Selbstständige können sich in der GRV pflichtversichern | § 4 Abs. 2 SGB VI
Selbstständige sind in der Gesetzlichen Rentenversicherung unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetzes versicherungspflichtig – s. Rentenversicherungspflicht für Selbstständige. Doch Selbstständige, die nicht bereits kraft Gesetzes rentenversicherungspflichtig werden, haben auch die Möglichkeit, auf eigenen Antrag rentenversicherungspflichtig zu werden. Diese Möglichkeit wurde durch das Rentenreformgesetz vom 16.10.1972 für die Zeit ab Oktober 1972 geschaffen. Die damaligen Rechtsgrundlagen waren § 2 Nr. 11 AVG (Angestelltenversicherungsgesetz) und § 1227 Abs. 1 Nr. 9 Reichsversicherungsordnung (RVO).
Sinn macht eine Rentenversicherungspflicht Selbstständiger unter anderem dann, wenn bestimmte Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente, die eine Versicherungspflicht voraussetzen, erfüllt bzw. erhalten werden sollen. Selbstständige, die nicht kraft Gesetzes versicherungspflichtig sind und sich über eine Antragsversicherung pflichtversichern möchten, sollten sich diesen Schritt im Vorfeld genau überlegen. Die Rentenversicherungspflicht auf Antrag kann nämlich nicht mehr rückgängig gemacht werden, solange die selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.
§ 4 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI
Seit Einführung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI – ist die Möglichkeit einer Pflichtversicherung für Selbstständige auf Antrag in § 4 Abs. 2 SGB VI geregelt. Danach können sich in der Gesetzlichen Rentenversicherung Selbstständige pflichtversichern, die nicht nur vorübergehend selbstständig tätig sind.
Mit dieser Rechtsvorschrift erhält jeder Selbstständige einen Zugang zu einer Rentenversicherungspflicht, der eine gewerbliche oder anderweitige berufliche Tätigkeit ausübt. Die Tätigkeit muss zur Erzielung von Einkommen aus einem Gewerbebetrieb, der Land- und Forstwirtschaft und/oder sonstiger selbstständiger Arbeit ausgeübt werden. Zudem darf keine Rentenversicherungspflicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften bestehen.
Sofern allerdings bereits für die Tätigkeit, für die die Rentenversicherungspflicht beantragt wird, Versicherungsfreiheit vorliegt oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt wurde, besteht keine Möglichkeit einer Antragspflichtversicherung.
Den Antrag können alle Selbstständigen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit stellen, die ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausüben.
Selbstständige Tätigkeit
Als selbstständige Tätigkeit ist im Sinne der Antragspflichtversicherung nur eine Tätigkeit anzusehen, die nicht nur vorübergehend ausgeübt wird. Als vorübergehende selbstständige Tätigkeit wird die Tätigkeit dann angesehen, wenn sie von vornherein auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum befristet ist. Die vorübergehende selbstständige Tätigkeit ist dann zu verneinen, wenn sie zum Zeitpunkt der Antragstellung schon mehr als zwei Monate ausgeübt wurde oder wenn sie zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht innerhalb der nächsten zwei Monate wieder beendet werden soll.
Hat der Rentenversicherungsträger bereits einen Bescheid über die Versicherungspflicht erstellt und stellt sich im Nachhinein heraus, dass die selbstständige Tätigkeit – entgegen der ursprünglichen Annahme – doch nur vorübergehend war, ist die Versicherungspflicht nicht mehr zurückzunehmen. Relevant ist ausschließlich die rechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Antragstellung.
Die selbstständige Tätigkeit kann über verschiedene Dokumente nachgewiesen werden. Insbesondere kommen hier Gewerbeanmeldungen, Eintragungen ins Handelsregister, Gewerbeerlaubnis oder Gesellschaftsverträge zum Tragen. Sofern für die selbstständige Tätigkeit keine amtliche Meldepflicht oder Erlaubnispflicht besteht und auch keine sonstigen urkundlichen Nachweise erbracht werden können, sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. In diesen Fällen kann bereits eine persönliche Erklärung des Betroffenen ausreichend sein, die allerdings zweifelsfrei sein muss.
Fristgerechte Antragstellung
Die Pflichtversicherung in der Rentenversicherung kommt nur auf Antrag zustande. Allerdings ist diese fristgerecht zu beantragen.
Die Frist zur Beantragung der Versicherungspflicht beträgt fünf Jahre nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bzw. nach Beendigung der Rentenversicherungspflicht, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften besteht. Wird die Antragsfrist nicht eingehalten, kann vom Recht einer Versicherungspflicht auf Antrag nicht mehr Gebrauch gemacht werden. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 27 SGB X ist nicht zulässig.
Beginn der Versicherungspflicht
Die Versicherungspflicht auf Antrag beginnt nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI) mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags beim Rentenversicherungsträger folgt, frühestens mit dem Tag, an dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Ende der Versicherungspflicht
Die Antragsversicherungspflicht endet für selbstständig Tätige mit dem Tag, mit dem die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dies ist grundsätzlich der Tag, an dem die selbstständige Tätigkeit beendet wird oder nach anderen Vorschriften Versicherungspflicht für dieselbe Tätigkeit eintritt.
Unterbrechung der Versicherungspflicht
Wenn die selbstständige Tätigkeit nur vorübergehend unterbrochen wird, hat dies grundsätzlich keinen Einfluss auf die Antragspflichtversicherung. Der Rentenversicherungsträger fordert, da eine vorübergehende Nicht-Ausübung nur schwer zu überprüfen ist, das Ruhen des Betriebes.
Wird die selbstständige Tätigkeit nur im geringen Umfang ausgeübt, ist diese versicherungsfrei. Als geringfügig gilt die selbstständige Tätigkeit, wenn das Arbeitseinkommen hieraus monatlich 538 Euro (bis Dezember 2023: 520 Euro) regelmäßig nicht übersteigt. Wird während einer selbstständigen Tätigkeit diese Geringfügigkeitsgrenze, die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI i. V. m. § 8 Abs. 3 Satz 1 SGB IV geregelt ist, vorübergehend nicht überschritten, besteht für diesen Zeitraum eine Unterbrechung. Wird die Geringfügigkeitsgrenze wieder überschritten, lebt die Antragspflichtversicherung wieder auf.
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