Beitragspflicht/-freiheit in der Sozialversicherung bei Kapitalbeteiligungen

Mitarbeitern wird von ihren Arbeitgebern oftmals angeboten, sich mit ihrem Kapital am Unternehmen zu beteiligen. Die Vermögensbeteiligung am Unternehmen kann beispielsweise durch stille Beteiligungen, Wandelschuldverschreibungen, Belegschaftsaktien, Stammeinlagen, Genussrechte und Genussscheine oder durch Geschäftsanteile erfolgen.

Die Unternehmen, die eine Kapitalbeteiligung ihrer Mitarbeiter am Unternehmen ermöglichen, verfolgen damit unter anderem die Ziele, dass sich die Mitarbeiter stärker mit dem Unternehmen identifizieren und nachhaltig an ihren Arbeitgeber binden. Zudem werden die finanzielle Stabilität und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verbessert. Mitarbeiter, die sich mit ihrem Kapital am Unternehmen beteiligen, profitieren bzw. partizipieren am wirtschaftlichen Unternehmenserfolg.

Kapitalbeteiligung aus Steuersicht

Im Jahr 2009 wurde mit dem Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz (Gesetz zur steuerlichen Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung), welches auf den 07.03.2009 datiert, die Regelung über die Steuerfreiheit nach § 19a Einkommensteuergesetz (EStG) aufgehoben. Ersetzt wurde die Rechtsvorschrift des § 19a EStG durch § 3 Nr. 39 EStG. In diesem Zuge wurde der Steuerfreibetrag von jährlich 135 Euro auf jährlich 360 Euro erhöht. Die Steuerfreiheit wurde in Abhängigkeit der folgenden Punkte gegeben:

a) Die Vermögensbeteiligung darf nicht auf bestehende oder künftige Ansprüche des Mitarbeiters angerechnet werden und es muss sich um eine freiwillige Leistung des Unternehmens handeln, welche zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen wird.

b) Die Beteiligung am Unternehmen muss allen Arbeitnehmern ermöglicht werden, sofern diese ein Jahr oder länger zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots durch das Unternehmen in einem Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.

Am 08.04.2010 wurde das „Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften“ im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 386) bekannt gegeben. Mit diesem Gesetz wurde rückwirkend zum 02.04.2009 die o. g. Einschränkung des Punktes a aufgehoben. Das hat zur Folge, dass auch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, die durch Entgeltumwandlung finanziert werden, steuerbegünstigt sind. Die relevante Rechtslage, welche bis zum Jahr 2008 gegolten hat, wurde damit wieder hergestellt.

Kapitalbeteiligung aus Sicht der Sozialversicherung

Die beschriebene Steuerfreiheit hat nicht generell auch in der Sozialversicherung eine Beitragsfreiheit zur Folge. So besteht in der Sozialversicherung in Entgeltumwandlungsfällen keine Beitragsfreiheit und damit eine andere Regelung als im Steuerrecht. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) sind dem Arbeitsentgelt nach § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV – nur solche lohnsteuerfreien Zuwendungen des Arbeitgebers nicht zuzuordnen, welche zu den Löhnen und Gehältern zusätzlich gewährt werden. Die Zuwendungen – hier die Kapitalbeteiligungen – dürfen, um in der Sozialversicherung nicht der Beitragspflicht unterworfen zu werden, nicht an die Stelle des arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geschuldeten Arbeitsentgelts treten. Irrelevant ist diesbezüglich, ob es sich um Entgeltansprüche auf laufendes oder auf einmalig gezahltes Entgelt handelt.

Beispiele

Die unten stehenden Beispiele sollen die Steuerpflicht/-freiheit bzw. Beitragspflicht/-freiheit im Sinne der Sozialversicherung bei Kapitalbeteiligungen von Mitarbeitern am Unternehmen verdeutlichen.

Beispiel 1:

Einem Arbeitnehmer werden vom Unternehmen 10 Aktien zu einem aktuellen Kurswert von 60 Euro je Aktie überlassen. Dabei handelt es sich seitens des Unternehmens um eine freiwillige zusätzliche Leistung, welche nicht anstelle bzw. als Ersatz von arbeitsvertraglich oder tariflich geschuldetem Entgelt gewährt wird.

Folge:

Der Arbeitnehmer erhält einen geldwerten Vorteil von (10 Aktien x 60 Euro) 600 Euro. Von diesem Betrag ist der Freibetrag von 360 Euro abzuziehen, sodass sich ein steuerpflichtiges Entgelt von (600 Euro – 360 Euro) 240 Euro ergibt. Da die Aktien als zusätzliche Leistung des Arbeitgebers abgegeben werden, sind auch in der Sozialversicherung 240 Euro beitragspflichtig.

Beispiel 2:

Ein Arbeitnehmer verwendet jährlich 400 Euro seines Weihnachtsgeldes für eine Kapitalbeteiligung am Unternehmen, in dem er beschäftigt ist. Das Unternehmen honoriert diese Kapitalbeteiligung und stockt die Vermögensbeteiligung durch einen Zuschuss von 80 Prozent (in diesem Fall 400 Euro x 80 Prozent = 320 Euro) auf.

Folge:

Bei dem Zuschuss des Arbeitgebers von 320 Euro handelt es sich um eine zusätzliche Leistung, die zum arbeitsvertraglich oder tariflich geschuldeten Arbeitsentgelt gewährt wird. Daher ist diese zusätzliche Leistung bis zu einem Betrag von 360 Euro lohnsteuerfrei und beitragsfrei in der Sozialversicherung. Der Betrag von 360 Euro wird in diesem Fall nicht überschritten, sodass auf den vollen Zuschuss von 320 Euro weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind.

Beispiel 3:

Den Mitarbeitern eines Unternehmens werden Aktien zu einem Vorzugspreis von 30 Euro je Stück angeboten. Die Aktien werden mit 50 Euro je Stück an der Börse gehandelt. Ein Mitarbeiter macht von diesem Angebot Gebrauch und erwirbt 30 Aktien und verwendet zur Finanzierung teilweise seine vertraglich zustehende Weihnachtsgratifikation.

Folge:

In diesem Fall handelt es sich um eine Entgeltumwandlung. Seitens des Arbeitgebers/Unternehmens muss der lohnsteuerpflichtige Betrag ermittelt werden. Hierzu ist der Betrag der Entgeltumwandlung zu errechnen. Dieser beträgt (30 Aktien x 30 Euro) 900 Euro. Zu diesem Betrag ist der geldwerte Vorteil von (30 Aktien x 20 Euro) 600 Euro zu addieren, sodass sich eine Summe von 1.500 Euro ergibt. Von dieser Summe sind 360 Euro lohnsteuerfrei. Als lohnsteuerpflichtiges Entgelt ergibt sich damit ein Betrag von (1.500 Euro – 360 Euro) 1.140 Euro.

In der Sozialversicherung besteht keine Beitragsfreiheit aufgrund der Entgeltumwandlung. Sowohl der verwendete Teil der Weihnachtsgratifikation als auch der geldwerte Vorteil unterliegt der Beitragspflicht in der Sozialversicherung, in diesem Fall also ein Betrag von 1.500 Euro.