Die Vererbung von Geldleistungen nach § 58 SGB I

Mit der Rechtsvorschrift des § 58 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wird die Vererbung von Geldleistungen von einem Träger der Sozialversicherung, die ein verstorbener Leistungsberechtigter noch nicht ausgezahlt bekommen hat, geregelt.

Nach § 58 SGB I werden fällige Ansprüche auf Geldleistungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vererbt, soweit sie nicht nach §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen. Der Fiskus als gesetzlicher Erbe kann die Ansprüche nicht geltend machen.

Vorrangig ist Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I

Im Sozialversicherungsrecht gibt es mit der Sonderrechtsnachfolge, die in § 56 SGB I geregelt ist, eine spezielle Regelung, welche noch ausstehende Geldleistungen eines verstorbenen Anspruchsberechtigten regelt. Die Sonderrechtsnachfolge erfasst nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung jedoch ausschließlich die laufenden Geldleistungen.

Sollte

  • kein Sonderrechtsnachfolger vorhanden sein,
  • der oder die Rechtsnachfolger einen Verzicht auf die Sonderrechtsnachfolge nach § 57 Abs. 1 SGB I erklärt haben oder
  • es sich um eine einmalige Geldleistung handeln,

können die Geldleistungen nur nach § 58 SGB I vererbt werden.

Allgemeines zur Vererbung von Geldleistungen

Mit § 58 SGB I wird die Vererbung von Geldleistungen geregelt. Es werden damit sowohl die laufenden als auch die einmaligen Geldleistungen erfasst. Laufende Geldleistungen sind beispielsweise die Krankengeld-, Verletztengeld-, Übergangsgeld- und Rentenzahlungen. Einmalige Geldleistungen sind beispielsweise die Erstattung von Beiträgen.

Die Ansprüche auf die nach § 58 SGB I vererbten Ansprüche können die Erben des verstorbenen Leistungsberechtigten und die Nachlasspfleger geltend machen. Die ausstehenden Geldleistungsbeträge kann ein Nachlasspfleger allerdings nur dann geltend machen, wenn andere Erben als der Fiskus ermittelt wurden.

Die Erben

Das Sozialversicherungsrecht definiert nicht gesondert, wer als Erbe – insbesondere nach § 58 SGB I – in Frage kommt. Es wird auf die Vorschriften des BGB Bezug genommen.

Als Erben kommen nach dem BGB sowohl die gesetzlichen Erben als auch die Erben, welche durch Testament bestimmt sind, in Frage. Sollten mehrere Erben vorhanden sein, geht nach § 2032 BGB das Erbe als Ganzes auf die Miterben (Miterben sind die einzelnen Personen einer Erbengemeinschaft) über.

Bei einer Erbengemeinschaft werden die nach § 58 SGB I vererbten Ansprüche auf Geldleistungen zu gleichen Teilen an die einzelnen Miterben ausgezahlt. Eine Auszahlung an nur einen Erben für die gesamten Erbengemeinschaft ist grundsätzlich ausgeschlossen. Dies ist nur dann möglich, wenn die weiteren Miterben einen bestimmten Erben dazu ermächtigen, die komplette Geldleistung in Empfang zu nehmen.

Erben können die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen gegenüber dem Nachlassgericht ausschlagen. Sollten ein oder mehrere Erben von der Ausschlagung des Erbes Gebrauch machen, bleibt dieser als Erbe komplett unberücksichtigt.

Der Nachweis einer Erbberechtigung ist grundsätzlich von den Erben zu führen. Dies erfolgt im Regelfall durch die Vorlage eines Erbscheines beim Sozialversicherungsträger. Sollte das Erbe aufgrund einer Verfügung von Todes wegen eingetreten sein, welche in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, kann anstatt des Erbescheins das Testament und die Niederschrift über die Eröffnung als Nachweis vorgelegt werden.

Wird der Erbschein ausschließlich für die Auszahlung von Sozialleistungen benötigt, entstehen dem Erben bzw. der Erbengemeinschaft aufgrund des Gebührenprivilegs nach § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 107 Kostenordnung (KostO) hierfür grundsätzlich keine Kosten. Diese Privilegierung besteht jedoch nur, wenn der Erbschein ausschließlich für die Geltendmachung von Sozialleistungen benötigt wird (KassKomm/Mutschler, 110. EL Juli 2020, SGB X § 64 Rn. 11). Das heißt, dass dann Kosten anfallen, wenn der Erbschein zu anderen Zwecken beantragt und erteilt wird. Dies gilt nach § 107a KostO auch dann, wenn von dem Erbschein zu einem anderen Zweck Gebrauch gemacht wird; in diesem Fall werden dann die Gebühren nacherhoben.

Daher sollten Sozialversicherungsträger auf die Vorlage eines Erbscheins verzichten, wenn die Nachweisführung der Erbenstellung unzweifelhaft ist. Dahingehend hat sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 08.10.2013, Az. XI ZR 401/12 geäußert, dass – sofern das Erbrecht unproblematisch nachgewiesen werden kann und auch keine berechtigen Zweifel an der Erbenstellung bestehen – auf die Vorlage eines Erbscheins verzichtet werden kann. Über diesen Sachverhalt muss der zuständige Sozialversicherungsträger im Einzelfall entscheiden. Bei zweifelhaften Erbenstellungen und nach Abwägung des Aufwands für die Beantragung eines Erbscheins gegenüber des nach § 58 SGB I vererbten Geldbetrags kann bzw. muss ein Erbschein gefordert werden.

Fiskus kann keine Ansprüche geltend machen

Sollte kein Erbe auf die laufenden Geldleistungen vorhanden sein, kann der Fiskus diese Geldleistungen als Erbe nicht geltend machen. Der Fiskus ist nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 58 SGB I nicht berechtigt.

Mit dieser Regelung, dass der Fiskus keine ausstehenden Leistungsansprüche gegenüber einem Sozialversicherungsträger geltend machen kann, sofern keine Erben vorhanden sind, soll erreicht werden, dass die Gelder beim Sozialversicherungsträger bleiben und damit die Versichertengemeinschaft finanziell nicht belastet wird. Hierzu hat sich bereits das Bundessozialgericht mit Urteil vom 25.11.1982, Az.: 5b RJ 46/81 positioniert und ausgeführt, dass es bei Nichtvorhandensein von Erben außer dem Fiskus weder sinnvoll noch interessengerecht ist, den Geldbetrag der Versichertengemeinschaft vorzuenthalten.

Der Fiskus kommt nach dem Erbrecht zwar als Erbe in Betracht. Diese gesetzliche Regelung wird durch § 58 SGB I nicht aufgehoben. Der Fiskus kann damit auch Erbe der Geldleistungen nach dem gesetzlichen Erbrecht werden; er kann diese nur nicht geltend machen.

Die Regelung, dass der Fiskus die Ansprüche auf Geldleistungen nicht geltend machen kann, sofern keine Erben vorhanden sind, gilt auch dann, wenn ein Testamentsvollstrecker oder ein Nachlasspfleger den zuständigen Sozialversicherungsträger hierzu auffordern sollte.

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