Die Rentenversicherungspflicht nach § 4 Abs. 3 SGB VI

Die Versicherten der Gesetzlichen Rentenversicherung sind überwiegend kraft Gesetzes pflichtversichert. Für bestimmte Personenkreise wird jedoch auch die Möglichkeit eröffnet, dass sich diese auf Antrag der Rentenversicherungspflicht unterwerfen können, sofern keine Versicherungspflicht kraft Gesetzes eintritt. Ein Personenkreis, der sich auf Antrag in der Gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichern kann, sind

  • bestimmte Bezieher von Sozialleistungen und
  • Personen, die als Arbeitsunfähige oder Rehabilitanden keinen Anspruch auf Krankengeld haben.

Nach § 4 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) wird für bestimmte Personen, die entweder Entgeltersatzleistungen beziehen oder die bei Krankheit oder Rehabilitation keinen Anspruch auf Krankengeld realisieren können, die Möglichkeit eröffnet, dass diese auf Antrag in der Gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert werden können.

Bezieher von Entgeltersatzleistungen

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Personen auf Antrag versicherungspflichtig, die eine der in § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI genannten Sozialleistungen oder Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften nach § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI beziehen und nicht nach diesen Vorschriften versicherungspflichtig sind.

In § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI werden die folgenden Leistungen aufgezählt: Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Versorgungskrankengeld, Pflegeunterstützungsgeld von der Sozialen oder Privaten Pflegeversicherung. Die Versicherungspflicht kraft Gesetzes tritt für die Leistungsbezieher dann ein, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt rentenversicherungspflichtig waren. Bei diesem Ein-Jahres-Zeitraum gilt die Besonderheit, dass sich dieser um Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Arbeitslosgengeld II verlängert.

Bestand im letzten Jahr (bzw. dem verlängerten Ein-Jahres-Zeitraum) keine Rentenversicherungspflicht, unterliegt auch der Bezug der genannten Entgeltersatzleistungen nicht der Rentenversicherungspflicht kraft Gesetzes. Dies hat zur Folge, dass aus der Entgeltersatzleistung keine Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden und hierdurch eine Lücke im Rentenversicherungsverlauf entsteht und auch keine Rentenanwartschaften aufgebaut werden.

Diese Regelung der Versicherungspflicht auf Antrag ist insbesondere für privat krankenversicherte Beschäftigte von Bedeutung, welche mit ihrem Arbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten und daher nicht gesetzlich krankenversichert sind.

In § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI sind Bezieher von Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen genannt. Auch für diese Personenkreise – hierbei handelt es sich überwiegen um Organspender – werden keine Beiträge aus der Leistung für den Ausfall der Arbeitseinkünfte zur Gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, wenn im letzten Jahr vor Beginn der Zahlung zuletzt keine Rentenversicherungspflicht bestand. Auch hier verlängert sich der Ein-Jahres-Zeitraum um die Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II.

Die genannten Personenkreise, die wegen des Bezugs der Sozialleistungen bzw. der Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften nicht kraft Gesetzes der Versicherungspflicht unterworfen werden, können einen Antrag auf die Rentenversicherungspflicht stellen. In diesem Fall wird dann die jeweilige Sozialleistung bzw. die jeweilige Leistung zum Ausfall von Arbeitseinkünften zur Rentenversicherungspflicht führen, womit Versicherungslücken geschlossen und ggf. auch die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von anschließenden Anrechnungszeiten geschaffen werden. Mit der Versicherungspflicht auf Antrag kann auch die erforderliche Wartezeit erreicht bzw. erhalten werden, welche die Renten wegen Erwerbsminderung (s. Übersicht Renten wegen Erwerbsminderung) erfordern (36 Monate Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung).

Von der Möglichkeit der Antragspflichtversicherung können auch Personen Gebrauch machen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

Arbeitsunfähige und Rehabilitanden ohne Krankengeldanspruch

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI können sich auch Personen auf Antrag der Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Pflicht) unterwerfen, die nur deshalb keinen Anspruch auf Krankengeld haben, weil sie nicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung oder in der gesetzlichen Krankenversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

Die Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag besteht für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn im letzten Jahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zuletzt Rentenversicherungspflicht bestand.

Die Rentenversicherungspflicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI kann für längstens 18 Monate beantragt werden. Mit dieser maximalen Dauer, für die die Antragspflichtversicherung durchgeführt werden kann, ist ein Gleichklang mit dem maximalen Leistungsanspruch auf Krankengeld von der Gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 48 SGB V) gegeben.

Mit dieser gesetzlichen Regelung werden Personen in die Möglichkeit einbezogen, die keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben und damit nicht unter § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (s. oben) subsumiert werden können. Das heißt, dass die Rentenversicherungspflicht auch Personen beantragen können, die keine Sozialleistung während der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben haben, weil die Leistung in der Gesetzlichen Krankenversicherung oder der Privaten Krankenversicherung nicht abgesichert ist.

Auch diese Regelung gilt für Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

Ausschluss der Rentenversicherungspflicht auf Antrag

Mit § 4 Abs. 3a SGB VI wird geregelt, dass die Vorschriften über die Rentenversicherungsfreiheit und die Befreiung von der Versicherungspflicht auch auf die Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 3 SGB VI – also für die Rentenversicherungspflicht auf Antrag bei Sozialleistungsbezug bzw. für Arbeitsunfähige und Rehabilitanden ohne Krankengeldanspruch – anzuwenden sind. Das bedeutet, dass sich Personenkreise nicht auf Antrag pflichtversichern können, die in jeder Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Hierzu zählen unter anderem Personen, die am 31.12.1991 als Handwerker, als Angestellte im Zusammenhang mit der Jahresarbeitsversicherungsgrenze, als selbstständig Tätige im Beitrittsgebiet aufgrund eines Lebensversicherungsvertrages oder als Empfänger von Versorgungsbezügen von der Rentenversicherungspflicht befreit waren.

Auch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreite Mitglieder einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) können die Antragspflichtversicherung nicht in Anspruch nehmen.

Beginn der Versicherungspflicht auf Antrag

Der Beginn einer Versicherungspflicht auf Antrag ist in § 4 Abs. 4 SGB VI geregelt. Danach beginnt die Versicherungspflicht auf Antrag für Bezieher von Sozialleistungen mit dem Beginn der Leistung. Für Personen, die als Arbeitsunfähige oder Rehabilitanden keinen Anspruch auf Krankengeld haben, beginnt die Versicherungspflicht mit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation. Dies gilt jedoch jeweils nur dann, wenn der Antrag innerhalb von drei Monaten danach (Beginn der Leistung/Beginn der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation) gestellt wird.

Wird der Antrag nicht innerhalb von drei Monaten gestellt, tritt die Versicherungspflicht auf Antrag mit dem Tag ein, der dem Tag des Antrags folgt. Frühestens tritt die Versicherungspflicht auf Antrag allerdings nach dem Ende der Versicherungspflicht aufgrund einer vorhausgehendenden versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit ein.

Praxishinweis

Wird die Lücke im Rentenversicherungsverlauf erst zu einem späteren Zeitpunkt – z. B. im Rahmen einer Kontenklärung oder erst zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung bzw. Rentenbewilligung – bemerkt, kann aufgrund der dann deutlich abgelaufenen Antragsfrist für die Antrags-Pflichtversicherung keine nachträgliche Beitragsentrichtung mehr erfolgen. Daher sollten sich die Betroffenen, die während des Sozialleistungsbezugs bzw. während der Krankheit bzw. Rehabilitation nicht rentenversicherungspflichtig werden, umgehend um die Antragspflichtversicherung kümmern!

Ende der Versicherungspflicht auf Antrag

Die Versicherungspflicht auf Antrag nach § 4 Abs. 3 SGB VI endet mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen wegfallen. Endet also der Sozialleistungsbezug oder die Krankheit bzw. Rehabilitation (ggf. auch eine sich an die Rehabilitation anschließende Schonzeit), für die der Antrag auf Rentenversicherungspflicht gestellt wurde, endet auch die Versicherungspflicht.

Bemessungsgrundlage für Rentenversicherungsbeiträge

Die Bemessungsgrundlage bei einer Versicherungspflicht auf Antrag ist identisch wie bei einer „normalen“ Versicherungspflicht kraft Gesetzes. Danach wird die Höhe der Beiträge aus folgenden Bemessungsgrundlagen berechnet:

  • Krankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Versorgungskrankengeld: 80 Prozent des der Sozialleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts bzw. Arbeitseinkommens
  • Krankengeld oder Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften für Spender: Das der Leistung zugrunde liegende Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen
  • Kinder-Krankengeld, Kinder-Verletztengeld: 80 Prozent des während der Freistellung ausgefallenen laufenden Arbeitsentgelts
  • Arbeitsunfähige und Rehabilitanden, die keinen Anspruch auf Krankengeld aus der Gesetzlichen Krankenversicherung haben: 80 Prozent des zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit/Rehabilitation versicherten Arbeitsentgelts bzw. Arbeitseinkommen

Tragung der Beiträge

Wird eine Versicherungspflicht auf Antrag nach § 4 Abs. 3 SGB VI durchgeführt, sind die Beiträge hierfür vom Versicherten alleine aufzubringen, wenn kein Anspruch auf Krankengeld von der Gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Eine Kostenbeteiligung durch den Versicherungsträger erfolgt in diesen Fällen nicht.

Bei Bezug von Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit oder bei beruflicher Weiterbildung, Versorgungskrankengeld und Übergangsgeld zahlt der Leistungsträger die Rentenversicherungsbeiträge.

Bei Bezug von Krankengeld, Verletztengeld und Pflegeunterstützungsgeld werden die Beiträge zur Hälfte vom Versicherten (soweit sie auf die Leistung entfallen) und der andere Teil vom Leistungsträger getragen. Sollte das Krankengeld oder Verletztengeld in Höhe der Leistung der Agentur für Arbeit geleistet werden, trägt der Leistungsträger hierfür die Beiträge alleine.

Sollten Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften für Spender bezogen werden, muss die Stelle die Beiträge tragen, die für die Leistung zuständig ist.

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