Folgen, wenn Mitwirkungspflichten nachgeholt werden

Im Sozialversicherungsrecht werden Leistungsberechtigten Mitwirkungspflichten auferlegt, denen unter bestimmten Grenzen nachgekommen werden muss. Sollte diesen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen werden, kann der Leistungsträger die Leistungen ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

Mit der gesetzlichen Vorschrift des § 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wird geregelt, welche Folgen sich ergeben, wenn nach einer versagten oder entzogenen Leistung die Mitwirkungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird.

Mit § 67 SGB I wird bestimmt, dass der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen kann, wenn die Mitwirkung nachgeholt wird und auch die Leistungsvoraussetzungen vorliegen.

Für die Nachholung der Mitwirkung entsprechend § 67 SGB I muss die Mitwirkung auch tatsächlich erfolgt sein. Es ist nicht ausreichend, wenn der Leistungsberechtigte nur seine Bereitschaft zur Mitwirkung erklärt.

Eine Nachholung der Mitwirkungspflicht muss nicht zwingend vom Leistungsberechtigten selbst erfolgen. Fordert der Leistungsträger beispielsweise die Angabe von Tatsachen und Beweismittel an, wird der Mitwirkungspflicht auch dann nachgekommen, wenn ein Dritter diese Auskünfte erteilt oder Beweismittel vorlegt. Ebenfalls wird eine Mitwirkung als „nachgeholt“ im Sinne des § 67 SGB I angesehen, wenn sich die Mitwirkung auf andere Art und Weise erledigt. Dies kann beispielsweise dann der Fall, wenn der Leistungsträger angeforderte Tatsachen und Beweismittel anderweitig erhält.

Eine persönliche Obliegenheit, beispielsweise das Unterziehen einer Behandlung oder die Teilnahme an einer Heilbehandlung, muss hingegen vom Leistungsberechtigten selbst erfolgen.

Ermessensentscheidung

Wird eine Mitwirkung vom Leistungsberechtigten nach § 67 SGB I nachgeholt, hat dies zur Folge, dass der Leistungsträger das Verwaltungsverfahren wieder aufnehmen muss. Die Aufnahme des Verwaltungsverfahrens muss von Amts wegen seitens des Sozialleistungsträgers erfolgen. Eine gesonderte Antragstellung ist vom Leistungsberechtigten daher nicht erforderlich.

Bei der Rechtsvorschrift des § 67 SGB I handelt es sich um eine Kann-Vorschrift. Das bedeutet, dass der Sozialleistungsträger im Einzelfall sein Ermessen ausüben und prüfen muss, ob die Leistung – sofern die weiteren materiell-rechtlichen Vorschriften der beantragten Leistung vorliegen – auch für die Vergangenheit gewährt wird. Das heißt, dass der Leistungsträger dann über die rückwirkende Zahlung der begehrten Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden muss.

Da der Gesetzgeber mit der Rechtsvorschrift des § 66 SGB I (Folgen der fehlenden Mitwirkung) vorrangig den Leistungsberechtigten motivieren möchte, den gesetzlichen Mitwirkungspflichten nachzukommen, steht nicht der vollständige bzw. endgültige Entzug bzw. Verlust der Leistungsansprüche im Vordergrund. Die Leistungsträger üben daher im Regelfall ihr Ermessen dahingehend aus, die Leistungsansprüche auch rückwirkend nachzuzahlen und den Leistungsberechtigten bei Nachholung der Mitwirkung nicht endgültig für den zurückliegenden Zeitraum zu sanktionieren.

Zeitlich begrenzte Nachzahlung

Kommt der Leistungsberechtigte seinen Mitwirkungspflichten erst zu einem sehr späten Zeitpunkt nach, stellt sich die Frage, über welchen Zeitraum rückwirkend die Leistungen nachgezahlt werden.

Nachdem bei einer nachgeholten Mitwirkung der Bescheid, mit dem die Leistungen aufgrund einer fehlenden Mitwirkung versagt oder entzogen werden, aufgehoben wird, kommt eine Nachzahlung rückwirkend entsprechend § 44 Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Frage. Der Vier-Jahreszeitraum, für den rückwirkend die begehrte Leistung nachgezahlt werden kann, steht auch mit den Verjährungsfristen des § 45 SGB I im Einklang. Damit werden die Leistungsträger die Leistung im Rahmen der vierjährigen Verjährungsfrist nachzahlen. Sollte es sich um die Grundsicherung für Arbeitsuchende handeln, kommt eine rückwirkende Zahlung von einem Jahr entsprechend § 40 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zum Tragen.

Bezüglich des anzuwendenden Rechts vertreten die Rentenversicherungsträger die Auffassung, dass dieses Recht maßgebend ist, welches zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend war, wenn der Leistungsberechtigte seinen Mitwirkungspflichten rechtzeitig nachgekommen wäre.

Keine Verzinsung von nachgezahlten Leistungen

Wird eine Leistung nach einer nachgeholten Mitwirkungspflicht für die Vergangenheit nachgezahlt, scheidet grundsätzlich eine Verzinsung nach § 44 SGB I aus.

Nach § 44 Abs. 2 SGB I beginnt die Verzinsung frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger.

Solange einer erforderlichen Mitwirkungspflicht seitens des Leistungsberechtigten nicht nachgekommen wird, liegt dem Sozialleistungsträger kein vollständiger Leistungsantrag vor. In der Folge beginnt auch die Sechs-Monats-Frist des § 44 SGB I nicht zu laufen, womit auch eine Verzinsung ausscheidet.

Nur in den Fällen, in denen es zu keiner Auszahlung der Geldleistung innerhalb von sechs Monaten nach einer nachgeholten Mitwirkung kommt, kommt eine Verzinsung der Leistung in Betracht.

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