Freiwilliger Wehrdienst und die Sozialversicherung

Seit dem 01.07.2011 besteht die Möglichkeit eines freiwilligen Wehrdienstes. Die bis 30.06.2011 bestehende Wehrpflicht wurde mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 aufgehoben; der Pflicht-Wehrdienst lebt erst dann wieder auf, wenn entsprechend des Grundgesetzes der Spannungs- oder Verteidigungsfall eintritt.

Der freiwillige Wehrdienst ist seit Juli 2011 für Männer und Frauen für die Dauer von bis zu 23 Monaten möglich. Dabei gelten die ersten sechs Monate als Probezeit, innerhalb derer seitens der Bundeswehr und seitens des freiwillig Wehrdienstleistenden der Wehrdienst beendet werden kann. Im Anschluss an die Probezeit kann ein zusätzlicher freiwilliger Wehrdienst für die (weitere) Dauer von 17 Monaten erbracht werden. Stand der freiwillig Wehrdienstleistende in einem Beschäftigungsverhältnis, bleibt dieses für die Dauer des freiwilligen Wehrdienstes weiter bestehen.

Kranken- und Pflegeversicherung

Bei einem freiwilligen Wehrdienst bleibt bei Arbeitnehmern die Mitgliedschaft in der Gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sozialen Pflegeversicherung weiter bestehen. Daran ändert sich auch nichts, weil der Arbeitgeber während des Wehrdienstes kein Arbeitsentgelt weiterzahlen muss. Voraussetzung für das Weiterbestehen der Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung ist jedoch, dass sich der freiwillige Wehrdienst nahtlos an das Beschäftigungsverhältnis anschließt. Liegt zwischen dem Ende der Beschäftigung und dem Beginn des Wehrdienstes ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, ist dies für das Weiterbestehen der Mitgliedschaft unschädlich.

In der Kranken- und Pflegeversicherung ruht für den freiwillig Wehrdienstleistenden der Leistungsanspruch in diesen Sozialversicherungszweigen. Die Betroffenen haben während der Zeit des Wehrdienstes einen Anspruch auf eine unentgeltliche truppenärztliche Versorgung. Allerdings haben die nach § 10 SGB V familienversicherten Angehörigen einen unveränderten Leistungsanspruch gegenüber der Kranken- bzw. Pflegekasse.

Renten- und Arbeitslosenversicherung

Für freiwillig Wehrdienstleistende bleibt die Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehen. Die Beiträge, welche aufgrund der Versicherungspflicht entstehen, werden vom Bund getragen.

Unfallversicherung

In der Gesetzlichen Unfallversicherung besteht während des freiwilligen Wehrdienstes kein Unfallversicherungsschutz. Der Unfallversicherungsschutz ist anderweitig – außerhalb der Gesetzlichen Unfallversicherung – sichergestellt.

Meldepflichten des Arbeitgebers

Nimmt ein Beschäftigter einen freiwilligen Wehrdienst auf, ist vom Arbeitgeber eine Unterbrechungsmeldung zu erstellen (Unterbrechungsmeldungen sind immer dann zu erstellen, wenn eine versicherungspflichtige Beschäftigung mindestens einen vollen Kalendermonat unter Wegfall des Arbeitsentgelts unterbrochen wird).

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer ist bereits einige Jahre bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Das monatliche, beitragspflichtige Arbeitsentgelt beträgt 2.600 Euro. Ab dem 01.06.2012 wird ein freiwilliger Wehrdienst aufgenommen.

Konsequenz:

Der Arbeitgeber hat eine Unterbrechungsmeldung für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.05.2012 zu erstellen. Als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt ist ein Betrag von (5 x 2.600 Euro) 13.000 Euro aufzunehmen. Als Abgabegrund ist „53“ zu verwenden. Abmeldegrund 53 bedeutet: „Unterbrechung wegen gesetzlicher Dienstpflicht“.

Seitens des Arbeitgebers ist auch eine Meldung nach § 204 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch zu erstellen. Dabei handelt es sich um eine (neben der Unterbrechungsmeldung) gesonderte Meldung, welche bei Beginn und bei Ende des freiwilligen Wehrdienstes der Krankenkasse zu melden ist. Diese Meldung gab es bislang auch schon bei der gesetzlichen Wehrpflicht, weshalb es sich hier um keine „neue“ Meldung für die Arbeitgeber handelt.

Wehrübungen

Bei einem freiwilligen Wehrdienst besteht auch die Verpflichtung, im Anschluss daran an Wehrübungen teilzunehmen. Hier ergeben sich keine Änderungen zur Sozialversicherungspflicht wie bei den Wehrübungen im Anschluss an die bis 30.06.2011 bestehende Wehrpflicht. Das heißt, dass in diesen Fällen der Versicherungsschutz in allen Zweigen der Sozialversicherung im Falle einer Wehrübung erhalten bleibt, auch dann, wenn der Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt leistet. Eine Besonderheit gilt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. Hier muss der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weitergewähren; daher bleiben auch diese während des Wehrdienstes weiterhin sozialversicherungspflichtig.

Beschäftigung während und vor Wehrdienst

Handelt es sich um kurzfristige Beschäftigungen, also um Beschäftigungen, welche auf nicht mehr als zwei Monate bzw. 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt sind und das Arbeitsentgelt von 450,00 Euro monatlich übersteigt, sind diese sozialversicherungsfrei. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird.

Wird eine Beschäftigung zwischen dem Ende einer Schul- oder Berufsausbildung und dem Beginn eines freiwilligen Wehrdienstes ausgeübt, liegt Berufsmäßigkeit vor mit der Folge, dass diese der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Dies gilt auch dann, wenn beabsichtigt ist, nach dem freiwilligen Wehrdienst ein Studium aufzunehmen.

Wird hingegen eine Beschäftigung während des freiwilligen Wehrdienstes ausgeübt, liegt keine Berufsmäßigkeit vor mit der Folge, dass Sozialversicherungsfreiheit gegeben ist. Dies gilt auch für kurzfristige Beschäftigungen bei dem bisherigen Arbeitgeber.

Die Minijobs – die geringfügig entlohnten Beschäftigungen – sind generell sozialversicherungsfrei, wenn das Arbeitsentgelt von 520,00 Euro (bis 30.09.2022: 450,00 Euro) monatlich nicht überschritten wird.

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