Auszubildende sind voll sozial- und beitragspflichtig
Mit Beschluss vom 10.06.2008 (Az. L 4 KR 6527/06) entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg, dass Auszubildende voll sozial- und beitragspflichtig sind. Auszubildende können nach dem Beschluss nicht mit geringfügig Beschäftigten gleichgestellt werden, ebenso ist die Anwendung der Gleitzonenregelung nicht möglich.
Der Klagefall
Eine Auszubildende klagte, um in ihrem ersten Ausbildungsjahr wie eine geringfügig Beschäftigte behandelt zu werden, da ihre Ausbildungsvergütung von monatlich 396,00 € im ersten Ausbildungsjahr die Geringfügigkeitsgrenze (monatlich 400,00 €) nicht überschritt. Ebenfalls wollte die Auszubildende, die für das Friseurhandwerk ausgebildet wurde, dass bei ihr die Gleitzonenregelung angewandt wird, da ihre Ausbildungsvergütung im zweiten Ausbildungsjahr 420,00 € und im dritten Ausbildungsjahr 520,00 € betrug.
Die gesetzlichen Vorschriften schließen jedoch eine geringfügige Beschäftigung und die Anwendung der Gleitzonenregelung aus, wenn es sich um Auszubildende handelt.
Da die Auszubildende in der gesetzlichen Regelung eine Ungleichbehandlung sah, verfolgte sie ihre Auffassung im sozialgerichtlichen Klageverfahren. Nachdem das Sozialgericht Freiburg mit Urteil vom 30.11.2006 (Az. S 11 KR 2469/06) die Auffassung der Krankenkasse bestätigt hatte, legte die Klägerin Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg ein.
Landessozialgericht Baden-Württemberg
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wies mit Beschluss vom 10.06.2008 (Az. L 4 KR 6527/06) die Berufung als unbegründet zurück. Mit dieser Entscheidung wurde die Auffassung der beklagten Krankenkasse und des Sozialgerichts Freiburg bestätigt.
Wie das Landessozialgericht (LSG) ausführte, sind die gesetzlichen Vorschriften, die das Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung beschreiben, für eine Auszubildende ebenso wenig anwendbar wie die Gleitzonenregelung. Auch ein Verstoß gegen Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (Gleichbehandlungsgrundsatz) wurde durch das LSG nicht gesehen.
Wie dem Beschluss vom 10.06.2008 zu entnehmen ist, vertritt das LSG die Auffassung, dass ein Auszubildender nicht mit einem geringfügig Beschäftigten vergleichbar ist. Denn die Ausbildungsvergütung bzw. die Höhe der Ausbildungsvergütung hat keinen Einfluss auf die Sozialversicherungspflicht.
Dass die gesetzlichen Regelungen nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem Grundgesetz verstoßen, begründete das LSG damit, dass dies nur dann der Fall wäre, wenn für die Ungleichbehandlung kein rechtfertigender Grund vorliegt. Für die Ungleichbehandlung liegt allerdings ein entsprechender Grund vor. Denn Auszubildende sind in einem Betrieb eingegliedert, um für einen Beruf ausgebildet zu werden. Deshalb entspricht die Arbeitsleistung eines Auszubildenden auch nicht der Arbeitsleistung eines bereits ausgebildeten Arbeitnehmers. Ein Beschäftigter, der lediglich die Geringfügigkeitsgrenze mit seinem Arbeitsentgelt unterschreitet, erbringt im Gegensatz zu einem Auszubildenden eine Arbeit mit einem entsprechenden Marktwert.
Mit dem sozialversicherungsrechtlichen Schutzbedürfnis der zwei Personengruppen, also der Auszubildenden und der geringfügig Beschäftigten, liegt ein weiterer Unterschied vor. Ein geringfügig Beschäftigter hat in der Regel noch weitere Einkünfte und ein weiteres Beschäftigungsverhältnis. Ein Auszubildender hingegen übt seine Beschäftigung bzw. Ausbildung in „Vollzeit“ aus und hat regelmäßig keine weiteren Einnahmen als die Ausbildungsvergütung. Daher ergibt sich die Notwendigkeit der Sozialversicherungspflicht.
Fazit
Die Sozialversicherung- und Beitragspflicht für Auszubildende verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und ist daher verfassungsgemäß. Für einen Auszubildenden können daher weder die Regelungen einer geringfügigen Beschäftigung noch die Gleitzonenregelung angewandt werden.
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