Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Nebenbeschäftigungen von Beamten
Bei Beamten gelten bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung im Vergleich zu Beschäftigten Sonderregelungen. Beamte unterliegen in der Beamtentätigkeit nicht der Versicherungs- und damit auch nicht der Beitragspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung.
In der Praxis kommt es vor, dass Beamte eine Nebenbeschäftigung ausüben. In diesem Zusammenhang sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) Besonderheiten zu beachten.
Kranken- und Pflegeversicherung
Wird eine Nebenbeschäftigung (gegen Arbeitsentgelt) ausgeübt, welche mehr als geringfügig ist, ist diese Beschäftigung grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auch krankenversicherungspflichtig. Allerdings wird diese Krankenversicherungspflicht durch die Rechtsvorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wieder von der Versicherungspflicht ausgenommen. Das heißt, dass die Beschäftigung in der Krankenversicherung versicherungsfrei ist, solange im Krankheitsfall ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge besteht. Insoweit erstreckt sich die Krankenversicherungsfreiheit aufgrund der Beamtentätigkeit auch auf die Nebenbeschäftigung.
Da die Versicherungspflicht bzw. -freiheit in der Pflegeversicherung grundsätzlich der Regelung in der Krankenversicherung folgt, besteht für einen Beamten in der Nebentätigkeit auch Versicherungs- und damit Beitragsfreiheit im Zweig der Sozialen Pflegeversicherung.
Rentenversicherung
Im Zweig der Gesetzlichen Rentenversicherung besteht in einer (mehr als geringfügigen) Beschäftigung für einen Beamten Versicherungs- und damit auch eine Beitragspflicht. Die Versicherungspflicht ergibt sich aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die Rentenversicherungsfreiheit, welche in § 5 SGB VI geregelt ist, erstreckt sich lediglich auf die Beschäftigung als Beamter, nicht jedoch auf eine versicherungspflichtige Nebentätigkeit. Insoweit kann in dieser Konstellation von einem Beamten mit einer Nebentätigkeit ein Rentenanspruch in der Gesetzlichen Rentenversicherung aufgebaut werden.
Eine Ausnahme, dass eine mehr als geringfügige Nebenbeschäftigung von Beamten nicht rentenversicherungspflichtig ist, kann sich durch die Regelung in § 5 Abs. 1 SGB VI ergeben, wonach sich die Rentenversicherungsfreiheit von Beamten und Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst auch auf weitere Beschäftigungen erstreckt, auf die sich die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird. Erstreckt der Dienstherr des Beamten also die Gewährleistung der Versorgungsanwartschaften aus dem Beamtenverhältnis auf weitere Tätigkeiten, ist auch die Nebenbeschäftigung rentenversicherungsfrei.
Arbeitslosenversicherung
In der Arbeitslosenversicherung gilt – wie in der Gesetzlichen Rentenversicherung – die Regelung, dass eine Nebentätigkeit eines Beamten der Versicherungspflicht unterworfen wird. Das heißt, dass ein Beamter bei einer mehr als geringfügigen Beschäftigung in dieser Beschäftigung arbeitslosenversicherungspflichtig ist und damit auch Beiträge in diesem Sozialversicherungszweig abzuführen sind.
Besonderheit geringfügige/kurzfristige Beschäftigung
Auch bei geringfügigen Beschäftigungen gibt es Besonderheiten, die bei einer Nebenbeschäftigung von Beamten berücksichtigt werden müssen.
Eine geringfügige Beschäftigung liegt seit Oktober 2022 dann vor, wenn das monatliche Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung 520,00 Euro nicht überschreitet; bis September 2023 lag diese Entgeltgrenze bei 450,00 Euro.
Liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, fallen hier grundsätzlich Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung an. Die Pauschalbeiträge zur Rentenversicherung entstehen allerdings nur dann, wenn der Arbeitnehmer sich gegen die grundsätzlich bestehende Rentenversicherungspflicht entscheidet (also von der sogenannten Opt-out-Option Gebrauch macht). Die Pauschalbeiträge betragen, wenn diese zu entrichten sind, in der Krankenversicherung 13 Prozent und in der Rentenversicherung 15 Prozent bzw. bei einer Beschäftigung in Privathaushalten 5 Prozent.
Bei Beamten in der Nebenbeschäftigung fallen in der Krankenversicherung die Pauschalbeiträge dann an, wenn der Beamte gesetzlich krankenversichert ist. In der Praxis sind Beamte meist privat krankenversichert. Im Falle einer Krankenversicherungsschutzes in der PKV fallen keine Pauschalbeiträge zur GKV in der Nebenbeschäftigung an.
Sollte sich ein Beamter in der Nebenbeschäftigung von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, also von der Opt-out-Option Gebrauch machen, muss der Arbeitgeber den Pauschalbeitrag von 15 Prozent bzw. 5 Prozent entrichten. Sollte von der Opt-out-Option hingegen kein Gebrauch gemacht werden, sind die Rentenversicherungsbeiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. In diesem Fall trägt der Arbeitgeber, bei dem die Nebenbeschäftigung ausgeübt wird, 15 Prozent und Arbeitnehmer 3,6 Prozent.
Die Betroffenen sollten sich, bevor von der Opt-out-Option Gebrauch gemacht wird, beraten lassen. Wenn ggf. bereits rentenrechtliche Zeiten in der Gesetzlichen Rentenversicherung vorhanden sind (z. B. aufgrund einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung vor dem Beamtenverhältnis oder aufgrund einer ehrenamtlichen/nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen – s. hierzu auch: Rentenversicherungspflicht von Pflegepersonen – können ggf. durch die Pflichtzeiten aus der geringfügigen Nebenbeschäftigung erforderliche Wartezeiten erfüllt werden, die für die Realisierung eines Rentenanspruchs erforderlich sind.
Eine kurzfristige Beschäftigung liegt dann vor, wenn in der Beschäftigung das Arbeitsentgelt die Grenze einer geringfügigen Beschäftigung überschreitet (also mehr als 520,00 Euro monatlich beträgt), aber eine bestimmte Zeitgrenze nicht überschritten wird. Die Zeitgrenze liegt bei drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr. Zudem darf die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt werden. Die kurzfristige Beschäftigung ist dann sozialversicherungsfrei. Eine Nebenbeschäftigung eines Beamten wird nicht als berufsmäßig angesehen. Damit sind Nebenbeschäftigungen von Beamten sozialversicherungsfrei, wenn die Zeitgrenzen einer kurzfristigen Beschäftigung nicht überschritten werden.