Die Verzinsung von Geldleistungen nach § 44 SGB I

Mit § 44 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wird die Verzinsung von Geldleistungen in der Sozialversicherung geregelt. Nach dieser Rechtsvorschrift sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Die Verzinsung beginnt jedoch frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger.

Die Höhe des Zinssatzes wurde mit § 44 Abs. 1 SGB I mit vier vom Hundert – also mit vier Prozent – festgesetzt.

Verzinst werden Geldleistungen

Von der Verzinsung nach § 44 SGB I werden alle Geldleistungen eingeschlossen. Daher werden von der Verzinsung sowohl die einmaligen Geldleistungen (z. B. Abfindung einer Rente) als auch die laufenden Geldleistungen (z. B. Rentenleistungen, Kranken- und Übergangsgeldzahlungen) erfasst.

Sachleistungen werden von der Verzinsung nicht erfasst. Wird jedoch die Sachleistung durch die Gewährung einer Geldleistung erbracht, greift auch in diesem Fall die Verzinsungsregelung des § 44 SGB I.

Verzinst werden ausschließlich die Geldleistungen. Aufgelaufene Zinsansprüche nach § 44 SGB I werden nicht gesondert verzinst. Das Sozialversicherungsrecht sieht damit keine Gewährung von Zinseszinsen vor.

Verzinsungsanspruch

Die Verzinsung muss der zuständige Sozialleistungsträger von Amts wegen prüfen. Es ist seitens des Leistungsberechtigten daher kein gesonderter Antrag zu stellen, damit der Verzinsungsanspruch berechnet und ausbezahlt wird. (vgl. hierzu auch Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22.03.2010, Az. L 2 R 69/10).

Damit die Verzinsung gewährt wird, ist auch kein eventuelles Verschulden für die verspätete Auszahlung der Geldleistung zu prüfen. Ist der gesetzlich vorgegebene Zeitraum von sechs Monaten abgelaufen, führt dieser Zeitablauf zum Anspruch auf die Verzinsung der Geldleistung.

Beginn der Verzinsung

Bezüglich des Beginns der Verzinsung sind zwei Fristen relevant. Grundsätzlich beginnt die Verzinsung einen Kalendermonat nach Eintritt der Fälligkeit der Geldleistung. Daneben müssen seit Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger sechs Kalendermonate abgelaufen sein.

Für den Beginn der Verzinsung ist von den beiden genannten Fristen die später ablaufende Frist maßgeblich.

Ein-Monatsfrist

Sofern eine Geldleistung an einem Monatsersten fällig geworden ist, beginnt die Frist mit dem Kalendermonat der Fälligkeit. Wird die Geldleistung ab dem zweiten oder einem folgenden Tag des Monats fällig, beginnt die Frist von einem Kalendermonat nach Ablauf des Kalendermonats.

Beispiel:

Eine Geldleistung ist am 01.05. fällig.

Konsequenz:

Die Ein-Monatsfrist verläuft vom 01.05. bis 31.05. Die Frist endet damit am 31.05.

Sofern für eine Geldleistungsantrag kein Leistungsantrag erforderlich ist, beginnt die Verzinsung frühestens einen Kalendermonat nach Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung über die Leistung bekanntgegeben wurde. Als Beispiel, wann eine Geldleistung ohne Leistungsantrag fällig wird, sind die Überführung einer kleinen Witwen-/Witwerrente in die große Witwen-/Witwerrente zu nennen.

Sechs-Monatsfrist

Die Sechs-Monatsfrist beginnt nach § 44 Abs. 2 SGB I nach Ablauf des Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags. Die Frist endet am letzten Tag des sechsten Kalendermonats nach dem Kalendermonat, in dem der Leistungsantrag eingegangen ist.

Sofern zwar ein Leistungsantrag gestellt wurde, dem Leistungsträger jedoch maßgebliche Unterlagen nicht vorgelegt werden, ist der Leistungsantrag im Sinne des § 44 SGB I erst dann vollständig, wenn die fehlenden Unterlagen nachgereicht werden. Die Zeit der Verzögerung – also der Zeitraum von der Antragstellung mit dem unvollständigen Leistungsantrag bis zum Eingang des vollständigen Leistungsantrags – wird daher in die sechs Monatsfrist nicht eingerechnet. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn mit einem Antragsformular, welches der Leistungsträger für die Antragstellung bereithält, Unterlagen angefordert werden, diese jedoch vom Antragsteller nicht beigefügt werden, obwohl ihm diese vorliegen. Gleiches gilt, wenn die erforderliche Unterschrift erst später nachgereicht wird oder bislang unbeantwortete Fragen erst zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden.

Beispiel:

Der Leistungsantrag geht am 15.01. beim zuständigen Leistungsträger ein.

Konsequenz:

Die Sechs-Monatsfrist verläuft vom 01.02. bis 31.07.

Ende der Verzinsung

Die Verzinsung nach § 44 SGB I endet mit Ablauf des Kalendermonats, der dem Monat vorhergeht, in dem die Geldleistung ausgezahlt wurde. Als Tag der Auszahlung gilt der Tag, an dem der Leistungsberechtigte über die Geldleistung verfügen konnte.

Beispiel:

Eine Geldleistung ist bereits seit Februar zu verzinsen. Der zuständige Leistungsträger zahlt die Geldleistung am 28.06. aus. An diesem Tag konnte der Leistungsberechtigte bereits über das Geld verfügen.

Konsequenz:

Die Verzinsung der Geldleistung endet am 31.05.

Berechnung der Verzinsung

Mit § 44 Abs. 3 SGB I wird geregelt, dass volle Euro-Beträge zu verzinsen sind. Das bedeutet, dass Cent-Beträge bei der Verzinsung unberücksichtigt bleiben. Dem Kalendermonat werden dreißig Tage zugrunde gelegt.

Die Verzinsung ist für jeden Monat gesondert auszurechnen, da sich mit jedem Monat des Verzinsungsanspruchs die zu verzinsende Summe (also der Leistungsbetrag der Geldleistung) erhöht.

Beispiel:

Ein Leistungsberechtigter hat einen Anspruch auf eine Rente in Höhe von 1.500 Euro. Der Anspruch auf die Rente besteht ab dem 01.02. Der vollständige Leistungsantrag liegt bereits im Januar dem zuständigen Rentenversicherungsträger vor.

Aufgrund einer Verzögerung in der Sachbearbeitung beim Rentenversicherungsträger wird die Rente erst am 15.10. – rückwirkend für die Zeit ab Februar – angewiesen.

Berechnung:

Die Verzinsung beginnt in diesem Fall ab August, also nach sechs Monaten ab Anspruchsbeginn. Die Sechs-Monatsfrist verläuft in diesem Fall von Februar bis Juli. Die Verzinsung endet am 30.09., da die Rente am 15. Oktober angewiesen wird.

Monat Betrag Zinsen
August 6 Monate (Februar bis Juli) x 1.500 Euro = 9.000 Euro 9.000 Euro x 4% /360 x 30 = 30,00 Euro
September 7 Monate (Februar bis August) x 1.500 Euro =10.500 Euro 10.500 Euro x 4% /360 x 30 = 30,00 Euro = 35,00 Euro
Gesamt 65,00 Euro

Der Leistungsberechtigte hat aufgrund der verspäteten Auszahlung der Rente neben der Rentenleistung selbst auch noch eine Verzinsungsanspruch nach § 44 SGB I in Höhe von 65,00 Euro.

Sollte der Leistungsberechtigte im Vorfeld einen Vorschuss oder eine vorläufige Leistung erhalten haben, wird dieser Vorschuss bzw. diese vorläufige Leistung beim zu verzinsenden Betrag in Abzug gebracht. Das heißt, dass der Betrag des gezahlten Vorschusses bzw. der geleisteten vorläufige Leistung nicht verzinst wird. Es kann daher nur der Differenzbetrag, welcher für die Nachzahlung errechnet wird, bei der Berechnung der Verzinsung nach § 44 SGB I herangezogen werden.

Ebenfalls werden keine Geldleistungen verzinst, auf die ein anderer Leistungsträger einen Erstattungsanspruch angemeldet hat. Kommt es beispielsweise rückwirkend zu einer Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente und hat die zuständige Krankenkasse hierauf einen vollen Erstattungsanspruch, da diese bereits für diesen Zeitraum Krankengeld geleistet hat, kann sich kein Verzinsungsanspruch ergeben.

Tod des Berechtigten

Verstirbt der Berechtigte, der einen Anspruch auf die Verzinsung hat, gehen nicht gewährte Verzinsungszahlungen auf die Rechtsnachfolger (Sonderrechtsnachfolger nach § 56 SGB I bzw. Erben nach § 58 SGB I) über.

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