versicherte sind in diesem Zusammenhang jene Personen, welche Ansprüche aus der Rentenkasse durch Beitragszahlungen erhalten. Insgesamt hat die Deutsche Rentenversicherung im Berichtsjahr mehr als 286 Milliarden Euro an Einnahmen erzielt, gleichzeitig aber auch über 288 Milliarden Euro – darunter knapp 260 Milliarden Euro für Renten – ausgegeben.

Zum Vergleich das Jahr 2013. Aktiv versichert waren 36,2 Millionen Personen, eingenommen hat die Rentenversicherung mehr als 260,6 Milliarden Euro. Ausgegeben hat die Rentenkasse im gleichen Zeitraum 258,8 Milliarden Euro. An den Zahlen wird deutlich, welche Entwicklung die Rente selbst in einem so kurzen Betrachtungszeitraum durchlebt.

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Die größte Herausforderung für ein auf dem Solidaritätsprinzip und Generationenvertrag basierenden Modell sind Veränderungen bei der Bevölkerungsentwicklung. Bedeutet: Mehr Rentenbezieher oder weniger Beitragszahler setzen die Rentenversicherung unter Druck. Und genau dies passiert seit Jahren.

Was passiert bei der Babyboomer-Problematik?

In Deutschland glich die demografische Entwicklung bis ins 20. Jahrhundert hinein einer Pyramide. An der Basis waren sehr breit aufgestellt die jüngeren Generationen zu finden. Zur Spitze hin schrumpfte die Generation der Senioren. Die Folge: Jeder Rentner wurde durch mehrere Beitragszahler in der Rentenversicherung finanziert. Inzwischen sieht die Situation anders aus. Aufgrund des demografischen Wandels schrumpft die Basis, die Pyramide bekommt einen „Bauch“.

Schuld sind verschiedene Faktoren:

  • Einmal ist der Rückgang bei den Geburten – auch durch Veränderungen im Familienmodell – zu spüren.
  • Auf der anderen Seite werden medizinische Fortschritte spürbar, Menschen in Deutschland werden immer älter.
  • Gleichzeitig ist in den letzten Jahrzehnten das Eintrittsalter in die Altersrente gesunken.

Welche Folgen ergeben sich daraus? Ganz einfach: Zunehmend geht die Zahl der Beitragszahler zurück. Parallel muss sich die Rentenversicherung auf einen Zuwachs bei den Leistungsempfängern einstellen. Bedeutet: Immer weniger Beitragszahler finanzieren steigender Rentenzahlungen. In der Praxis sieht das Ganze so aus, dass 2012 ein Verhältnis Rentner zu Beitragszahler von etwa 1:3 bestand. Für 2050 gehen Zahlen davon aus, dass dieses Verhältnis auf 1:1,5 zusammenschmilzt.

Pflegeversicherung - das zweite Sorgenkind

Auch wenn die Pflegeversicherung mit einer Gründung im Jahr 1995 zu den jüngsten Zweigen der Sozialversicherung gehört, ist es eines der aktuellen Sorgenkinder. Zielsetzung hinter den Gesetzen zur Pflegepflichtversicherung war die steigende Zahl an Personen, welche auf fremde Hilfe im Alter angewiesen sind. Strikt hiervon zu trennen ist die Krankenpflege, welche auf Basis der Krankenversicherung erfolgt.

Grundsätzlich war die Pflegeversicherung so aufgebaut, dass Betroffene einer Pflegestufe zugeteilt wurden. Wie hoch diese war und welche Leistungen basierend auf der Pflegestufe bezogen wurden, ermittelten Sachverständige anhand des Pflegeaufwands in Minuten. Das Problem: Unterschritt die Pflege für eine Person die vorgegebenen Zeiten auch um nur eine Minute, blieb ihnen die höhere Pflegestufe verwehrt. Unterschieden wurde zudem in Sach- und Geldleistungen – sprich Pflegebedürftige konnten entweder das Pflegegeld in Anspruch nehmen und sich beispielsweise von Familienangehörigen pflegen lassen oder Leistungen eines Pflegedienstes abrufen.

Kritik hat dieses System unter anderem aufgrund der Tatsache geerntet, dass beispielsweise Demenz in der Vergangenheit nur unzureichend berücksichtigt werden konnte. Der Grund: Bei Demenz sind Betroffene noch über einen längeren Zeitraum in der Lage, gewisse Tätigkeiten (Essen, Körperhygiene usw.) selbst vorzunehmen – obwohl eine Betreuung (aufgrund der Desorientierung) nötig ist.

Pflegeversicherung: Inhaltliche Verbesserungen, aber steigende Kosten

Reformen haben die Pflegeversicherung in den letzten Jahren verändert. Das System der Pflegegrade hat unter anderem Demenzerkrankungen besser berücksichtigt. Zwar ist Betroffenen und deren Familien damit in gewisser Weise geholfen. Aber: Die Pflegeversicherung ist aufgrund der steigenden Leistungsempfänger unter Druck geraten.

Das Statistische Bundesamt hat für 2015 etwa 2,83 Millionen Pflegebedürftige registriert. Gegenüber dem Jahr 2013 ist dies eine Zunahme von mehr als acht Prozent. Einige Prognosen gehen inzwischen soweit, dass 2050 mit einer Verdopplung der Zahl an Pflegebedürftigen gerechnet wird.

Diese Zahlen sind nicht das einzige Problem. Zur Herausforderung wird die Tatsache, dass die Pflegeversicherung – etwa bei einer Unterbringung im Pflegeheim – nur einen Teil deckt. Gewisse Kosten wie die Verpflegung (als Hotelkosten bezeichnet) fallen aus dem Leistungskatalog. Unterm Strich kann der Pflegeheimplatz mehrere tausend Euro pro Monat kosten. Reichen die Vermögenswerte der Betroffenen nicht aus, um diese Kosten zu decken, nehmen die Sozialkassen unter Umständen deren Nachkommen in direkter Linie in die Pflicht.

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Arbeitslosenversicherung: Lieber nicht in Anspruch nehmen

Besser natürlich, man braucht diese Versicherung nicht. So oder ähnlich sind die Gedanken im Hinblick auf die Arbeitslosenversicherung. Generell hat sie die Aufgabe, Beschäftigte für den Fall der Erwerbslosigkeit zu unterstützen. Heißt im Klartext: Wer ohne eigenes Verschulden seinen Job verliert, erhält über begrenzte Dauer eine Geldleistung. Deren Höhe richtet sich nach dem erzielten Einkommen, die Bezugsdauer richtet sich nach der Beschäftigungszeit und dem Alter der Betroffenen. Grundsätzlich ist ein Bezug zwischen sechs Monaten bis 24 Monaten möglich.

Voraussetzungen, um einen Anspruch auf die Leistungen der Versicherung (Arbeitslosengeld I) zu haben, sind:

  • Selbst unverschuldete Arbeitslosigkeit
  • Rechtzeitige Arbeitslosmeldung
  • Arbeitssuchendmeldung.

Hinzu kommen Anwartschaftszeiten, welche von Beschäftigten zu erfüllen sind. Aber: Selbst, wenn die Erfordernisse erfüllt sind, kann die Leistung verweigert werden. Sperrfristen gelten, wenn zum Beispiel der Arbeitnehmer selbst kündigt oder aufgrund eines Verstoßes gegen den Arbeitsvertrag gekündigt wurde.

Achtung: Das Arbeitslosengeld (ALG I) basiert auf dem 3. Buch Sozialgesetzbuch und ist von ALG II – besser als Harz IV bekannt – zu unterscheiden. Letzteres wird unabhängig von bereits zurückliegenden Bezugszeiten gewährt. Die Höhe richtet sich nach zentral festgelegten Regelsätzen.

Herausforderungen der Arbeitslosenversicherung

In der Arbeitslosenversicherung hängt die Höhe der ausgezahlten Leistungen wesentlich davon ab, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt. Eine in den zurückliegenden Jahren stabile Konjunktur mit hoher Beschäftigungsquote sorgt derzeit nicht nur für Entspannung bei den Leistungsausgaben. Durch die Tatsache, dass jeder Arbeitnehmer Beiträge in die Kassen der Versicherung einzahlt, geraten die Finanzen nicht so stark unter Druck. Aber: Eine Belastung stellen nach wie vor erwerbsfähige Personen dar, die bereits über Jahren keinen Job mehr haben. Langzeitarbeitslose werden mitunter von Weiterbildung zu Weiterbildung weitergereicht – was die Kosten nach oben treibt.

Auf der anderen Seite würde natürlich ein Umschwenken der Konjunktur zur Herausforderung. Dellen – etwa durch den Wegfall von Saisonarbeit – sind vielleicht nur temporär. Bricht die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse allerdings dauerhaft ein, etwa, weil die globale Konjunktur sich abkühlt, entstehen auch für die Arbeitslosenversicherung und deren Organe schnell neue Herausforderungen.

Krankenversicherung: Zwei-Klassen-Medizin

Die für viele im Alltag wahrscheinlich wichtigste Sozialversicherung ist die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Sobald sich eine Erkältung breitmacht oder es in den Knien schmerzt, springt sie ein. In Deutschland ist die gesetzliche Krankenversicherung allerdings nur eine Seite der Medaille. Geregelt über das 5. Buch Sozialgesetzbuch, umfasst deren Mitgliederkreis im Wesentlichen:

  • Arbeitnehmer
  • Studenten
  • Rentner
  • Kinder und Schüler.

Beamte sowie Richter und Soldaten oder Selbständige fehlen hier aus gutem Grund: Die GKV basiert in ihren Grundlagen auf einem Solidaritätsprinzip. Beitragspflichtige Mitglieder zahlen eine Prämie, deren Höhe einem gewissen Prozentsatz des Einkommens entspricht.

Mit welchen Problemen wird die Krankenversicherung konfrontiert? Zu den wichtigen Herausforderungen gehört die medizinische Inflation. Dahinter werden immer weiter steigenden Kosten im Gesundheitswesen verstanden. Durch komplexere Apparate oder moderne Operationstechniken steigen die Leistungsausgaben in der Krankenversicherung. Aufgrund dieser Entwicklung ist in den vergangenen Jahren immer wieder versucht wurden, den Rotstift anzusetzen.

Ein Ergebnis war die (inzwischen abgeschaffte) Praxisgebühr. Aber auch Zuzahlungen für:

  • Arzneimittel
  • Hilfs- und Heilmittel
  • Zahnersatz

sind Zeichen, dass die Krankenkassen unter den steigenden Kosten leiden. Gleichzeitig ist der Zahnersatz ein Beispiel dafür, wie teuer es am Ende für den Patienten werden kann. Hier gilt der befundbezogene Festkostenzuschuss. Gedeckt werden 50 Prozent der Regelversorgung. Jeder Handgriff darüber hinaus geht voll zu Lasten des Patienten.

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GKV: Fehler im System

Die Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung sind in Teilen hausgemacht. Soll heißen: In den gesetzlichen Rahmenbedingungen verstecken sich einige Schwächen, welche in den letzten Jahren immer wieder Anlass für Kritik waren. Was ist dabei im Speziellen gemeint? Auf der einen Seite sehen Kritiker die nach wie vor in Deutschland gelebte Praxis eines geteilten Systems – bestehend aus GKV und PKV (private Krankenversicherung) als überholt an.

Zugang zur PKV hat, wer ein gewisses Einkommen erzielt. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze ist so angelegt, dass sich Besserverdiener einen privaten Schutz (wie auch Selbständige) leisten können. Letztlich fehlen diese „Gutverdiener“ der GKV. Auf der anderen Seite existiert in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragsbemessungsgrenze. Ist diese erreicht, werden höhere Einkommensteile nicht mehr berücksichtigt. Hier erfolgt eine weitere Privilegierung der Besserverdiener.

Hinzu kommt, dass sich Beamte privat in Beihilfetarifen versichern dürfen. Unterm Strich sieht die Situation in Deutschland so aus, dass etwa 10 Prozent der Bevölkerung so aus dem Kreis der gesetzlich Versicherten herausfallen.

Gibt es vielversprechende Reformansätze?

Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung werden finanziert – durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Mit dem Zusatzbeitrag und den Zuzahlungen werden die Beschäftigten aber allein gelassen. Diese Mehrbelastung ist immer wieder Anlass für Kritik. Reformen werden beschworen – und dafür Beispiele aus dem Ausland genannt. Einige europäische Nachbarn haben in der Vergangenheit das System einer zweigeteilten Vollversicherung über den Haufen geworfen und setzen auf eine Art Bürgerversicherung.

Diese erbringen festgelegte Leistungen für alle. Wer als Versicherter mehr will, muss Zusatztarife abschließen. Für Deutschland wird auf lange Sicht damit gerechnet, dass sich GKV und PKV aufeinander zubewegen müssen, um die Probleme lösen zu können. Allerdings gibt es rechtliche Hürden, wie die Verträge mit Privatversicherten.

Und ein Dilemma kann auch die Bürgerversicherung nicht lösen: steigende Kosten. Hier ist der Gesetzgeber in ganz andere Richtungen gefragt. Im direkten Vergleich mit anderen EU-Ländern wird offensichtlich, dass identische Arzneimittel in Deutschland teils wesentlich teurer sind. Diese Differenz löst immer wieder kritische Stimmen und Debatten dahingehend aus, dass das politische Klima in Deutschland nicht doch zu pharmafreundlich ist. Es gab in den letzten Jahren zwar durchaus Verbesserungen in diesem Bereich, jedoch waren diese leider nicht ausreichend.

Fazit: In der Sozialversicherung gibt es Reformbedarf

Sozialversicherungen existieren in Deutschland inzwischen seit über 100 Jahren und haben Wurzeln, die noch deutlich weiter zurückreichen. Für die Menschen ist das soziale Netz bequem geworden und es sorgt dafür, dass man zumindest in Bezug auf bestimmte Grundbedürfnisse nicht völlig ohne Hilfe dasteht. Allerdings wird in einigen Zweigen seit Jahren offensichtlich, dass Reformen angepackt werden müssen. Nur so lassen sich die Kosten im Rahmen halten.

Dabei sind es nicht unbedingt handwerkliche Fehlkonstruktionen, welche den Sozialversicherungen auf die Füße fallen. Es haben sich im 21. Jahrhundert schlicht die Rahmenbedingungen verändert, was insbesondere auf die Bevölkerungsentwicklung zurückzuführen ist. Damit geraten verschiedene Aspekte der sozialen Absicherung unter Druck, die bisher gut funktionierten.

Betroffen sind nicht nur die frühen Zweige der Sozialversicherung. Probleme bei der gesetzlichen Pflegeversicherung untermauern, dass auch sehr junge Bereiche nicht vor dieser Entwicklung geschützt sind. Es bleibt abzuwarten, ob die Politik nötige Reformen entsprechend angeht und letztlich zu zukunftsfähigen Lösungen kommt, ohne dabei den sozialen Frieden aufs Spiel zu setzen.

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